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{{Infobox|vorläufig abgeschlossen|Mária Pfemeter, Stefan Marty-Teuber/Lutz Zierbeck}}
| style="width: 100%; border-left:solid 10px #FF4500; border-right:solid 10px #FF4500; border-bottom:solid 10px #FF4500; border-top:solid 10px #FF4500;background-color:wheat;" colspan="2" |'''Willkommen in diesem Online-Lexikon zu den Fachgebieten der Kinästhetik, Kybernetik und anderer Bezugswissenschaften!'''<br>Das [[KOFL:Über Kinaesthetics-Online-Fachlexikon|Kinaesthetics-Online-Fachlexikon (KOFL)]] wird von der European Kinaesthetics Association (EKA) herausgegeben, von einem [[KOFL:Das Redaktionsteam|Redaktionsteam]] betreut und von einem fachlichen Beirat unterstützt (vgl. „[[KOFL:Impressum und Haftungsausschluss]]“).
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| style="width: 60%; border-left:solid 10px #FF4500; border-right:solid 5px #FF4500; border-bottom:solid 5px #FF4500;background-color:#FFFFFF;"|'''Schon gewusst?'''<br> LINK-Sinnesrezeptoren-LINK<br>Zum Kinästhetischen Sinnessystem gehören unterschiedliche Rezeptoren mit unterschiedlichen Aufgaben. Die '''Muskelspindeln''' befinden sich in den Muskelfasern und registrieren Veränderung in der Länge, Dehnbarkeit und der Geschwindigkeit dieser Veränderung. Die '''Golgi-Sehnenorgane''' befinden sich an den Übergängen zwischen Muskeln und Sehnen und überwachen die Muskelspannung und Druck auf Gelenkbänder. In den Gelenken befinden sich Mechanorezeptoren. '''Ruffini-Rezeptoren''' reagieren auf Dehnung, '''Vater-Pacini-Körperchen''' reagieren auf schnelle Veränderung oder Vibration. Auf der Haut finden wir Rezeptoren, die zum taktilen- und zum kinästhetischen Sinnessystem zählen. Diese sind die '''Merkel-Zellen''', die Druck und Berührung erfassen, sowie die '''Meissner-Körperchen''' die auf Vibration und leichte Berührung reagieren.


''''' Zusammenfassung: ''''' <br>
Dieser Artikel behandelt MEIN TEXT!


== Aktuelle Verwendung des Fachbegriffs ==
| style="width: 40%; border-right:solid 10px #FF4500; border-bottom:solid 5px #FF4500;background-color:#FFFFFF;"rowspan="2"|'''Bedeutende Personen'''<br><big>Gregory Bateson</big><br>(* 9. Mai 1904 in Grantchester, Cambridgeshire; † 4. Juli 1980 in San Francisco) war ein englischer Anthropologe, Biologe, Sozialwissenschaftler, [[Kybernetik (Begriff)|Kybernetiker]] und Philosoph. Seine Arbeitsgebiete umfassten anthropologische Studien, das Feld der Kommunikationstheorie und [[Lerntheorie nach Gregory Bateson (1904-1980)|Lerntheorie]], genauso wie Fragen der Erkenntnistheorie, Naturphilosophie, Ökologie oder der Linguistik. Bateson behandelte diese wissenschaftlichen Gebiete allerdings nicht als getrennte Disziplinen, sondern als verschiedene Aspekte und Facetten, in denen seine systemisch-kybernetische Denkweise zum Tragen kommt. <br>(Quelle: Wikipedia, Gregory Bateson)
=== „Parallel und spiralig“ in „Kinaesthetics – Konzeptsystem“ ===
Gregory Bateson stand Kinästhetik persönlich nicht so nahe wie Moshe Feldenkrais und K.U. Smith, hatte aber doch einen bedeutenden Einfluss auf deren Entwicklung. Zu Beginn ihrer Zusammenarbeit waren Franks und Lennys Erklärungen, wie und warum ihre Arbeit mit Kommunikation durch Berührung und Bewegung taugte, manchmal unklar, bisweilen etwas metaphysisch oder gar konfus. Als sie Bateson's „Oekologie des Geistes“ gelesen hatten, begann Frank mit ihm einen Briefkontakt, der bis zu Bateson's Tode, kurz nach der Vollendung seines letzten Buches „Geist und Natur“, andauerte. Diese Korrespondenz und Bateson's beiden Bücher sind der Ursprung vieler philosophischer Ansätze der Kinästhetik.<br> (Quelle: 16. Kinästhetik-Bulletin, 1990, S. 7. Anm.: Frank Hatch, Lenny Maietta: Begründer der Kinästhetik)
==== Parallele und spiralige Bewegungsmuster ====
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[[Datei:Konzepticons-mit-kreis 311.png|250px|thumb|rechts|Das zugehörige Konzepticon<ref>'''European Kinaesthetics Association (Hg.) (2023):''' Kinaesthetics. Konzeptsystem. Linz, Winterthur: Verlag European Kinaesthetics Association. ISBN 978-3-903180-00-0. S. 34 und 36.</ref> symbolisiert Folgendes: Je nachdem, wie wir die Kombination der scharnierartigen Haltungsbewegung um eine Achse mit der mehr drehenden, eher kugelgelenkartigen Transportbewegung nutzen, entstehen parallele oder spiralige Bewegungsmuster.]]
|style="border-left:solid 10px #FF4500; border-right:solid 5px #FF4500; border-bottom:solid 5px #FF4500; border-top:solid 5px #FF4500;background-color:orange; colspan="2"|'''Meistgelesene Artikel'''<br>Hier findest du eine Rangliste der Artikel, die am meisten aufgerufen worden sind (Stand 27. August 2024)<br>
Die Unterscheidung zwischen parallelen und spiraligen Bewegungsmuster wird im Buch „Kinaesthetics Konzeptsystem“ im Kapitel „3.2. Parallele und spiralige Bewegungsmuster“<ref>ebd., S. 36 f.</ref> thematisiert.
# [[Kinaesthetics-Online-Fachlexikon]]‏‎ (10.662 Aufrufe)
===== Grundsätzliche Vielfalt der Bewegungsmuster und individuelle Einschränkung =====
# [[Heinz von Foerster]]‏‎ (9.394 Aufrufe)
An erster Stelle wird darauf hingewiesen, dass unsere Anatomie grundsätzlich eine unbeschränkte Vielfalt von Bewegungsmustern erlaubt. Im Lauf unseres Lebens lernen wir aber, sich wiederholende alltägliche Aktivitäten auf unsere individuelle und stets ähnliche Art und Weise auszuführen, d. h. in bestimmten Mustern, die für unser Bewegungsverhalten auch typisch sind. Dadurch schränken wir die grundsätzlich mögliche Vielfalt von Bewegungsmustern in einem individuellen Lernprozess ein.<ref>ebd., S. 36.</ref>
# [[Wahrnehmung]]‏‎ (6.647 Aufrufe)
===== Nutzen und Problematik individueller Bewegungsmuster =====
# [[Literatur und Medien]] (6.246 Aufrufe)
Unsere gewohnten Bewegungsmuster ermöglichen uns, alltägliche Aktivitäten passend auszuführen. Das heißt, wir müssen uns nicht darauf konzentrieren, wie wir etwas tun, sondern meistern dank ihnen auch Situationen, die eigentlich recht anspruchsvoll sind – z. B. auf ein Fahrrad steigen und losfahren oder eine Münze vom Boden aufheben –, problemlos und selbstverständlich auf unsere gewohnte Art und Weise.
# [[Orientierung]]‏‎ (6.016 Aufrufe)
# [[Bewegungserfahrung]]‏‎ (4.749 Aufrufe)
# [[Spastik‏‎]] (4.248 Aufrufe)
# [[Knochen und Muskeln]]‏‎ (4.156 Aufrufe)
# [[Sensitivität (innere und äußere, von Foerster)]]‏‎ (3.884 Aufrufe)
# [[‏Viabilität]]‏‎‏‎ (3.641 Aufrufe)‎
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|style="width: 90%; border-right:solid 10px #FF4500; border-bottom:solid 5px #FF4500;background-color:#FFFFFF; "colspan="2"|'''Bemerkenswerte Ereignisse'''<br><big>Erste Beschreibung des [[Lernmodell|Lehrmodells]] der Kinästhetik</big><br>
Am 17. Juni 1989 beschrieben Frank Hatch und Lenny Maietta für das 16. Kinästhetik Bulletin das Lehrmodell der [[Kinästhetik (Begriff)|Kinästhetik]]. Sie äußern dabei ihre „Grundüberzeugung, das [[Bewegungserfahrung|Bewegungs- und Wahrnehmungserfahrung]] die Grundlage allen Lernens ist“. Sie hätten daraus weitere Grundsätze und aus diesen wiederum Übungen entwickelt, um Kursteilnehmenden zu „helfen, Beziehungen und Muster in der eigenen Bewegung zu erkennen. Durch strukturierte Bewegungserfahrungen entwickelt ein Teilnehmer im Kinästhetik-Unterricht differenziertere sensomotorische Fähigkeiten, die Grundlage aller menschlichen Fähigkeiten überhaupt. Er lernt dabei, seine Erfahrungen einzuordnen, indem er ihre Muster und Beziehungen analysiert.“<br>In diesem frühen Text wird ein Kern der Kinästhetik beschrieben, der bis heute seine Gültigkeit behält.
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| style="width: 50%; border-left:solid 10px #FF4500; border-right:solid 5px #FF4500; border-bottom:solid 10px #FF4500;background-color:#FFFFFF;"rowspan="2"|'''Zuletzt erschienene Artikel'''<br>
* Artikel „[[Parallele und spiralige Bewegungsmuster]]“
 
* Erweiterung des Artikels „[[Sensitivität (innere und äußere, von Foerster)]]“ bzw. „[[1 : 100'000 (von Foerster)]]“ durch einen [[Sensitivität (innere und äußere, von Foerster)#Innere und äußere Sensitivität in „Aufbaumodul Demenz 1: Sich und die Welt wahrnehmen – Arbeitsunterlagen“|Begleittext aus dem Aufbaumodul Demenz 1]]
 
* Erweiterung des Artikels „[[Wahrnehmung]]“ durch die [[Wahrnehmung#Wahrnehmung in „Aufbaumodul Demenz 1: Sich und die Welt wahrnehmen Arbeitsunterlagen“|Begleittexte aus dem Aufbaumodul Demenz 1]]
 
* Artikel „[[Lernen (Begriff)]]“
 
* Erweiterungen der Artikel „[[Hierarchie der Kompetenzen]]“, „[[Bewegungskompetenz]]“ und „[[Interaktion]]“ inkl. „[[Herausforderndes Verhalten]]“
 
* Artikel „[[Lerntheorie nach Gregory Bateson (1904-1980)]]“
 
* Artikel „[[Kybernetik (Begriff)]]“
 
* Artikel „[[Erfahren (Begriff)]]“
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=== Vorschlag für Redaktionstreffen vom 25. Juni 2024 ===
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| style="width: 100%; border-left:solid 10px #FF4500; border-right:solid 10px #FF4500; border-bottom:solid 10px #FF4500; border-top:solid 10px #FF4500;background-color:wheat;" colspan="2" |'''Willkommen in diesem Online-Lexikon zu den Fachgebieten der Kinästhetik, Kybernetik und anderer Bezugswissenschaften!'''<br>Das [[KOFL:Über Kinaesthetics-Online-Fachlexikon|Kinaesthetics-Online-Fachlexikon (KOFL)]] wird von der European Kinaesthetics Association (EKA) herausgegeben, von einem [[KOFL:Das Redaktionsteam|Redaktionsteam]] betreut und von einem fachlichen Beirat unterstützt (vgl. „[[KOFL:Impressum und Haftungsausschluss]]“).
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| style="width: 60%; border-left:solid 10px #FF4500; border-right:solid 5px #FF4500; border-bottom:solid 5px #FF4500;background-color:#FFFFFF;"|'''Schon gewusst?'''<br><big>[[Der gekochte Frosch]]</big><br>Durch diese Fabel wird verständlich, warum wir langsame Entwicklungen und Lernprozesse von uns selbst sehr viel schwerer feststellen als schnelle und unterscheidbare Veränderungen und Lernerfolge.<br>Gregory Bateson verwendet die folgende, als quasi-wissenschaftlich bezeichnete Fabel, um deutlich zu machen, dass „wir [uns] fast immer unbewusst sind über die Trends in den Veränderungen unseres Zustandes. ... Wenn man einen Frosch dazu bringen kann, ruhig in einem Topf mit kaltem Wasser sitzen zu bleiben, und wenn man dann die Wassertemperatur sehr langsam und sanft erhöht, so dass es keinen Augenblick gibt, der sich als der Augenblick ‚abhebt‘, in dem der Frosch springen sollte, dann wird er niemals springen. Er wird gekocht werden.“
| style="width: 40%; border-right:solid 10px #FF4500; border-bottom:solid 5px #FF4500;background-color:#FFFFFF;"rowspan="2"|'''Bedeutende Personen'''<br><big>Gregory Bateson</big><br>(* 9. Mai 1904 in Grantchester, Cambridgeshire; † 4. Juli 1980 in San Francisco) war ein englischer Anthropologe, Biologe, Sozialwissenschaftler, Kybernetiker und Philosoph. Seine Arbeitsgebiete umfassten anthropologische Studien, das Feld der Kommunikationstheorie und Lerntheorie, genauso wie Fragen der Erkenntnistheorie, Naturphilosophie, Ökologie oder der Linguistik. Bateson behandelte diese wissenschaftlichen Gebiete allerdings nicht als getrennte Disziplinen, sondern als verschiedene Aspekte und Facetten, in denen seine systemisch-kybernetische Denkweise zum Tragen kommt.  
Batesons Gedanken und Arbeiten waren vor allem geprägt von philosophischen Überlegungen Platons, psychologischen Überlegungen Sigmund Freuds und Carl Gustav Jungs, der Typentheorie Bertrand Russells sowie von Kybernetikern wie Norbert Wiener, Warren McCulloch, John von Neumann und Claude Shannon mit seiner Informationstheorie. Bateson seinerseits hatte großen Einfluss auf die Systemische Therapie sowie die Familientherapie. Er beeinflusste verschiedene theoretische Strömungen in der Soziologie und Anthropologie. (Quelle: Wikipedia, Gregory Bateson)
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|style="border-left:solid 10px #FF4500; border-right:solid 5px #FF4500; border-bottom:solid 5px #FF4500; border-top:solid 5px #FF4500;background-color:orange; colspan="2"|'''Meistgelesene Artikel'''<br>Hier findest du eine Rangliste der Artikel, die am meisten aufgerufen worden sind (Stand 14. Juni 2024)<br>
# [[Heinz von Foerster]]‏‎ (576 Aufrufe)
# [[Wahrnehmung]]‏‎ (483 Aufrufe)
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# [[Literatur und Medien‏‎]] (110 Aufrufe)
# [[Bewegungserfahrung]]‏‎ (103 Aufrufe)
style="text-align:right;" [[Spezial:Beliebteste_Seiten|Mehr erfahren]]
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|style="width: 90%; border-right:solid 10px #FF4500; border-bottom:solid 5px #FF4500;background-color:#FFFFFF; "colspan="2"|'''Bemerkenswerte Ereignise'''<br>
Am 17. Juni 1989 beschrieben Frank Hatch und Lenny Maietta für das 16. Kinästhetik Bulletin das Lehrmodell der Kinästhetik. Sie äußern dabei ihre „Grundüberzeugung, das Bewegungs- und Wahrnehmungserfahrung die Grundlage allen Lernens ist“. Sie hätten daraus weitere Grundsätze und aus diesen wiederum Übungen entwickelt, um Kursteilnehmenden zu „helfen, Beziehungen und Muster in der eigenen Bewegung zu erkennen. Durch strukturierte Bewegungserfahrungen entwickelt ein Teilnehmer im Kinästhetik-Unterricht differenziertere sensomotorische Fähigkeiten, die Grundlage aller menschlichen Fähigkeiten überhaupt. Er lernt dabei, seine Erfahrungen einzuordnen, indem er ihre Muster und Beziehungen analysiert.“<br>In diesem frühen Text wird ein Kern der Kinästhetik beschrieben, der bis heute seine Gültigkeit behält.
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| style="width: 50%; border-left:solid 10px #FF4500; border-right:solid 5px #FF4500; border-bottom:solid 10px #FF4500;background-color:#FFFFFF;"rowspan="2"|'''Zuletzt erschienene Artikel'''<br>
* Artikel „[[Parallele und spiralige Bewegungsmuster]]“


Problematisch ist es, wenn wir in unseren gewohnten Bewegungsmustern unsere Anatomie nicht ihren Funktionen entsprechend einsetzen und alltägliche Aktivitäten nicht auf eine angepasste Weise ausführen. Wenn wir z. B. öfters schwere Gegenstände herumtragen müssen und ihr Gewicht nicht über unsere Knochenstrukturen abgeben, kann dies bekanntlich zu Abnutzungserscheinungen und muskuloskelettalen Beschwerden führen.
* Erweiterung des Artikels „[[Sensitivität (innere und äußere, von Foerster)]]“ bzw. „[[1 : 100'000 (von Foerster)]]“ durch einen [[Sensitivität (innere und äußere, von Foerster)#Innere und äußere Sensitivität in „Aufbaumodul Demenz 1: Sich und die Welt wahrnehmen – Arbeitsunterlagen“|Begleittext aus dem Aufbaumodul Demenz 1]]


