KOFL:Testseite für Redaktionsteam: Unterschied zwischen den Versionen

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{{Infobox|vorläufig abgeschlossen|Stefan Marty-Teuber/Redaktionsteam}}
=== test 1 ===
 
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| Diese Testseite dient dem Redaktionsteam dazu,
* Dinge in Bezug auf das Editieren auszuprobieren wie z. B., ob Links funktionieren oder wie eine Abbildung angepasst werden kann usw.,
* Entwürfe zu kontrollieren,
* eine Spielwiese zur Verfügung zu haben.
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| Inhalt<br /> linksbündig || vertikal zentriert
! Spielregeln
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=== test 2 ===
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| style="width: 85%; border-left:solid 40px lightyellow; border-right:solid 40px lightblue; border-bottom:solid 20px lightblue; border-top:solid 20px orange;" colspan="2" | '''Diese Spaltenbreite ist 100% der Bildschirmbreite'''
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| style="width: 30%; border-left:solid 40px yellow; border-right:solid 40px violet; border-bottom:solid 20px lightblue;"| '''Dies ist ein Layoutversuch für eine neue Hauptseite'''
Mal sehen, was draus wird ...
| style="width: 70%; border-right:solid 40px lightblue; border-bottom:solid 20px lightblue;"| [[Datei: 31-detail-transportbew.jpg|40px|rahmenlos|zentriert]]
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=== test 3 ===
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| Beispieltext: : ''Probieren Sie es aus:
: ''Stehen Sie auf ein Bein und schließen sie die Augen. Nehmen Sie mit Ihrem kinästhetischen Sinnessystem wahr, wie Sie sich mit ununterbrochenen Anpassungsbewegungen fortlaufend im Gleichgewicht halten.
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=== test 4 ===
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| style="width: 85%; border-left:solid 40px lightblue; border-right:solid 40px lightblue; border-bottom:solid 20px lightblue; border-top:solid 20px lightgreen;" colspan="2" |'''Willkommen in diesem redaktionell betreuten Online-Lexikon zu den Fachgebieten der Kinästhetik, Kybernetik und anderer Bezugswissenschaften!'''<br>Das [[KOFL:Über Kinaesthetics-Online-Fachlexikon|Kinaesthetics-Online-Fachlexikon (KOFL)]] wird von der European Kinaesthetics Association (EKA) herausgegeben, von einem [[KOFL:Das Redaktionsteam|Redaktionsteam]] betreut und von einem fachlichen Beirat unterstützt (vgl. „[[KOFL:Impressum und Haftungsausschluss]]“).
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| style="width: 60%; border-left:solid 40px lightblue; border-right:solid 40px lightblue; border-bottom:solid 20px lightblue;"|'''Schon gewusst?'''<br><big>[[Der gekochte Frosch]]</big><br>Gregory Bateson verwendet die folgende, als quasi-wissenschaftlich bezeichnete Fabel, um deutlich zu machen, dass ‚wir [uns] fast immer unbewusst sind über die Trends in den Veränderungen unseres Zustandes. ... Wenn man einen Frosch dazu bringen kann, ruhig in einem Topf mit kaltem Wasser sitzen zu bleiben, und wenn man dann die Wassertemperatur sehr langsam und sanft erhöht, so dass es keinen Augenblick gibt, der sich als der Augenblick ‚abhebt‘, in dem der Frosch springen sollte, dann wird er niemals springen. Er wird gekocht werden.‘ <br>Durch diese Fabel wird verständlich, warum wir langsame Entwicklungen und Lernprozesse von uns selbst sehr viel schwerer feststellen als schnelle und unterscheidbare Veränderungen und Lernerfolge.
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* Lösche nach dem Ausprobieren deine Einträge wieder, wenn du sie nicht mehr brauchst.
 
* Wenn dein Eintrag zu späterer Nutzung stehenbleiben soll, setze eine Überschrift, deinen Kürzel und einen Hinweis wie „Bitte nicht löschen“ o. Ä.<br>
erlegungen Sigmund Freuds und Carl Gustav Jungs, der Typentheorie Bertrand Russells sowie von Kybernetikern wie Norbert Wiener, Warren McCulloch, John von Neumann und Claude Shannon mit seiner Informationstheorie. Bateson seinerseits hatte großen Einfluss auf die System
| style="width: 40%; border-right:solid 40px lightblue; border-bottom:solid 20px lightblue;"rowspan="2"|'''Person des Monats'''<br><big>Gregory Bateson</big><br>(* 9. Mai 1904 in Grantchester, Cambridgeshire; † 4. Juli 1980 in San Francisco) war ein englischer Anthropologe, Biologe, Sozialwissenschaftler, Kybernetiker und Philosoph. Seine Arbeitsgebiete umfassten anthropologische Studien, das Feld der Kommunikationstheorie und Lerntheorie, genauso wie Fragen der Erkenntnistheorie, Naturphilosophie, Ökologie oder der Linguistik. Bateson behandelte diese wissenschaftlichen Gebiete allerdings nicht als getrennte Disziplinen, sondern als verschiedene Aspekte und Facetten, in denen seine systemisch-kybernetische Denkweise zum Tragen kommt.
Batesons Gedanken und Arbeiten waren vor allem geprägt von philosophischen Überlegungen Platons, psychologischen Überlegungen Sigmund Freuds und Carl Gustav Jungs, der Typentheorie Bertrand Russells sowie von Kybernetikern wie Norbert Wiener, Warren McCulloch, John von Neumann und Claude Shannon mit seiner Informationstheorie. Bateson seinerseits hatte großen Einfluss auf die Systemische Therapie sowie die Familientherapie. Er beeinflusste verschiedene theoretische Strömungen in der Soziologie und Anthropologie. (Quelle: Wikipedia)
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alles bewegt sich
immer
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=== test 4 ===
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!'''Person des Monats'''
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| <big>Gregory Bateson</big><br>(* 9. '''Mai''' 1904 in Grantchester, Cambridgeshire; † 4. Juli 1980 in San Francisco) war ein englischer Anthropologe, Biologe, Sozialwissenschaftler, Kybernetiker und Philosoph. Seine Arbeitsgebiete umfassten anthropologische Studien, das Feld der Kommunikationstheorie und Lerntheorie, genauso wie Fragen der Erkenntnistheorie, Naturphilosophie, Ökologie oder der Linguistik. Bateson behandelte diese wissenschaftlichen Gebiete allerdings nicht als getrennte Disziplinen, sondern als verschiedene Aspekte und Facetten, in denen seine systemisch-kybernetische Denkweise zum Tragen kommt.<br>Quelle: Wikipedia
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|style="background-color:lightyellow; text-align:center;"|'''Person des Monats'''
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| <big>Gregory Bateson</big><br>(* 9. '''Mai''' 1904 in Grantchester, Cambridgeshire; † 4. Juli 1980 in San Francisco) war ein englischer Anthropologe, Biologe, Sozialwissenschaftler, Kybernetiker und Philosoph. Seine Arbeitsgebiete umfassten anthropologische Studien, das Feld der Kommunikationstheorie und Lerntheorie, genauso wie Fragen der Erkenntnistheorie, Naturphilosophie, Ökologie oder der Linguistik. Bateson behandelte diese wissenschaftlichen Gebiete allerdings nicht als getrennte Disziplinen, sondern als verschiedene Aspekte und Facetten, in denen seine systemisch-kybernetische Denkweise zum Tragen kommt.<br>Quelle: Wikipedia
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| Beispiel || '' „Wie nutze ich meine Vorder- und Rückseiten für meine Gewichtsorganisation?<br><br>Wie nutze ich meine Vorderseiten für Anpassungen? || '' Über welche Rückseiten kann meine PartnerIn ihr Gewicht verlagern?<br><br>Wie kann mein Gegenüber seine Vorderseiten für Anpassungen nutzen?“
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=== test Ende ===
'''''Bitte den folgenden Artikel vorübergehend stehen lassen!''''' (pfmá, mast)<br>
<big>Parallele und spiralige Bewegungsmuster</big>
{{Infobox|vorläufig abgeschlossen|Mária Pfemeter, Stefan Marty-Teuber/Lutz Zierbeck}}
''''' Zusammenfassung: ''''' <br>
Dieser Artikel behandelt die aktuelle Verwendung des kinästhetischen Fachbegriffs „Parallele und spiralige Bewegungsmuster“ in ausgewählter Fachliteratur. Dabei werden die Zusammenhänge mit der funktionalen Anatomie und der frühkindlichen Bewegung aufgezeigt. In einem zweiten Teil wird die Geschichte des Fachbegriffs sehr detailliert dargestellt. Sie gibt einen spannenden Einblick in die Entwicklung der fachsprachlichen Beschreibung der Bewegungsmuster und ihre allmähliche Konsolidierung. Abschließend werden die begrifflichen Aspekte des Themas dargestellt.
== Aktuelle Verwendung des Fachbegriffs ==
=== „Parallel und spiralig“ in „Kinaesthetics – Konzeptsystem“ ===
==== Parallele und spiralige Bewegungsmuster ====
===== Einbettung =====
[[Datei:Konzepticons-mit-kreis 311.png|250px|thumb|rechts|Das zugehörige Konzepticon<ref>'''European Kinaesthetics Association (Hg.) (2023):''' Kinaesthetics. Konzeptsystem. Linz, Winterthur: Verlag European Kinaesthetics Association. ISBN 978-3-903180-00-0. S. 34 und 36.</ref> symbolisiert Folgendes: Je nachdem, wie wir die Kombination der scharnierartigen Haltungsbewegung um eine [[#Zur Definition des Begriffs Achse|Achse]] mit der mehr drehenden, eher kugelgelenkartigen Transportbewegung nutzen, entstehen parallele oder spiralige Bewegungsmuster.]]
Die Unterscheidung zwischen parallelen und spiraligen Bewegungsmuster wird im Buch „Kinaesthetics – Konzeptsystem“ im Kapitel „3.2. Parallele und spiralige Bewegungsmuster“<ref>ebd., S. 36 f.</ref> thematisiert. Es ist das zweite Unterthema des dritten Konzeptes „Menschliche Bewegung“<ref>ebd., S. 33 ff.</ref> und baut auf dem vorangehenden Unterthema „3.1. Haltungs- und Transportbewegung“<ref>ebd., S. 36 f.</ref> auf.
===== Grundsätzliche Vielfalt der Bewegungsmuster und individuelle Einschränkung =====
An erster Stelle wird darauf hingewiesen, dass unsere Anatomie grundsätzlich eine unbeschränkte Vielfalt von Bewegungsmustern erlaubt. Im Lauf unseres Lebens lernen wir aber, sich wiederholende alltägliche Aktivitäten auf unsere individuelle und stets ähnliche Art und Weise auszuführen, d. h., in bestimmten Mustern, die für unser Bewegungsverhalten auch typisch sind. Dadurch schränken wir die grundsätzlich mögliche Vielfalt von Bewegungsmustern in einem individuellen Lernprozess ein.<ref>ebd., S. 36.</ref>
===== Nutzen und Problematik individueller Bewegungsmuster =====
Unsere gewohnten Bewegungsmuster ermöglichen uns, alltägliche Aktivitäten passend auszuführen. Das heißt, wir müssen uns nicht darauf konzentrieren, wie wir etwas tun, sondern meistern dank ihnen auch Situationen, die eigentlich recht anspruchsvoll sind – z. B. auf ein Fahrrad steigen und losfahren oder eine Münze vom Boden aufheben –, problemlos und selbstverständlich auf unsere gewohnte Art und Weise.
Problematisch ist es, wenn wir in unseren gewohnten Bewegungsmustern unsere Anatomie nicht ihren Funktionen entsprechend einsetzen und alltägliche Aktivitäten nicht auf eine angepasste Weise ausführen. Um ein Beispiel hierfür zu ergänzen: Wenn wir öfters schwere Gegenstände herumtragen müssen und ihr Gewicht nicht über unsere [[Knochen und Muskeln|Knochenstrukturen]] abgeben, kann dies bekanntlich zu Abnutzungserscheinungen und muskuloskelettalen Beschwerden führen.
Gemäß dem Text des Buchs „Kinaesthetics – Konzeptsystem“ können sich unsere gewohnten Bewegungsmuster insbesondere dann als destruktiv erweisen, wenn sich unsere Situation verändert. Um ein Beispiel hierfür zu ergänzen: Wenn wir an einem Hexenschuss leiden, wissen wir kaum mehr, wie wir uns setzen oder stehen, geschweige denn eine Münze vom Boden aufheben sollen. Wenn wir es auf unsere gewohnte Weise zu tun versuchen, schießt Schmerz ein, und alle Muskeln verkrampfen sich. Dies schlägt leicht auf unser gesamtes Wohlbefinden. Aus dem Text lässt sich erschließen, dass es in einer solchen Situation gilt, neue und funktional möglichst angepasste Muster zu finden.<ref>ebd.</ref>
===== Bewusstsein für das Zusammenspiel von Haltungs- und Transportbewegungen in den Bewegungsmustern =====
Abschließend wird in der Einleitung zu den parallelen und spiraligen Bewegungsmustern ausgeführt, dass sich unsere meist unbewussten und individuellen Bewegungsmuster daraus ergeben, wie wir das Zusammenspiel von Haltungs- und Transportbewegungen nutzen. Wenn wir es uns bewusst machen, wie diese Bewegungskomponenten in unseren Bewegungsmustern subtil zusammenspielen, können wir fähig werden, unser Spektrum von Bewegungsmustern zu erweitern und sie an die Anforderungen unterschiedlichster Situationen konstruktiv anzupassen.<ref>ebd.</ref>
===== Parallele Bewegungsmuster =====
[[Datei:31-detail-muster-parallel.jpg|mini|rechts]]
Das parallele Bewegungsmuster wird so definiert, dass wir bei der Ausführung einer Aktivität alle [[Massen und Zwischenräume|Massen]] um unterschiedliche parallele [[#Zur Definition des Begriffs Achse|Achsen]] bewegen. Das bedeutet, dass wir das Gewicht der Massen in einer scharnierartigen Bewegung nur in eine Richtung hin- oder zurückbewegen. Wir nutzen somit die Vielzahl der möglichen Richtungen nicht, die Transportbewegungen zwischen den Massen grundsätzlich erlauben. Die Gesamtbewegung erfolgt um lauter parallele Achsen, sodass die Richtungen der Transportbewegungen mit denjenigen der Haltungsbewegungen übereinstimmen.<ref>ebd., S. 37.</ref>
Wenn man die Ausführungen zum Positionswechsel bzw. der vertikalen Fortbewegung<ref>ebd., S. 52.</ref> aus dem Konzept „Menschliche Funktion“ vorwegnimmt, geht es nur um Beugen oder Strecken.
===== Spiralige Bewegungsmuster =====
[[Datei:31-detail-muster-spiralig.jpg|mini|rechts]]
Das spiralige Bewegungsmuster wird so definiert, dass wir bei der Ausführung einer Aktivität jede einzelne Masse unter Ausnutzung der vielen Richtungen bewegen, die die Transportbewegungen bzw. die benachbarten [[Massen und Zwischenräume|Zwischenräume]] ermöglichen. Dadurch stimmen die Richtungen der Haltungs- und Transportbewegungen nicht überein, sondern es entsteht ein spiralförmiges Zusammenspiel der beiden Bewegungskomponenten.
Insbesondere wird zudem darauf hingewiesen, dass bei einem spiraligen Bewegungsmuster aus einer Außenperspektive auffällig ist, wie sich die Bewegungsrichtung des gesamten Körpers von den Bewegungsrichtungen der einzelnen Massen unterscheidet.
Damit dürfte Folgendes gemeint sein: Wenn wir z. B. von einem Stuhl aufstehen, geht aus einer Außenperspektive die Bewegungsrichtung des gesamten Körpers nach oben in eine aufrechte Position. Aus der Innenperspektive bewegen wir in einem spiraligen Bewegungsmuster die einzelnen Massen nicht in eine Richtung durch Beugen und Strecken (geschweige denn geradlinig) nach oben, sondern gelangen durch Drehen und Beugen sowie Drehen und Strecken<ref>vgl. ebd., S. 52.</ref> unter Ausnutzung einer Vielzahl von Richtungen in die aufrechte Position.<ref>ebd.</ref> 
===== Erschwerte Kontrolle paralleler Bewegungsmuster=====
Abschließend wird festgehalten, dass aus der Perspektive der funktionalen Anatomie parallele Bewegungsmuster anspruchsvoller als spiralige Bewegungsmuster sind. Dies begründet sich einerseits dadurch, dass wir die Gewichtsverlagerungen der Massen bei parallelen Bewegungsmustern schwieriger kontrollieren können – als präzisere Begründung kann hinzugezogen werden, dass wir das Gewicht der Massen immer wieder mit Muskelkraft tragen müssen und es schlechter über [[Knochen und Muskeln|Knochenstrukturen]] abgeben können. Andererseits schränken wir durch parallele Bewegungsmuster die funktionalen – und einfacher kontrollierbaren – Möglichkeiten unserer Anatomie ein. Vor diesem Hintergrund wird darauf hingewiesen, dass sich Kleinkinder von sich aus kaum in parallelen Bewegungsmustern bewegen<ref>ebd.</ref> 
Dies dürfte hauptsächlich dann seine Gültigkeit haben, wenn Kleinkinder noch nicht die Muskelkraft aufgebaut haben, die für parallele Muster nötig ist. Ebenso kann darauf hingewiesen werden, dass die Lernumgebung des Kindes bestimmt einen wesentlichen Einfluss hat, d. h., ob die Eltern – und die materielle Umgebung wie Sitzschalen usw. – es eher in spiraligen oder in parallelen Bewegungsmustern unterstützen.
==== Spiralförmiger Verlauf der Vorder- und Rückseiten ====
[[Datei:22-detail-vorne-hinten.jpg|250px|thumb|rechts|Aus der Abbildung<ref>ebd., S. 30.</ref> wird der spiralförmige Verlauf der Vorder- und Rückseiten bei den Extremitäten ersichtlich.]]
Im Konzept „Funktionale Anatomie“<ref>vgl. ebd., S. 21 ff.</ref> enthält das Unterthema „[[Orientierung]]“<ref>vgl. ebd., S. 28 ff.</ref> das Kapitel „Vorne und hinten: Vorder- und Rückseiten“<ref>vgl. ebd., S. 30.</ref>.
Die Vorder- und Rückseiten werden hier aufgrund ihrer Eigenschaften und Funktionen definiert. Im dritten Absatz wird darauf hingewiesen, dass die Lokalisierung der Vorder- und Rückseiten der zentralen Massen auch gemäß dieser kinästhetischen Definition der gängigen Vorstellung entspricht. Hingegen verlaufen die Vorder- und Rückseiten der Extremitäten z. T. spiralig. Dies führt dazu, dass in der kinästhetischen Definition bei den Extremitäten die Bezeichnung von Vorder- und Rückseiten von der gängigen Auffassung abweichen kann.


