Spastik

Aus Kinaesthetics-Online-Fachlexikon
Status mit Fachliteratur angelegt
AutorIn/RedakteurIn Lutz Zierbeck, Rosmarie Suter/Stefan Marty-Teuber
Letzte Änderung 16.07.2022


Zusammenfassung:
In diesem Artikel wird der in Medizin und Pflege üblichen pathophysiologische Sichtweise auf das spezifische Verhaltensphänomen „Spastik“ bzw. „Hohe Körperspannung“ eine kybernetische Sichtweise gegenübergestellt. Diese verschiedenen Betrachtungsweisen bieten unterschiedliche Denk- und Handlungsansätze im Umgang mit diesen Phänomenen. Dieser Artikel wird in den Trainerbildungen der EKA verwendet.

„Einleitung

Im Bereich von Pflege, Betreuung und Therapie ist das Phänomen Spastik immer wieder zu beobachten. Bezüglich des Verhaltens der betroffenen Menschen fällt auf, dass sie insgesamt bei der Durchführung von alltäglichen Aktivitäten beeinträchtigt sind. Sie benötigen z. B. mehr Zeit dafür, bewegen sich insgesamt mit sehr hoher Körperspannung und haben Mühe mit gezielten, koordinierten und differenzierten Aktivitäten. Desgleichen sind auch plötzliche, unwillkürliche zuckende Bewegungen beobachtbar. Nicht selten berichten betroffene Menschen besonders bei akuten Krämpfen von Schmerzen.
Allerdings können auch ‚gesunde‘ Menschen in eine unkontrollierbar hohe Spannung geraten, die sie im Moment kaum regulieren können. Ihre Bewegungen sehen dann vielleicht ebenso abrupt, verlangsamt oder undifferenziert aus. Hohe Körperspannung ist kein rein pathologisches Phänomen; vielmehr ist es eine grundlegende Kompetenz, die eigene Körperspannung in unterschiedlichen Situationen des Alltags regulieren und gegebenenfalls auch stark erhöhen zu können. So stellt sich die Frage, was dies für den Umgang mit Spastik in Pflege und Betreuung bedeuten kann.
In diesem Bereich sind die Annahmen zum Phänomen Spastik und zum Umgang mit ihm in der Regel durch eine pathophysiologische Sichtweise bzw. durch ein Behandlungsparadigma[1] geprägt. Im Folgenden sollen dieses Verständnis und die kybernetische Sichtweise, die Kinaesthetics zugrunde liegt, einander gegenübergestellt und die Bedeutung für den Umgang mit betroffenen Menschen beleuchtet werden.

Pathophysiologische Sichtweise

Pathophysiologie wird im Duden als die ‚Lehre von den Krankheitsvorgängen und Funktionsstörungen (in einem Organ)‘ definiert. Aus dieser Sicht wird Spastik bzw. Spastizität als Folge einer Erkrankung oder Verletzung verstanden. Das gängige pathophysiologische Verständnis wird in der folgenden einschlägigen Definition deutlich:
Symptomat.de (Medizin-Lexikon)
‚Unter einer Spastik bzw. Spastizität versteht man keine eigenständige Krankheit, sondern ein Symptom einer Erkrankung beziehungsweise Verletzung des Zentralen Nervensystems. Dabei spielt immer eine Schädigung des Gehirns oder des Rückenmarks eine Rolle.‘[2]
Das Interesse dieser Sichtweise liegt bei kausalen Zusammenhängen, d. h. bei den Ursachen des Phänomens (Erkrankung oder Verletzung des Zentralnervensystems usw.) und den Folgen, die sich zwangsläufig aus ihnen ergeben (Muskelkontraktion, Symptome einer Spastik). Hinter diesem Verständnis steht ein lineares, mechanisches Denken. Es gilt, mit einer klinischen Diagnose die aktuelle ursächliche neurologische Erkrankung – und durchaus auch frühere mögliche Ursachen – genau zu analysieren. Da sie im Fall der Spastik als nicht ‚reparabel‘ bzw. heilbar gilt, wird man versuchen, die verschiedenen Symptome von außen zu behandeln, um den Zustand des betroffenen Menschen der ‚Normalität‘ anzunähern. Aufgrund der Diagnose werden die möglichen Veränderungschancen bestimmt und das dafür geeignete Behandlungsschema festgelegt und definiert, damit sich bestimmte Wirkungen einstellen können. Dies kann medikamentöse und motorische Therapien, operative Eingriffe, aber auch Maßnahmen der Pflege und Betreuung wie z. B. Lagerungs-Richtlinien umfassen. Die diagnostisch bestimmten Ursachen und mögliche Folgeerscheinungen gelten als zentrale Begründung für den Umgang mit diesem Menschen.
Grundsätzlich wird hier die lineare Idee verfolgt, mit all diesen Maßnahmen von außen bestimmte Wirkungen beim betroffenen Menschen zu erreichen. Wenig bis keine Bedeutung hat der Grundgedanke, ihn individuell zu befähigen, mit seiner aktuellen Kompetenz selbst entscheidenden Einfluss auf seine Gesundheitsentwicklung zu nehmen.