Gemäß dem Text können sich unsere gewohnten Bewegungsmuster sich insbesondere dann als destruktiv erweisen, wenn sich unsere Situation verändert. Um ein Beispiel hierfür zu ergänzen: Wenn wir an einem Hexenschuss leiden, wissen wir kaum mehr, wie wir uns setzen oder stehen, geschweige denn eine Münze vom Boden aufheben sollen. Wenn wir es auf unsere gewohnte Weise zu tun versuchen, schießt Schmerz ein, und alle Muskeln verkrampfen sich. Dies schlägt leicht auf unser gesamtes Wohlbefinden. Aus dem Text lässt sich erschließen, dass es in einer solchen Situation gilt, neue und funktional möglichst angepasste Muster zu finden.<ref>ebd.</ref>
* Erweiterung des Artikels „[[Wahrnehmung]]“ durch die [[Wahrnehmung#Wahrnehmung in „Aufbaumodul Demenz 1: Sich und die Welt wahrnehmen – Arbeitsunterlagen“|Begleittexte aus dem Aufbaumodul Demenz 1]]
===== Bewusstsein für das Zusammenspiel von Haltungs- und Transportbewegungen in den Bewegungsmustern =====
Abschließend wird in der Einleitung zu den parallelen und spiraligen Bewegungsmustern ausgeführt, dass sich unsere meist unbewussten und individuellen Bewegungsmuster daraus ergeben, wie wir das Zusammenspiel von Haltungs- und Transportbewegungen nutzen. Wenn wir es uns bewusst machen, wie diese Bewegungskomponenten in unseren Bewegungsmustern subtil zusammenspielen, können wir fähig werden, unser Spektrum von Bewegungsmustern zu erweitern und sie an die Anforderungen unterschiedlichster Situationen konstruktiv anzupassen.<ref>ebd.</ref>
===== Parallele Bewegungsmuster =====
[[Datei:31-detail-muster-parallel.jpg|mini|rechts]]
Das parallele Bewegungsmuster wird so definiert, dass wir bei der Ausführung einer Aktivität alle Massen um unterschiedliche parallele Achsen bewegen. Das bedeutet, dass wir das Gewicht der Massen in einer scharnierartigen Bewegung nur in eine Richtung hin- oder zurückbewegen. Wir nutzen somit die Vielzahl der möglichen Richtungen nicht, die Transportbewegungen zwischen den Massen grundsätzlich erlauben. Die Gesamtbewegung erfolgt um lauter parallele Achsen, sodass die Richtungen der Transportbewegungen mit denjenigen der Haltungsbewegungen übereinstimmen.<ref>ebd., S. 37.</ref>


Wenn man die Ausführungen zum Positionswechsel bzw. der vertikalen Fortbewegung<ref>ebd., S. 52.</ref> aus dem Konzept „Menschliche Funktion“ vorwegnimmt, geht es nur um Beugen oder Strecken.
* Artikel „[[Lernen (Begriff)]]
===== Spiralige Bewegungsmuster =====
[[Datei:31-detail-muster-spiralig.jpg|mini|rechts]]
Das spiralige Bewegungsmuster wird so definiert, dass wir bei der Ausführung einer Aktivität jede einzelne Masse unter Ausnutzung der vielen Richtungen bewegen, die die Transportbewegungen bzw. die benachbarten Zwischenräume ermöglichen. Dadurch stimmen die Richtungen der Haltungs- und Transportbewegungen nicht überein, sondern es entsteht ein spiralförmiges Zusammenspiel der beiden Bewegungskomponenten.


Insbesondere wird zudem darauf hingewiesen, dass bei einem spiraligen Bewegungsmuster aus einer Außenperspektive auffällig ist, wie sich die Bewegungsrichtung des gesamten Körpers von den Bewegungsrichtungen der einzelnen Massen unterscheidet. Damit dürfte Folgendes gemeint sein: Wenn wir z. B. von einem Stuhl aufstehen, geht aus einer Außenperspektive die Bewegungsrichtung des gesamten Körpers nach oben in eine aufrechte Position. Aus der Innenperspektive bewegen wir in einem spiraligen Bewegungsmuster die einzelnen Massen nicht in eine Richtung durch Beugen und Strecken (geschweige denn geradlinig) nach oben, sondern gelangen durch Drehen und Beugen sowie Drehen und Strecken<ref>vgl. ebd., S. 52.</ref> unter Ausnutzung einer Vielzahl von Richtungen in die aufrechte Position.<ref>ebd.</ref> 
* Erweiterungen der Artikel „[[Hierarchie der Kompetenzen]]“, „[[Bewegungskompetenz]]“ und „[[Interaktion]]“ inkl. [[Herausforderndes Verhalten]]
===== Erschwerte Kontrolle paralleler Bewegungsmuster=====
Abschließend wird festgehalten, dass aus der Perspektive der funktionalen Anatomie parallele Bewegungsmuster anspruchsvoller als spiralige Bewegungsmuster sind. Dies begründet sich einerseits dadurch, dass wir die Gewichtsverlagerungen der Massen bei parallelen Bewegungsmustern schwieriger kontrollieren können – als Begründung kann hinzugezogen werden, dass wir das Gewicht der Massen immer wieder mit Muskelkraft tragen müssen und es schlechter über Knochenstrukturen abgeben können. Andererseits schränken wir durch parallele Bewegungsmuster die funktionalen – und einfacher kontrollierbaren – Möglichkeiten unserer Anatomie bewusst ein. Vor diesem Hintergrund wird darauf hingewiesen, dass sich Kleinkinder von sich aus kaum in parallelen Bewegungsmustern bewegen. Dies dürfte hauptsächlich dann seine Gültigkeit haben, wenn Kleinkinder noch nicht die Muskelkraft aufgebaut haben, die für parallele Muster nötig ist.<ref>ebd.</ref>
==== Spiralförmiger Verlauf der Vorder- und Rückseiten ====
[[Datei:22-detail-vorne-hinten.jpg|150px|thumb|rechts|Die Abbildung<ref>ebd., S. 30.</ref> veranschaulicht den spiralförmigen Verlauf der Vorder- und Rückseiten bei den Extremitäten.]]
Im Konzept „Funktionale Anatomie“<ref>vgl. ebd., S. 21 ff.</ref> enthält das Unterthema „Orientierung“<ref>vgl. ebd., S. 28 ff.</ref> das Kapitel „Vorne und hinten: Vorder- und Rückseiten“<ref>vgl. ebd., S. 30.</ref>. Die Vorder- und Rückseiten werden hier aufgrund ihrer Eigenschaften und Funktionen definiert. Im dritten Absatz wird darauf hingewiesen, dass die Lokalisierung der Vorder- und Rückseiten der zentralen Massen auch gemäß dieser kinästhetischen Definition der gängigen Vorstellung entspricht. Hingegen verlaufen die Vorder- und Rückseiten der Extremitäten z. T. spiralig. Dies führt dazu, dass in der kinästhetischen Definition bei den Extremitäten die Bezeichnung von Vorder- und Rückseiten von der gängigen Auffassung abweichen kann.


Nach den Ausführungen zu Funktionen der Vorder- und Rückseiten wird festgehalten, dass uns hauptsächlich aufgrund dieses spiralförmigen Verlaufs grundsätzlich eine Vielzahl der Bewegungsmöglichkeiten zur Verfügung steht. Danach folgt:
* Artikel „[[Lerntheorie nach Gregory Bateson (1904-1980)]]
:''„Ein angepasstes Zusammenspiel der Funktionen der Vorder- und Rückseiten während einer Aktivität macht es möglich, diese mit wenig Kraftaufwand und größtmöglicher Kontrolle in der Schwerkraft zu gestalten.''<ref>ebd.</ref>
Die Aussagen machen deutlich, wie eng die spiralförmigen Bewegungsmuster mit diesen Gegebenheiten der funktionalen Anatomie verbunden sind.


==== Grundpositionen und spiralige Fortbewegung vom Liegen ins Stehen ====
* Artikel „[[Kybernetik (Begriff)]]
Im Konzept „Menschliche Funktion“<ref>ebd., S. 43 ff.</ref> werden im Unterthema „5.1. Einfache Funktion: Positionen und Grundpositionen“ im zweiten Kapitel „Grundpositionen“ diese folgendermaßen hergeleitet:
:''„Dieses Modell entstand aus der jahrzehntelangen Erforschung der spiraligen Fortbewegung vom Liegen ins Stehen. Wegleitend für die Bewegungserfahrungen und Analysen dieser Forschung waren die folgenden Fragen: Durch welche grundlegenden Positionen in Bezug auf die Gewichtsorganisation führt dieser Weg?''<ref>ebd., S. 43.</ref>
Die Grundlage der Grundpositionen sind somit die Fortbewegung aus der Rückenlage ins Stehen in einem spiraligen Bewegungsmuster bzw. die „Haltestellen“ mit Richtungswechsel auf diesem Weg.


Entsprechend wird dieses Thema nachfolgend im Kapitel „Fortbewegung in vertikaler Richtung“ bzw. „Positionswechsel“ ''<ref>ebd., S. 52.</ref> wieder aufgenommen. Wie oben bereits angedeutet, wird hier der Weg, der von der Rückenlage bis zum Zweibeinstand alle Grundpositionen einschließt, mithilfe des spiraligen Bewegungsmusters genauer erläutert. Wenn wir ein spiraliges Bewegungsmuster als Kombination von Drehen und Strecken gestalten, führt es von der Rücken- in die Bauchlage. Wenn wir dann das spiralige Bewegungsmuster mit einem Richtungswechsel als Kombination von Drehen und Strecken gestalten, führt es weiter ins Sitzen. Setzt man den Weg mit dem Wechsel dieser beiden Ausprägungen des spiraligen Bewegungsmuster fort, gelangt man durch alle Grundpositionen.
* Artikel „[[Erfahren (Begriff)]]“
=== „Parallele und spiralige Bewegungsmuster“ im Buch „Kinaesthetics Infant Handling“ von Maietta und Hatch ===
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In der Beschreibung der Bewegungsmuster im Kapitel „4.5.2. Parallele und spiralige Bewegungsmuster“, die bei jeder Aktivität dadurch entstehen, dass Haltungs- und Transportbewegungen kombiniert werden, wird die Rolle der Massen bei der Gewichtsorganisation betont: Die Bewegungsmuster ''„bestimmen, welche Massen oder welche Teile von Massen Gewicht tragen und welche Teile frei für Bewegungen sind“''<ref>'''Maietta, Lenny; Hatch, Frank (2011):''' Kinaesthetics Infant Handling. Originalmanuskript aus dem Amerikanischen von Ute Villwock. 2., durchgesehene und aktualisierte Auflage. Bern [u. a.]: Hans Huber. ISBN 978-3-456-84987-4. S. 102.</ref>. Auf dieser Weise wird das Thema Bewegungsmuster auch mit dem Unterthema der Orientierung (Stichwort „Oben und unten“) verknüpft. Dies wird z. B. aus den Ausführungen unter der Überschrift „Parallele Bewegungsmuster“ deutlich:
|style="border-left:solid 5px #FF4500; border-right:solid 10px #FF4500; border-bottom:solid 10px #FF4500; border-top:solid 5px #FF4500;background-color:#FFD700; colspan="2"|'''Mach mit!'''<br>Du hast viele Möglichkeiten, die Entwicklung des KOFL zu unterstützen.
:''„Bei parallelen Bewegungsmustern werden viel Ressourcen der Haltungsbewegungen in einer Achse und weniger Ressourcen der Transportbewegungen eingesetzt. Sie übertragen das Gewicht nach oben und nach unten oder um den Körper herum. In einem parallelen Bewegungsmuster sind die Rollen des Gewichttragens und der Bewegungsführung nicht besonders differenziert. Das Ergebnis: erhöhter Bedarf an Anstrengung.“''<ref>ebd., S. 103.</ref>
* Nur schon, wenn du das KOFL nutzt und Artikel liest, hilfst du dem [[Das Redaktionsteam|Redaktionsteam]] zu erkennen, welche Themen auf besonderes Interesse stoßen bzw. in welchem Themenkreis weitere Artikel publizienswert sind.
Diese Zusammenhänge werden auch aus der Beschreibung unter der Überschrift „Spiralige Bewegungsmuster“ ersichtlich:
* Diskutiere mit! Jeder Artikel im KOFL hat eine Diskussionsseite. Wenn du einen interessanten Hinweis hast, Aussagen schlecht verstehst oder mit ihnen nicht einverstanden bist, hinterlasse eine Notiz auf der Diskussionsseite – dein Beitrag muss nicht geschliffen daherkommen, nur verständlich sein.
[[Datei:1996-ARH-IH-spiraliges-Bew-muster.png|thumb|400px|Diese Abbildung aus dem Grundkurs-Arbeitsbuch „Kinästhetik Infant Handling“<ref>'''Maietta, Lenny; Hatch, Frank; Bauder, Heidi (1996):'''Kinästhetik Infant Handling. Grundkurs Arbeitsbuch. Aarau: Institut für Kinästhetik IfK AG. S. 33.</ref> von 1996 wird auch im Infant-Handling-Buch (S. 102) verwendet, um das spiralige Bewegungsmuster des Kindes aus der Rücken- in die Bauchlage zu veranschaulichen.]]
* Du kannst das KOFL bzw. die Publikation von Artikeln ideell oder materiell unterstützen (vgl. [[KOFL:Eine Diskussion eröffnen]], [[KOFL:Artikel(teile) veröffentlichen]], [[KOFL:Sponsoring]].
:''„Spiralige Bewegungsmuster sind sowohl für uns als auch für Kinder am einfachsten auszuführen. Dabei werden abwechselnd alle Haltungs- und Transportbewegungsressourcen unseres Körpers genutzt. Dies ermöglicht uns, das Gewicht in vielen Achsen zu bewegen und über mehrere Massen zu verteilen. Auf diese Weise wird auch die spiralige Organisation einbezogen, die durch die Struktur der Muskelbefestigungen in den Extremitäten möglich ist. Spiralige Muster verlagern oder bewegen das Gewicht über die Rückseite des Körpers und lassen die vorderen Muskeln frei. Sie machen es einfach, Gewicht zu kontrollieren und sich gelichzeitig zu bewegen.
|-
:''Wenn man sich in spiraligen Mustern bewegt, wird das Gewicht kontinuierlich zwischen allen Massen und von einem Punkt einer Masse auf einen anderen verlagert. Alle Massen, die kein Gewicht tragen, können für das Lenken der Bewegung und/oder das Manipulieren der Umgebung eingesetzt werden. Dadurch wird es auch möglich, an jedem beliebigen Punkt des Bewegungsprozesses zu stoppen und auszuruhen. Darüber hinaus sind spiralige Bewegungsmuster weniger anstrengend in der Ausführung.“''<ref>ebd., S. 103 f.</ref>
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Die Bewegungsentwicklung vor und nach der Geburt wird desgleichen in diesem Kapitel aus der Sicht der Bewegungsmuster dargestellt. Besonders lesenswert ist die Erklärung, wieso Erwachsene Babys und Kleinkinder mit parallelen Bewegungsmuster bewegen, und wieso spiralige Bewegungsmuster für die Körperstruktur der Kleinkinder geeigneter ist.
:''„Häufig führen wir Interaktionen mit Babys oder Kleinkindern in parallelen Bewegungsmustern aus. Ein Grund dafür ist die Überzeugung, wir müssten Blickkontakt mit ihnen halten. Bei einem parallelen Bewegungsmuster ist dies möglich, bei spiraligen Bewegungsmustern nicht. Ein anderer Grund liegt in den Körperproportionen und dem geringen Gewicht der Kinder, deshalb heben und bewegen wir sie oft ohne ihre Beteiligung.“''
:''[…]
:''„Die Hauptgewichte von Kindern befinden sich in Kopf, Brustkorb und Becken. […] Spiralige Bewegungsmuster nutzen alle verfügbaren Haltungs- und Transportbewegungsressourcen des Körpers. […] Das Gewicht der zentralen Massen ist über die Extremitäten organisiert und die Bewegung einfach. Die entstehenden Spannungsmuster regulieren Atmungs- und Verdauungsprozesse und organisieren das Gewicht des Körpers, so dass das Kind durch differenzierten Einsatz der Extremitäten eine Kontrolle über die Bewegung der zentralen Massen hat.  Solche Erfahrungen und die daraus resultierenden Fähigkeiten sind für die effektive Ausführung komplexer Aktivitäten notwendig.“''<ref>ebd., S. 103 f.</ref>


=== „Parallele und spiralige Bewegungsmuster“ im Buch „Kinästhetik – Gesundheitsentwicklung und menschliche Aktivitäten“ von Hatch und Maietta  ===
Im Kapitel „3.3.3 Orientierung im Körper versus Orientierung im Raum“<ref>'''Hatch, Frank; Maietta, Lenny (2003):''' Kinästhetik. Gesundheitsentwicklung und menschliche Aktivitäten. Übersetzung: Ute Villwock, Elisabeth Brock. 2., komplett überarbeitete Auflage. München, Jena: Urban und Fischer. ISBN 978-3-437-31467-4. S. 46.</ref> sind die Eigenschaften und Funktionen der Vorder- und Rückseiten der Massen beschrieben. Der Zusammenhang zwischen dem nötigen Kraftaufwand und dem Bewegungsmuster wird hier aus der Sicht der funktionalen Anatomie beleuchtet.
:''„lm Wesentlichen unterscheiden wir zwei Arten von Muskeln, die die Oberfläche des Körpers überziehen, nämlich die '''Beuger''' und die '''Strecker'''. Die Beugemuskeln befinden sich an der Vorderseite jeder Körpermasse. Sie sind dick und kräftig, obwohl sie schnell ermüden. Wenn sie kontrahieren, verursachen sie, dass sich die Körpermassen nach vorne beugen. Sie stellen die Hauptkraft bereit, um die Massen zu bewegen. Die Streckmuskeln sind demgegenüber an der Rückseite jeder Masse angebracht. Sie sind dünner und ermüden weniger schnell. Kontrahieren sie, bewirken sie, dass die Körpermassen nach hinten gedehnt werden. Die wesentliche Rolle der Streckmuskeln besteht darin, die Massen in einer stabilen Position zu halten. In unseren zentralen Massen bleibt die Vorwärts- und Rückwärtsorientierung der Muskeln stets gleich. In den Extremitäten sind die Muskeln jedoch um die Glieder angeordnet, so dass die Vorderseite spiralförmig in die Rückseite übergeht. Diese spiralige Muskelstruktur unserer Extremitäten ist der Grund dafür, dass wir uns in spiraligen Mustern mit weniger Anstrengung als in parallelen bewegen können.“''<ref>ebd., S. 47.</ref>
Dieser Gedanken wird auch in „3.4 Konzept der Menschlichen Bewegung“<ref>ebd., S. 48 ff.</ref> im Kapitel „3.4.2 Parallel- und Spiralbewegungen“<ref>ebd., S. 53 ff.</ref> weitergeführt.
:''„Spiralige Bewegungsmuster sind für uns am leichtesten nachzuvollziehen. […] Solche Bewegungen nutzen auch die spiralige Organisation des Muskelsystems in den Extremitäten. Spiralbewegungen erleichtern es, Gewicht zu tragen und die Umgebung zu manipulieren. Wenn man sich spiralig bewegt, kann die Körperseite, die gerade kein Gewicht trägt, die Bewegung lenken und die Umgebung verändern. Somit ist es auch möglich, zu jedem Zeitpunkt während des Prozesses zu stoppen und dort zu verharren.“''<ref>ebd., S. 55.</ref> 
Bemerkenswert ist, dass in diesem Kapitel als Fachbegriffe Parallel- und Spiralbewegungen sowie parallele und spiralige Bewegungsmuster ohne ersichtlichen Unterschied der Bedeutung verwendet werden. Zu Beginn des Kapitels werden sie folgendermaßen hergeleitet:
:''„Die Kombination von Haltungs- und Transportbewegungen, aus denen die menschlichen Funktionen bestehen, führt entweder zu parallelen oder zu spiraligen Bewegungsmustern.“''<ref>ebd., S. 53.</ref>
Im unmittelbaren Anschluss wird dies mit den Parallelbewegungen illustriert:
:''„Parallelbewegungen organisieren eine Gewichtsverlagerung vorwiegend nach vorn und nach hinten oder nach oben und nach unten. Haltungsbewegungen in eine Richtung dominieren bei parallelen Bewegungsmustern. Dazu wird aber eine große Anstrengung benötigt.“''<ref>ebd., S. 53 f.</ref>
Im weiteren Verlauf des Textes werden parallele Bewegungsmuster als nicht sehr effiziente Möglichkeit bezeichnet, um alltägliche Aktivitäten auszuführen.