Nach den Ausführungen zu Funktionen der Vorder- und Rückseiten wird festgehalten, dass uns hauptsächlich aufgrund dieses spiralförmigen Verlaufs grundsätzlich eine Vielzahl der Bewegungsmöglichkeiten zur Verfügung steht. Danach folgt:
'''Bitte stehen lassen (mast, 2025-04-10)!'''
:''„Ein angepasstes Zusammenspiel der Funktionen der Vorder- und Rückseiten während einer Aktivität macht es möglich, diese mit wenig Kraftaufwand und größtmöglicher Kontrolle in der Schwerkraft zu gestalten.“''<ref>ebd.</ref>
== Humanistische Psychologie und Kinästhetik (Belegstellen) ==
Die Formulierung macht deutlich, dass die spiralförmigen Bewegungsmuster inhaltlich eng mit diesen Gegebenheiten der funktionalen Anatomie verbunden sind.
{{Infobox|mit Fachliteratur angelegt|N. N./Stefan Marty-Teuber}}
==== Grundpositionen und spiralige Fortbewegung vom Liegen ins Stehen ====
=== Humanistische Psychologie im 16. Bulletin von 1990===
Im Konzept „Menschliche Funktion“<ref>ebd., S. 43 ff.</ref> werden im Unterthema „5.1. Einfache Funktion: Positionen und Grundpositionen“ im zweiten Kapitel „Grundpositionen“ diese folgendermaßen hergeleitet:
In dieser ersten zusammenhängenden Veröffentlichung zur Kinästhetik aus dem Jahr 1990 finden sich im ersten Kapitel „Hintergrund der Kinästhetik (Entstehung, Begründer, Weitere Einflüsse)“<ref>'''Verein für Kinästhetik (Hg.) (1990):''' Kinästhetik. 16. Bulletin. Januar 1990. Sonderausgabe. Dritte Auflage. Zürich: Verein für Kinästhetik. Nachdruck 2009. S. 5 ff.</ref> nach dem ersten Unterkapitel „Entstehung“ im zweiten Unterkapitel „Begründer“ Hinweise darauf, in welcher Weise die humanistische Psychologie einen Hintergrund der Kinästhetik bildet:
:''„Dieses Modell entstand aus der jahrzehntelangen Erforschung der spiraligen Fortbewegung vom Liegen ins Stehen. Wegleitend für die Bewegungserfahrungen und Analysen dieser Forschung waren die folgenden Fragen: Durch welche grundlegenden Positionen in Bezug auf die Gewichtsorganisation führt dieser Weg?“''<ref>ebd., S. 43.</ref>
:''''' „Begründer'''''
Die Grundlage der Grundpositionen sind somit die Fortbewegung aus der Rückenlage ins Stehen in einem spiraligen Bewegungsmuster bzw. die „Haltestellen“ mit Richtungswechsel auf diesem Weg.
 
Entsprechend wird dieses Thema nachfolgend im Kapitel „Fortbewegung in vertikaler Richtung“ bzw. „Positionswechsel“<ref>ebd., S. 52.</ref> wieder aufgenommen. Wie oben bereits angedeutet, wird hier der Weg, der von der Rückenlage bis zum Zweibeinstand alle Grundpositionen einschließt, mithilfe des spiraligen Bewegungsmusters genauer erläutert.
 
Wenn wir ein spiraliges Bewegungsmuster als Kombination von Drehen und Strecken gestalten, führt es von der Rücken- in die Bauchlage. Wenn wir dann das spiralige Bewegungsmuster mit einem Richtungswechsel als Kombination von Drehen und Beugen gestalten, führt es weiter ins Sitzen. Setzt man den Weg mit dem Wechsel dieser beiden Ausprägungen des spiraligen Bewegungsmuster fort, gelangt man durch alle Grundpositionen.
=== „Parallele und spiralige Bewegungsmuster“ im Buch „Kinaesthetics Infant Handling“ von Maietta und Hatch ===
In der Beschreibung der Bewegungsmuster im Kapitel „4.5.2. Parallele und spiralige Bewegungsmuster“, die bei jeder Aktivität dadurch entstehen, dass Haltungs- und Transportbewegungen kombiniert werden, wird die Rolle der [[Massen und Zwischenräume|Massen]] bei der Gewichtsorganisation betont: Die Bewegungsmuster ''„bestimmen, welche Massen oder welche Teile von Massen Gewicht tragen und welche Teile frei für Bewegungen sind“''<ref>'''Maietta, Lenny; Hatch, Frank (2011):''' Kinaesthetics Infant Handling. Originalmanuskript aus dem Amerikanischen von Ute Villwock. 2., durchgesehene und aktualisierte Auflage. Bern [u. a.]: Hans Huber. ISBN 978-3-456-84987-4. S. 102.</ref>. Auf dieser Weise wird das Thema Bewegungsmuster auch mit dem Unterthema der [[Orientierung]] (Stichwort „Oben und unten“) verknüpft. Dies wird z. B. aus den Ausführungen unter der Überschrift „Parallele Bewegungsmuster“ deutlich:
:''„Bei parallelen Bewegungsmustern werden viel Ressourcen der Haltungsbewegungen in einer [[#Zur Definition des Begriffs Achse|Achse]] und weniger Ressourcen der Transportbewegungen eingesetzt. Sie übertragen das Gewicht nach oben und nach unten oder um den Körper herum. In einem parallelen Bewegungsmuster sind die Rollen des Gewichttragens und der Bewegungsführung nicht besonders differenziert. Das Ergebnis: erhöhter Bedarf an Anstrengung.“''<ref>ebd., S. 103.</ref>
Diese Zusammenhänge werden auch aus der Beschreibung unter der Überschrift „Spiralige Bewegungsmuster“ ersichtlich:
[[Datei:1996-ARH-IH-spiraliges-Bew-muster.png|thumb|400px|Diese Abbildung aus dem Grundkurs-Arbeitsbuch „Kinästhetik Infant Handling“<ref>'''Maietta, Lenny; Hatch, Frank; Bauder, Heidi (1996):'''Kinästhetik Infant Handling. Grundkurs Arbeitsbuch. Aarau: Institut für Kinästhetik IfK AG. S. 33.</ref> von 1996 wird auch im Infant-Handling-Buch (S. 102) verwendet, um das spiralige Bewegungsmuster des Kindes aus der Rücken- in die Bauchlage zu veranschaulichen.]]
:''„Spiralige Bewegungsmuster sind sowohl für uns als auch für Kinder am einfachsten auszuführen. Dabei werden abwechselnd alle Haltungs- und Transportbewegungsressourcen unseres Körpers genutzt. Dies ermöglicht uns, das Gewicht in vielen Achsen zu bewegen und über mehrere Massen zu verteilen. Auf diese Weise wird auch die spiralige Organisation einbezogen, die durch die Struktur der Muskelbefestigungen in den Extremitäten möglich ist. Spiralige Muster verlagern oder bewegen das Gewicht über die Rückseite des Körpers und lassen die vorderen Muskeln frei. Sie machen es einfach, Gewicht zu kontrollieren und sich gleichzeitig zu bewegen.
:''Wenn man sich in spiraligen Mustern bewegt, wird das Gewicht kontinuierlich zwischen allen Massen und von einem Punkt einer Masse auf einen anderen verlagert. Alle Massen, die kein Gewicht tragen, können für das Lenken der Bewegung und/oder das Manipulieren der Umgebung eingesetzt werden. Dadurch wird es auch möglich, an jedem beliebigen Punkt des Bewegungsprozesses zu stoppen und auszuruhen. Darüber hinaus sind spiralige Bewegungsmuster weniger anstrengend in der Ausführung.“''<ref>'''Maietta, Lenny; Hatch, Frank (2011):''' Kinaesthetics Infant Handling. Originalmanuskript aus dem Amerikanischen von Ute Villwock. 2., durchgesehene und aktualisierte Auflage. Bern [u. a.]: Hans Huber. ISBN 978-3-456-84987-4. S. 103.</ref>.
Die Bewegungsentwicklung vor und nach der Geburt wird desgleichen in diesem Kapitel aus der Sicht der Bewegungsmuster dargestellt. Besonders lesenswert ist die Erklärung, wieso Erwachsene Babys und Kleinkinder mit parallelen Bewegungsmuster bewegen, und wieso spiralige Bewegungsmuster für die Körperstruktur der Kleinkinder geeigneter ist.
:''„Häufig führen wir Interaktionen mit Babys oder Kleinkindern in parallelen Bewegungsmustern aus. Ein Grund dafür ist die Überzeugung, wir müssten Blickkontakt mit ihnen halten. Bei einem parallelen Bewegungsmuster ist dies möglich, bei spiraligen Bewegungsmustern nicht. Ein anderer Grund liegt in den Körperproportionen und dem geringen Gewicht der Kinder, deshalb heben und bewegen wir sie oft ohne ihre Beteiligung.“''
:''[…]
:''„Die Hauptgewichte von Kindern befinden sich in Kopf, Brustkorb und Becken. […] Spiralige Bewegungsmuster nutzen alle verfügbaren Haltungs- und Transportbewegungsressourcen des Körpers. […] Das Gewicht der zentralen Massen ist über die Extremitäten organisiert und die Bewegung einfach. Die entstehenden Spannungsmuster regulieren Atmungs- und Verdauungsprozesse und organisieren das Gewicht des Körpers, so dass das Kind durch differenzierten Einsatz der Extremitäten eine Kontrolle über die Bewegung der zentralen Massen hat.  Solche Erfahrungen und die daraus resultierenden Fähigkeiten sind für die effektive Ausführung komplexer Aktivitäten notwendig.“''<ref>ebd., S. 103 f.</ref>
=== „Parallele und spiralige Bewegungsmuster“ im Buch „Kinästhetik – Gesundheitsentwicklung und menschliche Aktivitäten“ von Hatch und Maietta ===
Im Kapitel „3.3.3 Orientierung im Körper versus Orientierung im Raum“<ref>'''Hatch, Frank; Maietta, Lenny (2003):''' Kinästhetik. Gesundheitsentwicklung und menschliche Aktivitäten. Übersetzung: Ute Villwock, Elisabeth Brock. 2., komplett überarbeitete Auflage. München, Jena: Urban und Fischer. ISBN 978-3-437-31467-4. S. 46.</ref> sind die Eigenschaften und Funktionen der Vorder- und Rückseiten der Massen beschrieben. Der Zusammenhang zwischen dem nötigen Kraftaufwand und dem Bewegungsmuster wird hier aus der Sicht der funktionalen Anatomie beleuchtet.
:''„lm Wesentlichen unterscheiden wir zwei Arten von [[Knochen und Muskeln|Muskeln]], die die Oberfläche des Körpers überziehen, nämlich die '''Beuger''' und die '''Strecker'''. Die Beugemuskeln befinden sich an der Vorderseite jeder Körpermasse. Sie sind dick und kräftig, obwohl sie schnell ermüden. Wenn sie kontrahieren, verursachen sie, dass sich die Körpermassen nach vorne beugen. Sie stellen die Hauptkraft bereit, um die [[Massen und Zwischenräume|Massen]] zu bewegen. Die Streckmuskeln sind demgegenüber an der Rückseite jeder Masse angebracht. Sie sind dünner und ermüden weniger schnell. Kontrahieren sie, bewirken sie, dass die Körpermassen nach hinten gedehnt werden. Die wesentliche Rolle der Streckmuskeln besteht darin, die Massen in einer stabilen Position zu halten. In unseren zentralen Massen bleibt die Vorwärts- und Rückwärtsorientierung der Muskeln stets gleich. In den Extremitäten sind die Muskeln jedoch um die Glieder angeordnet, so dass die Vorderseite spiralförmig in die Rückseite übergeht. Diese spiralige Muskelstruktur unserer Extremitäten ist der Grund dafür, dass wir uns in spiraligen Mustern mit weniger Anstrengung als in parallelen bewegen können.“''<ref>ebd., S. 47.</ref>
Dieser Gedanke wird auch in „3.4 Konzept der Menschlichen Bewegung“<ref>ebd., S. 48 ff.</ref> im Kapitel „3.4.2 Parallel- und Spiralbewegungen“<ref>ebd., S. 53 ff.</ref> weitergeführt.
:''„Spiralige Bewegungsmuster sind für uns am leichtesten nachzuvollziehen. […] Solche Bewegungen nutzen auch die spiralige Organisation des Muskelsystems in den Extremitäten. Spiralbewegungen erleichtern es, Gewicht zu tragen und die Umgebung zu manipulieren. Wenn man sich spiralig bewegt, kann die Körperseite, die gerade kein Gewicht trägt, die Bewegung lenken und die Umgebung verändern. Somit ist es auch möglich, zu jedem Zeitpunkt während des Prozesses zu stoppen und dort zu verharren.“''<ref>ebd., S. 55.</ref>
Bemerkenswert ist, dass in diesem Kapitel als Fachbegriffe Parallel- und Spiralbewegungen sowie parallele und spiralige Bewegungsmuster ohne ersichtlichen Unterschied der Bedeutung verwendet werden. Zu Beginn des Kapitels werden sie folgendermaßen hergeleitet:
:''„Die Kombination von Haltungs- und Transportbewegungen, aus denen die menschlichen Funktionen bestehen, führt entweder zu parallelen oder zu spiraligen Bewegungsmustern.“''<ref>ebd., S. 53.</ref>
Im unmittelbaren Anschluss wird dies mit den Parallelbewegungen illustriert:
:''„Parallelbewegungen organisieren eine Gewichtsverlagerung vorwiegend nach vorn und nach hinten oder nach oben und nach unten. Haltungsbewegungen in eine Richtung dominieren bei parallelen Bewegungsmustern. Dazu wird aber eine große Anstrengung benötigt.“''<ref>ebd., S. 53 f.</ref>
Im weiteren Verlauf des Textes werden parallele Bewegungsmuster als nicht sehr effiziente Möglichkeit bezeichnet, um alltägliche Aktivitäten auszuführen.
 