Kybernetische Sichtweise

Die kybernetische Beschreibung der Selbstregulation

Menschliches Verhalten

Eine kybernetische Sichtweise des Phänomens der Spastik lässt andere Schlüsse zu. Die Kybernetik betrachtet den Menschen als ein komplexes System, das beständig sein Verhalten in zirkulären Rückkopplungsschleifen neu erzeugt. Dabei ist das Gehirn nicht ein übergeordnetes Steuerungs-Organ, das unterstützt durch die Wahrnehmung der Motorik Befehle zur Ausführung erteilt und so die Bewegung und das Verhalten steuert. Vielmehr bestimmt der Mensch auf der Grundlage der steten Rückkopplung von Nerven-, Bewegungs- und Wahrnehmungssystem in jedem Augenblick neu, wie er sein Verhalten im jeweiligen Moment gestaltet[3]. Dieses Verhalten ist also immer seine aktuelle bestmögliche Anpassung an innere und äußere Gegebenheiten.
Mit den ständigen Anpassungen entwickelt der Mensch einerseits eine Vielfalt von nutzbaren Anpassungsmöglichkeiten, die ihm für die alltäglichen Herausforderungen zur Verfügung stehen. Diese sich stets entwickelnde Anpassungskompetenz ist absolut lebensnotwendig und spielt für seine Gesundheitsentwicklung eine zentrale Rolle. Andererseits bilden sich individuelle Verhaltensmuster heraus, und der Mensch lernt, gewisse Handlungen immer wieder ähnlich zu gestalten und die große Vielfalt an möglichen Anpassungen in ähnlichen Situationen zu begrenzen. Auch diese Begrenzung ist eine Lebensnotwendigkeit und unterstützt die Handlungsfähigkeit eines Menschen. Beides zusammen, die Vielfalt und die Begrenzung, bildet die Grundlage für viables Handeln, d. h. dafür, im jeweiligen Moment ein passendes Verhalten zu finden[4].
Das Verständnis der folgenden Theorien kann helfen, neue Perspektiven einzunehmen im Umgang mit Menschen, die ein spezifisches Verhaltensphänomen zeigen.

Feedback-Kontroll-Theorie: Fortlaufende Fehlerkorrektur

Alle Bewegungs- und Verhaltensmuster des Menschen sind erlernt und entwickeln sich ein Leben lang bei der Durchführung der alltäglichen Aktivitäten. Wie erwähnt ist das menschliche Verhalten das Resultat eines inneren Steuerungsprozesses, der als ein permanent laufender zirkulärer Rückkopplungsprozess zwischen dem Wahrnehmungs-, Nerven- und Bewegungssystem beschrieben werden kann. Dabei werden beständig ‚Fehler‘ korrigiert, wobei jede Korrektur zur nächsten Korrektur führt[5].
Hierzu ein konkretes Beispiel: Ein Mensch hat die Absicht, eine Mütze aufzusetzen. Allein schon beim Ausstrecken des Armes, dessen Gewichtsabgabe in der Schwerkraft organisiert werden muss, finden Anpassungen im ganzen Körper statt. Dabei wird eine Flut von Reizen über die verschiedenen Sinnessysteme (und insbesondere über das kinästhetische Sinnessystem) wahrgenommen und im Zentralnervensystem verarbeitet. Dieses vergleicht fortlaufend den aktuellen Moment des Handelns mit der Absicht: Ist die Hand auf dem richtigen Weg zur Mütze, wie weit ist sie im Moment davon entfernt? Jede Abweichung von der Absicht wird fortlaufend korrigiert, indem z. B. die Richtung der Hand, das Tempo der Armbewegung oder die Ausgleichsbewegung im Becken angepasst wird. Diese vielfältigen Anpassungen der Bewegung werden fortlaufend wahrgenommen und ihre Abweichung berechnet.
Die Steuerung der Bewegung bzw. des Verhaltens ist ein größtenteils unbewusstes, hochkomplexes Geschehen in unendlich vielen Rückkopplungsschleifen, bei dem jede Anpassung wieder Anlass für die nächste Anpassung ist. Man könnte auch sagen: Die Steuerung liegt im Steuerungsprozess selbst. Es ist dieses Grundprinzip der Selbstregulation, das es unmöglich macht, die Bewegung eines anderen Menschen von außen direkt zu steuern. Im Bereich der Pflege und Betreuung wird allerdings oft von der gegenteiligen Annahme ausgegangen, und man versucht z. B., Menschen zu bewegen, statt sie in ihrer eigenen Bewegung zu unterstützen.