Die Relevanz der Kontaktpunkte in der Interaktion mit Patienten hinsichtlich der Bewegungsmuster wird im Kapitel „Positionen und professionelle Pflege“<ref>ebd., S. 104.</ref> beschrieben:
<big>'''BITTE DEN FOLGENDEN ARTIKEL NICHT LÖSCHEN!'''</big>
:''„Wenn Sie Positionen, Kontakte und Bewegung nutzen möchten, um einer anderen Person zu helfen, bedenken Sie, dass
:''• Sie nur solche Positionen bei der Interaktion mit dem Patienten einnehmen, in denen Sie Ihre Bewegungen so einsetzen können, dass Sie ihm eine bessere Bewegungskontrolle gewähren.
:''• Parallele Kontakte mit der Hand und symmetrische Fußpositionen parallele Bewegungsmuster unterstützen; man kann sich durch Beugen und Strecken in der Umgebung und wie ein Zylinder drehen, außerdem vorwärts und rückwärts sowie auf und nieder bewegen.
:''• Asymmetrische Handkontakte, Fußbewegungen und Positionen spiralige Bewegungsmuster unterstützen; man kann sich so mit vollständiger Bewegungskontrolle in alle Richtungen bewegen.“''<ref>ebd., S. 105.</ref> 
Im Kapitel „4.3.5 Überlegungen für die Pflege“<ref>ebd., S. 113.</ref> werden weitere praxisorientierte Anwendungsaspekte der Bewegungsmuster unterstrichen und die Bedeutung der feinen Unterschiede in den Bewegungsabläufen betont. Als Beispiel soll die folgende Stelle zitiert werden. Sie trägt die Überschrift „Veränderungen des Bewegungsradius“:
:''„'''Spiralbewegungen''' wie Drehen sind die einfachsten Bewegungsmuster für den menschlichen Körper, um sich von einer Position in eine andere zu begeben. Erinnern Sie sich daran, dass Beugung und Streckung das Körpergewicht nach unten oder nach oben transferieren (Parallelbewegungen). Die Drehung bewegt es seitlich um die Körperachse herum. Sie müssen ein Spannungsmuster schaffen, welches spiralige Bewegungen im Körper fördert, gleichzeitig aber auch das Gewicht auf mehrere unterstützenden Massen verteilt. Sie müssen jedoch nicht immer eine vollständige Spirale ausführen, um bestimmte Bewegungsressourcen nutzen zu können. Die Qualität und die Richtung einer Bewegung sind weitaus wichtiger als ihr Radius.“''<ref>ebd., S. 114.</ref> (Seite 114)


=== Kommentare, Auswertung und offene Fragen ===
== Sinne und kinästhetisches Sinnessystem (gyfr, mast)==
MEIN TEXT?
== Aktuelle Verwendung des Fachbegriffs ==
=== Sinne und kinästhetisches Sinnessystem in „Kinaesthetics – Konzeptsystem“ ===
==== Die Einbettung des Themas im Konzept „Interaktion“====
Das erste Konzept des Konzeptsystems ist mit „[[Interaktion]]“ überschrieben und ist grundlegend für die folgenden fünf Konzepte. Das hauptsächliche Thema besteht darin, die persönliche Wahrnehmung und insbesondere Bewegungswahrnehmung zu sensibilisieren sowie körperliche und zwischenmenschliche Unterschiede und Interaktionen zu erfahren<ref>'''European Kinaesthetics Association (Hg.) (2023):''' Kinaesthetics. Konzeptsystem. Linz, Winterthur: Verlag European Kinaesthetics Association. ISBN 978-3-903180-00-0. S. 11.</ref>.


== Geschichte des Fachbegriffs ==
In der Einleitung des Konzepts wird nach der gängigen Definition der Interaktion als ''„Wechselbeziehung zwischen zwei oder mehreren HandlungspartnerInnen“''<ref>ebd., S. 13.</ref> mit dem Beispiel der verbalen und nonverbalen Kommunikation darauf hingewiesen, dass Interaktionen grundsätzlich auf allen Sinnessystemen beruhen. Demgemäß ist das erste Unterthema mit „Sinne“<ref>ebd., S. 14.</ref> überschrieben und enthält die untergeordnete Überschrift „Das kinästhetische Sinnessystem“<ref>ebd., S. 15.</ref>.
=== Die Kinästhetik-Bulletins als früheste Quelle des Fachbegriffs ===
Die Geschichte des Fachbegriffs ist weitverzweigt. Die früheste Quelle sind die Bulletins „Kinästhetik“<ref>'''Verein für Kinästhetik (Hg.) (2011): ''' Kinästhetik Bulletin Nr. 1–24, 1980–1996. Nachdruck. Siebnen: verlag lebensqualität.</ref>. Im Infoblatt 4 „Kinaesthetics/Kinästhetik: Die Geschichte“ der European Kinaesthetics Association werden diese Bulletins folgendermaßen erwähnt:
: ''„Im Jahr 1980 wurde in Zürich der ‚Verein für Kinästhetik‘ gegründet mit der Absicht, alle interessierten Personen zu verbinden und eine Vereinszeitschrift zu publizieren. Diese erschien unter der Bezeichnung ‚Kinästhetik Bulletin‘ bis zum Jahr 1996 ein- bis zweimal jährlich. Im Vereinsvorstand befanden sich Personen verschiedener Berufsgruppen sowie Hatch, Maietta und Graham.“<ref>'''European Kinaesthetics Association (Hg.) (2024):''' Kinaesthetics/Kinästhetik: Die Geschichte. Infoblatt 4. Linz, Siebnen: Verlag European Kinaesthetics Association. Ohne ISBN. S. 1.</ref>
=== Das Thema „spiralig – parallel“ in den ersten Kinästhetik-Bulletins ===
==== Spiralförmige Körperstruktur und spiralige Bewegungsabläufe (2. Bulletin, 1982)====
Bereits im 2. Bulletin von 1982 findet sich einerseits eine Kinästhetiklektion bzw. eine Bewegungsanleitung von Frank Hatch mit der Überschrift „Die spiralförmige Struktur des Körpers im verstreben (stossen), hängen (ziehen), sitzen (heben)“<ref>'''Verein für Kinästhetik (Hg.) (1982):''' Kinästhetik. 2. Bulletin. Januar 1982. Zürich: Verein für Kinästhetik. Ohne ISBN. S. 14.</ref>. Andererseits schreibt Susanne Teichmann in einem Erfahrungsbericht über Gentle Dance:
:''„So mögen sich spiralige Bewegungsabläufe entwickeln, die dich mit vielleicht ungeahnter Leichtigkeit zu Boden und wieder nach oben führen.“''<ref>ebd., S. 5.</ref>
Diese zwei frühen Erwähnungen zeigen die Hauptlinien des heutigen Konzeptverständnisses in Bezug auf das Thema „spiralig/spiralförmig“: Einerseits Spiralmuster in der funktionalen Anatomie<ref>'''European Kinaesthetics Association (Hg.) (2023):''' Kinaesthetics. Konzeptsystem. Linz, Winterthur: Verlag European Kinaesthetics Association. ISBN 978-3-903180-00-0. S. 30: „Der spiralförmige Verlauf von Vorder- und Rückseiten …“</ref> und andererseits Spiralbewegungen in Bewegungsabläufen, vor allem in Positionswechseln<ref>ebd., S. 36 ff.: „3.2. Parallele und spiralige Bewegungsmuster“ oder auch S. 52: „Fortbewegung in vertikaler Richtung – Positionswechsel“.</ref>.
==== Sieben Grundhaltungen (-positionen) aufgrund Spiralbewegungen (11. Bulletin, 1986)====
Im 11. Bulletin aus dem Jahr 1986 beschreibt Frank Hatch ausführlich die menschlichen Grundhaltungen (frühere Bezeichnung des aktuellen Fachbegriffs Grundpositionen) und den Bewegungsablauf von der ersten zur siebten Grundhaltung, indem man Spiralbewegungen mit regelmäßigen Richtungsänderungen benutzt. )“<ref>'''Verein für Kinästhetik (Hg.) (1986):''' Kinästhetik. 11. Bulletin. Dezember 1986. Zürich: Verein für Kinästhetik. Ohne ISBN. S. 13 f.</ref>  
==== Diagonalen – Spiralbewegungen – Kraftaufwand und spiralförmige Bewegungen in der embryonalen und frühkindlichen Entwicklung (15. Bulletin, 1988) ====
Ein erwähnenswerter Ursprung des spiraligen Bewegungsmusters sind die Begriffe der Diagonale und Diagonalbewegung. Rosemarie Suter erklärt im 15. Bulletin (1988) den Zusammenhang der diagonalen Verbindungen zwischen den Massen, der Spiralbewegungen und des nötigen Kraftaufwandes des Bewegungsablaufes folgendermaßen:
:''„Durch die überkreuzte Haltung wird der Rumpf stabilisiert und lässt sich nur noch als ein Stück bewegen, das in sich keine Beweglichkeit mehr hat. Halte ich hingegen das Knie auf gleicher Seite, so entsteht eine asymmetrische Verbindung zwischen Brustkorb und Beckengürtel, welche ein Verlagern bzw. Verkürzen der diagonalen Verbindung zwischen Brustkorb und Becken zulässt. Dies erlaubt eine Drehbewegung zwischen den Massen. So können sie einander in fortlaufender Art und Weise folgen, und es entsteht eine natürliche, leichte Bewegung. Diese Erfahrung hat mir auch sehr deutlich zu spüren gegeben, dass ohne Drehung keine Fortbewegung möglich ist oder nur unter erschwerten Bedingungen.
:''Um Bewegung zu beobachten und zu analysieren, sind wir auf Kriterien angewiesen, die uns helfen, das Beobachtete einzuordnen. Diagonale Verbindungslinien sind in diesem Sinne ein geeignetes Hilfsmittel, um die Spiralbewegung durch den Körper zu verfolgen. Sie verlaufen immer zwischen zwei Massen und zwar schräg zur Körperlängsachse. Als Linien sind sie immer etwas Zweidimensionales. Die dazugehörige Bewegung jedoch ist spiralförmig und somit dreidimensional.“''<ref>'''Verein für Kinästhetik (Hg.) (1988):''' Kinästhetik. 15. Bulletin. Oktober 1988. Zürich: Verein für Kinästhetik. Ohne ISBN. S. 21.</ref>


Ebenso wird in dieser Ausgabe des Bulletins auf die Bedeutung von elementaren Bewegungsmustern bzw. der spiralförmigen Bewegungen aus der Sicht der embryonalen und frühkindlichen Entwicklung im Rahmen des „Touch in Parenting Programms“ von Lenny Maietta und Frank Hatch hingewiesen. Der zweite Kurs heißt „Die Bewegungen der Entwicklung“. Hier findet sich eine wichtiger Schritt, der in späteren Artikeln des Bulletins und in weiteren Publikationen im Rahmen des heutigen Themas „Bewegungsentwicklung – Entwicklungsbewegung“ aufgenommen wird.<ref>ebd., S. 41.</ref>
==== Das Unterthema Sinne ====
=== Das Thema „spiralig – parallel“ im 16. Kinästhetik-Bulletin von 1990 ===
===== Zusammenhang von Interaktions- und Wahrnehmungsfähigkeit, die klassischen 5 Sinne =====
Im 16. Bulletin von 1990, das eine Sonderausgabe der Kinästhetik-Bulletins war, findet sich die erste zusammenhängende Darstellung des heutigen Konzeptsystems. Begrifflich ist hier insbesondere von parallelen Bewegungsmusten noch nicht die Rede. Allerdings werden Spiralmuster im Rahmen des Themas „4.2. Orientierung im Körper“ bei der Unterscheidung von vorne und hinten erwähnt:
[[Datei:Konzepticons-mit-kreis 111.png|250px|thumb|rechts|Das zugehörige Konzepticon<ref>'''European Kinaesthetics Association (Hg.) (2023):''' Kinaesthetics. Konzeptsystem. Linz, Winterthur: Verlag European Kinaesthetics Association. ISBN 978-3-903180-00-0. S. 34 und 36.</ref> zeigt in einem äußeren Kreis die 5 klassischen, nach außen gerichteten Sinne. In der Mitte findet sich die Darstellung eines Muskels mit der Muskelspindel. Dieser Rezeptor steht stellvertretend für das gesamte, nach innen gerichtete kinästhetische Sinnessystem mit seinem Netzwerk von unterschiedlichen Rezeptoren. Die zentrale Stellung illustriert seine grundlegende Bedeutung für die klassischen 5 Sinne bzw. die gesamte Wahrnehmung.]]
:''„Die Unterscheidung vorne - hinten ist bestimmt durch die Muskelfunktion.
Einleitend wird nochmals betont, dass die Interaktionsfähigkeit eines Menschen auf seinen Sinnen bzw. seiner Wahrnehmungsfähigkeit basiert. Dann folgt eine tabellarische Auflistung der klassischen fünf Sinne mit der Abbildung ihrer Organe und den zugehörigen Reizen. Bei diesen wird außer beim Geruchssinn durch die Angabe von gegensätzlichen Adjektiven (z. B. hell und dunkel) die Bedeutung von Unterschieden für die Wahrnehmung aufgezeigt.
:''Die vorne liegende Muskulatur umfasst alle Beugemuskeln. Sie übernehmen die Aufgabe der Anpassung an die Umwelt. Zudem ist die Vorderseite weicher, offener, verletzlicher, differenzierter. Mit ihr treffen wir die Aussenwelt (z.B. mit Handflächen oder Fusssohlen).
:''Zur hinten liegenden Muskulatur gehören alle Streckmuskeln. Sie sind verantwortlich für Stabilität und Gleichgewicht. Die Hinterseite ist runder, abgeschlossener, härter, geschützter und trägt das Gewicht.
:''Im Kopf und Rumpf ist dieses Muster leicht zu erkennen. In den Extremitäten allerdings verläuft diese Trennung zwischen vorne und hinten in einem Spiralmuster. Dies ist prägend für die Art und Weise wie wir unsere Arme und Beine benutzen können.“''<ref>'''Verein für Kinästhetik (Hg.) (1990):''' Kinästhetik. 16. Bulletin. Januar 1990. Sonderausgabe. Dritte Auflage. Zürich: Verein für Kinästhetik. Ohne ISBN. S. 16.</ref>
Dieses Zitat ist auch deshalb besonders erwähnenswert, weil es auf den prägenden Zusammenhang zwischen der funktionalen Anatomie und den möglichen Bewegungsmustern hinweist. Somit ist es ein klares und frühes Beispiel für die Beziehungen zwischen den Inhalten der entsprechenden Konzepte des heutigen „Kinaesthetics – Konzeptsystems“ .