Die Relevanz der Kontaktpunkte in der Interaktion mit Patienten hinsichtlich der Bewegungsmuster wird im Kapitel „Positionen und professionelle Pflege“<ref>ebd., S. 104.</ref> beschrieben:
:''„Wenn Sie Positionen, Kontakte und Bewegung nutzen möchten, um einer anderen Person zu helfen, bedenken Sie, dass
:''• Sie nur solche Positionen bei der Interaktion mit dem Patienten einnehmen, in denen Sie Ihre Bewegungen so einsetzen können, dass Sie ihm eine bessere Bewegungskontrolle gewähren.
:''• Parallele Kontakte mit der Hand und symmetrische Fußpositionen parallele Bewegungsmuster unterstützen; man kann sich durch Beugen und Strecken in der Umgebung und wie ein Zylinder drehen, außerdem vorwärts und rückwärts sowie auf und nieder bewegen.
:''• Asymmetrische Handkontakte, Fußbewegungen und Positionen spiralige Bewegungsmuster unterstützen; man kann sich so mit vollständiger Bewegungskontrolle in alle Richtungen bewegen.“''<ref>ebd., S. 105.</ref>
Im Kapitel „4.3.5 Überlegungen für die Pflege“<ref>ebd., S. 113.</ref> werden weitere praxisorientierte Anwendungsaspekte der Bewegungsmuster unterstrichen und die Bedeutung der feinen Unterschiede in den Bewegungsabläufen betont. Als Beispiel soll die folgende Stelle zitiert werden. Sie trägt die Überschrift „Veränderungen des Bewegungsradius“:
:''„'''Spiralbewegungen''' wie Drehen sind die einfachsten Bewegungsmuster für den menschlichen Körper, um sich von einer Position in eine andere zu begeben. Erinnern Sie sich daran, dass Beugung und Streckung das Körpergewicht nach unten oder nach oben transferieren (Parallelbewegungen). Die Drehung bewegt es seitlich um die Körperachse herum. Sie müssen ein Spannungsmuster schaffen, welches spiralige Bewegungen im Körper fördert, gleichzeitig aber auch das Gewicht auf mehrere unterstützenden Massen verteilt. Sie müssen jedoch nicht immer eine vollständige Spirale ausführen, um bestimmte Bewegungsressourcen nutzen zu können. Die Qualität und die Richtung einer Bewegung sind weitaus wichtiger als ihr Radius.“''<ref>ebd., S. 114.</ref>
 
=== Kommentare, Auswertung und offene Fragen ===
==== Zur Definition des Begriffs Achse ====
Nicht selten wird außer Acht gelassen oder nicht zutreffend definiert, was der Begriff Achse (bzw. Dreh- oder Rotationsachse) gängig bezeichnet.
 
Man kann sich die gängige Definition leicht mit der Radachse eines Wagens veranschaulichen. Die Radachse verläuft waagrecht, und die Räder drehen sich auf einer Ebene, die senkrecht zur Achse steht, um sie herum.
 
In Bezug auf einen dreidimensionalen Körper wie z. B. ein Segelschiff kann zwischen den Koordinatenachsen (x, y, und z) unterschieden werden, und zwar zwischen der Längs- oder Rollachse (x), der Quer- oder Nickachse (y) und Vertikal- oder Gierachse (z) unterschieden werden. Diese Definitionen sind in der Physik und Technik, aber auch in der Medizin oder Physiotherapie relevant.<ref>vgl. dazu [https://de.wikipedia.org/wiki/Rotationsachse Wikipedia: Rotationsachse (Zugriff 14.03.2024)] und [https://flexikon.doccheck.com/de/K%C3%B6rperachse DocCheck Flexikon: Körperachse (Zugriff 14.03.2024)]</ref>
 
Sie liegt ebenso der entsprechenden Beschreibung des parallelen Bewegungsmusters in der Kinästhetik zugrunde. Wenn wir mit dem Kopf nicken, bewegt er sich kreisförmig um eine Achse, die waagrecht im oberen Halsbereich anzusetzen ist. Wie ein Rad bewegt er sich kreisförmig auf einer Ebene, die senkrecht zu dieser Achse steht.
 
Wenn man das Aufstehen von einem Stuhl in einem parallelen Bewegungsmuster betrachtet, sind somit verschiedene parallele waagrechte Achsen im Spiel, um die sich unsere Körperteile durch Beugen und Strecken kreisförmig vor- und zurückbewegen.
 
(Stefan Marty-Teuber, 2024-03-14)
== Geschichte des Fachbegriffs ==
=== Die Kinästhetik-Bulletins als früheste Quelle des Fachbegriffs ===
Die Geschichte des Fachbegriffs ist weitverzweigt. Die früheste Quelle sind die Bulletins „Kinästhetik“<ref>'''Verein für Kinästhetik (Hg.) (2011): ''' Kinästhetik Bulletin Nr. 1–24, 1980–1996. Nachdruck. Siebnen: verlag lebensqualität.</ref>. Im Infoblatt 4 „Kinaesthetics/Kinästhetik: Die Geschichte“ der European Kinaesthetics Association werden diese Bulletins folgendermaßen erwähnt:
: ''„Im Jahr 1980 wurde in Zürich der ‚Verein für Kinästhetik‘ gegründet mit der Absicht, alle interessierten Personen zu verbinden und eine Vereinszeitschrift zu publizieren. Diese erschien unter der Bezeichnung ‚Kinästhetik Bulletin‘ bis zum Jahr 1996 ein- bis zweimal jährlich. Im Vereinsvorstand befanden sich Personen verschiedener Berufsgruppen sowie Hatch, Maietta und Graham.“<ref>'''European Kinaesthetics Association (Hg.) (2024):''' Kinaesthetics/Kinästhetik: Die Geschichte. Infoblatt 4. Linz, Siebnen: Verlag European Kinaesthetics Association. Ohne ISBN. S. 1.</ref>
=== Das Thema „spiralig – parallel“ in den ersten Kinästhetik-Bulletins ===
==== Spiralförmige Körperstruktur und spiralige Bewegungsabläufe (2. Bulletin, 1982) ====
Bereits im 2. Bulletin von 1982 findet sich einerseits eine Kinästhetiklektion bzw. eine Bewegungsanleitung von Frank Hatch mit der Überschrift „Die spiralförmige Struktur des Körpers im verstreben (stossen), hängen (ziehen), sitzen (heben)“<ref>'''Verein für Kinästhetik (Hg.) (1982):''' Kinästhetik. 2. Bulletin. Januar 1982. Zürich: Verein für Kinästhetik. Ohne ISBN. S. 14.</ref>.
 
Andererseits schreibt Susanne Teichmann in einem Erfahrungsbericht über Gentle Dance:
:''„So mögen sich spiralige Bewegungsabläufe entwickeln, die dich mit vielleicht ungeahnter Leichtigkeit zu Boden und wieder nach oben führen.“''<ref>ebd., S. 5.</ref>
Diese zwei frühen Erwähnungen zeigen die Hauptlinien des heutigen Konzeptverständnisses in Bezug auf das Thema „spiralig/spiralförmig“: Einerseits Spiralmuster in der funktionalen Anatomie<ref>'''European Kinaesthetics Association (Hg.) (2023):''' Kinaesthetics. Konzeptsystem. Linz, Winterthur: Verlag European Kinaesthetics Association. ISBN 978-3-903180-00-0. S. 30: „Der spiralförmige Verlauf von Vorder- und Rückseiten …“</ref> und andererseits Spiralbewegungen in Bewegungsabläufen, vor allem in Positionswechseln<ref>ebd., S. 36 ff.: „3.2. Parallele und spiralige Bewegungsmuster“ oder auch S. 52: „Fortbewegung in vertikaler Richtung – Positionswechsel“.</ref>.
==== Sieben Grundhaltungen (-positionen) aufgrund Spiralbewegungen (11. Bulletin, 1986) ====
Im 11. Bulletin aus dem Jahr 1986 beschreibt Frank Hatch ausführlich die menschlichen Grundhaltungen (frühere Bezeichnung des aktuellen Fachbegriffs Grundpositionen) und den Bewegungsablauf von der ersten zur siebten Grundhaltung, indem man Spiralbewegungen mit regelmäßigem Richtungswechsel benutzt.“<ref>'''Verein für Kinästhetik (Hg.) (1986):''' Kinästhetik. 11. Bulletin. Dezember 1986. Zürich: Verein für Kinästhetik. Ohne ISBN. S. 13 f.</ref>
==== Diagonalen – Spiralbewegungen – Kraftaufwand und spiralförmige Bewegungen in der embryonalen und frühkindlichen Entwicklung (15. Bulletin, 1988) ====
Ein erwähnenswerter Ursprung des spiraligen Bewegungsmusters sind die Begriffe der Diagonale und Diagonalbewegung. Rosemarie Suter erklärt im 15. Bulletin (1988) den Zusammenhang der diagonalen Verbindungen zwischen den [[Massen und Zwischenräume|Massen]], der Spiralbewegungen und des nötigen Kraftaufwandes des Bewegungsablaufes folgendermaßen:
:''„Durch die überkreuzte Haltung wird der Rumpf stabilisiert und lässt sich nur noch als ein Stück bewegen, das in sich keine Beweglichkeit mehr hat. Halte ich hingegen das Knie auf gleicher Seite, so entsteht eine asymmetrische Verbindung zwischen Brustkorb und Beckengürtel, welche ein Verlagern bzw. Verkürzen der diagonalen Verbindung zwischen Brustkorb und Becken zulässt. Dies erlaubt eine Drehbewegung zwischen den Massen. So können sie einander in fortlaufender Art und Weise folgen, und es entsteht eine natürliche, leichte Bewegung. Diese Erfahrung hat mir auch sehr deutlich zu spüren gegeben, dass ohne Drehung keine Fortbewegung möglich ist oder nur unter erschwerten Bedingungen.
:''Um Bewegung zu beobachten und zu analysieren, sind wir auf Kriterien angewiesen, die uns helfen, das Beobachtete einzuordnen. Diagonale Verbindungslinien sind in diesem Sinne ein geeignetes Hilfsmittel, um die Spiralbewegung durch den Körper zu verfolgen. Sie verlaufen immer zwischen zwei Massen und zwar schräg zur Körperlängsachse. Als Linien sind sie immer etwas Zweidimensionales. Die dazugehörige Bewegung jedoch ist spiralförmig und somit dreidimensional.“''<ref>'''Verein für Kinästhetik (Hg.) (1988):''' Kinästhetik. 15. Bulletin. Oktober 1988. Zürich: Verein für Kinästhetik. Ohne ISBN. S. 21.</ref>
 
Ebenso wird in dieser Ausgabe des Bulletins auf die Bedeutung von elementaren Bewegungsmustern bzw. der spiralförmigen Bewegungen aus der Sicht der embryonalen und frühkindlichen Entwicklung im Rahmen des „Touch in Parenting Programms“ von Lenny Maietta und Frank Hatch hingewiesen. Der zweite Kurs heißt „Die Bewegungen der Entwicklung]]“. Hier findet sich eine wichtiger Schritt, der in späteren Artikeln des Bulletins und in weiteren Publikationen im Rahmen des heutigen Themas „[[Bewegungsentwicklung]] – [[Entwicklungsbewegung]]“ aufgenommen wird.<ref>ebd., S. 41.</ref>
=== Das Thema „spiralig – parallel“ im 16. Kinästhetik-Bulletin von 1990 ===
Im 16. Bulletin von 1990, das eine Sonderausgabe der Kinästhetik-Bulletins war, findet sich die erste zusammenhängende Darstellung des heutigen Konzeptsystems. Begrifflich ist hier insbesondere von parallelen Bewegungsmustern noch nicht die Rede. Allerdings werden Spiralmuster im Rahmen des Themas „4.2. [[Orientierung]] im Körper“ bei der Unterscheidung von vorne und hinten erwähnt:
:''„Die Unterscheidung vorne - hinten ist bestimmt durch die Muskelfunktion.
:''Die vorne liegende Muskulatur umfasst alle Beugemuskeln. Sie übernehmen die Aufgabe der Anpassung an die Umwelt. Zudem ist die Vorderseite weicher, offener, verletzlicher, differenzierter. Mit ihr treffen wir die Aussenwelt (z.B. mit Handflächen oder Fusssohlen).
:''Zur hinten liegenden Muskulatur gehören alle Streckmuskeln. Sie sind verantwortlich für Stabilität und Gleichgewicht. Die Hinterseite ist runder, abgeschlossener, härter, geschützter und trägt das Gewicht.
:''Im Kopf und Rumpf ist dieses Muster leicht zu erkennen. In den Extremitäten allerdings verläuft diese Trennung zwischen vorne und hinten in einem Spiralmuster. Dies ist prägend für die Art und Weise wie wir unsere Arme und Beine benutzen können.''<ref>'''Verein für Kinästhetik (Hg.) (1990):''' Kinästhetik. 16. Bulletin. Januar 1990. Sonderausgabe. Dritte Auflage. Zürich: Verein für Kinästhetik. Ohne ISBN. S. 16.</ref>
Dieses Zitat ist auch deshalb besonders erwähnenswert, weil es auf den prägenden Zusammenhang zwischen der funktionalen Anatomie und den möglichen Bewegungsmustern hinweist. Somit ist es ein klares und frühes Beispiel für die Beziehungen zwischen den Inhalten der entsprechenden Konzepte des heutigen Buchs „Kinaesthetics – Konzeptsystems“.
 