Die Rolle von Feedback-Prozessen bei der Entwicklung einer Spastik

Liegt beispielsweise nach einem Schlaganfall eine organische Beeinträchtigung des Zentralnervensystems eines Menschen vor, bewirkt dies eine massive Störung im Selbstregulations-Prozess, weil er nicht mehr in gewohnter Weise abläuft. Betroffen ist insbesondere die fortlaufende differenzierte Berechnung der Abweichung bzw. der Fehlerkorrektur. Dies bedeutet für das Nervensystem, dass die fortlaufenden differenzierten Signale der Bewegungswahrnehmung sozusagen wegfallen, die für den Abgleich mit der Absicht der Bewegung von entscheidender Bedeutung sind. Das Bewegungssystem passt sich mit einer größeren Korrektur an, um diese mangelnden Signale zu kompensieren, was vom Nervensystem als eine größere Abweichung von der Absicht berechnet wird, was wiederum mit einer noch größeren Korrektur ausgeglichen werden muss usw.
So entsteht ein Teufelskreis (‚positive Rückkoppelung‘): Je weniger differenziert z. B. ein Arm bewegt wird, desto weniger differenziert ist die Bewegungswahrnehmung durch die entsprechenden Rezeptoren des Armes. Um diesen ‚Fehler‘ zu korrigieren, wird unter Umständen die Spannung im Arm erhöht und die Bewegung verlangsamt. Dies erweist sich vielleicht erst einmal als hilfreich, um überhaupt noch alltägliche Aktivitäten bewältigen zu können, kann sich aber zu einem Verhaltensmuster entwickeln. Ein Beispiel: Um sich von der Rückenlage in die Seitenlage oder ins Sitzen bewegen zu können, muss der Arm zwingend mitgenommen werden. Das funktioniert vielleicht bei einem betroffenen Menschen nur, wenn er die Spannung im Arm übermäßig erhöht. Erlebt er dies als hilfreich und sinnvoll zur Erreichung der Absicht, kann er daraus das Muster einer undifferenzierten, ständig hoch bleibenden Spannung lernen.
Eine Spastik im Arm wird bei dieser Sichtweise als erlernte Regulationsmöglichkeit, als eine erworbene Kompetenz betrachtet, bei der aber ein gewisses Spektrum an Möglichkeiten von Verhalten vorerst nicht mehr nutzbar ist.
Es ist wichtig zu verstehen, dass der veränderte stetige Rückkopplungsprozess zwischen Bewegungs-, Wahrnehmungs- und Nervensystem eine zentralere Rolle spielt als die ‚Ursache‘ des Schlaganfalls. Eine Störung oder Veränderung in einem dieser beteiligten Systeme hat immer eine Auswirkung auf die anderen Systeme und den ganzen Prozess. Desgleichen ist der gesamte Organismus davon betroffen und mitbeteiligt, auch wenn von außen vielleicht nur der ‚spastische‘ Arm auffällt. Wie ein Mensch unter solchen veränderten Bedingungen seine Bewegung konkret steuert, ist ganz individuell und nicht vorhersehbar. Menschen sind keine ‚trivialen Maschinen‘, wie Heinz von Foerster sagt, die auf einen bestimmten Input immer denselben Output liefern[6]. Eine Schädigung im Zentralnervensystem hat immer spezifische individuelle Auswirkungen, die in der Steuerung des (Bewegungs-)Verhaltens zum Ausdruck kommen und in hohem Maß von der individuellen Lerngeschichte des betroffenen Menschen abhängig sind.
Zusammenfassend sind aus kybernetischer Sicht spastische Bewegungsmuster die bestmögliche Antwort auf ein Ereignis und der derzeitige Stand eines permanenten Steuerungs- und Lernprozesses. Das Hauptinteresse liegt beim individuellen Lernprozess des einzelnen Betroffenen und bei seinem Lernpotenzial, seinen Möglichkeiten, selbst Einfluss auf die veränderten Bedingungen zu nehmen. Die Herausforderung für Pflege, Betreuung und Therapie besteht darin, Menschen mit einer Spastik in der weiteren Entwicklung ihrer Selbststeuerungs-Kompetenz gezielt zu unterstützen. Kinaesthetics spricht in diesem Zusammenhang von einem Lern- oder Entwicklungsparadigma[7].