Unter dem Kapitel „4.4. Anatomischen Grundlagen“ werden im dritten Unterkapitel Transport- und Haltungsbewegungen gemeinsam mit dem regelmäßigen Wechsel der Haltungs- und Transportbewegungsebenen im Körper erklärt.<ref>ebd., S. 20 ff.</ref> Der Begriff Bewegungsmuster erscheint unter dem Kapitel „4.5. Funktion“ im dritten Unterkapitel „Fortbewegung“. Er wird direkt mit der Transport- und Haltungsbewegung bzw. den Haltungs- und Transportbewegungsebenen verbunden, die im vorausgehenden Kapitel beschrieben wurden:
===== Keine Abbildung durch die nach außen gerichteten 5 Sinne, sondern ein inneres Hervorbringen der Außenwelt =====
:''„8. Haltungs- und Transportbewegung sind wesentliche Elemente der Fortbewegung. Bewegungsmuster, bei denen fortlaufend die Haltungsbewegungsebenen angesprochen werden, sind in erster Linie Fortbewegungsmuster für die Vorwärts-/Rückwärtsbewegung.
Mit Berufung auf moderne Forschungen der Neurobiologie wird dann die frühere Annahme kritisiert, dass diese nach außen gerichteten Sinne die Außenwelt genau und „wahr“ abbilden. Diese Forschungen zeigen auf, dass keine Informationen aus der Außenwelt direkt in die Innenwelt eines jeden Menschen gelangen. Vielmehr produziert jeder einzelne Mensch diese in sich selbst, weil er in Bezug auf Information ein geschlossenes System ist. Mit diesen Formulierungen wird offensichtlich auf die beiden Wissenschaftler Humberto Maturana (1928–2021) und Francisco Varela (1946–2001), die Begründer der [[Autopoiese (Autopoiesis)]]-Theorie, angespielt.<ref>ebd., S. 14.</ref>.  
:''Bewegungsmuster, welche fortlaufend die Transportbewegungsebenen ansprechen, erlauben, dass wir uns spiralförmig bewegen können. Spiralbewegungen entsprechen unserer Körperstruktur.“''<ref>ebd., S. 26.</ref>
Bemerkenswert ist, dass in dieser Ausgabe des Bulletins parallele und spiralige Bewegungsmuster in ihren Grundzügen aufgezeigt, aber begrifflich noch nicht so bezeichnet werden.
=== Das Thema „spiralig – parallel“ in weiteren Publikationen der frühen 1990er-Jahre ===
==== Spiralbewegungen des Fetus und die Spirale als Urmuster des Lebendigen (17. Bulletin, 1990)====
Im 17. Bulletin (1990) schreibt Lenny Maietta in ihrem Artikel „Kinästhetik in der Eltern-Kind-Beziehung“ im ersten Kapitel „Fetale Bewegung und die Bewegung des Neugeborenen“ mit Verweis auf das Buch „The Beginnings of Human Life“ von Blechschmidt, dass der Fetus im Mutterleib durch spiralige Bewegungen seine Position wechselt.<ref>'''Verein für Kinästhetik (Hg.) (1988):''' Kinästhetik. 17. Bulletin. September 1990. Zürich: Verein für Kinästhetik. Ohne ISBN. S. 6.</ref> Im gleichen Bulletin nimmt Irina Weber dies in ihrem Erfahrungsbericht über einen Kurs auf, den sie mit ihrem Kind besucht hat. Für sie heißt das Schlüsselwort bei Kindern mit Koliken Spiralbewegungen. Dazu führt sie aus:
:''„Die Spirale scheint ein Urmuster des Lebendigen zu sein; die Struktur der Lendenwirbelsäule erlaubt spiralige Bewegungen. Die DNS ist z.B. nach diesem Muster aufgebaut, der Fetus macht in der Gebärmutter fast pausenlos Spiralbewegungen. Nach der Geburt ist es nicht mehr imstande, solche Bewegungen selbst auszuführen, da der Rückhalt der Gebärmutter fehlt.”''<ref>ebd., S. 10 (12).</ref>
==== Zwei- und dreidimensionale Bewegungen und ihre Achsen (Grundkurs-Arbeitsbuch, 1991)====
Im Arbeitsbuch „Grundkurs: Kinästhetik in der Krankenpflege“ von 1991 (verfasst von Lenny Maietta und Frank Hatch, übersetzt von Ina Citron) wird das Thema im zweiten Teil unter dem Kapitel „Menschliche Bewegung“ aufgeführt. Es wird unterschieden zwischen zweidimensionaler und dreidimensionaler Bewegung, basierend auf der Zahl der Achsen, um die herum die Rotation der Bewegung geschieht:
:''„''' Zweidimensionale Bewegung'''<br>entsteht durch Vorwärtsbeugen oder Rückwärtsstrecken und ist Rotation um eine Achse.
:'''''Dreidimensionale Bewegung'''<br>entsteht durch Drehen-Beugen oder Drehen-Strecken und ist kombinierte Rotation um zwei Achsen.“''<ref>'''Maietta, Lenny; Hatch, Frank (1991):''' Kinästhetik in der Krankenpflege. Arbeitsbuch. Grundkurs. Übersetzt von Ina Citron. Santa Fé: Maietta-Hatch-Inc. Ohne ISBN. S. II.3. </ref>
In der dritten Auflage dieses Arbeitsbuches wird die offensichtliche Fehlbeschreibung „um zwei Achsen“ durch „auf verschiedenen Achsen“ korrigiert. Bemerkenswert ist, dass sich nachfolgend als Bewegungsanleitung unter der Überschrift „Aktivitäten“ die Aufforderung findet, ''„mit Hilfe des spiraligen Bewegungsmusters“''<ref>ebd., S. II.11</ref> aufzustehen, und unter der Überschrift „Rückblick“ zweimal der Begriff Spiralbewegung<ref>ebd., S. II.13 und II.14</ref> verwendet wird. Desgleichen wird im Artikel „Frösche oder Patienten bewegen?“, der diesen Teil abschließt, von der Problematik gesprochen, den Körper parallel zu benutzen<ref>ebd., S. II.18</ref>.
==== Zweidimensionallineare und dreidimensionalspiralige Muster aus der Integration von Haltungs- und Transportbewegung (20. Bulletin, 1993)====
Mit der Zeit und wahrscheinlich nach vielen Beschreibungen entsprechender Bewegungserfahrungen zeichnete sich die fachsprachliche Beschreibung der Bewegungsmuster immer klarer ab. Im 20. Kinästhetik-Bulletin (1993) wird der Unterschied zwischen grundsätzlichen Bewegungsarten bzw. Mustern und Haltungs- und Transportbewegungen von Lenny Maietta in ihrem Artikel „Bewegung und Funktion“ (übersetzt von Ina Citron) erklärt und betont:
:''„Im menschlichen Körper ist Bewegung erfahrbar, die in eine Richtung geht (die auf einer Achse geschieht), und Bewegung, die in mehr als eine Richtung geht (auf vielen Achsen geschieht). In einer sehr allgemeinen Betrachtung assoziiert man '''einachsige Bewegung''' mit '''Massen'''. '''Vielachsige Bewegung''' wird durch die '''Zwischenräume''' zwischen den Massen ermöglicht. Die Körperebenen, auf denen diese beiden Bewegungsarten möglich sind, erscheinen als wechselndes Muster im gesamten Skelett.
: ''[…]
: ''Auch Bewegung am Ort besteht aus der Integration von '''Haltungsbewegung''' (Bewegung in eine Richtung) und '''Transportbewegung''' (Bewegung in viele Richtungen), wie es der Fall bei jeder menschlichen Funktion ist. Bei der Durchführung von Bewegung am Ort bewegt sich eine Person entweder in '''zweidimensionallinearen Mustern''' oder in '''dreidimensionalspiraligen Mustern'''. Für den Menschen ist es schwieriger, sich in gradlinigen Wegen zu bewegen, als in spiraligen Mustern. Der Grund dafür liegt in der natürlichen Neigung der Körperteile, sich zu drehen, sobald beide Bewegungsformen (Haltungs- und Transportbewegung) kombiniert werden. Bewegt sich [der] Mensch auf linearen Wegen, muß er seine Körperteile gegen ihre natürliche Tendenz stabilisieren.
: ''[…]
: ''Auch Fortbewegung entsteht, wie jede andere menschliche Funktion, aus der Integration von Haltungs- und Transportbewegung. Auch Fortbewegung kann entweder in zweidimensionallinearen Wegen oder in dreidimensionalspiraligen Mustern ausgeführt werden.“''<ref>'''Verein für Kinästhetik (Hg.) (1993):''' Kinästhetik. 20. Bulletin. Januar 1993. Zürich: Verein für Kinästhetik. Ohne ISBN. S. 11 ff.</ref>
Das Zitat geht von der Haltungs- (in eine Richtung) und Transportbewegung (in viele Richtungen) aus. Diese beiden Bewegungsarten werden durch die Haltungs- und Transportbewegungsebenen möglich, die in einem abwechselnden Muster im ganzen Körper auftreten. Aus der funktionalen Integration der beiden Bewegungsarten entstehen Muster, die hier als „zweidimensionallinear“ oder einfach „linear“, „gradlinig“ oder als „dreidimensionalspiralig“ oder einfach „spiralig“ bezeichnet werden. Erstere sind „schwieriger“, weil sie Stabilisierung erfordern, zweitere „natürlicher“, was wahrscheinlich Bezug auf die embryonale Bewegung (oder die spiralige Anordnung von Vorder- und Rückseiten) nimmt.
Aus diesem Zitat ist die Suche nach passenden Begrifflichkeiten, um die Bewegungserfahrungen von parallelen oder spiraligen Bewegungsmustern im Zusammenhang mit anderen Themen zu beschreiben, gut erkennbar. Kinästhetik ist und war immer auch fachsprachliche Entwicklung; zu den heutzutage benutzten Fachbegriffen führte ein langer Forschungsprozess, der immer noch stattfindet.


Im folgenden Zitat aus dem gleichen Bulletin wird dieser Klärungsprozess explizit dargestellt. Hier definiert Lenny Maietta den Unterschied zwischen Bewegungsabläufen und Haltungs- und Transportbewegungen in ihrem Artikel „Bewegung und Fortbewegung – Zwei unverwechselbare Erscheinungen“. Wieder zeigt sich die Art und Weise, wie das aktuelle Konzeptverständnis der Kinästhetik entwickelt wurde. Zu der Erfahrung passende Fachbegriffe zu suchen, war und ist eine fortlaufende Forschungsarbeit.
===== Keine qualitative Kodierung von Wahrnehmungsursachen, sondern individuelle Konstruktion =====
Neben diesem Aspekt erfolgt hier eine andere bemerkenswerte Erklärung: Sie betrifft den Zusammenhang zwischen dem benötigten Kraftaufwand der Bewegungsmuster und dem abwechselnden Muster der Haltungs- und Transportbewegungsebenen im Körper.
Die Aussagen werden gemäß den Formulierungen von [[Heinz von Foerster]] (1911–2002) mit seinem folgenden Forschungsergebnis erläutert:
: ''„Unter den Personen, die an Kinästhetikkursen und Ausbildungsprogrammen teilnehmen oder teilgenommen haben, gibt es immer wieder eine auffällige Verwechslung: Sie beschreiben die verschiedenen Bewegungsabläufe der Fortbewegung mit den Begriffen ‚Haltungs- und Transportbewegung‘. Haltungs- und Transportbewegung im menschlichen Körper sind die Voraussetzungen der Fortbewegung. Trotzdem können diese Begriffe nicht die verschiedenen Bewegungsabläufe beschreiben.
:''„Die ganze Wahrnehmung besteht aus individuell konstruierten Beziehungen, die in unserem Inneren entstehen.“''<ref>ebd.</ref>.
: ''Fortbewegung geschieht entweder durch einen zweidimensionalen linearen Bewegungsablauf oder durch einen dreidimensionalen spiraligen (kurvenlinearen) Bewegungsablauf.
Es gebe keine qualitative oder spezifische Kodierung der Ursache einer Wahrnehmung. Die sensorischen Zellen würden nur die Mitteilung über eine vorliegende Störung oder einen vorliegenden Reiz liefern. Dies wird ergänzt durch den Hinweis, der ebenso auf Heinz von Foerster zurückgeht, dass der Wahrnehmungsprozess nur auf quantitativen Unterschieden beruht<ref>vgl. zu diesen Aussagen von Heinz von Foerster z. B. [[Sensitivität_(innere_und_äußere,_von_Foerster)#„Interpretation“|das Kapitel „Interpretation“]] aus seinem Vortrag „Über das Konstruieren von Wirklichkeiten“ von 1973.</ref>.  
: ''[…]
===== Unterschiede, die einen Unterschied (aus)machen =====
: ''Sich mit zweidimensional-linearem Bewegungsablauf fortzubewegen, ist ein schwieriges Kunststück, da die Durchführende alle ‚gerundeten‘ Massen des Körpers in Drehbewegung halten muß. In dem hier aufgezeigten zweidimensionalem linearen Bewegungsablauf wandert die Bewegung um eine horizontale Achse.
Die vorangehenden Aussagen werden mit der bekannten Definition des Informationsbegriffs von [[Lerntheorie nach Gregory Bateson (1904-1980)|Gregory Bateson]] (1904–1980) verbunden:
: ''[…]
:''„Informationen bestehen aus Unterschieden, die einen Unterschied machen.“''<ref>'''European Kinaesthetics Association (Hg.) (2023):''' Kinaesthetics. Konzeptsystem. Linz, Winterthur: Verlag European Kinaesthetics Association. ISBN 978-3-903180-00-0. S. 14.</ref>.
: ''Sich mit dreidimensional-spiraligem Bewegungsablauf fortzubewegen ist für Menschen einfach. Es benötigt nur das Verfolgen der natürlichen Tendenz der Massen des Körpers, die sich schrittweise nacheinander in den Drehablauf einbeziehen. Diese Tendenz entsteht durch das abwechselnde Muster zwischen Haltungs- und Transportbewegungsebenen im Körper. In dem hier aufgezeigten dreidimensionalen spiraligen Bewegungsablauf wandert die Bewegung in einer Spirale und zieht jede Masse nacheinander in den Bewegungsablauf ein.
Nur wenn wir (oder Lebewesen überhaupt) einen Unterschied in uns selbst wahrnehmen können, kann daraus eine Information entstehen – ob aus einer Außenperspektive ein Unterschied vorliegt oder nicht, spielt folglich keine Rolle.
: ''Zusammenfassung: Die Absicht dieses Artikels ist die Unterscheidung zwischen Haltungs- und Transportbewegung und den Bewegungsabläufen der Fortbewegung (zweidimensional-linear, dreidimensional-spiralig). Haltung und Transport bezieht sich auf die Bewegungsebenen mit einer Achse bzw. die Bewegungsebenen mit vielen Achsen, die in einem abwechselnden Muster im Körper zu finden sind. Diese Begriffe können Fortbewegung nicht beschreiben. Fortbewegung bezieht immer alle Bewegungsebenen des Körpers ein, geschieht aber entweder auf einem zweidimensionalen linearen oder einem dreidimensionalen spiraligen Weg.“''<ref>ebd., S. 53 f.</ref>
====Parallele Bewegungsmuster (Beugen oder Strecken) – spiralige (Drehen-Strecken oder Drehen-Beugen) und Bewegungsentwicklung (22. Bulletin, 1994)====
Der Zusammenhang zwischen Bewegungsmustern und Bewegungsentwicklung wird im Artikel „Entwicklungsförderung durch Interaktion“ von Ina Citron in der 22. Ausgabe des Bulletins (1994) nochmals deutlicher aufgezeigt. Sie schreibt, dass spiralige Bewegungen den strukturellen Bedingungen des menschlichen Bewegungsapparats folgen und die einfachsten Muster seien. Deshalb sei dieses Muster für die Interaktion mit Babys und Kleinkindern besonders geeignet.
:''„In der Bewegung von Kindern wird man sicherlich erst im Vorschulalter die Fähigkeit beobachten, Bewegungen ohne Drehung, also nur durch Beugen oder Strecken auszuführen.  
:''Im Gegensatz dazu kann man in den Bewegungsmustern von Erwachsenen häufig beobachten, daß spiralige Bewegungsmuster in großen Körperbewegungen überhaupt nicht mehr vorkommen, sondern das Positionswechsel (beispielsweise vom Sitzen zum Stehen) ausschließlich durch parallele Bewegungsmuster (durch Beugen oder Strecken) durchgeführt werden.  
:''Die Bewegungsinteraktion mit Kindern sollte möglichst immer durch Drehen-Strecken oder Drehen-Beugen ausgeführt werden. Dies unterstützt die natürlichen Bewegungsmuster des Kindes, die es eigenständig entdecken und entwickeln kann […]“''<ref>'''Verein für Kinästhetik (Hg.) (1993):''' Kinästhetik. Bulletin Nr. 22. Juli 1994. Zürich: Verein für Kinästhetik. Ohne ISBN. S. 32.</ref> 
In diesem Artikel listet Ina Citron das ''„Wissen und die Erfahrungsmöglichkeiten“''<ref>ebd., S. 30.</ref> der Kinästhetik in 6 Themengruppen auf. Das dritte Thema dieser Liste, das noch nicht als Konzept bezeichnet wird, heißt „Menschliche Bewegung“. Die oben aufgeführten Zitate stammen aus diesem Textabschnitt. Bemerkenswert ist, dass hier bereits das aktuelle Fachbegriffspaar der parallelen und spiraligen Bewegungsmuster verwendet wird.
==== Bewegungsmuster aus der Kombination von Haltungs- und Transportbewegung – Anstrengung – Beugen und Drehen oder Strecken und Drehen (Grundkurs-Arbeitsbücher, 1996)====
In den Arbeitsbüchern von 1996 wird im zweiten Teil das dritte Thema „Menschliche Bewegung“ in neuer Form dargestellt. Vor dem Stichwort „Parallele und spiralige Bewegungsmuster“<ref>'''Maietta, Lenny; Hatch, Frank; Bauder, Heidi (1996):''' Kinästhetik in der Pflege. Grundkurs-Arbeitsbuch. Zeichnungen: Ansgar Schürenberg. Aarau: Institut für Kinästhetik IfK AG. S. 23 ff.<br>'''Maietta, Lenny; Hatch, Frank; Bauder, Heidi (1996):'''Kinästhetik Infant Handling. Grundkurs Arbeitsbuch. Aarau: Institut für Kinästhetik IfK AG. S. 29 ff.</ref> wird das Thema „Haltung- und Transportbewegungen“ eingeführt und als Basis der Erklärung der Bewegungsmuster verwendet. Nennenswert ist in den folgenden Ausführungen, dass auch die Bewegungselemente Zeit, Raum und Anstrengung als ausschlaggebende Faktoren der Bewegungsmuster erwähnt werden.
[[Datei:1996-GK-ARH-Haltung-Transportbew.png|150px|rechts|TEXT?]]
:''„Mit der '''Haltungsbewegung''' überträgst Du die Bewegung von einer Masse zur andern.
:''Mit der '''Transportbewegung''' erhältst Du den notwendigen Spielraum zwischen Deinen Massen.
:''Parallele und spiralige Bewegungsmuster sind eine Kombination von Haltungs- und Transportbewegung. Bewegungsmuster entstehen durch die unterschiedliche Gestaltung von Zeit, Raum und Anstrengung in Haltungs- und Transportbewegung. Parallele Bewegungsmuster benötigen meist etwas mehr Anstrengung als die spiraligen und erfordern von den Pflegenden differenziertere Bewegungs- und Handlingfähigkeiten.
:''Das einfachste Muster zwischen Haltungsbewegung und Transportbewegung kannst Du bei der Betrachtung der menschlichen Anatomie als Massen und Zwischenräume entdecken.
:'''''Spiralige Bewegungen''' entstehen durch Kombination von Haltungsbewegung mit Transportbewegung in horizontaler und vertikaler Richtung, wie Beugen und Drehen oder Strecken und Drehen.“''<ref>'''Maietta, Lenny; Hatch, Frank; Bauder, Heidi (1996):''' Kinästhetik in der Pflege. Grundkurs-Arbeitsbuch. Zeichnungen: Ansgar Schürenberg. Aarau: Institut für Kinästhetik IfK AG. S. 24 f.</ref>
In diesen früheren Arbeitsbüchern findet man unter dem zweiten Thema „Funktionale Anatomie“ je eine interessante Darstellung unter dem Stichwort „Massen stapeln“, die als Illustration des parallelen Bewegungsmusters betrachtet werden kann. Sie wird im Grundkurs-Arbeitsbuch „Kinästhetik Infant Handling“ folgendermaßen erläutert:
[[Datei:1996-GK-IH-ARH-parallel-Aufstehen.png|mini|zentriert|TEXT?]]
:''„Es gibt viele Möglichkeiten aufzustehen. Eine Art und Weise, die hilft, den Gewichtstransfer im Körper zu verstehen, zeigt die Skizze. Haben Erwachsene, Kinder oder Kleinstkinder die Absicht aufzustehen, müssen sie ihr Gewicht immer tiefer im Körper bis auf die Füsse bringen.“''<ref>ebd., S. 24.</ref>