Unter dem Kapitel „4.4. Anatomischen Grundlagen“ werden im dritten Unterkapitel Transport- und Haltungsbewegungen gemeinsam mit dem regelmäßigen Wechsel der Haltungs- und Transportbewegungsebenen im Körper erklärt.<ref>ebd., S. 20 ff.</ref> Der Begriff Bewegungsmuster erscheint unter dem Kapitel „4.5. Funktion“ im dritten Unterkapitel „Fortbewegung“. Er wird direkt mit der Transport- und Haltungsbewegung bzw. den Haltungs- und Transportbewegungsebenen verbunden, die im vorausgehenden Kapitel beschrieben wurden:
:''„8. Haltungs- und Transportbewegung sind wesentliche Elemente der Fortbewegung. Bewegungsmuster, bei denen fortlaufend die Haltungsbewegungsebenen angesprochen werden, sind in erster Linie Fortbewegungsmuster für die Vorwärts-/Rückwärtsbewegung.
:''Bewegungsmuster, welche fortlaufend die Transportbewegungsebenen ansprechen, erlauben, dass wir uns spiralförmig bewegen können. Spiralbewegungen entsprechen unserer Körperstruktur.“''<ref>ebd., S. 26.</ref>
Bemerkenswert ist, dass in dieser Ausgabe des Bulletins parallele und spiralige Bewegungsmuster in ihren Grundzügen aufgezeigt, aber begrifflich noch nicht so bezeichnet werden.
=== Das Thema „spiralig – parallel“ in weiteren Publikationen der frühen 1990er-Jahre ===
==== Spiralbewegungen des Fetus und die Spirale als Urmuster des Lebendigen (17. Bulletin, 1990) ====
Im 17. Bulletin (1990) schreibt Lenny Maietta in ihrem Artikel „Kinästhetik in der Eltern-Kind-Beziehung“ im ersten Kapitel „Fetale Bewegung und die Bewegung des Neugeborenen“ mit Verweis auf das Buch „The Beginnings of Human Life“ von Blechschmidt, dass der Fetus im Mutterleib durch spiralige Bewegungen seine Position wechselt.<ref>'''Verein für Kinästhetik (Hg.) (1988):''' Kinästhetik. 17. Bulletin. September 1990. Zürich: Verein für Kinästhetik. Ohne ISBN. S. 6.</ref>
 
Im gleichen Bulletin nimmt Irina Weber dies in ihrem Erfahrungsbericht über einen Kurs auf, den sie mit ihrem Kind besucht hat. Für sie heißt das Schlüsselwort bei Kindern mit Koliken Spiralbewegungen. Dazu führt sie aus:
:''„Die Spirale scheint ein Urmuster des Lebendigen zu sein; die Struktur der Lendenwirbelsäule erlaubt spiralige Bewegungen. Die DNS ist z.B. nach diesem Muster aufgebaut, der Fetus macht in der Gebärmutter fast pausenlos Spiralbewegungen. Nach der Geburt ist es nicht mehr imstande, solche Bewegungen selbst auszuführen, da der Rückhalt der Gebärmutter fehlt.”''<ref>ebd., S. 10 (12).</ref>
==== Zwei- und dreidimensionale Bewegungen, ihre Achsen, Beugen – Strecken – Drehen (Grundkurs-Arbeitsbuch, 1991)====
Im Arbeitsbuch „Grundkurs: Kinästhetik in der Krankenpflege“ von 1991 (verfasst von Lenny Maietta und Frank Hatch, übersetzt von Ina Citron) wird das Thema der heutigen Bewegungsmuster im zweiten Teil unter dem Kapitel „Menschliche Bewegung“ aufgeführt. Es wird unterschieden zwischen zweidimensionaler und dreidimensionaler Bewegung, basierend auf der Zahl der [[#Zur Definition des Begriffs Achse|Achsen]], um die herum die Rotation der Bewegung geschieht:
:''„''' Zweidimensionale Bewegung'''<br>entsteht durch Vorwärtsbeugen oder Rückwärtsstrecken und ist Rotation um eine Achse.
:'''''Dreidimensionale Bewegung'''<br>entsteht durch Drehen-Beugen oder Drehen-Strecken und ist kombinierte Rotation um zwei Achsen.“''<ref>'''Maietta, Lenny; Hatch, Frank (1991):''' Kinästhetik in der Krankenpflege. Arbeitsbuch. Grundkurs. Übersetzt von Ina Citron. Santa Fé: Maietta-Hatch-Inc. Ohne ISBN. S. II.3. </ref>
In der dritten Auflage dieses Arbeitsbuches wird die offensichtliche Fehlbeschreibung „um zwei Achsen“ durch „auf verschiedenen Achsen“ korrigiert.
 
Bemerkenswert ist, dass sich nachfolgend als Bewegungsanleitung unter der Überschrift „Aktivitäten“ die Aufforderung findet, ''„mit Hilfe des spiraligen Bewegungsmusters“''<ref>ebd., S. II.11</ref> aufzustehen, und unter der Überschrift „Rückblick“ zweimal der Begriff Spiralbewegung<ref>ebd., S. II.13 und II.14</ref> verwendet wird. Desgleichen wird im Artikel „Frösche oder Patienten bewegen?“, der diesen Teil abschließt, von der Problematik gesprochen, den Körper parallel zu benutzen<ref>ebd., S. II.18</ref>.
==== Zweidimensionallineare und dreidimensionalspiralige Muster aus der Integration von Haltungs- und Transportbewegung (20. Bulletin, 1993) ====
Mit der Zeit und wahrscheinlich nach vielen Beschreibungen entsprechender Bewegungserfahrungen zeichnete sich die fachsprachliche Beschreibung der Bewegungsmuster immer klarer ab. Im 20. Kinästhetik-Bulletin (1993) wird der Unterschied zwischen grundsätzlichen Bewegungsarten bzw. Mustern und Haltungs- und Transportbewegungen von Lenny Maietta in ihrem Artikel „Bewegung und Funktion“ (übersetzt von Ina Citron) erklärt und betont:
:''„Im menschlichen Körper ist Bewegung erfahrbar, die in eine Richtung geht (die auf einer [[#Zur Definition des Begriffs Achse|Achse]] geschieht), und Bewegung, die in mehr als eine Richtung geht (auf vielen Achsen geschieht). In einer sehr allgemeinen Betrachtung assoziiert man '''einachsige Bewegung''' mit '''[[Massen und Zwischenräume|Massen]]'''. '''Vielachsige Bewegung''' wird durch die '''[[Massen und Zwischenräume|Zwischenräume]]''' zwischen den Massen ermöglicht. Die Körperebenen, auf denen diese beiden Bewegungsarten möglich sind, erscheinen als wechselndes Muster im gesamten Skelett.
: ''[…]
: ''[…]
: ''Auch Bewegung am Ort besteht aus der Integration von '''Haltungsbewegung''' (Bewegung in eine Richtung) und '''Transportbewegung''' (Bewegung in viele Richtungen), wie es der Fall bei jeder menschlichen Funktion ist. Bei der Durchführung von Bewegung am Ort bewegt sich eine Person entweder in '''zweidimensionallinearen Mustern''' oder in '''dreidimensionalspiraligen Mustern'''. Für den Menschen ist es schwieriger, sich in gradlinigen Wegen zu bewegen, als in spiraligen Mustern. Der Grund dafür liegt in der natürlichen Neigung der Körperteile, sich zu drehen, sobald beide Bewegungsformen (Haltungs- und Transportbewegung) kombiniert werden. Bewegt sich [der] Mensch auf linearen Wegen, muß er seine Körperteile gegen ihre natürliche Tendenz stabilisieren.  
: ''Lenny Maietta kommt von der '''humanistischen Psychologie''' her und hat sich als körperorientierte Psychotherapeutin ausbilden lassen. Sie arbeitete mit Einzelpersonen und Familien mit körperlich behinderten, autistischen, psychotischen oder sonst behinderten Kindern und Jugendlichen. Sie spezialisierte sich darauf, anhand von Berührungs- und Bewegungsmethoden die Beziehungen innerhalb der Familien zu unterstützen und die physischen Fähigkeiten der Kinder sowie ihre Lernkapazität und ihr soziales Verhalten zu fördern.
: ''[…]
: ''[…]
: ''Auch Fortbewegung entsteht, wie jede andere menschliche Funktion, aus der Integration von Haltungs- und Transportbewegung. Auch Fortbewegung kann entweder in zweidimensionallinearen Wegen oder in dreidimensionalspiraligen Mustern ausgeführt werden.''<ref>'''Verein für Kinästhetik (Hg.) (1993):''' Kinästhetik. 20. Bulletin. Januar 1993. Zürich: Verein für Kinästhetik. Ohne ISBN. S. 11 ff.</ref>
: ''Frank und Lenny lernten sich 1975 bei der Arbeit in einer Klinik für Drogenentzug im Allgäu, BRD, kennen. Sie hatten damals schon beide ihre eigene Arbeit mit der menschlichen Bewegung entwickelt, bei der Berührung das wichtigste Kommunikationsmittel ist, und wandten sie bei sehr verschiedenen Klienten an. Sie entdeckten, dass ihre Ausbildung und ihr beruflicher Werdegang als Lehrer und Therapeuten ähnlichen Ursprungs waren und sich ergänzten. Ihre Bewegungslehrer kamen aus der Richtung des Modern Dance von Amerika und Europa aus der Zeit vor dem 2. Weltkrieg. In jenem neuen Umgang mit der menschlichen Bewegung liegen die Wurzeln der erfahrungsbezogenen Ausrichtung in der modernen Erziehung und Psychologie. Die Ideen der '''humanistischen Psychologie''' mit der Betonung der Ganzheit des Menschen waren die Grundlage von Franks und Lennys beruflicher Tätigkeit. Dabei setzten sie Berührung und Bewegung als wichtigste Mittel ein, um eine Verbesserung der Handlungsweisen, des Lernens und der Kommunikation von Menschen zu erreichen.''<ref>ebd., S. 5 f.</ref>
Das Zitat geht von der Haltungs- (in eine Richtung) und Transportbewegung (in viele Richtungen) aus. Diese beiden Bewegungsarten werden durch die Haltungs- und Transportbewegungsebenen möglich, die in einem abwechselnden Muster im ganzen Körper auftreten. Aus der funktionalen Integration der beiden Bewegungsarten entstehen Muster, die hier als „zweidimensionallinear“ oder einfach „linear“, „gradlinig“ oder als „dreidimensionalspiralig“ oder einfach „spiralig“ bezeichnet werden. Erstere sind „schwieriger“, weil sie Stabilisierung erfordern, zweitere „natürlicher“, was wahrscheinlich Bezug auf die embryonale Bewegung (oder die spiralige Anordnung von Vorder- und Rückseiten) nimmt.


Aus diesem Zitat ist die Suche nach passenden Begrifflichkeiten, um die Bewegungserfahrungen von parallelen oder spiraligen Bewegungsmustern im Zusammenhang mit anderen Themen zu beschreiben, gut erkennbar. Kinästhetik ist und war immer auch fachsprachliche Entwicklung; zu den heutzutage benutzten Fachbegriffen führte ein langer Forschungsprozess, der immer noch stattfindet.
=== Humanistische Psychologie in „Kinästhetik – Interaktion durch Berührung und Bewegung in der Pflege“ ===
Die erste Auflage dieses Buches von Frank Hatch, Lenny Maietta und Suzanne Schmidt stammt aus dem Jahr 1992 und stellt das erste öffentliche Fachbuch zur Kinästhetik dar. In diesem ca. 190-seitigen Werk mit einem Vorwort von SR. Liliane Juchli beschränken sich die AutorInnen auf den Anwendungsbereich der Pflege. Das erste Kapitel „Kinästhetik in der Krankenpflege“ der vierten Auflage<ref>'''Hatch, Frank; Maietta, Lenny; Schmidt, Suzanne (1996):''' Kinästhetik. Interaktion durch Berührung und Bewegung in der Pflege. Übersetzung: Ina Citron. 4. Auflage. Eschborn: Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe. ISBN 3-927944-02-5. S. 15 ff.</ref> thematisiert die Krankenpflege als helfenden Beruf und körperlich belastende Tätigkeit, die nötigen präventions- und ressourcenorientierten Fähigkeiten und dann die Fragen, was Kinästhetik ist und unter welchen Einflüssen sie entwickelt wurde. In diesem Zusammenhang findet sich nach dem Unterkapitel „Verhaltenskybernetik“ das nachfolgend zitierte Unterkapitel „Humanistische Psychologie“<ref>ebd., S. 20.</ref>. Als dritter Einfluss wird danach der moderne Tanz genannt.
: '' <big>„• '''Humanistische Psychologie'''</big>
: ''Die humanistische Psychologie hat die Kinästhetik ebenfalls stark beeinflußt. Die Betrachtung des Menschen in seiner Ganzheit [im Original kursiv] und die Beachtung seiner Fähigkeit zur Selbstbestimmung [im Original kursiv] sind die Ausgangspunkte jeder Handlung. Für die pflegerische Praxis bedeutet dies, daß jede beteiligte Person, die Pflegende ebenso wie die Patientin, die Beachtung dieser Selbstkontrolle erfährt. Das schließt aus, daß andere Menschen nur als Objekte, ohne Einbeziehung ihrer Fähigkeiten und ohne wechselseitige Zustimmung, manipuliert oder behandelt werden.“<ref>ebd.</ref>