Spastik und die Forschungen von Weber und Fechner

In den Forschungen von Weber und Fechner finden wir eine weitere Erklärung für das Phänomen Spastik. Ernst Heinrich Weber und Gustav Theodor Fechner waren um 1850 die Begründer der Psychophysik. Sie untersuchten die menschliche Wahrnehmung und befassten sich u. a. mit der Wahrnehmungsschwelle. Eine zentrale Forschungsfrage war, ab wann und wie differenziert ein Sinnesreiz überhaupt wahrgenommen wird. Sinneszellen können einen Reiz dann erkennen, wenn ein Unterschied wahrnehmbar ist. Wird in einem dunklen Raum ein Streichholz angezündet, erscheint die Flamme sehr hell, weil der Unterschied zur Dunkelheit gross ist. Weber und Fechner entdeckten einen interessanten Zusammenhang, der bei allen Sinnessystemen zu finden ist: Je intensiver der Reiz ist, umso höher ist die Schwelle, um einen Unterschied wahrnehmen zu können. So ist das Bemerken eines Unterschiedes über das kinästhetische Sinnessystem abhängig von der Muskelspannung. Ein Beispiel: trägt jemand einen Sack mit 5 kg Gewicht auf den Schultern, wird er merken, wenn ein zusätzliches Gewicht von 500 Gramm dazu kommt. Ist der Sack aber 25 kg schwer, werden 500 Gramm nicht auffallen. Je höher also die Spannung im Körper, desto weniger differenziert werden Veränderungen der Muskelspannung in der Bewegung wahrgenommen, was wiederum einen direkten Einfluss auf die Steuerung der Bewegung hat.
Für das Thema Hohe Körperspannung/Spastik ist dieses Verständnis bedeutsam. Die anhaltende hohe Spannung führt zu einer wenig differenzierten Eigenwahrnehmung. Dies wirkt sich somit auf den zirkulären Steuerungsprozess aus. Die Anpassungsbewegungen werden ungenauer, dadurch steigt die Spannung weiter und die Wahrnehmungsfähigkeit nimmt noch mehr ab. Deshalb ist es wichtig, dass Menschen mit hoher Körperspannung unterstützt werden, diese Spannung bei der Durchführung aller alltäglichen Aktivitäten bestmöglich zu regulieren. Sie können dadurch feiner unterscheiden und sich feiner anpassen lernen.

Bedeutung des Lernparadigmas für das Phänomen Spastik

Gestaltung der Lernumgebung statt Behandlung

Gemäß dem Lern- oder Entwicklungsparadigma betrachtet Kinästhetik Spastik als momentanen Stand eines fortlaufenden Anpassungs- und Lernprozesses. Die individuelle Wahrnehmung und die persönliche Selbststeuerungs-Kompetenz hat eine zentrale Bedeutung für die Lernprozesse, mit denen das alltägliche Leben gemeistert wird. Deshalb fokussiert Kinästhetik nicht das Erscheinungsbild an und für sich (z. B. den ‚spastischen Arm‘), sondern unterstützt Betroffene, aus einer Innenperspektive die Dynamik des gesamten Phänomens zu untersuchen und zu entwickeln. Die Lernprozesse bestehen weniger aus kognitivem Verstehen, sondern entstehen bei einem achtsamen und gezielten Unterstützen bei allen Alltagsaktivitäten. Sie bestehen vor allem aus differenzierten Bewegungserfahrungen und der Erfahrung der daraus resultierenden Anpassungen oder Fehlerkorrekturen. Typisch für diese Sichtweise ist die Frage nach den spezifischen Kompetenzen, die jemand in seinem Verhalten zeigt. Nicht das, was ‚fehlt‘ oder nicht geht, steht im Zentrum, sondern das, was jemand kann, bzw. das gemeinsame Entdecken des Entwicklungspotenzials. Die äußere Hilfestellung besteht in der bewussten Gestaltung einer individuellen Lernumgebung, nicht in der Behandlung oder Therapie des Betroffenen bzw. seiner Spastik.
Mögliche Fragen, die sich daraus ergeben:
* Wie differenziert kann der betroffene Mensch seine eigene Bewegung wahrnehmen und was unterstützt ihn, mehr und feinere Unterschiede wahrzunehmen?
* Auf welchem Stand befinden sich die grundlegenden Kompetenzen in seiner Bewegung und wie kann er in der Weiterentwicklung dieser Kompetenzen unterstützt werden?
* Wie kann er lernen, z. B. seine Spannung differenzierter an die Herausforderungen der alltäglichen Aktivitäten anzupassen?
* Wie kann er lernen, z. B. eine größere Vielfalt in seinen Bewegungsmustern zu entwickeln und sein Anpassungspotenzial zu erweitern?
* Wie können Absprachen zwischen Pflege- und Betreuungspersonen, TherapeutInnen und Angehörigen getroffen werden, um gemeinsam mit dem betroffenen Menschen eine Lernumgebung für alle Beteiligten zu gestalten?