=== „Bewegungsmuster“ im Buch „Kinästhetik – Interaktion durch Berührung und Bewegung in der Krankenpflege/Pflege“ von Hatch, Maietta und Schmidt  ===
=== „Das kinästhetische Sinnessystem“===
==== Bedeutung der Publikation ====
Im Buch „Kinaesthetics – Konzeptsystem“ enthält das erste Unterthema „Sinne“ des ersten Kapitels „Konzept Interaktion“ das Unterkapitel mit der Überschrift „Das kinästhetische Sinnessystem“.<ref>ebd., S. 15.</ref>.
Dieses Buch ist die erste zusammenhängende öffentliche Darstellung der Kinästhetik und deshalb ein Meilenstein der Entwicklung des Fachgebiets. Wie im Titel ausgedrückt, legt es den Fokus auf das Anwendungsfeld der Pflege und die Interaktionen durch Berührung und Bewegung, die in jeder Unterstützungssituation als Kernaufgabe stattfinden. Es enthält Geleitworte der deutschen Pflegewissenschaftlerin Christel Bienstein und der Pflegepionierin Sr. Liliane Juchli. Die erste bis dritte Auflage erschien in den Jahren 1992, 1993 und 1994; im Jahr 1996 wurde eine vierte, überarbeitete Auflage publiziert. Dabei wurde im Titel „Krankenpflege“ durch „Pflege“ ersetzt.
Das Buch enthält die folgenden sieben bzw. acht Hauptkapitel:
* Kinästhetik in der Krankenpflege
* Interaktion und Pflegeprozess
* Funktionale Anatomie
* Nur 1996: Menschliche Bewegung
* Bewegung und Funktion (1996: Menschliche Funktion)
* Anstrengung (1996: Anstrengungsarten)
* Gestaltung der Umgebung
* Anwendungsmöglichkeiten in der Pflege
Wie leicht ersichtlich wird, zeichnet sich hier das heutige Konzeptsystem mit seinen Themen ab.
==== Das Thema der heutigen parallelen und spiraligen Bewegungsmuster ====
In den ersten Auflagen erscheint das Thema der heutigen parallelen und spiraligen Bewegungsmuster im vierten Kapitel „Bewegung und Funktion“<ref>'''Hatch, Frank; Maietta, Lenny; Schmidt, Suzanne (1992):''' Kinästhetik. Interaktion durch Berührung und Bewegung in der Krankenpflege. 1. Auflage. Eschborn: Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe. ISBN 3-927944-02-5. S. 67 ff.</ref>. Unter der Überschrift „Stabile Massen, instabile Zwischenräume“<ref>ebd., S. 68.</ref> folgen mit den damals gebräuchlichen Fachbegriffen (vgl. oben) die Unterkapitel „Zweidimensionale Bewegung“<ref>ebd., S. 69.</ref> und „Dreidimensionale Bewegung“<ref>ebd., S. 70.</ref>.  


Inhaltlich werden diese Bewegungen an das Thema der Massen und Zwischenräume angeschlossen: Es geht um die zweidimensionale bzw. dreidimensionale Nutzung der Bewegungsmöglichkeiten der Zwischenräume. Letzteres wird ausführlicher charakterisiert:
===== Nach innen gerichtete Rezeptoren und wahrnehmbare Reize =====
:''„Werden die Bewegungsmöglichkeiten der Zwischenräume dreidimensional genutzt, wird die Funktion leichter und wirkungsvoller. Die Bewegung benötigt noch weniger Kraftaufwand. Sie ist kontrollierter und läßt sich jederzeit umkehren, ohne daß der Kraftaufwand erhöht werden muß. Durch die dritte Dimension wird die Bewegung im Körper spiralig.“ ''<ref>ebd., S. 70 f.</ref>.
Zu diesem Thema wird an erster Stelle erwähnt, dass die Entdeckung der Rezeptoren, ''„die auf spezifische Reize aus dem Körperinnern spezialisiert sind“''<ref>ebd.</ref>, erst neuzeitlich ist. Als Beispiele dafür, was mit ihnen wahrgenommen werden kann, werden aufgeführt:
[[Datei: 1992-Hatch-Maietta-Schmidt-spiralig-Aufstehen.png|200px|thumb|rechts|Die Abbildung aus der ersten Auflage von 1992 (S. 71) veranschaulicht die danebenstehende Bewegungsanleitung. In dieser wird zweimal das Stichwort „spiralig“ verwendet, die entsprechende Überschrift lautet aber „Dreidimensionale Bewegung“.]]
* Schmerz
Beide Bewegungen werden unter der Überschrift „Erfahrung am eigenen Körper“ mit je einer Bewegungsanleitung zum Aufstehen von einem Stuhl veranschaulicht (vgl. Abbildung). Bei der Anleitung der dreidimensionalen Bewegung wird das Stichwort „spiralig“ zweimal verwendet; bei der zweidimensionalen Bewegung fehlt das Stichwort „parallel“.
* Muskelspannung
* Vibration
* Stellung der Körperteile zueinander
* Stellung des Kopfes bezüglich der Schwerkraft
Mit Bezug auf die vorangehend dargestellten klassischen fünf Sinne wird betont, dass die menschliche Sinneswahrnehmung somit ''„nicht nur Reize von außen, sondern auch von innen verarbeitet“''<ref>ebd.</ref>.


Eine interessante Entwicklung zeigt die überarbeitete Auflage von 1996<ref>'''Hatch, Frank; Maietta, Lenny; Schmidt, Suzanne (1996):''' Kinästhetik. Interaktion durch Berührung und Bewegung in der Krankenpflege. Übersetzung: Ina Citron. 4., überarbeitete Auflage. Eschborn: Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe. ISBN 3-927944-02-5. S. 68</ref>. Im vierten Kapitel, das neu mit „Menschliche Bewegung“ überschrieben wird, folgt unter der Überschrift „Stabile Massen, instabile Zwischenräume“ der gleiche Text wie in den vorangehenden Ausgaben, wobei nach den ersten zwei Zeilen eine untergeordnete Überschrift „Stabile und instabile Bewegungen“ eingeschoben wird. Auf der gleichen Ebene wie „Stabile Massen, instabile Zwischenräume“ folgt neu die Überschrift „Bewegungsmuster“ mit den beiden Unterkapiteln „Parallele Muster“<ref>ebd., S. 69.</ref> und „Spiralige Muster“<ref>ebd., S. 70.</ref>. Der beschreibende Text ist weitgehend identisch, wobei „zweidimensional“ bzw. „dreidimensional“ der vorangehenden Auflagen konsequent mit „parallel“ bzw. „spiralig“ ersetzt werden. Hier erfolgt somit ein entscheidender Schritt in die Richtung der heutigen Fachbegriffe.
===== Grundlegende Bedeutung für alle Lebensaktivitäten und wahrnehmbare Aspekte der Bewegung=====
Darauf wird auf die grundlegende Bedeutung des kinästhetischen Sinnessystems hingewiesen, um alle Lebensaktivitäten ausführen zu können. Als Beispiele, welche Bewegungsaspekte mit ihm wahrgenommen können, werden aufgeführt:
* Unterschiede der Muskelspannung
* Druck- und Zugverhältnisse
* Raumlagebeziehungen


Bemerkenswert ist, dass „Bewegungsmuster“ im beschreibenden Text vorkommt, aber neben „Muster“, „Bewegung“, „Bewegungsmöglichkeit“ oder „Bewegungsform“ und somit noch nicht als einschlägiger Fachbegriff. Ebenso ist zu erwähnen, dass in allen Auflagen des Buches die dreidimensionale Bewegung bzw. das spiralige Muster bei der weiter hinten folgenden Behandlung der Grundpositionen wieder aufgenommen wird<ref>ebd. (1992), S. 84 bzw. ebd. (1996), S. 84.</ref>.  
===== Untrennbarkeit von Bewegung und Bewegungswahrnehmung bzw. Koppelung ihrer Feedbackschleifen =====
Dabei würden Bewegung und Bewegungswahrnehmung sich gegenseitig bedingen und seien „durch kontinuierliche [[Feedback-Control-Theorie|Feedbackschleifen]] gekoppelt:
:''Man muss sich bewegen, um Bewegung wahrnehmen zu können, und man muss Bewegung wahrnehmen können, um sich gezielt zu bewegen.“''<ref>ebd.</ref>.
Demgemäß sind Bewegung und Bewegungswahrnehmung untrennbar in einem zirkulären Zusammenspiel von Feedbackschleifen verbunden.


Hingegen wird das Thema der Haltungs- und Transportbewegung erst in der Auflage von 1996 eingeführt<ref>ebd., S. 74.</ref> und noch nicht – wie in den Arbeitsbüchern aus dem gleichen Jahr (vgl. oben) und in der nachfolgenden Zeit – zur Definition der Bewegungsmuster im Sinn der Kombination von Haltungs- und Transportbewegung verwendet. Dies ist auch vor dem Hintergrund erstaunlich, dass Lenny Maietta im 20. Kinästhetik-Bulletin von 1993 in ihrem Artikel „Bewegung und Fortbewegung – Zwei unverwechselbare Erscheinungen“ (vgl. oben) Haltung- und Transportbewegung als Voraussetzung für zweidimensional-lineare bzw. dreidimensional-spiralige Bewegungsabläufe bezeichnet. Hier zeigt sich wieder die Suche dieser Zeit nach den passenden Begriffen und Beschreibungen der Zusammenhänge.
===== Grundlegende Bedeutung des kinästhetischen Sinnessystems bzw. seiner Sensibilisierung für die gesamte Wahrnehmung und die Interaktionsqualität =====
In Bezug auf die gesamte Wahrnehmung bzw. auf alle Sinnessysteme wird anschließend dem kinästhetischen Sinnessystem eine grundlegende Bedeutung zugeschrieben. Wahrnehmung sei immer mit Bewegung verbunden und beruhe auf der ''„Fähigkeit, mit der Bewegung einem Reiz folgen zu können“''<ref>ebd.</ref>. Deshalb sei in der Kinästhetik ein wichtiges Ziel, das kinästhetische Sinnessystem zu sensibilisieren.  


Erwähnenswert sind die Gedanken, die in allen Auflagen des Buches die zweidimensionale Bewegung bzw. das parallele Muster auf einer allgemeinen Ebene einleiten. Sie verdeutlichen den Einfluss unserer Umgebung auf unsere Bewegungsmuster:
Abschließend wird der Zusammenhang zum übergeordneten Thema der Interaktion durch die Aussage hergestellt, dass die Qualität der Interaktionen von HandlungspartnerInnen direkt von der Sensibilität ihrer Bewegungswahrnehmung beeinflusst werde.
:''„In den industrialisierten Gesellschaften leben Menschen hauptsächlich in einer Umgebung, die durch ebene Flächen, gerade Linien und rechte Winkel gestaltet ist. In der Architektur sind rechte Winkel dominant, Straßen und Plätze sind betoniert, Gebrauchsmöbel bestehen in der Regel aus geometrischen Formen. Diese technische Gestaltung der Umgebung fördert die Bewegung des Menschen in zwei Dimensionen (1996: Diese Gestaltung trägt dazu bei, daß Menschen sich in geraden Linien bewegen): Die Massen des Körpers bewegen sich nacheinander vorwärts oder rückwärts und werden regelrecht aufgestapelt, dabei werden die Bewegungsmöglichkeiten der Zwischenräume nur zweidimensional genutzt (1996: …, dabei werden die Bewegungsmöglichkeiten begrenzt). Das Aufstehen von einem Stuhl ist ein gutes Beispiel dafür.“''<ref>ebd. (1992 und 1996), S. 69.</ref>.  


Offensichtlich etabliert ist zu dieser Zeit die spiralige Anordnung der Vorder- und Rückseiten bei den Extremitäten. Die entsprechenden Hinweise erfolgen im dritten Kapitel „Funktionale Anatomie“<ref>ebd. (1992 und 1996), S. 39 ff.</ref> im Unterthema „Orientierung“<ref>ebd. (1992 und 1996), S. 50 ff.</ref>. Unter der Überschrift „Vorder- und Rückseiten an den Extremitäten“<ref>ebd. (1992 und 1996), S. 59 ff.</ref> werden in den entsprechenden Bewegungsanleitungen die Hinweise gemacht, dass bei den Armen und bei den Beinen die Vorder- und Rückseiten spiralig um deren Längsachsen verlaufen<ref>ebd. (1992 und 1996), S. 59 und 60.</ref>.
Ohne weitere Erläuterungen (vgl. dazu „Kommentare, Auswertung, offene Fragen“: LINK) wird der bekannte folgende Aphorismus aus dem Buch „Der Baum der Erkenntnis“ von Humberto Maturana und Francisco Varela an den Schluss gestellt::
:'' „Jedes Tun ist Erkennen, und jedes Erkennen ist Tun.“''<ref>ebd.</ref>


=== Kommentare, Auswertung und offene Fragen ===
=== Kommentare, Auswertung und offene Fragen ===
ZUSAMMENFASSUNG!
Nur angedeutet:
== Vergleiche auch ==
==== Geschlossenheit====
* [[Stabil und instabil]]
Geschlossenheit steht in bester kybernetischer Tradition. Zum Beispiel auch bei K. U. Smith (closed-loop feedback; K. U. hatte bedeutenden Einfluss auf die Begründergeneration der Kinästhetik)
* [[Orientierung]]
==== „Jedes Tun ist Erkennen, und jedes Erkennen ist Tun.“====
Der Anschluss kann einerseits in der Aussage vermutet werden, dass sich Bewegung und Bewegungswahrnehmung (Kinästhesie) wechselseitig bedingen. Andererseits ist Erkennen ein Synonym von Wahrnehmen und Bewegung mit jedem Tun verbunden. Somit kann eine zweite Brücke zur Aussage geschlagen werden, dass jede Wahrnehmung mit Bewegung verbunden sei.
Der Kontext des Aphorismus im Buch von Maturana und Varela wird nachfolgend zitiert und zeigt weitere Verbindungen zu den Ausführungen des Konzeptsystems zum Thema Sinne auf:
:'' „In diesem Sinne werden wir ständig festzustellen haben, daß man das Phänomen des Erkennens nicht so auffassen kann, als gäbe es ‚Tatsachen‘ und Objekte da draußen [im Original kursiv], die man nur aufzugreifen und in den Kopf hineinzutun habe. Diese Feststellung bildet das Fundament von alldem, was wir zu sagen haben werden.
:''Die Erfahrung von jedem Ding ‚da draußen‘ wird auf eine spezifische Weise durch die menschliche Struktur konfiguriert, welche ‚das Ding‘, das in der Beschreibung entsteht, erst möglich macht.
:''Diese Zirkularität, diese Verkettung von Handlung und Erfahrung, diese Untrennbarkeit einer bestimmten Art zu sein von der Art, wie die Welt uns erscheint, sagt uns, daß jeder Akt des Erkennens eine Welt hervorbringt [im Original kursiv]. Diese Eigenschaft des Erkennens wird unausweichlich zugleich unser Problem, unser Ausgangspunkt und der Leitfaden für unsere Erörterungen auf den folgenden Seiten sein. Dies alles kann in dem Aphorismus zusammengefaßt werden: Jedes Tun ist Erkennen, und jedes Erkennen ist Tun. [im Original kursiv]“''<ref>'''Maturana, Humberto R.; Varela, Francisco J. (1987):''' Der Baum der Erkenntnis. Die biologischen Wurzeln des menschlichen Erkennens. Aus dem Spanischen von Kurt Ludewig in Zusammenarbeit mit dem Institut für systemische Studien e. V. in Hamburg. 1. Auflage. Bern, München, Wien: Scherz Verlag. ISBN 3-502-13440-5. S. 31.</ref>
 
=== „MEIN THEMA“ in „AMD, LuB, KuK“ ===
gyfr (anschließend)
 
=== „xy“ in „Kinästhetik – Gesundheitsentwicklung und menschliche Aktivitäten“ === ??
MEIN TEXT
 
=== Sinne und kinästhetisches Sinnessystem in „Kinaesthetics Infant Handling“ ===
==== Kinästhetisches Sinnessystem als Grundlage der Entwicklung von Bewegungsfähigkeiten ====
Im Buch „Kinaesthetics Infant Handling“<ref>'''Maietta, Lenny; Hatch, Frank (2011):''' Kinaesthetics Infant Handling. Originalmanuskript aus dem Amerikanischen von Ute Villwock. 2., durchgesehene und aktualisierte Auflage. Bern [u. a.]: Hans Huber. ISBN 978-3-456-84987-4.</ref> von Lenny Maietta und Frank Hatch thematisiert das erste Kapitel die grundlegende Frage, wie Bewegungsfähigkeiten entstehen. In dessen Einleitung wird darauf hingewiesen, dass der Mensch gemäß kybernetischen Erkenntnissen sein Verhalten durch Feedback-Kontrolle steuert. Dabei hänge die Entwicklung einer effektiven Verhaltenskontrolle des Kindes in der Schwerkraft ''„von der Handlingsfähigkeit der Erwachsenen ab“''<ref>ebd., S. 21.</ref>. Das zweite Unterkapitel erläutert, dass das Verhalten durch die eigenen Annahmen gelenkt wird. Das dritte Unterkapitel bezeichnet Berührung und Körperkontakt als wesentliche Form der Interaktion zwischen Kindern und Erwachsenen. Insbesondere wird beschrieben, dass der Bewegungsaustausch über Körperkontakt für die Entwicklung von Bewegungsgrundlagen für das lebenslange Lernen von zentraler Bedeutung ist.