Im folgenden Zitat aus dem gleichen Bulletin wird dieser Klärungsprozess explizit dargestellt. Hier definiert Lenny Maietta den Unterschied zwischen Bewegungsabläufen und Haltungs- und Transportbewegungen in ihrem Artikel „Bewegung und Fortbewegung – Zwei unverwechselbare Erscheinungen“. Wieder zeigt sich die Art und Weise, wie das aktuelle Konzeptverständnis der Kinästhetik entwickelt wurde. Zu der Erfahrung passende Fachbegriffe zu suchen, war und ist eine fortlaufende Forschungsarbeit.
== LQ 04/2010: „Kinaesthetics und Humanistische Psychologie: Der Mensch will sich selbst verwirklichen“ ==
{{Infobox|mit Fachliteratur angelegt|Axel Enke/Stefan Marty-Teuber}}
''''' Zusammenfassung: ''''' <br>
Das folgende Zitat ist ein Artikel aus der Rubrik „forschung“ der Zeitschrift „lebensqualität“ 04/2010. Axel Enke stellt in diesem Artikel die Humanistische Psychologie und inhaltliche Zusammenhänge mit der Kinästhetik dar.
[[Datei:Lq-2010-4-Abraham-Maslow.png|450px|thumb|zentriert|Abbildung aus dem Artikel der Zeitschrift „lebensqualität“ 04/2010]]
: '' <span style="color:gray;"><big> „Kinaesthetics und Humanistische Psychologie''</big></span>
: '' <big><big><big>Der Mensch will sich selbst verwirklichen</big></big></big> ''


Neben diesem Aspekt erfolgt hier eine andere bemerkenswerte Erklärung: Sie betrifft den Zusammenhang zwischen dem benötigten Kraftaufwand der Bewegungsmuster und dem abwechselnden Muster der Haltungs- und Transportbewegungsebenen im Körper.
: ''''' Immer wieder hört und liest man, dass die Humanistische Psychologie eine Grundlage von Kinaesthetics ist. Was das genau heißt und welche Annahmen sich hinter diesem Begriff verstecken, erklärt <span style="color:gray;">Axel Enke</span>.
: ''„Unter den Personen, die an Kinästhetikkursen und Ausbildungsprogrammen teilnehmen oder teilgenommen haben, gibt es immer wieder eine auffällige Verwechslung: Sie beschreiben die verschiedenen Bewegungsabläufe der Fortbewegung mit den Begriffen ‚Haltungs- und Transportbewegung‘. Haltungs- und Transportbewegung im menschlichen Körper sind die Voraussetzungen der Fortbewegung. Trotzdem können diese Begriffe nicht die verschiedenen Bewegungsabläufe beschreiben.
: ''Fortbewegung geschieht entweder durch einen zweidimensionalen linearen Bewegungsablauf oder durch einen dreidimensionalen spiraligen (kurvenlinearen) Bewegungsablauf.
: ''[…]
: ''Sich mit zweidimensional-linearem Bewegungsablauf fortzubewegen, ist ein schwieriges Kunststück, da die Durchführende alle ‚gerundeten‘ Massen des Körpers in Drehbewegung halten muß. In dem hier aufgezeigten zweidimensionalen linearen Bewegungsablauf wandert die Bewegung um eine horizontale Achse.
: ''[…]
: ''Sich mit dreidimensional-spiraligem Bewegungsablauf fortzubewegen ist für Menschen einfach. Es benötigt nur das Verfolgen der natürlichen Tendenz der Massen des Körpers, die sich schrittweise nacheinander in den Drehablauf einbeziehen. Diese Tendenz entsteht durch das abwechselnde Muster zwischen Haltungs- und Transportbewegungsebenen im Körper. In dem hier aufgezeigten dreidimensionalen spiraligen Bewegungsablauf wandert die Bewegung in einer Spirale und zieht jede [[Massen und Zwischenräume|Masse]] nacheinander in den Bewegungsablauf ein.
: ''Zusammenfassung: Die Absicht dieses Artikels ist die Unterscheidung zwischen Haltungs- und Transportbewegung und den Bewegungsabläufen der Fortbewegung (zweidimensional-linear, dreidimensional-spiralig). Haltung und Transport bezieht sich auf die Bewegungsebenen mit einer Achse bzw. die Bewegungsebenen mit vielen Achsen, die in einem abwechselnden Muster im Körper zu finden sind. Diese Begriffe können Fortbewegung nicht beschreiben. Fortbewegung bezieht immer alle Bewegungsebenen des Körpers ein, geschieht aber entweder auf einem zweidimensionalen linearen oder einem dreidimensionalen spiraligen Weg.“''<ref>ebd., S. 53 f.</ref> 
====Parallele Bewegungsmuster (Beugen oder Strecken) – spiralige (Drehen-Strecken oder Drehen-Beugen) und Bewegungsentwicklung (22. Bulletin, 1994)====
Der Zusammenhang zwischen Bewegungsmustern und [[Bewegungsentwicklung]] wird im Artikel „Entwicklungsförderung durch [[Interaktion]]“ von Ina Citron in der 22. Ausgabe des Bulletins (1994) nochmals deutlicher aufgezeigt. Sie schreibt, dass spiralige Bewegungen den strukturellen Bedingungen des menschlichen Bewegungsapparats folgen und die einfachsten Muster seien. Deshalb sei dieses Muster für die Interaktion mit Babys und Kleinkindern besonders geeignet.
:''„In der Bewegung von Kindern wird man sicherlich erst im Vorschulalter die Fähigkeit beobachten, Bewegungen ohne Drehung, also nur durch Beugen oder Strecken auszuführen.
:''Im Gegensatz dazu kann man in den Bewegungsmustern von Erwachsenen häufig beobachten, daß spiralige Bewegungsmuster in großen Körperbewegungen überhaupt nicht mehr vorkommen, sondern das Positionswechsel (beispielsweise vom Sitzen zum Stehen) ausschließlich durch parallele Bewegungsmuster (durch Beugen oder Strecken) durchgeführt werden.
:''Die Bewegungsinteraktion mit Kindern sollte möglichst immer durch Drehen-Strecken oder Drehen-Beugen ausgeführt werden. Dies unterstützt die natürlichen Bewegungsmuster des Kindes, die es eigenständig entdecken und entwickeln kann […]“''<ref>'''Verein für Kinästhetik (Hg.) (1993):''' Kinästhetik. Bulletin Nr. 22. Juli 1994. Zürich: Verein für Kinästhetik. Ohne ISBN. S. 32.</ref> 
In diesem Artikel listet Ina Citron das ''„Wissen und die Erfahrungsmöglichkeiten“''<ref>ebd., S. 30.</ref> der Kinästhetik in 6 Themengruppen auf. Sie entsprechen den heutigen Konzepten des Konzeptsystems, werden aber zu dieser Zeit noch nicht so bezeichnet. Das dritte Thema dieser Liste heißt „Menschliche Bewegung“. Die oben aufgeführten Zitate stammen aus diesem Textabschnitt. Bemerkenswert ist, dass hier bereits das aktuelle Fachbegriffspaar der parallelen und spiraligen Bewegungsmuster verwendet wird.
==== Parallele und spiralige Bewegungsmuster (Kinästhetik in der Pflege-Grundkurs, Kurzdarstellung, 1994) ====
In dieser internen Kurzdarstellung für GrundkurstrainerInnen<ref>'''Maietta, Lenny (1994):''' Kinästhetik in der Pflege-Grundkurs - Kurzdarstellung. Übersetzt von Ina Citron. USA: Maietta-Hatch, Inc. Ohne ISBN.</ref> unterteilt sich das dritte Thema „Menschliche Bewegung“ in die folgenden Unterthemen:
* A. Parallele und spiralige Bewegungsmuster
* B. Haltungsbewegung und Transportbewegung
* C. Spiralbewegung
Unter der Überschrift „Rückblick“ erfolgt hier insbesondere eine Erklärung, wie der Begriff „parallel“ im Zusammenhang mit den Bewegungsmustern verstanden werden kann.
:''„Bei parallelen Bewegungsmuster wird das Gewicht auf beiden Körperseiten getragen und beide Körperseiten bewegen sich synchron und gleichzeitig. Auch führen beide Körperseiten gleichzeitig die ausgeführte Bewegung. Zwei Aufgaben gleichzeitig auszuführen ist eine schwierige Angelegenheit. […] Werden spiralige Bewegungsmuster ausgeführt, ist das Gewicht fließend. Es bewegt sich von einem Körperteil (Masse) zu einem anderen. Andere Körperteile (Massen), die kein Gewicht tragen, führen die Bewegung. Spiralbewegung vermittelt dem Bewegenden mehr Kontrolle. Sie verursachen im Körper weniger Stress – sie sind für unsere [[Knochen und Muskeln]] einfacher.“''<ref>ebd., S. 7.</ref>


Im dritten Unterthema „Spiralbewegungen“ dieser internen Kurzdarstellung geht es um eine Einführung, wie spiralige Bewegungsmuster durch Drehen und Beugen oder Drehen und Strecken erfahrbar gemacht werden können.
: '' Psychologie als Wissenschaft wurde im 19. Jahrhundert begründet. In der Folge entwickelten sich verschiedene Richtungen. Neben dem Behaviorismus (Studium des menschlichen Verhaltens unter Berücksichtigung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse) und der Tiefenpsychologie (Erforschung des Unbewussten) ist die Humanistische Psychologie eine dritte Strömung. Nach den Erfahrungen und Eindrücken des Zweiten Weltkrieges und des Kalten Krieges setzte auch unter PsychologInnen eine Suche nach humanistischen Konzepten ein. Dies führte 1962 zur Gründung der American Association for Humanistic Psychology (AHP), deren bekanntester Vertreter Abraham Maslow (1908–1970) war. Seine weltanschaulichen Wurzeln lagen im Humanismus (siehe Kasten, Seite 39).
==== Bewegungsmuster aus der Kombination von Haltungs- und Transportbewegung, Anstrengung, Beugen und Drehen oder Strecken und Drehen (Grundkurs-Arbeitsbücher, 1996) ====
In den Arbeitsbüchern von 1996 wird im zweiten Teil das dritte Thema „Menschliche Bewegung“ in neuer Form dargestellt. Vor dem Stichwort „Parallele und spiralige Bewegungsmuster“<ref>'''Maietta, Lenny; Hatch, Frank; Bauder, Heidi (1996):''' Kinästhetik in der Pflege. Grundkurs-Arbeitsbuch. Zeichnungen: Ansgar Schürenberg. Aarau: Institut für Kinästhetik IfK AG. S. 23 ff.<br>'''Maietta, Lenny; Hatch, Frank; Bauder, Heidi (1996):'''Kinästhetik Infant Handling. Grundkurs Arbeitsbuch. Aarau: Institut für Kinästhetik IfK AG. S. 29 ff.</ref> wird das Thema „Haltung- und Transportbewegungen“ eingeführt. Es wird als Basis der Erklärung der Bewegungsmuster verwendet. Nennenswert ist in den folgenden Ausführungen, dass auch die [[Bewegungselemente]] Zeit, Raum und Anstrengung als ausschlaggebende Faktoren der Bewegungsmuster erwähnt werden.
[[Datei:1996-GK-ARH-Haltung-Transportbew.png|thumb|150px|rechts|Die Abbildung<ref>'''Maietta, Lenny; Hatch, Frank; Bauder, Heidi (1996):''' Kinästhetik in der Pflege. Grundkurs-Arbeitsbuch. Zeichnungen: Ansgar Schürenberg. Aarau: Institut für Kinästhetik IfK AG. S. 24.</ref> veranschaulicht die Haltungs- bzw. Transportbewegung in bzw. zwischen den Massen.]]
:''„Mit der '''Haltungsbewegung''' überträgst Du die Bewegung von einer [[Massen und Zwischenräume|Masse]] zur andern.
:''Mit der '''Transportbewegung''' erhältst Du den notwendigen Spielraum zwischen Deinen Massen.
:''Parallele und spiralige Bewegungsmuster sind eine Kombination von Haltungs- und Transportbewegung. Bewegungsmuster entstehen durch die unterschiedliche Gestaltung von Zeit, Raum und Anstrengung in Haltungs- und Transportbewegung. Parallele Bewegungsmuster benötigen meist etwas mehr Anstrengung als die spiraligen und erfordern von den Pflegenden differenziertere Bewegungs- und Handlingfähigkeiten.
:''Das einfachste Muster zwischen Haltungsbewegung und Transportbewegung kannst Du bei der Betrachtung der menschlichen Anatomie als [[Massen und Zwischenräume]] entdecken.
:'''''Spiralige Bewegungen''' entstehen durch Kombination von Haltungsbewegung mit Transportbewegung in horizontaler und vertikaler Richtung, wie Beugen und Drehen oder Strecken und Drehen.“''<ref>ebd., S. 24 f.</ref>
<br clear=all>
In diesen früheren Arbeitsbüchern findet man unter dem zweiten Thema „Funktionale Anatomie“ je eine interessante Darstellung unter dem Stichwort „Massen stapeln“. Sie kann als Illustration des parallelen Bewegungsmusters betrachtet werden. Im Grundkurs-Arbeitsbuch „Kinästhetik Infant Handling“ wird sie folgendermaßen erläutert:
[[Datei:1996-GK-IH-ARH-parallel-Aufstehen.png|thumb|400px|links|Die Abbildung aus dem Infant-Handling Arbeitsbuch von 1996 (S. 24) kann als Veranschaulichung eines mehrheitlich parallelen Bewegungsmusters beim Weg von der Rückenlage in den Zweibeinstand betrachtet werden.]]


==='' <span style="color:gray;">Abraham Maslow</span>''===


:''„Es gibt viele Möglichkeiten aufzustehen. Eine Art und Weise, die hilft, den Gewichtstransfer im Körper zu verstehen, zeigt die Skizze. Haben Erwachsene, Kinder oder Kleinstkinder die Absicht aufzustehen, müssen sie ihr Gewicht immer tiefer im Körper bis auf die Füsse bringen.''<ref>ebd., S. 24.</ref>
: ''<big>Die Maslow-Pyramide. </big> Als Ältestes von sieben Kindern russisch-jüdischer Immigranten hatte Abraham Maslow eine isolierte und unglückliche Kindheit. Sehr früh begann er, viel Zeit mit Literatur zu verbringen, und promovierte 1934 in Psychologie. Bekannt wurde er vor allem durch die Entwicklung seiner Bedürfnispyramide.  
<br clear=all>
: ''Maslow entwickelte ein Menschenbild, welches von einer eher positiven inneren ‚Natur‘des Menschen ausgeht. Diese innere Natur, die er biologisch begründet mit der Geburt als Grundausstattung erhält, gilt es zu fördern und nicht zu unterdrücken. In Gesellschaften wird diese ‚innere Natur‘ hingegen häufig unterdrückt und an der kreativen Entfaltung gehindert, was dann zu Störungen und Erkrankungen führen kann. Die Entfaltung des Menschen orientiert sich an unterschiedlichen Bedürfnissen, die aufeinander aufbauen. Maslow differenziert diese Bedürfnisse auch in Bezug auf ihre Auswirkungen. So hat zum Beispiel die Nichtbefriedigung tiefer liegender Bedürfnisse (wie Essen, Schlafen, Sicherheit) häufig negative Auswirkungen, wohingegen die Beschäftigung mit den höheren (Selbstverwirklichung) eher Glück, Zufriedenheit und Erfüllung bringen. Die tieferen hingegen entwickeln verständlicherweise eine starke Kraft.
=== „Bewegungsmuster“ im Buch „Kinästhetik – Interaktion durch Berührung und Bewegung in der Krankenpflege/Pflege“ von Hatch, Maietta und Schmidt ===
==== Bedeutung der Publikation ====
Dieses Buch ist die erste zusammenhängende öffentliche Darstellung der Kinästhetik und deshalb ein Meilenstein der Entwicklung des Fachgebiets. Wie im Titel ausgedrückt, legt es den Fokus auf das Anwendungsfeld der Pflege und die Interaktionen durch Berührung und Bewegung, die in jeder Unterstützungssituation als Kernaufgabe stattfinden. Es enthält Geleitworte der deutschen Pflegewissenschaftlerin Christel Bienstein und der Pflegepionierin Sr. Liliane Juchli. Die erste bis dritte Auflage erschien in den Jahren 1992, 1993 und 1994; im Jahr 1996 wurde eine vierte, überarbeitete Auflage publiziert. In dieser wurde im Titel „Krankenpflege“ durch „Pflege“ ersetzt.