Kinästhetik-Instrumente

Kinästhetik bietet konkrete Werkzeuge und Instrumente für die Bearbeitung solcher Fragen. Zentral sind die Kinästhetik-Konzepte, die als Blickwinkel dienen, um die Aufmerksamkeit auf unterschiedliche, erfahrbare Aspekte der eigenen Bewegung zu lenken. Gemeinsam mit dem betroffenen Menschen können die individuellen Verhaltensmuster dementsprechend erkundet und erweitert werden.
* Das Phänomen der Spastik als solches kann aus einer Erfahrungsperspektive untersucht werden.
* Der betroffenen Person können spezifische Fragen gestellt werden, damit sie ihre Aufmerksamkeit auf einzelne erfahrbare Aspekte ihrer Bewegung lenken kann.
* Die unterstützende Person kann sich aus der Perspektive der einzelnen Konzepte fragen, was sie während der Interaktion mit einer betroffenen Person in sich merken und anpassen kann.
*Lernrelevante Blickwinkel können definiert werden.
Als Instrument für diesen Prozess bietet sich die Lernspirale an. Dabei können alle Beteiligten in einem gemeinsamen Forschungs- und Lernprozess ihre Bewegungskompetenz weiter entwickeln.
Je häufiger eine betroffene Person erfährt, dass sie erfolgreiche Anpassungen in ihrer Bewegung finden kann, desto mehr kann sie aktiv daran arbeiten, das Spektrum ihrer Möglichkeiten zu erweitern. Durch ein dem einzelnen Menschen individuell angepasstes differenziertes Unterstützungsangebot bekommt dieser die Chance, alle seine Alltagsaktivitäten zum Entwickeln seiner Kompetenzen nutzen. Die Qualität der Unterstützung hat einen entscheidenden Einfluss, ob und wie ein Mensch mit hoher Spannung lernt, sein Potential in der Bewegung zu erweitern. Dazu helfen die Sichtweise des Lernparadigmas und eine geschulte Bewegungskompetenz.“

Erfahrungsberichte

  • Schünemann, Robert: Muster können verändert werden. In: lebensqualität. Die Zeitschrift für Kinaesthetics. 2014, Nr. 2. S.16–21.

Eine junge Frau mit langjähriger hoher Körperspannung auf einer Körperseite lernt durch die Schulung der Bewegungswahrnehmung mehr Möglichkeiten in sich selber zu finden.
Zum Artikel: Lq-2014-2-Schünemann.pdf

  • Hoser, Susanne: Alltagsbewältigung im Rollstuhl. In: lebensqualität. Die Zeitschrift für Kinaesthetics. 2015, Nr. 3. S. 28–32.

Die Autorin interviewt zwei "erfahrene Tetraplegiker", die in Kursen Techniken, Tipps und Tricks für das alltägliche Leben mit Rollstuhl und Spastik weitergeben. Grenzen sind da, um infrage gestellt zu werden; so kann ein hohes Maß an Autonomie erreicht werden.

Weiterführende Literatur und Medien

Einzelnachweise

  1. European Kinaesthetics Association (Hg.) (2020): Kinaesthetics. Lernen und Bewegungskompetenz. Linz, Winterthur: Verlag European Kinaesthetics Association. ISBN 978-3-903180-01-7. S. 51 ff.
  2. MedLexi (2019): Spastik. Was ist Spastik? https://medlexi.de/Spastik (Zugriff: 11.10.2019).
  3. ebd., S. 43 ff.
  4. ebd., S. 33.
  5. European Kinaesthetics Association (Hg.) (2020): Kybernetik und Kinästhetik. Unter Mitarbeit von Stefan Marty-Teuber und Stefan Knobel. Linz, Winterthur, Siebnen: Verlag European Kinaesthetics Association, verlag lebensqualität. ISBN: 978-3-903180-22-2 (Verlag European Kinaesthetics Association) ISBN: 978-3-906888-02-6 (verlag lebensqualität). S. 20 ff.
  6. ebd., S. 51 f.
  7. ebd., S. 59 ff.