== Zum Begriff ==
Das Unterkapitel „1.4 Selbsterfahrung durch Bewegung“<ref>ebd., S. 23 f.</ref> geht darauf ein, wie der Mensch seine Bewegung ''„innerlich über das kinästhetisch-sensorische System, das aus mehreren Komponenten besteht“''<ref>ebd.</ref> erlebt.  
=== Bedeutungsüberblick ===
==== Die Bedeutungen der Begriffe der Begriffe nach dem „Duden Online-Wörterbuch“ ====
Nach dem „Duden Online-Wörterbuch“ hat '''parallel''' folgende Bedeutungen: <br>
Die Erstbedeutung lautet „in gleicher Richtung und in gleichem Abstand neben etwas anderem verlaufend, an allen Stellen in gleichem Abstand nebeneinander [befindlich]“.


Die Zweitbedeutung lautet „gleichzeitig in gleicher, ähnlicher Weise neben etwas anderem [vorhanden, erfolgend, geschehend]“.
Erwähnt werden die basalen Rezeptoren der Haut bzw. der Körperoberfläche, die auf Druckänderungen reagieren und einem erlauben, den Kontakt mit belebter oder unbelebter Umgebung zu registrieren.


Synonyme sind „gleich gerichtet, gleichlaufend, in der gleichen Richtung, nebeneinander“.
Diese Hautrezeptoren sind mit weiteren Bewegungsrezeptoren verbunden, die sich
* im Muskelgewebe,
* in Gelenken,
* im Innenohr
befinden. In einem Netzwerk ermöglichen sie, die Körperbewegung zu kontrollieren:
: '' „Die Druckänderungen einer beliebigen Komponente des kinästhetischen Systems signalisiert eine Veränderung der Position in der Schwerkraft und löst im gesamten Körper Anpassungen der muskulären Spannung aus.“''<ref>ebd.</ref>
Diese Aussagen werden dadurch erläutert, dass der Mensch sein Körpergewicht in der Schwerkraft durch Verlagerungen und Veränderungen der Kontaktstellen mit seiner Umgebung bewegt. Mit einer Abbildung, die einen Mensch zeigt, der auf einem Stuhl sitzt und seine Hand auf einen Tisch hält, wird die Aussage des vorangehenden Zitats illustriert: Durch den Druck der Füße auf den Boden entsteht in ihm ein Spannungsmuster, das sich verändert, wenn er mit seinen Fingern auf den Tisch drückt.


Angeführt wird zusätzlich eine weitere fachsprachliche Bedeutung (Musik).
Abschließend wird erwähnt, dass es in der Kinästhetik um die effektive Kontrolle der Bewegung und die besondere Aufmerksamkeit auf die kinästhetischen Empfindungen gehe, das kinästhetische Sinnessystem aber außerhalb der Kinästhetik häufig keine Beachtung fände. <ref>ebd., S. 24.</ref>


Auf das Unterkapitel „Selbsterfahrung durch Bewegung“ folgen vier weitere mit den Überschriften „Kinder brauchen Bewegungsunterstützung“, „Bewegungsgrundlage als gemeinsamer Nenner“, „Ziele“ und „Inhaltliche Schwerpunkte“<ref>ebd., S. 25 ff.</ref>.


Nach dem Duden Online-Wörterbuch hat '''spiralig''' folgende Bedeutungen: <br>
==== Sinne und kinästhetisches Sinnessystem im Rahmen der Darstellung der Konzepte ====
Die Bedeutung lautet „spiralförmig; in Spiralwindungen verlaufend“. Es werden keine Synonyme sind angegeben. Zu „Spirale“ wird als Erstbedeutung a. „sich um eine Achse windende Linie“ und b. „gekrümmte Linie, die in immer weiter werdenden Windungen um einen festen Punkt läuft“ angegeben, als Zweitbedeutung a. „spiralförmiger Gegenstand, spiraliges Gebilde“.
===== Kontext =====
Das kurze zweite Kapitel des Buches trägt den Titel „Ihre Vorstellungen über kindliche Entwicklung“<ref>ebd., S. 31 ff.</ref>. Das dritte Kapitel „Gesundheit, Entwicklung und Lernen“<ref>ebd., S. 39 ff.</ref> stellt ausführlicher unterschiedliche Aspekte dieses Themenbereichs dar.
Im vierten Kapitel „Das MH Kinaesthetics-Infant-Handling-Programm“<ref>ebd., S. 61 ff.</ref> des Buches werden aus der Perspektive des Handlings mit Kindern die Konzepte der Kinästhetik behandelt, was u. a. einleitend thematisiert wird. Das Konzept Interaktion steht zu Beginn der Darstellung der sechs Konzepte und wird kurz mit seinen Unterthemen eingeleitet. Das Thema der Sinne und des kinästhetischen Sinnessystems bildet das erste Unterkapitel.
===== „Sinnessysteme und Wahrnehmung“=====
Die Frage, ''„welche sensorischen Reize Neugeborene wahrnehmen können“''<ref>ebd., S. 64.</ref> eröffnet das Unterkapitel „4.3.1 Sinnessysteme und Wahrnehmung“. Zur Beantwortung wird die Abhängigkeit dieser Frage von der Definition der sensorischen Fähigkeiten aufgezeigt: Die Antwort fällt unterschiedlich aus, je nachdem ob man darunter versteht, dass das Kind einfach sensorische Reize aufnimmt, sensorische Ereignisse versteht (also wahrnimmt) oder mit spezifischen sensorischen Systemen Phänomene als Ursachen der entsprechenden Empfindungen wahrnimmt.


Im Anschluss legt die Beschreibung einer persönlichen Erfahrung von Frank Hatch nahe, im Umgang mit Kindern von Geburt an auf die visuellen und anderen sensorischen Fähigkeiten zu achten. Was die eingangs gestellte Frage betrifft, wird auf die Tatsache verwiesen, ''„Kinder aller Altersstufen über die gleichen sensorischen Systeme wie Erwachsenen verfügen“''<ref>ebd., S. 67.</ref> und der hauptsächliche Unterschied darin bestehe, ''„was jeder gelernt hat, mit den sensorischen Informationen anzufangen“''<ref>ebd.</ref>. Gerade deswegen würden Kinder die Hilfe von Erwachsenen benötigen, um ihre Empfindungen einordnen, interpretieren und motorisch effizient reagieren zu können.


Nach dem „Duden Online-Wörterbuch“ hat '''Muster''' folgende Bedeutungen: <br>
Die folgenden Ausführungen des Buches unterscheiden zwischen dem inneren sensorischen System und sensorischen Distanzsystemen. Mit Ersterem ist das kinästhetische Sinnessystem gemeint, ''„das den inneren Bewegungsreizen folgt“''<ref>ebd.</ref>. Zu den sensorischen Distanzsystemen werden das visuelle, auditive, olfaktorische und gustatorische System gezählt, die den ''„Bewegungen in der Umgebung außerhalb des Körpers“''<ref>ebd., S. 68.</ref> folgen.
Die Erstbedeutung lautet „Vorlage, Zeichnung, nach der etwas hergestellt, gemacht wird“.


Die Zweitbedeutung lautet „etwas in seiner Art Vollkommenes, nachahmenswertes, beispielhaftes Vorbild in Bezug auf etwas Bestimmtes“.
===== „Das innere sensorische System“=====
Unter dieser Überschrift<ref>ebd., S. 67 f.</ref> wird als Erstes wird darauf verwiesen, dass wir kein Bewusstsein für das innere sensorische System bzw. das kinästhetische Sinnessystem aufgrund seiner engen Verbindung mit der Selbstwahrnehmung haben und es primär für die Selbstkontrolle in der Schwerkraft nutzen.  


Die Drittbedeutung lautet „aus der Kombination von einzelnen Motiven bestehende [regelmäßige], sich wiederholende, flächige Verzierung, Zeichnung auf Papier, Stoff o. Ä..
Dann wird der Zusammenhang mit Bewegung aufgezeigt:
: ''„Jede Struktur dieses Systems registriert Bewegungsänderungen: Der Vestibularapparat im Innenohr, die Rezeptoren in allen Muskeln und Gelenken und die basalen Rezeptoren in unserer Haut.“''<ref>ebd., S. 67.</ref>
Dabei würden die verschiedenen Rezeptoren Spannungs- und Druckveränderungen registrieren, die uns durch die Integration im Nervensystem erlauben, im Gleichgewicht zu bleiben und unser Gewicht über die Knochen auf das Stützgewebe zu übertragen. Ausbalanciert zu sein, wird als Voraussetzung für eine niedrige innere Spannung bezeichnet, die es uns wiederum erleichtert, äußere Bewegungen wahrzunehmen:
: ''„Eine niedrige Spannung ist die Voraussetzung für eine hohe Sensibilität für sensorische Reize.“''<ref>ebd., S. 67.</ref>
In der Folge wird auf verschiedene Funktionen anderer Bestandteile des inneren sensorischen Systems hingewiesen:
* Koordination und Regulation lebenswichtiger innerer Prozesse (Atmung, Kreislauf, Verdauung)
* Registrierung von Temperaturveränderungen (innerliche und auf der Körperoberfläche) durch Hautrezeptoren: führt zur Kontraktion oder Entspannung kleiner Muskeln, zum Öffnen oder Schließen der Hautporen bzw. zur Wärmeleitung nach innen oder außen (Funktion der Körpertemperaturregulation).
* Registrierung von Druckveränderungen (innerliche und auf der Körperoberfläche) durch Hautrezeptoren oder tieferliegende Rezeptoren: Schmerzwahrnehmung als Warnung vor Verletzungen
Hervorgehoben wird, dass eine niedrige innere Spannung uns ebenso eine effektivere Steuerung unserer inneren Prozesse ermöglicht.


Die Viertbedeutung lautet „kleines Stück, kleine Menge einer Ware, an der man die Beschaffenheit des Ganzen erkennen kann“.
Darauf wird ausgeführt, dass Druckrezeptoren der Haut die Regulation des Kontaktes zur Umgebung ermöglichen, die Muskelspindeln mit der Haut verbunden sind und das gesamte kinästhetische Sinnessystem als Netzwerk funktioniert:
: ''„Somit lösen Druckveränderungen auf der Körperoberfläche gleichzeitig Änderungen der Spannungsmuster im gesamten Körper aus.“''<ref>ebd., S. 67.</ref>
Dies erlaube uns, die Bewegungen unseres Körpergewichts in Beziehung auf unsere Umgebung zu steuern.  


Als hauptsächliche Synonyme werden „Archetyp, Entwurf, Modell, Plan“ angegeben.
Unter der Überschrift „Entwickeln der inneren kinästhetischen Körper-Tracking-Fähigkeiten bei Kindern“<ref>ebd., S. 68.</ref> wird das kinästhetische Sinnessystem als grundlegendes sensorisches System des Menschen bezeichnet. Mit diesem System nimmt der Mensch bereits als Fetus sich selbst wahr und erlernt die Koordination und Regulation seiner Körperbewegungen sowie die Kommunikation mit seiner Mutter ''„durch berührungsgelenkte Bewegungsprozesse“''<ref>ebd.</ref>. Hauptsächlich durch diese finde die Kommunikation auch im Kleinkindalter '' „während der meisten gemeinsamen Aktivitäten“''<ref>ebd.</ref> statt, allerdings fehle den Erwachsenen das Bewusstsein hierfür:
: ''„Die Fähigkeit, aktiv an einem Berührungsgelenkten Bewegungsaustausch mit Erwachsenen oder anderen Kindern teilzunehmen, ist die wichtigste Grundlage für das Kind, um seine sensorische und motorische Kontrolle zu erlernen.“''<ref>ebd.</ref>
Während Kleinkinder sehr lange den Bewegungen anderer folgen könnten, müssten Erwachsene lernen und intensiv üben, den Bewegungen von Babys oder Kleinkindern zu folgen.


==== Die Verwendung als kinästhetischer Fachbegriff ====
===== „Sensorische Distanzsysteme“=====
TEXT!
Unter dieser Überschrift<ref>ebd., S. 68 ff.</ref> werden in Unterkapiteln die folgenden Sinnessysteme behandelt:
=== Herkunft ===
* „Das visuelle sensorische System“<ref>ebd., S. 68.</ref>
Nach dem Duden Herkunftswörterbuch wurde das Wort '''parallel''' im 16. Jahrhundert als mathematischer Fachbegriff aus lateinisch ''parallelus'' entlehnt, beides mit der Bedeutung „in gleichem Abstand nebeneinanderverlaufend, gleichlaufend“. Das lateinische Wort geht auf griechisch ''par-állelos'' zurück. Dieses ist eine Wortbildung aus ''pará'' mit der Bedeutung „neben, neben – hin, entlang“ und ''állos'' mit der Bedeutung „ein anderer“ bzw. ''allélon'' „einander“.
* „Das auditive sensorische System“<ref>ebd., S. 69.</ref>
* „Die gustatorischen und olfaktorischen Systeme“<ref>ebd.</ref>
Dabei wird jeweils angegeben, wofür die einzelnen Systeme sensibel sind:
* Lichtwellen bzw. Wellenlängen der Farben
* Schall- oder Druckwellen bzw. Vibrationen in der Luft
* Chemische Substanzen in Wassermolekülen (gustatorisches System) und Gerüche in Luftmolekülen (olfaktorisches System)
Beim visuellen und auditiven System wird der Zusammenhang mit der Bewegung aufgezeigt: Sehen ist mit Augen- oder Körperbewegungen verbunden, Hören mit der Vibration des Trommelfells. Beim Sehen gehe es um die Fähigkeit, Farben unterscheiden zu lernen, was bei Primärfarben am leichtesten sei. Beim Hören gehe es darum, dass Kleinkinder lernen, Geräuschquellen und ihre Bedeutung zu erkennen.


Ableitungen sind „Parallele“ und „parallelisieren“.
===== „Schlussfolgerungen“ =====
In diesem abschließenden Unterkapitel<ref>ebd., S. 70.</ref> weisen die AutorInnen darauf hin, dass Kinder durch die „Fähigkeit, sich selbst und die Umwelt durch unterschiedliche sensorische Reize erkennen zu können, […] Sicherheit und Selbstständigkeit“ <ref>ebd.</ref> entwickeln.  


Nach dem Duden Herkunftswörterbuch ist das Wort '''Spirale''' eine Neubildung des 18. Jahrhunderts mit der Bedeutung „ebene Kurve, die in unendlich vielen, immer weiter werdenden Windungen einen festen Punkt umläuft; Uhrfeder“. Sie geht zurück auf mittellateinisch ''spirális'' schneckenförmig sich windend“, eine Adjektivbildung zu lateinisch ''spira'' „gewundene Linie, in Schneckenlinie gewundener Körper“, das wiederum auf griechisch ''speira'' „Windung, Spirale“ zurückgeht.  
Wie am Schluss der Ausführungen zum [[#„Das innere sensorische System“|inneren sensorischen System]] wird das Folgen von Bewegungen anderer Menschen als Voraussetzung dafür bezeichnet, dass Kinder lernen können, durch eigene Bewegungen mit sensorischen Reizen kontrolliert umzugehen. Dabei sei die eigene Bewegungskontrolle, zu deren Unterstützung die Konzepte der Kinästhetik neue Ideen bieten, die Grundlage für die Kontrolle aller sensorischen Systeme und die „Voraussetzung für eine effektive Kommunikation“<ref>ebd.</ref>.