Das Buch enthält die folgenden sieben bzw. acht Hauptkapitel:
: ''<big>Keine einfachen Theorien. </big> Da die Lebensumstände eines Menschen sehr vielseitig sind, wendet Maslow sich gegen zu vereinfachende Theorien. Er sprach sich daher für vielschichtigere Modelle aus:  
* Kinästhetik in der Krankenpflege
: '' ‚Selbstverwirklichende Menschen, Menschen also, die einen hohen Grad der Reife, Gesundheit und Selbsterfüllung erreicht haben, können uns so viel lehren, dass sie manchmal fast wie eine andere Rasse menschlicher Wesen erscheinen. Doch weil sie so neu ist, ist die Erforschung der höchsten Bereiche der menschlichen Natur und ihrer äußersten Möglichkeiten und Hoffnungen eine schwierige und gewundene Aufgabe. Sie hat für mich eine ständige Zerstörung liebgewordener Axiome mit sich gebracht, die unentwegte Auseinandersetzung mit scheinbaren Paradoxa, Widersprüchen und Zweideutigkeiten, manchmal auch den Zusammenbruch lang etablierter, fest geglaubter und scheinbar unangreifbarer Gesetze der Psychologie. Oft stellte sich heraus, daß es keine Gesetze waren, sondern nur Regeln für das Leben in einem Zustand milder und chronischer Psychopathologie und Ängstlichkeit, im Zustand der Behinderung und Verkrüppelung und Unreife, den wir nicht bemerken, weil die meisten anderen dieselbe Krankheit haben wie wir‘ (Maslow 1973, S. 83 f.).
* Interaktion und Pflegeprozess
: ''Eine zentrale Bedeutung haben dabei die äußeren Lebensumstände (Umgebung), die es einem Menschen mehr oder weniger ermöglichen, sich mit Grenzsituationen konstruktiv zu beschäftigen. Die Auseinandersetzung aber mit eben diesen Grenzerfahrungen ermöglicht persönliche Reifung, Wachstum und Entwicklung des Menschen. Eigentlich wollte Maslow eine umfassende psychologische Theorie verfassen. Sein plötzlicher Tod 1970 durch einen Herzinfarkt vereitelte dieses Vorhaben.
* Funktionale Anatomie
[[Datei:Lq-2010-4-Carl-Rogers.png|450px|thumb|zentriert|Abbildung aus dem Artikel der Zeitschrift „lebensqualität“ 04/2010]]
* Menschliche Bewegung (nur 1996)
* Bewegung und Funktion (1996: Menschliche Funktion)
* Anstrengung (1996: Anstrengungsarten)
* Gestaltung der Umgebung
* Anwendungsmöglichkeiten in der Pflege
Wie leicht ersichtlich wird, zeichnet sich hier das heutige Konzeptsystem mit seinen Unterthemen ab.
==== Das Thema der heutigen parallelen und spiraligen Bewegungsmuster ====
In den ersten Auflagen erscheint das Thema der heutigen parallelen und spiraligen Bewegungsmuster im vierten Kapitel „Bewegung und Funktion“<ref>'''Hatch, Frank; Maietta, Lenny; Schmidt, Suzanne (1992):''' Kinästhetik. Interaktion durch Berührung und Bewegung in der Krankenpflege. 1. Auflage. Eschborn: Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe. ISBN 3-927944-02-5. S. 67 ff.</ref>. Unter der Überschrift „[[Stabil und instabil|Stabile]] Massen, [[Stabil und instabil|instabile]] Zwischenräume“<ref>ebd., S. 68.</ref> folgen mit den damals gebräuchlichen Fachbegriffen (vgl. oben) die Unterkapitel „Zweidimensionale Bewegung“<ref>ebd., S. 69.</ref> und „Dreidimensionale Bewegung“<ref>ebd., S. 70.</ref>.


Inhaltlich werden diese Bewegungen an das Thema der [[Massen und Zwischenräume]] angeschlossen: Es geht um die zweidimensionale bzw. dreidimensionale Nutzung der Bewegungsmöglichkeiten der Zwischenräume. Letzteres wird ausführlicher charakterisiert:
==='' <span style="color:gray;">Carl Rogers</span>''===
:''„Werden die Bewegungsmöglichkeiten der Zwischenräume dreidimensional genutzt, wird die Funktion leichter und wirkungsvoller. Die Bewegung benötigt noch weniger Kraftaufwand. Sie ist kontrollierter und läßt sich jederzeit umkehren, ohne daß der Kraftaufwand erhöht werden muß. Durch die dritte Dimension wird die Bewegung im Körper spiralig.“ ''<ref>ebd., S. 70 f.</ref>.
: ''<big>Flucht in die Welt der Bücher. </big> Eine weitere bedeutsame Persönlichkeit für die Entwicklung der Humanistischen Psychologie war der Psychologe und Psychotherapeut Carl Ransom Rogers (1902–1987). Rogers wurde ebenfalls in einer kinderreichen Familie als viertes von sechs Kindern geboren. So wie Maslow wuchs auch er unter wenig glücklichen Umständen auf. Der Grund lag in der fundamentalistisch-religiösen Einstellung der Eltern. Einerseits kümmerten sie sich sehr um die Kinder, kontrollierten aber auch deren Entwicklung sehr stark. Eine strenge und kompromisslose religiös-ethische Grundhaltung prägte seine Kindheit. Auch er „flüchtete“ sich daraufhin in die Welt der Bücher und las frühzeitig sehr viel. Nach einem abgebrochenen Agrarstudium begann er ein Theologiestudium, das er 1922 nach einer sechsmonatigen Chinareise abbrach. Auf dieser Reise, wo er auch an einer internationalen christlichen Studentenkonferenz teilnahm, emanzipierte er sich von seinem Elternhaus. Diese Lebensphase beeinflusste ihn sehr und war nicht leicht für ihn, da es in der Folge schwere Auseinandersetzungen mit seiner Familie gab, der er sich nach wie vor verbunden fühlte.
[[Datei: 1992-Hatch-Maietta-Schmidt-spiralig-Aufstehen.png|250px|thumb|rechts|Die Abbildung aus der ersten Auflage von 1992 (S. 71) veranschaulicht die danebenstehende Bewegungsanleitung des Buches. In dieser wird zweimal das Stichwort „spiralig“ verwendet, die entsprechende Überschrift lautet aber „Dreidimensionale Bewegung“.]]
[[Datei:Lq-2010-4-Infoboxen-Humanismus.png|450px|thumb|rechts|Infoboxen aus dem Artikel der Zeitschrift „lebensqualität“ 04/2010]]
Beide Bewegungen werden unter der Überschrift „Erfahrung am eigenen Körper“ mit je einer Bewegungsanleitung zum Aufstehen von einem Stuhl veranschaulicht. Bei der Anleitung der dreidimensionalen Bewegung (vgl. Abbildung) wird das Stichwort „spiralig“ zweimal verwendet; bei der zweidimensionalen Bewegung fehlt das Stichwort „parallel“.
: ''<big>Arbeit mit Problemkindern. </big> 1924 wechselte er in die Erziehungsberatung und studierte nebenher Psychologie in New York. In der Beratungsstelle arbeitete er mit unterprivilegierten ‚Problemkindern‘. In den folgenden 12 Jahren seiner Beratungstätigkeit entwickelte er einen eigenen Beratungsstil, der durch seine erste als Buch veröffentlichte Fallbeschreibung in der Fachwelt wahrgenommen wurde. Er selbst erkannte erst am 11. Dezember 1940 während eines eigenen Vortrages an der Universität Minnesota über seinen eigenen Ansatz, wie weit er sich mit seiner Theorie und Praxis schon von den vorherrschenden psychiatrischen und psychotherapeutischen Auffassungen entfernt hatte.


Eine interessante Entwicklung zeigt die überarbeitete Auflage von 1996<ref>'''Hatch, Frank; Maietta, Lenny; Schmidt, Suzanne (1996):''' Kinästhetik. Interaktion durch Berührung und Bewegung in der Krankenpflege. Übersetzung: Ina Citron. 4., überarbeitete Auflage. Eschborn: Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe. ISBN 3-927944-02-5.</ref>. Im vierten Kapitel, das neu mit „Menschliche Bewegung“ überschrieben wird, folgt unter der Überschrift „Stabile Massen, instabile Zwischenräume“ der gleiche Text wie in den vorangehenden Ausgaben. Allerdings wird nach den ersten zwei Zeilen eine untergeordnete Überschrift „Stabile und instabile Bewegungen“ eingeschoben.  
: ''<big>Klientenzentrierter Ansatz. </big> Einer seiner zentralen Ansätze war, ‚dass die KlientIn derjenige ist, der weiß, wo der Schuh drückt, welche Richtung einzuschlagen [ist], welche Probleme entscheidend, welche Erfahrungen tief begraben gewesen sind‘ (Rogers 1973, S. 23). In den folgenden 39 Jahren entwickelte er seinen klientenzentrierten Ansatz immer weiter und beschrieb ihn in seinem wichtigsten Werk ‚Die Entwicklung der Persönlichkeit‘. In seinen Büchern und Aufsätzen übertrug er die personenzentrierten Prinzipien auf andere Gebiete wie Bildung, Partnerschaft, Familie, Großgruppen und interkulturelle Workshops. In Kalifornien gründete er das ‚Center for the Study of the Person’. In den weiteren Jahren engagierte er sich zunehmend in Friedensinitiativen und wurde Anfang 1987 für den Friedensnobelpreis nominiert. Kurz nach seinem 85. Geburtstag stürzte er jedoch so schwer, dass er sich von der anschließenden Operation nicht mehr erholte.
[[Datei:Lq-2010-4-Maslow'sche-Bedürfnispyramide.png|450px|thumb|links|''„Die Maslow’sche Bedürfnispyramide. Darstellung angelehnt an: Mayer, Horst O.: Einführung in die Psychologie., 2. Auflage, Oldenburg, Wissenschaftsverlag, 2005, S. 80.“]]
: ''<big>Große Wirkung. </big> Sein Werk und Wirken hatte viele Auswirkungen. So zählten zum Beispiel zu seinen Schülern Reinhard Tausch (Hamburg), Dr. Marshall B. Rosenberg, der später die gewaltfreie Kommunikation entwickelte, und Thomas Gordon (‚Familienkonferenz‘). Rogers Grundannahme seiner Persönlichkeitstheorie war, dass der Mensch nach Selbstverwirklichung und Selbstaktualisierung strebt und von Grund auf zunächst ‚gut‘ ist. Im Kindes- und Jugendalter kommt es zu prägenden Interaktionen mit der Umwelt, die beim Heranwachsenden zur Entwicklung eines Selbstkonzeptes führen. Dieses kann sowohl positiv als auch negativ geprägt sein. Ist das Idealbild vom Realbild zu weit entfernt (siehe Kasten, Seite 41), kann dies zu psychischen Störungen führen.


Auf der gleichen Ebene wie „Stabile Massen, instabile Zwischenräume“ folgt neu die Überschrift „Bewegungsmuster“ mit den beiden Unterkapiteln „Parallele Muster“<ref>ebd., S. 69.</ref> und „Spiralige Muster“<ref>ebd., S. 70.</ref>. Der beschreibende Text ist weitgehend identisch, wobei „zweidimensional“ bzw. „dreidimensional“ der vorangehenden Auflagen konsequent mit „parallel“ bzw. „spiralig“ ersetzt werden. Hier erfolgt somit ein entscheidender Schritt in die Richtung der heutigen Fachbegriffe.
: ''<big>Ein positives Weltbild. </big> Der humanistische Ansatz Rogers wird eindrucksvoll deutlich in seiner Beschreibung, wie der Mensch ein positives Selbstbild entwickelt. Demnach gibt es sieben wesentliche Botschaften, welche die InteraktionspartnerInnen (Eltern) im Laufe der Erziehung vermitteln müssen, um die Entwicklung eines positiven (gesunden) Selbstkonzeptes zu begünstigen. Diese sind:
: ''1. Ungeschuldete Liebe (bedingungslos, so wie das Kind ist)
: ''2. Wertschätzung (partnerschaftlicher Umgang, Berücksichtigung der Bedürfnisbefriedigung, altersangemessene Beteiligung bei der Aufstellung von Regeln)
: ''3. Echtheit und Interesse
: ''4. Erfahrung von Autonomie durch Vertrauen in die Fähigkeiten des Kindes
: ''5. Anregung und Unterstützung
: ''6. Sicherheit, Geborgenheit und Zuverlässigkeit
: ''7. Zulassen von positiven und negativen Gefühlen
: ''Diese Grundannahmen übertrug Rogers auf verschiedene Settings. 1957 leitete er in Wisconsin ein Forschungsprojekt mit schizophrenen PatientInnen, das seinen Ansatz wissenschaftlich bestätigte. Zusätzlich transportierte er diesen Ansatz in die Beratung und Pädagogik. Eine seiner Grundüberzeugungen bestand darin, dass Lernen in einer angstfreien Umgebung geschehen muss. Die Aufgabe der LehrerIn/DozentIn (etc.) ist es, als Mensch echt und glaubhaft (kongruent) andere Menschen zu unterstützen und ihnen so Lernen zu ermöglichen. Dabei glaubte er an die Selbststeuerung des Menschen. Rogers war auch ein Anhänger des ‚radikalen Konstruktivismus‘, der davon ausgeht, dass der Mensch erst in Kontakt mit anderen Menschen treten muss, um sich in einer sozialen Situation ein Abbild von dieser machen zu können. So entsteht das Selbstbild eines Menschen durch die Summe seiner subjektiven Wahrnehmungen der Umwelt und seiner damit verbundenen Erfahrungen. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, in jeglichen Lernsituationen (Therapie, Beratung, Bildung) gewisse Grundhaltungen als TrainerIn, […] LehrerIn und Eltern zu erlernen. Der Einfachheit halber verwende ich im Folgenden nur den Begriff ‚TrainerIn‘:
: ''><span style="color:gray;"> Kongruenz/Echtheit:</span> Dies bedeutet, dass der/ die TrainerIn selber kongruent und echt sich selber und der KlientIn gegenüber ist. Sie sollen ihre Gefühle diesem Gegenüber zeigen, ohne Wertungen abzugeben oder zu beurteilen. Sie soll sich nicht hinter der TrainerInnenrolle verstecken und die KlientInnen von oben herab betrachten. Nicht die TrainerIn zeigt der KlientIn den richtigen Weg, sondern beide sind gleichberechtigt und suchen zusammen nach Lösungen. Rogers spricht von Transparenz, wenn er sagt, dass das Erleben der TrainerIn mit ihrer Kommunikation mit der KlientIn übereinstimmen soll. Durch dieses Verhalten der TrainerIn erfährt die KlientIn Vertrauen und ist eher bereit, ihre Gefühle zu äußern.


Auf eine weitere Bewegungsanleitung zum spiraligen Bewegungsmuster soll hingewiesen werden. Sie wird durch eine Zeichnung gut illustriert wird (vgl. Abbildung) und folgendermaßen eingeleitet:
: ''><span style="color:gray;"> Bedingungsfreie Wertschätzung:</span> Dies bedeutet, dass die TrainerIn keinerlei Wertungen und Urteile über die KlientIn und deren Verhalten abgeben soll. Sie soll die KlientIn mit all ihren Fehlern und ohne Bedingungen wertschätzen. Rogers spricht auch von bedingungsfreier positiver Zuwendung. Dies meint aber nicht, dass die TrainerIn alles gutheißen soll, was die KlientIn tut oder sagt. Diese Einstellung lässt sich mit jener von Eltern gegenüber ihrem Kind vergleichen. Eltern lieben ihr Kind, auch wenn sie nicht mit jedem Verhalten einverstanden sind. Gerade in der Erziehung wird auch deutlich, welchen Schaden eine an Bedingungen gebundene Wertschätzung anrichten kann, wenn Eltern die Wertschätzung ihres Kindes von dessen Leistungen oder Wohlverhalten abhängig machen.
[[Datei:1996-Hatch-Maietta-Schmidt-spiralig-Rücken-Bauch.png|thumb|150px|links|Illustration<ref>ebd., S. 72.</ref> des spiraligen Bewegungsmusters von Rücken- zu Bauchlage.]]
:''„Durch die folgende Aktivität können Sie die spiralige Bewegungsmöglichkeit jeder Masse und ihre spezifische Auswirkung auf die Bewegung im Körper erfahren:“ <ref>ebd.</ref>


Bemerkenswert ist, dass „Bewegungsmuster“ im beschreibenden Text vorkommt, aber neben „Muster“, „Bewegung“, „Bewegungsmöglichkeit“ oder „Bewegungsform“ und somit noch nicht als einschlägiger Fachbegriff.  
: ''><span style="color:gray;"> Empathie:</span> Bei der Empathie geht es um die Einfühlung in die Erlebniswelt der KlientIn. Die TrainerIn versucht, sich voll und ganz auf die Gefühle der KlientIn einzulassen und diesen zu verstehen. Rogers spricht von „innerem Bezugssystem“ der KlientIn und meint damit dessen Gefühle, Gedanken und Erleben. Empathie ist wohl das schwerste der drei Merkmale, weil man weder oberflächlich Verstehen andeuten noch interpretieren und urteilen soll. Es geht einfach nur um den Versuch, die Gefühle der KlientIn nachzuvollziehen. Eine Voraussetzung für Empathie ist das aktive Zuhören, d. h. eine konzentrierte Aufmerksamkeit auf das wirklich Gemeinte und nicht nur das Gesagte. Die TrainerIn soll verstehen, was die KlientIn meint, soll aber nicht urteilen, interpretieren oder Rückschlüsse auf ein Verhalten ziehen. Merkt die KlientIn, dass sie verstanden wird, so wird sie sich mehr und mehr öffnen.


Ebenso ist zu erwähnen, dass in allen Auflagen des Buches die dreidimensionale Bewegung bzw. das spiralige Muster bei der weiter hinten folgenden Behandlung der Grundpositionen wieder aufgenommen wird<ref>ebd. (1992), S. 84 bzw. ebd. (1996), S. 84.</ref>.  
: ''<big>In Kontakt mit sich sein. </big> Ein wesentlicher Aspekt der Grundhaltung in der Humanistischen Psychologie ist das ‚In-Kontakt-mit-sich-Sein‘. Marshall B. Rosenberg schreibt in seinem Buch ‚Gewaltfreie Kommunikation‘:
<br clear=all>
: ''‚Wir werden eher dazu trainiert, „außenorientiert“ zu leben, als mit uns selbst in Kontakt zu sein‘ (Rosenberg, S. 57).  
[[Datei:1996-Hatch-Maietta-Schmidt-Haltungs-Transportbew.png|thumb|150px|links|Mit einem Scharnier und einem Mörser werden die möglichen Richtungen der Haltungs- und Transportbewegung veranschaulicht<ref>ebd., S. 74.</ref>.]]
: ''Diese Außenorientierung behindert, so Rosenberg, die Menschen an einer achtsamen Kommunikation mit anderen Menschen. Aus diesem Grunde entwickelte er Prinzipien einer gewaltfreien Kommunikation. Wo finden sich nun Gemeinsamkeiten oder ‚geistige Bezüge‘ zwischen diesem humanistischen Ansatz und Kinaesthetics? Folgende Aufzählung mag einige ausgesuchte Aspekte benennen:
Hingegen wird das Thema der Haltungs- und Transportbewegung erst in der Auflage von 1996 eingeführt<ref>ebd., S. 74.</ref> (vgl. Abbildung). Es wird aber noch nicht – wie in den [[#Bewegungsmuster aus der Kombination von Haltungs- und Transportbewegung, Anstrengung, Beugen und Drehen oder Strecken und Drehen (Grundkurs-Arbeitsbücher, 1996)|Arbeitsbüchern aus dem gleichen Jahr]] und in der nachfolgenden Zeit – zur Definition der Bewegungsmuster im Sinn der Kombination von Haltungs- und Transportbewegung verwendet.  
: ''> Beide Konzepte wollen auf ihre Weise konkret dazu beitragen, dass Menschen einen respektvollen Umgang miteinander gestalten.
: ''> Beide Konzepte glauben an die Fähigkeiten und Ressourcen einer Person, die es zu fördern gilt.
: ''> Bildung wird als ein zentrales Grundbedürfnis definiert, dessen konkrete Ausgestaltung (‚Lernumgebung gestalten‘) persönlichkeitsbildend wirkt.
: ''> Die Lernenden definieren selbst, was sie lernen und lernen am besten in einer angstfreien Umgebung.
: ''> Die Umgebung wird als wichtiger Aspekt gesehen, der sich auf Lernen und Entwicklung interaktiv auswirkt.
: ''> Beide Konzepte zeigen eine ‚Nähe‘ zum Konstruktivismus.
: ''> Beide Konzepte betonen die Bedeutung der Innenorientierung für persönliches Wachstum und Entwicklung.
: ''Diese Übereinstimmungen in der Grundhaltung ermutigten mich dazu, in einem ersten Versuch den Gesprächsansatz der Humanistischen Psychologie mit dem Kommunikationsverständnis der Kybernetik und Systemtheorie in der Stufe 1 der Beratungsausbildung ‚Beratungskompetenz (EKA)‘ miteinander zu kombinieren. Die Ergebnisse waren sehr ermutigend, und die TeilnehmerInnen beschrieben große Lernfortschritte. Ich bin davon überzeugt, dass an der Art und Weise, wie wir heute in Kinaesthetics-Basiskursen und -Ausbildungen die Lernumgebung gestalten, Maslow und Rogers ihre Freude hätten. Dazu schreibt Rogers: ‚Ein Kurs ist also nicht dann erfolgreich zu Ende gegangen, wenn der Schüler ‚alles gelernt hat, was er wissen muss‘, sondern wenn er eindeutige Fortschritte dabei erzielt hat, zu lernen, wie er lernt, was er wissen möchte‘ (Rogers 1974, S. 143). Genau das ist auch eines der großen Ziele von Kinaesthetics!
[[Datei:Lq-2010-4-Infobox-Selbstkonzept.png|400px|thumb|rechts|''„Das Selbstkonzept ist der Sitz der individuellen Realität, die unser Erleben, die Wahrnehmung und die Verarbeitung der Sinne bestimmt.“]]


Dies ist auch vor dem Hintergrund erstaunlich, dass Lenny Maietta im 20. Kinästhetik-Bulletin von 1993 in ihrem Artikel „[[#Zweidimensionallineare und dreidimensionalspiralige Muster aus der Integration von Haltungs- und Transportbewegung (20. Bulletin, 1993)|Bewegung und Fortbewegung Zwei unverwechselbare Erscheinungen]]“ Haltung- und Transportbewegung als Voraussetzung für zweidimensional-lineare bzw. dreidimensional-spiralige Bewegungsabläufe bezeichnet. Hier zeigt sich wieder die Suche dieser Zeit nach den passenden Begriffen und Beschreibungen der Zusammenhänge.
: ''Literatur:
: ''> Maslow, Abraham H.: Psychologie des Seins. Ein Entwurf. Kindler Verlag, München 1973.
: ''> Rogers, Carl: Entwicklung der Persönlichkeit. Stuttgart 1973.
: ''> Rogers, Carl: In Freiheit und Engagement. Kösel-Verlag, München 1974.
: ''> Rosenberg, Marshall B.: Gewaltfreie Kommunikation eine Sprache des Lebens. Junfermann Verlag, 2005. S. 57.


Erwähnenswert sind die Gedanken, die in allen Auflagen des Buches die zweidimensionale Bewegung bzw. das parallele Muster auf einer allgemeinen Ebene einleiten. Sie verdeutlichen den Einfluss unserer Umgebung auf unsere Bewegungsmuster:
== Bitte nicht löschen! (mast)==
:''„In den industrialisierten Gesellschaften leben Menschen hauptsächlich in einer Umgebung, die durch ebene Flächen, gerade Linien und rechte Winkel gestaltet ist. In der Architektur sind rechte Winkel dominant, Straßen und Plätze sind betoniert, Gebrauchsmöbel bestehen in der Regel aus geometrischen Formen. Diese technische Gestaltung der Umgebung fördert die Bewegung des Menschen in zwei Dimensionen (1996: Diese Gestaltung trägt dazu bei, daß Menschen sich in geraden Linien bewegen): Die Massen des Körpers bewegen sich nacheinander vorwärts oder rückwärts und werden regelrecht aufgestapelt, dabei werden die Bewegungsmöglichkeiten der Zwischenräume nur zweidimensional genutzt (1996: …, dabei werden die Bewegungsmöglichkeiten begrenzt). Das Aufstehen von einem Stuhl ist ein gutes Beispiel dafür.“''<ref>ebd. (1992 und 1996), S. 69.</ref>.


Offensichtlich etabliert ist zu dieser Zeit die spiralige Anordnung der Vorder- und Rückseiten bei den Extremitäten. Die entsprechenden Hinweise erfolgen im dritten Kapitel „Funktionale Anatomie“<ref>ebd. (1992 und 1996), S. 39 ff.</ref> im Unterthema „Orientierung“<ref>ebd. (1992 und 1996), S. 50 ff.</ref>. Unter der Überschrift „Vorder- und Rückseiten an den Extremitäten“<ref>ebd. (1992 und 1996), S. 59 ff.</ref> werden in den entsprechenden Bewegungsanleitungen die Hinweise gemacht, dass bei den Armen und bei den Beinen die Vorder- und Rückseiten spiralig um deren Längsachsen verlaufen<ref>ebd. (1992 und 1996), S. 59 und 60.</ref>.
{| class="wikitable" style="width: 100%; border-left:solid 10px #FF4500; border-right:solid 10px #FF4500; border-bottom:solid 10px #FF4500;"
=== Kommentare, Auswertung und offene Fragen ===
| style="width: 100%; border-left:solid 10px #FF4500; border-right:solid 10px #FF4500; border-bottom:solid 10px #FF4500; border-top:solid 10px #FF4500;background-color:wheat;" colspan="2" |'''Willkommen in diesem Online-Lexikon zu den Fachgebieten der Kinästhetik, Kybernetik und anderer Bezugswissenschaften!'''<br>Das [[KOFL:Über Kinaesthetics-Online-Fachlexikon|Kinaesthetics-Online-Fachlexikon (KOFL)]] wird von der European Kinaesthetics Association (EKA) herausgegeben, von einem [[KOFL:Das Redaktionsteam|Redaktionsteam]] betreut und von einem fachlichen Beirat unterstützt (vgl. „[[KOFL:Impressum und Haftungsausschluss]]“).
==== Zur Definition und Erfahrbarkeit der Bewegungsmuster ====
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Die Geschichte des Fachbegriffs der parallelen und spiraligen Bewegungsmuster zeigt eindeutig, dass „spiralig” als Fachbegriff viel früher und in mehr Kontexten als „parallel” auftauchte.  
| style="width: 60%; border-left:solid 10px #FF4500; border-right:solid 5px #FF4500; border-bottom:solid 5px #FF4500;background-color:#FFFFFF;"|'''Schon gewusst?'''<br><big>[[Norbert Wiener (1894–1964)|Norbert Wiener]] telefoniert ein Buch (erzählt von [[Heinz von Foerster|HvF]])</big><br>Eines Tages ruft das Office of Naval Research am M.I.T. an und verlangt nach Norbert Wiener. Ob er sich mit mathematischer Extrapolation und stochastischen Prozessen auskenne. ''„‚Ja‘, sagt der Wiener, ‚auf dem Gebiet hab ich schon gearbeitet. Die Prozesse, mit denen man da zu tun hat, lassen sich in die folgenden Kategorien einteilen …‘“'' Er beginnt zu reden, und nach fünf Minuten fragt der Mann vom Office, ob sie einen Taperecorder organisieren dürfen. Wiener ist einverstanden. Fünf Minuten später läutet das Telefon erneut. ''„‚Lieber Professor Wiener, der Taperecorder geht jetzt – klick – okay!‘ ‚Ich werde also jetzt etwas über Interpolation, Extrapolation und stationäre Zeitfolgen sagen. Ich beginne mit einem Kapitel Nr. 1 und erkläre Begriffe, um die notwendige Grundlage zu schaffen.‘ Er beginnt zu reden. Er redet und redet und redet.‘'' Sechs Stunden und zehn Tapes später haben die Leute vom Office gebeten, dies als Buch veröffentlichen zu dürfen. ''„‚Selbstverständlich, da habe ich nichts dagegen. Danke vielmals, auf Wiedersehen.‘ Klick. Das Buch ist erschienen, ein Jahr später: ‚Interpolation, extrapolation of stationary time series‘. […] Es sind 200 Seiten, mit allen mathematischen Formeln, mit der ganzen modernen Theorie der stochastischen Prozesse, wie man Voraussagen interpolieren und extrapolieren kann und wie man mit stationären Zeitsequenzen operiert. Das war Norbert Wiener.“''<br>(Foerster, H. v.; Glasersfeld, E. v. (2010): Wie wir uns erfinden. Carl-Auer-Systeme Verlag. S. 231 f.)
| style="width: 40%; border-right:solid 10px #FF4500; border-bottom:solid 5px #FF4500;background-color:#FFFFFF;"rowspan="2"|'''Bedeutende Personen'''<br><big>Humberto Augusto Gastón Maturana Romesín</big><br>
Humberto Maturana (Romesín), (* 14. September 1928, † 6. Mai 2021 in Santiago de Chile) war Biologe und Philosoph. Sein Schwerpunkt lag in der Neurobiologie. Er studierte Medizin, Biologie/Anatomie in Chile, London und in den USA. Mit einem Postdoc-Stipendium forschte er am Massachusetts Institute of Technology (M.I.T.) über das Auge und insbesondere den blinden Fleck, was ihn zu erkenntnistheoretischen Fragen brachte. An der Universidad de Chile lehrte er Biologie an der medizinischen Fakultät und spezialisierte sich dort u. a. auf die Frage, auf welchen Grundlagen lebende und nicht-lebender Systeme unterschieden werden können.  