Über die Herkunft des Wortes '''Muster''' gibt der Artikel „[[Medium:Wörterwurzeln-03-2013-Muster.pdf|Muster: Von der Minne zum Monster]]“ aus der Zeitschrift „lebensqualität“ (03/2013) Auskunft.
=== Kommentare, Auswertung und offene Fragen ===
Nur angedeutet:
Auffällig ist, dass nur 4 klassische Sinne und das taktile Sinnessystem nicht eigens erwähnt werden. Ergibt sich aus dem Ansatz eines inneren sensorischen Systems und von sensorischen Distanzsystemen, aber geht letztlich nicht ganz auf: taktil wird unter dem inneren sensorischen System behandelt, aber geht es hier um „innere Bewegungsreize“ bzw. ist nach Varela, Bateson nicht alles innen?


== Einzelnachweise ==
Physiologisch mehr oder weniger korrekt bzw. textlich schlecht verständlich sind die Ausführungen im letzten Absatz der Seite 67: Die Muskelspindeln sind die Rezeptoren (nicht „in den Muskelspindeln“), die Gleichsetzung mit „Druckrezeptoren in unserer Haut“ ist fragwürdig.
<references />
„Menschen lernen, indem sie der Bewegung anderer folgen“ als nicht mehr so aktuelles Dogma ist hier schön sichtbar: Einfluss der Bezugspersonen wird als sehr hoch eingeschätzt. Ebenso kommt „niedrige Körperspannung => hohe allgemeine Sensibilität (und umgekehrt)“, was oft mit Weber begründet wird, aber aus meiner Perspektive nicht schlüssig ist.
Positiv hervorzuheben ist (was sonst in den meisten einschlägigen Texten selten vorhanden ist): Kinästhetisches Sinnessystem als Netzwerk, als Zusammenspiel aller Rezeptoren.


[[Kategorie:Konzeptsystem]]
== Einzelnachweise==
NICHT VERGESSEN: Links in diesem Artikel und umgekehrt Links in allen Artikeln zu parallel und spiralig!

Aktuelle Version vom 20. Oktober 2024, 09:15 Uhr

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Zum Kinästhetischen Sinnessystem gehören unterschiedliche Rezeptoren mit unterschiedlichen Aufgaben. Die Muskelspindeln befinden sich in den Muskelfasern und registrieren Veränderung in der Länge, Dehnbarkeit und der Geschwindigkeit dieser Veränderung. Die Golgi-Sehnenorgane befinden sich an den Übergängen zwischen Muskeln und Sehnen und überwachen die Muskelspannung und Druck auf Gelenkbänder. In den Gelenken befinden sich Mechanorezeptoren. Ruffini-Rezeptoren reagieren auf Dehnung, Vater-Pacini-Körperchen reagieren auf schnelle Veränderung oder Vibration. Auf der Haut finden wir Rezeptoren, die zum taktilen- und zum kinästhetischen Sinnessystem zählen. Diese sind die Merkel-Zellen, die Druck und Berührung erfassen, sowie die Meissner-Körperchen die auf Vibration und leichte Berührung reagieren.


Bedeutende Personen
Gregory Bateson
(* 9. Mai 1904 in Grantchester, Cambridgeshire; † 4. Juli 1980 in San Francisco) war ein englischer Anthropologe, Biologe, Sozialwissenschaftler, Kybernetiker und Philosoph. Seine Arbeitsgebiete umfassten anthropologische Studien, das Feld der Kommunikationstheorie und Lerntheorie, genauso wie Fragen der Erkenntnistheorie, Naturphilosophie, Ökologie oder der Linguistik. Bateson behandelte diese wissenschaftlichen Gebiete allerdings nicht als getrennte Disziplinen, sondern als verschiedene Aspekte und Facetten, in denen seine systemisch-kybernetische Denkweise zum Tragen kommt.
(Quelle: Wikipedia, Gregory Bateson)

Gregory Bateson stand Kinästhetik persönlich nicht so nahe wie Moshe Feldenkrais und K.U. Smith, hatte aber doch einen bedeutenden Einfluss auf deren Entwicklung. Zu Beginn ihrer Zusammenarbeit waren Franks und Lennys Erklärungen, wie und warum ihre Arbeit mit Kommunikation durch Berührung und Bewegung taugte, manchmal unklar, bisweilen etwas metaphysisch oder gar konfus. Als sie Bateson's „Oekologie des Geistes“ gelesen hatten, begann Frank mit ihm einen Briefkontakt, der bis zu Bateson's Tode, kurz nach der Vollendung seines letzten Buches „Geist und Natur“, andauerte. Diese Korrespondenz und Bateson's beiden Bücher sind der Ursprung vieler philosophischer Ansätze der Kinästhetik.
(Quelle: 16. Kinästhetik-Bulletin, 1990, S. 7. Anm.: Frank Hatch, Lenny Maietta: Begründer der Kinästhetik)

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Bemerkenswerte Ereignisse
Erste Beschreibung des Lehrmodells der Kinästhetik

Am 17. Juni 1989 beschrieben Frank Hatch und Lenny Maietta für das 16. Kinästhetik Bulletin das Lehrmodell der Kinästhetik. Sie äußern dabei ihre „Grundüberzeugung, das Bewegungs- und Wahrnehmungserfahrung die Grundlage allen Lernens ist“. Sie hätten daraus weitere Grundsätze und aus diesen wiederum Übungen entwickelt, um Kursteilnehmenden zu „helfen, Beziehungen und Muster in der eigenen Bewegung zu erkennen. Durch strukturierte Bewegungserfahrungen entwickelt ein Teilnehmer im Kinästhetik-Unterricht differenziertere sensomotorische Fähigkeiten, die Grundlage aller menschlichen Fähigkeiten überhaupt. Er lernt dabei, seine Erfahrungen einzuordnen, indem er ihre Muster und Beziehungen analysiert.“
In diesem frühen Text wird ein Kern der Kinästhetik beschrieben, der bis heute seine Gültigkeit behält.

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Vorschlag für Redaktionstreffen vom 25. Juni 2024

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Schon gewusst?
Der gekochte Frosch
Durch diese Fabel wird verständlich, warum wir langsame Entwicklungen und Lernprozesse von uns selbst sehr viel schwerer feststellen als schnelle und unterscheidbare Veränderungen und Lernerfolge.
Gregory Bateson verwendet die folgende, als quasi-wissenschaftlich bezeichnete Fabel, um deutlich zu machen, dass „wir [uns] fast immer unbewusst sind über die Trends in den Veränderungen unseres Zustandes. ... Wenn man einen Frosch dazu bringen kann, ruhig in einem Topf mit kaltem Wasser sitzen zu bleiben, und wenn man dann die Wassertemperatur sehr langsam und sanft erhöht, so dass es keinen Augenblick gibt, der sich als der Augenblick ‚abhebt‘, in dem der Frosch springen sollte, dann wird er niemals springen. Er wird gekocht werden.“
Bedeutende Personen
Gregory Bateson
(* 9. Mai 1904 in Grantchester, Cambridgeshire; † 4. Juli 1980 in San Francisco) war ein englischer Anthropologe, Biologe, Sozialwissenschaftler, Kybernetiker und Philosoph. Seine Arbeitsgebiete umfassten anthropologische Studien, das Feld der Kommunikationstheorie und Lerntheorie, genauso wie Fragen der Erkenntnistheorie, Naturphilosophie, Ökologie oder der Linguistik. Bateson behandelte diese wissenschaftlichen Gebiete allerdings nicht als getrennte Disziplinen, sondern als verschiedene Aspekte und Facetten, in denen seine systemisch-kybernetische Denkweise zum Tragen kommt.

Batesons Gedanken und Arbeiten waren vor allem geprägt von philosophischen Überlegungen Platons, psychologischen Überlegungen Sigmund Freuds und Carl Gustav Jungs, der Typentheorie Bertrand Russells sowie von Kybernetikern wie Norbert Wiener, Warren McCulloch, John von Neumann und Claude Shannon mit seiner Informationstheorie. Bateson seinerseits hatte großen Einfluss auf die Systemische Therapie sowie die Familientherapie. Er beeinflusste verschiedene theoretische Strömungen in der Soziologie und Anthropologie. (Quelle: Wikipedia, Gregory Bateson)

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  2. Wahrnehmung‏‎ (483 Aufrufe)
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  4. Orientierung‏‎ (269 Aufrufe)
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  7. Literatur und Medien‏‎ (110 Aufrufe)
  8. Bewegungserfahrung‏‎ (103 Aufrufe)

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Bemerkenswerte Ereignise

Am 17. Juni 1989 beschrieben Frank Hatch und Lenny Maietta für das 16. Kinästhetik Bulletin das Lehrmodell der Kinästhetik. Sie äußern dabei ihre „Grundüberzeugung, das Bewegungs- und Wahrnehmungserfahrung die Grundlage allen Lernens ist“. Sie hätten daraus weitere Grundsätze und aus diesen wiederum Übungen entwickelt, um Kursteilnehmenden zu „helfen, Beziehungen und Muster in der eigenen Bewegung zu erkennen. Durch strukturierte Bewegungserfahrungen entwickelt ein Teilnehmer im Kinästhetik-Unterricht differenziertere sensomotorische Fähigkeiten, die Grundlage aller menschlichen Fähigkeiten überhaupt. Er lernt dabei, seine Erfahrungen einzuordnen, indem er ihre Muster und Beziehungen analysiert.“
In diesem frühen Text wird ein Kern der Kinästhetik beschrieben, der bis heute seine Gültigkeit behält.

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Sinne und kinästhetisches Sinnessystem (gyfr, mast)

Aktuelle Verwendung des Fachbegriffs

Sinne und kinästhetisches Sinnessystem in „Kinaesthetics – Konzeptsystem“

Die Einbettung des Themas im Konzept „Interaktion“

Das erste Konzept des Konzeptsystems ist mit „Interaktion“ überschrieben und ist grundlegend für die folgenden fünf Konzepte. Das hauptsächliche Thema besteht darin, die persönliche Wahrnehmung und insbesondere Bewegungswahrnehmung zu sensibilisieren sowie körperliche und zwischenmenschliche Unterschiede und Interaktionen zu erfahren[1].

In der Einleitung des Konzepts wird nach der gängigen Definition der Interaktion als „Wechselbeziehung zwischen zwei oder mehreren HandlungspartnerInnen“[2] mit dem Beispiel der verbalen und nonverbalen Kommunikation darauf hingewiesen, dass Interaktionen grundsätzlich auf allen Sinnessystemen beruhen. Demgemäß ist das erste Unterthema mit „Sinne“[3] überschrieben und enthält die untergeordnete Überschrift „Das kinästhetische Sinnessystem“[4].

Das Unterthema Sinne

Zusammenhang von Interaktions- und Wahrnehmungsfähigkeit, die klassischen 5 Sinne
Das zugehörige Konzepticon[5] zeigt in einem äußeren Kreis die 5 klassischen, nach außen gerichteten Sinne. In der Mitte findet sich die Darstellung eines Muskels mit der Muskelspindel. Dieser Rezeptor steht stellvertretend für das gesamte, nach innen gerichtete kinästhetische Sinnessystem mit seinem Netzwerk von unterschiedlichen Rezeptoren. Die zentrale Stellung illustriert seine grundlegende Bedeutung für die klassischen 5 Sinne bzw. die gesamte Wahrnehmung.

Einleitend wird nochmals betont, dass die Interaktionsfähigkeit eines Menschen auf seinen Sinnen bzw. seiner Wahrnehmungsfähigkeit basiert. Dann folgt eine tabellarische Auflistung der klassischen fünf Sinne mit der Abbildung ihrer Organe und den zugehörigen Reizen. Bei diesen wird außer beim Geruchssinn durch die Angabe von gegensätzlichen Adjektiven (z. B. hell und dunkel) die Bedeutung von Unterschieden für die Wahrnehmung aufgezeigt.

Keine Abbildung durch die nach außen gerichteten 5 Sinne, sondern ein inneres Hervorbringen der Außenwelt

Mit Berufung auf moderne Forschungen der Neurobiologie wird dann die frühere Annahme kritisiert, dass diese nach außen gerichteten Sinne die Außenwelt genau und „wahr“ abbilden. Diese Forschungen zeigen auf, dass keine Informationen aus der Außenwelt direkt in die Innenwelt eines jeden Menschen gelangen. Vielmehr produziert jeder einzelne Mensch diese in sich selbst, weil er in Bezug auf Information ein geschlossenes System ist. Mit diesen Formulierungen wird offensichtlich auf die beiden Wissenschaftler Humberto Maturana (1928–2021) und Francisco Varela (1946–2001), die Begründer der Autopoiese (Autopoiesis)-Theorie, angespielt.[6].

Keine qualitative Kodierung von Wahrnehmungsursachen, sondern individuelle Konstruktion

Die Aussagen werden gemäß den Formulierungen von Heinz von Foerster (1911–2002) mit seinem folgenden Forschungsergebnis erläutert:

„Die ganze Wahrnehmung besteht aus individuell konstruierten Beziehungen, die in unserem Inneren entstehen.“[7].

Es gebe keine qualitative oder spezifische Kodierung der Ursache einer Wahrnehmung. Die sensorischen Zellen würden nur die Mitteilung über eine vorliegende Störung oder einen vorliegenden Reiz liefern. Dies wird ergänzt durch den Hinweis, der ebenso auf Heinz von Foerster zurückgeht, dass der Wahrnehmungsprozess nur auf quantitativen Unterschieden beruht[8].

Unterschiede, die einen Unterschied (aus)machen

Die vorangehenden Aussagen werden mit der bekannten Definition des Informationsbegriffs von Gregory Bateson (1904–1980) verbunden:

„Informationen bestehen aus Unterschieden, die einen Unterschied machen.“[9].

Nur wenn wir (oder Lebewesen überhaupt) einen Unterschied in uns selbst wahrnehmen können, kann daraus eine Information entstehen – ob aus einer Außenperspektive ein Unterschied vorliegt oder nicht, spielt folglich keine Rolle.

„Das kinästhetische Sinnessystem“

Im Buch „Kinaesthetics – Konzeptsystem“ enthält das erste Unterthema „Sinne“ des ersten Kapitels „Konzept Interaktion“ das Unterkapitel mit der Überschrift „Das kinästhetische Sinnessystem“.[10].

Nach innen gerichtete Rezeptoren und wahrnehmbare Reize

Zu diesem Thema wird an erster Stelle erwähnt, dass die Entdeckung der Rezeptoren, „die auf spezifische Reize aus dem Körperinnern spezialisiert sind“[11], erst neuzeitlich ist. Als Beispiele dafür, was mit ihnen wahrgenommen werden kann, werden aufgeführt:

  • Schmerz
  • Muskelspannung
  • Vibration
  • Stellung der Körperteile zueinander
  • Stellung des Kopfes bezüglich der Schwerkraft

Mit Bezug auf die vorangehend dargestellten klassischen fünf Sinne wird betont, dass die menschliche Sinneswahrnehmung somit „nicht nur Reize von außen, sondern auch von innen verarbeitet“[12].

Grundlegende Bedeutung für alle Lebensaktivitäten und wahrnehmbare Aspekte der Bewegung

Darauf wird auf die grundlegende Bedeutung des kinästhetischen Sinnessystems hingewiesen, um alle Lebensaktivitäten ausführen zu können. Als Beispiele, welche Bewegungsaspekte mit ihm wahrgenommen können, werden aufgeführt:

  • Unterschiede der Muskelspannung
  • Druck- und Zugverhältnisse
  • Raumlagebeziehungen
Untrennbarkeit von Bewegung und Bewegungswahrnehmung bzw. Koppelung ihrer Feedbackschleifen

Dabei würden Bewegung und Bewegungswahrnehmung sich gegenseitig bedingen und seien „durch kontinuierliche Feedbackschleifen gekoppelt:

Man muss sich bewegen, um Bewegung wahrnehmen zu können, und man muss Bewegung wahrnehmen können, um sich gezielt zu bewegen.“[13].

Demgemäß sind Bewegung und Bewegungswahrnehmung untrennbar in einem zirkulären Zusammenspiel von Feedbackschleifen verbunden.

Grundlegende Bedeutung des kinästhetischen Sinnessystems bzw. seiner Sensibilisierung für die gesamte Wahrnehmung und die Interaktionsqualität

In Bezug auf die gesamte Wahrnehmung bzw. auf alle Sinnessysteme wird anschließend dem kinästhetischen Sinnessystem eine grundlegende Bedeutung zugeschrieben. Wahrnehmung sei immer mit Bewegung verbunden und beruhe auf der „Fähigkeit, mit der Bewegung einem Reiz folgen zu können“[14]. Deshalb sei in der Kinästhetik ein wichtiges Ziel, das kinästhetische Sinnessystem zu sensibilisieren.

Abschließend wird der Zusammenhang zum übergeordneten Thema der Interaktion durch die Aussage hergestellt, dass die Qualität der Interaktionen von HandlungspartnerInnen direkt von der Sensibilität ihrer Bewegungswahrnehmung beeinflusst werde.

Ohne weitere Erläuterungen (vgl. dazu „Kommentare, Auswertung, offene Fragen“: LINK) wird der bekannte folgende Aphorismus aus dem Buch „Der Baum der Erkenntnis“ von Humberto Maturana und Francisco Varela an den Schluss gestellt::

„Jedes Tun ist Erkennen, und jedes Erkennen ist Tun.“[15]

Kommentare, Auswertung und offene Fragen

Nur angedeutet:

Geschlossenheit

Geschlossenheit steht in bester kybernetischer Tradition. Zum Beispiel auch bei K. U. Smith (closed-loop feedback; K. U. hatte bedeutenden Einfluss auf die Begründergeneration der Kinästhetik)

„Jedes Tun ist Erkennen, und jedes Erkennen ist Tun.“

Der Anschluss kann einerseits in der Aussage vermutet werden, dass sich Bewegung und Bewegungswahrnehmung (Kinästhesie) wechselseitig bedingen. Andererseits ist Erkennen ein Synonym von Wahrnehmen und Bewegung mit jedem Tun verbunden. Somit kann eine zweite Brücke zur Aussage geschlagen werden, dass jede Wahrnehmung mit Bewegung verbunden sei. Der Kontext des Aphorismus im Buch von Maturana und Varela wird nachfolgend zitiert und zeigt weitere Verbindungen zu den Ausführungen des Konzeptsystems zum Thema Sinne auf:

„In diesem Sinne werden wir ständig festzustellen haben, daß man das Phänomen des Erkennens nicht so auffassen kann, als gäbe es ‚Tatsachen‘ und Objekte da draußen [im Original kursiv], die man nur aufzugreifen und in den Kopf hineinzutun habe. Diese Feststellung bildet das Fundament von alldem, was wir zu sagen haben werden.
Die Erfahrung von jedem Ding ‚da draußen‘ wird auf eine spezifische Weise durch die menschliche Struktur konfiguriert, welche ‚das Ding‘, das in der Beschreibung entsteht, erst möglich macht.
Diese Zirkularität, diese Verkettung von Handlung und Erfahrung, diese Untrennbarkeit einer bestimmten Art zu sein von der Art, wie die Welt uns erscheint, sagt uns, daß jeder Akt des Erkennens eine Welt hervorbringt [im Original kursiv]. Diese Eigenschaft des Erkennens wird unausweichlich zugleich unser Problem, unser Ausgangspunkt und der Leitfaden für unsere Erörterungen auf den folgenden Seiten sein. Dies alles kann in dem Aphorismus zusammengefaßt werden: Jedes Tun ist Erkennen, und jedes Erkennen ist Tun. [im Original kursiv]“[16]

„MEIN THEMA“ in „AMD, LuB, KuK“

gyfr (anschließend)

=== „xy“ in „Kinästhetik – Gesundheitsentwicklung und menschliche Aktivitäten“ === ?? MEIN TEXT

Sinne und kinästhetisches Sinnessystem in „Kinaesthetics Infant Handling“

Kinästhetisches Sinnessystem als Grundlage der Entwicklung von Bewegungsfähigkeiten

Im Buch „Kinaesthetics Infant Handling“[17] von Lenny Maietta und Frank Hatch thematisiert das erste Kapitel die grundlegende Frage, wie Bewegungsfähigkeiten entstehen. In dessen Einleitung wird darauf hingewiesen, dass der Mensch gemäß kybernetischen Erkenntnissen sein Verhalten durch Feedback-Kontrolle steuert. Dabei hänge die Entwicklung einer effektiven Verhaltenskontrolle des Kindes in der Schwerkraft „von der Handlingsfähigkeit der Erwachsenen ab“[18]. Das zweite Unterkapitel erläutert, dass das Verhalten durch die eigenen Annahmen gelenkt wird. Das dritte Unterkapitel bezeichnet Berührung und Körperkontakt als wesentliche Form der Interaktion zwischen Kindern und Erwachsenen. Insbesondere wird beschrieben, dass der Bewegungsaustausch über Körperkontakt für die Entwicklung von Bewegungsgrundlagen für das lebenslange Lernen von zentraler Bedeutung ist.

Das Unterkapitel „1.4 Selbsterfahrung durch Bewegung“[19] geht darauf ein, wie der Mensch seine Bewegung „innerlich über das kinästhetisch-sensorische System, das aus mehreren Komponenten besteht“[20] erlebt.

Erwähnt werden die basalen Rezeptoren der Haut bzw. der Körperoberfläche, die auf Druckänderungen reagieren und einem erlauben, den Kontakt mit belebter oder unbelebter Umgebung zu registrieren.

Diese Hautrezeptoren sind mit weiteren Bewegungsrezeptoren verbunden, die sich

  • im Muskelgewebe,
  • in Gelenken,
  • im Innenohr

befinden. In einem Netzwerk ermöglichen sie, die Körperbewegung zu kontrollieren:

„Die Druckänderungen einer beliebigen Komponente des kinästhetischen Systems signalisiert eine Veränderung der Position in der Schwerkraft und löst im gesamten Körper Anpassungen der muskulären Spannung aus.“[21]

Diese Aussagen werden dadurch erläutert, dass der Mensch sein Körpergewicht in der Schwerkraft durch Verlagerungen und Veränderungen der Kontaktstellen mit seiner Umgebung bewegt. Mit einer Abbildung, die einen Mensch zeigt, der auf einem Stuhl sitzt und seine Hand auf einen Tisch hält, wird die Aussage des vorangehenden Zitats illustriert: Durch den Druck der Füße auf den Boden entsteht in ihm ein Spannungsmuster, das sich verändert, wenn er mit seinen Fingern auf den Tisch drückt.

Abschließend wird erwähnt, dass es in der Kinästhetik um die effektive Kontrolle der Bewegung und die besondere Aufmerksamkeit auf die kinästhetischen Empfindungen gehe, das kinästhetische Sinnessystem aber außerhalb der Kinästhetik häufig keine Beachtung fände. [22]

Auf das Unterkapitel „Selbsterfahrung durch Bewegung“ folgen vier weitere mit den Überschriften „Kinder brauchen Bewegungsunterstützung“, „Bewegungsgrundlage als gemeinsamer Nenner“, „Ziele“ und „Inhaltliche Schwerpunkte“[23].

Sinne und kinästhetisches Sinnessystem im Rahmen der Darstellung der Konzepte

Kontext

Das kurze zweite Kapitel des Buches trägt den Titel „Ihre Vorstellungen über kindliche Entwicklung“[24]. Das dritte Kapitel „Gesundheit, Entwicklung und Lernen“[25] stellt ausführlicher unterschiedliche Aspekte dieses Themenbereichs dar. Im vierten Kapitel „Das MH Kinaesthetics-Infant-Handling-Programm“[26] des Buches werden aus der Perspektive des Handlings mit Kindern die Konzepte der Kinästhetik behandelt, was u. a. einleitend thematisiert wird. Das Konzept Interaktion steht zu Beginn der Darstellung der sechs Konzepte und wird kurz mit seinen Unterthemen eingeleitet. Das Thema der Sinne und des kinästhetischen Sinnessystems bildet das erste Unterkapitel.

„Sinnessysteme und Wahrnehmung“

Die Frage, „welche sensorischen Reize Neugeborene wahrnehmen können“[27] eröffnet das Unterkapitel „4.3.1 Sinnessysteme und Wahrnehmung“. Zur Beantwortung wird die Abhängigkeit dieser Frage von der Definition der sensorischen Fähigkeiten aufgezeigt: Die Antwort fällt unterschiedlich aus, je nachdem ob man darunter versteht, dass das Kind einfach sensorische Reize aufnimmt, sensorische Ereignisse versteht (also wahrnimmt) oder mit spezifischen sensorischen Systemen Phänomene als Ursachen der entsprechenden Empfindungen wahrnimmt.

Im Anschluss legt die Beschreibung einer persönlichen Erfahrung von Frank Hatch nahe, im Umgang mit Kindern von Geburt an auf die visuellen und anderen sensorischen Fähigkeiten zu achten. Was die eingangs gestellte Frage betrifft, wird auf die Tatsache verwiesen, „Kinder aller Altersstufen über die gleichen sensorischen Systeme wie Erwachsenen verfügen“[28] und der hauptsächliche Unterschied darin bestehe, „was jeder gelernt hat, mit den sensorischen Informationen anzufangen“[29]. Gerade deswegen würden Kinder die Hilfe von Erwachsenen benötigen, um ihre Empfindungen einordnen, interpretieren und motorisch effizient reagieren zu können.

Die folgenden Ausführungen des Buches unterscheiden zwischen dem inneren sensorischen System und sensorischen Distanzsystemen. Mit Ersterem ist das kinästhetische Sinnessystem gemeint, „das den inneren Bewegungsreizen folgt“[30]. Zu den sensorischen Distanzsystemen werden das visuelle, auditive, olfaktorische und gustatorische System gezählt, die den „Bewegungen in der Umgebung außerhalb des Körpers“[31] folgen.

„Das innere sensorische System“

Unter dieser Überschrift[32] wird als Erstes wird darauf verwiesen, dass wir kein Bewusstsein für das innere sensorische System bzw. das kinästhetische Sinnessystem aufgrund seiner engen Verbindung mit der Selbstwahrnehmung haben und es primär für die Selbstkontrolle in der Schwerkraft nutzen.

Dann wird der Zusammenhang mit Bewegung aufgezeigt:

„Jede Struktur dieses Systems registriert Bewegungsänderungen: Der Vestibularapparat im Innenohr, die Rezeptoren in allen Muskeln und Gelenken und die basalen Rezeptoren in unserer Haut.“[33]

Dabei würden die verschiedenen Rezeptoren Spannungs- und Druckveränderungen registrieren, die uns durch die Integration im Nervensystem erlauben, im Gleichgewicht zu bleiben und unser Gewicht über die Knochen auf das Stützgewebe zu übertragen. Ausbalanciert zu sein, wird als Voraussetzung für eine niedrige innere Spannung bezeichnet, die es uns wiederum erleichtert, äußere Bewegungen wahrzunehmen:

„Eine niedrige Spannung ist die Voraussetzung für eine hohe Sensibilität für sensorische Reize.“[34]

In der Folge wird auf verschiedene Funktionen anderer Bestandteile des inneren sensorischen Systems hingewiesen:

  • Koordination und Regulation lebenswichtiger innerer Prozesse (Atmung, Kreislauf, Verdauung)
  • Registrierung von Temperaturveränderungen (innerliche und auf der Körperoberfläche) durch Hautrezeptoren: führt zur Kontraktion oder Entspannung kleiner Muskeln, zum Öffnen oder Schließen der Hautporen bzw. zur Wärmeleitung nach innen oder außen (Funktion der Körpertemperaturregulation).
  • Registrierung von Druckveränderungen (innerliche und auf der Körperoberfläche) durch Hautrezeptoren oder tieferliegende Rezeptoren: Schmerzwahrnehmung als Warnung vor Verletzungen

Hervorgehoben wird, dass eine niedrige innere Spannung uns ebenso eine effektivere Steuerung unserer inneren Prozesse ermöglicht.

Darauf wird ausgeführt, dass Druckrezeptoren der Haut die Regulation des Kontaktes zur Umgebung ermöglichen, die Muskelspindeln mit der Haut verbunden sind und das gesamte kinästhetische Sinnessystem als Netzwerk funktioniert:

„Somit lösen Druckveränderungen auf der Körperoberfläche gleichzeitig Änderungen der Spannungsmuster im gesamten Körper aus.“[35]

Dies erlaube uns, die Bewegungen unseres Körpergewichts in Beziehung auf unsere Umgebung zu steuern.

Unter der Überschrift „Entwickeln der inneren kinästhetischen Körper-Tracking-Fähigkeiten bei Kindern“[36] wird das kinästhetische Sinnessystem als grundlegendes sensorisches System des Menschen bezeichnet. Mit diesem System nimmt der Mensch bereits als Fetus sich selbst wahr und erlernt die Koordination und Regulation seiner Körperbewegungen sowie die Kommunikation mit seiner Mutter „durch berührungsgelenkte Bewegungsprozesse“[37]. Hauptsächlich durch diese finde die Kommunikation auch im Kleinkindalter „während der meisten gemeinsamen Aktivitäten“[38] statt, allerdings fehle den Erwachsenen das Bewusstsein hierfür:

„Die Fähigkeit, aktiv an einem Berührungsgelenkten Bewegungsaustausch mit Erwachsenen oder anderen Kindern teilzunehmen, ist die wichtigste Grundlage für das Kind, um seine sensorische und motorische Kontrolle zu erlernen.“[39]

Während Kleinkinder sehr lange den Bewegungen anderer folgen könnten, müssten Erwachsene lernen und intensiv üben, den Bewegungen von Babys oder Kleinkindern zu folgen.

„Sensorische Distanzsysteme“

Unter dieser Überschrift[40] werden in Unterkapiteln die folgenden Sinnessysteme behandelt:

  • „Das visuelle sensorische System“[41]
  • „Das auditive sensorische System“[42]
  • „Die gustatorischen und olfaktorischen Systeme“[43]

Dabei wird jeweils angegeben, wofür die einzelnen Systeme sensibel sind:

  • Lichtwellen bzw. Wellenlängen der Farben
  • Schall- oder Druckwellen bzw. Vibrationen in der Luft
  • Chemische Substanzen in Wassermolekülen (gustatorisches System) und Gerüche in Luftmolekülen (olfaktorisches System)

Beim visuellen und auditiven System wird der Zusammenhang mit der Bewegung aufgezeigt: Sehen ist mit Augen- oder Körperbewegungen verbunden, Hören mit der Vibration des Trommelfells. Beim Sehen gehe es um die Fähigkeit, Farben unterscheiden zu lernen, was bei Primärfarben am leichtesten sei. Beim Hören gehe es darum, dass Kleinkinder lernen, Geräuschquellen und ihre Bedeutung zu erkennen.

„Schlussfolgerungen“

In diesem abschließenden Unterkapitel[44] weisen die AutorInnen darauf hin, dass Kinder durch die „Fähigkeit, sich selbst und die Umwelt durch unterschiedliche sensorische Reize erkennen zu können, […] Sicherheit und Selbstständigkeit“ [45] entwickeln.

Wie am Schluss der Ausführungen zum inneren sensorischen System wird das Folgen von Bewegungen anderer Menschen als Voraussetzung dafür bezeichnet, dass Kinder lernen können, durch eigene Bewegungen mit sensorischen Reizen kontrolliert umzugehen. Dabei sei die eigene Bewegungskontrolle, zu deren Unterstützung die Konzepte der Kinästhetik neue Ideen bieten, die Grundlage für die Kontrolle aller sensorischen Systeme und die „Voraussetzung für eine effektive Kommunikation“[46].

Kommentare, Auswertung und offene Fragen

Nur angedeutet: Auffällig ist, dass nur 4 klassische Sinne und das taktile Sinnessystem nicht eigens erwähnt werden. Ergibt sich aus dem Ansatz eines inneren sensorischen Systems und von sensorischen Distanzsystemen, aber geht letztlich nicht ganz auf: taktil wird unter dem inneren sensorischen System behandelt, aber geht es hier um „innere Bewegungsreize“ bzw. ist nach Varela, Bateson nicht alles innen?

Physiologisch mehr oder weniger korrekt bzw. textlich schlecht verständlich sind die Ausführungen im letzten Absatz der Seite 67: Die Muskelspindeln sind die Rezeptoren (nicht „in den Muskelspindeln“), die Gleichsetzung mit „Druckrezeptoren in unserer Haut“ ist fragwürdig. „Menschen lernen, indem sie der Bewegung anderer folgen“ als nicht mehr so aktuelles Dogma ist hier schön sichtbar: Einfluss der Bezugspersonen wird als sehr hoch eingeschätzt. Ebenso kommt „niedrige Körperspannung => hohe allgemeine Sensibilität (und umgekehrt)“, was oft mit Weber begründet wird, aber aus meiner Perspektive nicht schlüssig ist. Positiv hervorzuheben ist (was sonst in den meisten einschlägigen Texten selten vorhanden ist): Kinästhetisches Sinnessystem als Netzwerk, als Zusammenspiel aller Rezeptoren.

Einzelnachweise

  1. European Kinaesthetics Association (Hg.) (2023): Kinaesthetics. Konzeptsystem. Linz, Winterthur: Verlag European Kinaesthetics Association. ISBN 978-3-903180-00-0. S. 11.
  2. ebd., S. 13.
  3. ebd., S. 14.
  4. ebd., S. 15.
  5. European Kinaesthetics Association (Hg.) (2023): Kinaesthetics. Konzeptsystem. Linz, Winterthur: Verlag European Kinaesthetics Association. ISBN 978-3-903180-00-0. S. 34 und 36.
  6. ebd., S. 14.
  7. ebd.
  8. vgl. zu diesen Aussagen von Heinz von Foerster z. B. das Kapitel „Interpretation“ aus seinem Vortrag „Über das Konstruieren von Wirklichkeiten“ von 1973.
  9. European Kinaesthetics Association (Hg.) (2023): Kinaesthetics. Konzeptsystem. Linz, Winterthur: Verlag European Kinaesthetics Association. ISBN 978-3-903180-00-0. S. 14.
  10. ebd., S. 15.
  11. ebd.
  12. ebd.
  13. ebd.
  14. ebd.
  15. ebd.
  16. Maturana, Humberto R.; Varela, Francisco J. (1987): Der Baum der Erkenntnis. Die biologischen Wurzeln des menschlichen Erkennens. Aus dem Spanischen von Kurt Ludewig in Zusammenarbeit mit dem Institut für systemische Studien e. V. in Hamburg. 1. Auflage. Bern, München, Wien: Scherz Verlag. ISBN 3-502-13440-5. S. 31.
  17. Maietta, Lenny; Hatch, Frank (2011): Kinaesthetics Infant Handling. Originalmanuskript aus dem Amerikanischen von Ute Villwock. 2., durchgesehene und aktualisierte Auflage. Bern [u. a.]: Hans Huber. ISBN 978-3-456-84987-4.
  18. ebd., S. 21.
  19. ebd., S. 23 f.
  20. ebd.
  21. ebd.
  22. ebd., S. 24.
  23. ebd., S. 25 ff.
  24. ebd., S. 31 ff.
  25. ebd., S. 39 ff.
  26. ebd., S. 61 ff.
  27. ebd., S. 64.
  28. ebd., S. 67.
  29. ebd.
  30. ebd.
  31. ebd., S. 68.
  32. ebd., S. 67 f.
  33. ebd., S. 67.
  34. ebd., S. 67.
  35. ebd., S. 67.
  36. ebd., S. 68.
  37. ebd.
  38. ebd.
  39. ebd.
  40. ebd., S. 68 ff.
  41. ebd., S. 68.
  42. ebd., S. 69.
  43. ebd.
  44. ebd., S. 70.
  45. ebd.
  46. ebd.