Spiralige Eigenschaften sind in der Struktur und im funktionellen Aufbau unserer Anatomie (vor allem in den Extremitäten) sehr gut erfahrbar. Spiralbewegungen sind sowohl innerhalb der Massen als auch zwischen benachbarten Massen und in der Ganzkörperbewegung eindeutig nachvollziehbar und somit auch im Kleinen fein wahrnehmbar (vgl. das Thema innerer Raum bei den Bewegungselementen, die Bewegungsmöglichkeiten der Zwischenräume, die Vorder- und Rückseiten der Massen, die Transport- und Haltungsbewegungsebenen oder auch die Transportbewegungen im Konzept „Menschliche Bewegung“). Beim Thema der Fortbewegung in vertikaler Richtung ist das spiralige Bewegungsmuster von Anfang an ein wichtiger Aspekt.
In enger Zusammenarbeit schufen Maturana und Francisco J. Varela die wissenschaftliche Theorie der [[Autopoiese (Autopoiesis)]]. In ihrem Buch „Der Baum der Erkenntnis” beschreiben die beiden dieses Konzept und z. B. die Geschlossenheit von Lebewesen in Bezug auf Operation und Information. Autopoiese als die zentrale Eigenschaft von Lebewesen bedeutet, dass jedes Lebewesen sich fortlaufend einzig und allein aus sich selbst heraus erschafft, von der molekularen und zellulären Ebene bis hin zu derjenigen des ganzen Organismus. Maturana und Varela weiten diesen Theoriekern zu einer systemisch-biologischen Erkenntnistheorie aus. Sie lässt sich in der Aussage ''„Jedes Tun ist Erkennen, und jedes Erkennen ist Tun“'' zusammenfassen. Maturanas Interesse an interdisziplinärem Denken zeigt sich auch darin, dass er in Santiago de Chile das Instituto Matríztica („Matrix-Institut“) gründete. In einer engen Verflechtung kultureller und biologischer Perspektiven kann man sich dort bis heute mit der Biologie der Erkenntnis, der Liebe oder dem Weg zu einer Gesellschaft mit Gleichberechtigung und Inklusion auseinandersetzen.
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|style="border-left:solid 10px #FF4500; border-right:solid 5px #FF4500; border-bottom:solid 5px #FF4500; border-top:solid 5px #FF4500;background-color:orange; colspan="2"|'''Meistgelesene Artikel'''<br>Hier findest du eine Rangliste der Artikel, die am meisten aufgerufen worden sind (Stand Oktober 2024)<br>
# [[Heinz von Foerster]]‏‎
# [[Wahrnehmung]]‏‎
# [[Literatur und Medien]]
# [[Orientierung]]‏‎
# [[Bewegungserfahrung]]‏‎
# [[Spastik‏‎]]
# [[Knochen und Muskeln]]‏‎
# [[‏Viabilität]]
# [[Sensitivität (innere und äußere, von Foerster)]]‏‎‎‏‎
#[[Stabil und instabil]]‏‎
[[Spezial:Beliebteste_Seiten|Mehr erfahren]]
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[[Datei:1992-Hatch-Maietta-Schmidt-Titelseite.jpg|250px|rechts]]
'''Bemerkenswerte Ereignisse'''<br><big>Die öffentliche Geburtsstunde der Kinästhetik in der Pflege im Jahr 1992</big><br>
Das 16. Kinästhetik-Bulletin von Januar 1990 ist eine Sonderausgabe der damaligen Fachzeitschrift. Sie stellt die erste umfassende Beschreibung des Fachgebiets Kinästhetik dar. In dieser wird nach einem theoretischen Teil ein breites Spektrum von Anwendungsbereichen erläutert. Zwei Jahre später erschien das erste öffentliche Fachbuch „Kinästhetik – Interaktion durch Berührung und Bewegung in der Krankenpflege“ im Verlag Krankenpflege, Eschborn. In diesem ca. 190-seitigen Werk mit einem Vorwort von SR. Liliane Juchli beschränken sich die AutorInnen Frank Hatch, Lenny Maietta und Suzanne Schmidt auf den Anwendungsbereich der Pflege. Es stellt die Geburtsstunde der heutigen Etablierung und breiten Verankerung der Kinästhetik in der Pflege dar. Der Ansatz des Buches ist präventions- und ressourcenorientiert und auf Anwendung und Transfers ausgerichtet, in theoretischer Hinsicht bringt die vierte Auflage von 1996 „Prinzipien“ bzw. die heutigen Konzepte in der aktuellen Reihenfolge – ohne Zweifel ist das Buch ein Meilenstein der Geschichte der Kinästhetik.
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| style="width: 50%; border-left:solid 10px #FF4500; border-right:solid 5px #FF4500; border-bottom:solid 10px #FF4500;background-color:#FFFFFF;"rowspan="2"|'''Zuletzt erschienene Artikel'''<br>
* Artikel „[[Parallele und spiralige Bewegungsmuster]]“


Der Begriff „parallele Bewegungsmuster” hingegen wurde erst im Lauf der 1990-er-Jahre Teil der kinästhetischen Fachsprache, und seine Definition und Erfahrbarkeit sind auch nicht so eindeutig wie beim spiraligen Bewegungsmuster .
* Erweiterung des Artikels „[[Sensitivität (innere und äußere, von Foerster)]]“ bzw. „[[1 : 100'000 (von Foerster)]]“ durch einen [[Sensitivität (innere und äußere, von Foerster)#Innere und äußere Sensitivität in „Aufbaumodul Demenz 1: Sich und die Welt wahrnehmen – Arbeitsunterlagen“|Begleittext aus dem Aufbaumodul Demenz 1]]


Die Parallelität des Bewegungsmusters  wird in der [[#Parallele und spiralige Bewegungsmuster (Kinästhetik in der Pflege-Grundkurs, Kurzdarstellung, 1994)|Kurzdarstellung des Pflege-Grundkurses von 1994]] durch das Tragen des Gewichts mit beiden Körperseiten, durch die synchrone Gleichzeitigkeit ihrer Bewegung und durch ihr gleichzeitiges Führen erklärt. In anderen frühen Publikationen wird der Begriff kaum explizit erläutert. Als Anknüpfungspunkt kann man die Parallelität in linearen Bewegungsrichtungen um eine Achse vermuten.
* Erweiterung des Artikels „[[Wahrnehmung]]durch die [[Wahrnehmung#Wahrnehmung in „Aufbaumodul Demenz 1: Sich und die Welt wahrnehmen – Arbeitsunterlagen“|Begleittexte aus dem Aufbaumodul Demenz 1]]


Im „Praxisbuch Kinaesthetics“ von Maren Asmussen findet sich unter der Überschrift „Parallele und spiralige Bewegungsmuster“ eine Erklärung, die an die vorangehend zitierte Stelle anschließt.
* Artikel „[[Lernen (Begriff)]]
:''„Bei parallelen Bewegungsmustern führen die rechte und die linke Körperhälfte die gleichen Bewegungen durch.“<ref>'''Asmussen-Clausen, Maren (2009):''' Praxisbuch Kinaesthetics. Erfahrungen zur individuellen Bewegungsunterstützung auf Basis der Kinästhetik. 2. Auflage. München, Jena: Elsevier, Urban und Fischer. ISBN 978-3-437-27570-8. S. 44.</ref>
Im „Kinaesthetics – Konzeptsystem“ hingegen ist explizit von [[#Parallele Bewegungsmuster|parallelen Achsen]] die Rede.


Als dritte Definition des parallelen Bewegungsmusters findet man in den Büchern „[[#„Parallele und spiralige Bewegungsmuster“ im Buch „Kinästhetik – Gesundheitsentwicklung und menschliche Aktivitäten“ von Hatch und Maietta| Kinästhetik – Gesundheitsentwicklung und menschliche Aktivitäten]]“ und „[[#„Parallele und spiralige Bewegungsmuster“ im Buch „Kinaesthetics Infant Handling“ von Maietta und Hatch|Kinaesthetics Infant Handling]]“ von Maietta und Hatch die Aussagen, dass bei diesem vorwiegend eine Gewichtsverlagerung nach oben und nach unten oder nach vorne und nach hinten erfolgt.  
* Erweiterungen der Artikel „[[Hierarchie der Kompetenzen]]“, „[[Bewegungskompetenz]]“ und „[[Interaktion]]“ inkl. „[[Herausforderndes Verhalten]]“


Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Definitionen stellt sich die berechtigte Frage, welche Richtung in einer einzelnen Masse wie dem Arm oder zwischen Arm und Brustkorb dem parallelen Bewegungsmuster entsprechen würde. Aufgrund der Struktur unserer Anatomie ist es auch fraglich, ob wir reine parallele Bewegungen/Bewegungsmuster überhaupt ausführen können. Es scheint deshalb angebracht, insbesondere das parallele Bewegungsmuster nur als Modell für die Wahrnehmung und Erfahrbarkeit der Ganzkörperbewegung – in der sich die Massen eher parallel bewegen – zu verstehen.
* Artikel „[[Lerntheorie nach Gregory Bateson (1904-1980)]]“


(Mária Pfemeter, 2024-04-10)
* Artikel „[[Kybernetik (Begriff)]]
== Vergleiche auch ==
* [[Stabil und instabil]]
* [[Orientierung]]


== Zum Begriff ==
* Artikel „[[Erfahren (Begriff)]]“
=== Bedeutungsüberblick ===
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==== Die Bedeutungen der Begriffe der Begriffe nach dem „Duden Online-Wörterbuch“ ====
|style="border-left:solid 5px #FF4500; border-right:solid 10px #FF4500; border-bottom:solid 10px #FF4500; border-top:solid 5px #FF4500;background-color:#FFD700; colspan="2"|'''Mach mit!'''<br>Du hast viele Möglichkeiten, die Entwicklung des KOFL zu unterstützen.
Nach dem „Duden Online-Wörterbuch“ hat '''parallel''' folgende Bedeutungen: <br>
* Nur schon, wenn du das KOFL nutzt und Artikel liest, hilfst du dem [[KOFL:Das Redaktionsteam|Redaktionsteam]] zu erkennen, welche Themen auf besonderes Interesse stoßen bzw. in welchem Themenkreis weitere Artikel publizienswert sind.
Die Erstbedeutung lautet „in gleicher Richtung und in gleichem Abstand neben etwas anderem verlaufend, an allen Stellen in gleichem Abstand nebeneinander [befindlich]“.
* Diskutiere mit! Jeder Artikel im KOFL hat eine Diskussionsseite. Wenn du einen interessanten Hinweis hast, Aussagen schlecht verstehst oder mit ihnen nicht einverstanden bist, hinterlasse eine Notiz auf der Diskussionsseite dein Beitrag muss nicht geschliffen daherkommen, sondern nur verständlich sein.
 
* Du kannst das KOFL bzw. die Publikation von Artikeln ideell oder materiell unterstützen: [[KOFL:Eine Diskussion eröffnen]], [[KOFL:Artikel(teile) veröffentlichen]], [[KOFL:Sponsoring]].
Die Zweitbedeutung lautet „gleichzeitig in gleicher, ähnlicher Weise neben etwas anderem [vorhanden, erfolgend, geschehend]“.
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|}
Synonyme sind „gleich gerichtet, gleichlaufend, in der gleichen Richtung, nebeneinander“.
 
Angeführt wird zusätzlich eine weitere fachsprachliche Bedeutung (Musik).
 
 
Nach dem Duden Online-Wörterbuch hat '''spiralig''' folgende Bedeutungen: <br>
Die Bedeutung lautet „spiralförmig; in Spiralwindungen verlaufend“. Es werden keine Synonyme sind angegeben. Zu „Spirale“ wird als Erstbedeutung „a. sich um eine Achse windende Linie“ und „b. gekrümmte Linie, die in immer weiter werdenden Windungen um einen festen Punkt läuft“ angegeben, als Zweitbedeutung „a. spiralförmiger Gegenstand, spiraliges Gebilde“.
 
 
Nach dem „Duden Online-Wörterbuch“ hat '''Muster''' folgende Bedeutungen: <br>
Die Erstbedeutung lautet „Vorlage, Zeichnung, nach der etwas hergestellt, gemacht wird“.
 
Die Zweitbedeutung lautet „etwas in seiner Art Vollkommenes, nachahmenswertes, beispielhaftes Vorbild in Bezug auf etwas Bestimmtes“.
 
Die Drittbedeutung lautet „aus der Kombination von einzelnen Motiven bestehende [regelmäßige], sich wiederholende, flächige Verzierung, Zeichnung auf Papier, Stoff o. Ä.“.
 
Die Viertbedeutung lautet „kleines Stück, kleine Menge einer Ware, an der man die Beschaffenheit des Ganzen erkennen kann“.
 
Als hauptsächliche Synonyme werden „Archetyp, Entwurf, Modell, Plan“ angegeben.
 
==== Die Verwendung als kinästhetischer Fachbegriff ====
Das Fachbegriffspaar „Parallele und spiralige Bewegungsmuster“ beginnt sich ab 1994 durchzusetzen. Schon im Jahr 1982 findet sich ein Hinweis auf die spiralförmige Körperstruktur und damit verbundene Bewegungsabläufe, die sich durch Leichtigkeit auszeichnen. Aus dem Jahr 1986 stammt ein Hinweis auf den Zusammenhang zwischen den heutigen Grundpositionen und dem Weg vom Liegen ins Stehen mit Spiralbewegungen. Schließlich findet sich im Jahr 1988 ein erster Hinweis auf die Bedeutung der spiralförmigen Bewegung für die embryonale und frühkindliche Entwicklung. In den frühen 1990er-Jahren etabliert sich die fachsprachliche Beschreibung des spiraligen Bewegungsmuster durch Drehen und Beugen oder Drehen und Strecken.
 
Um die beiden Bewegungsmuster zu unterscheiden, werden Begriffe wie zweidimensional, linear, einachsig für parallele Bewegungsmuster, Begriffe wie dreidimensional, spiralig, vielachsig für spiralige Bewegungsmuster verwendet. In der gleichen Zeit entwickelt sich die heutige fachsprachliche Beschreibung, dass die Kombination von Haltungs- und Transportbewegungen zu den beiden Bewegungsmustern führt. Von Beginn weg finden sich Hinweise, dass parallele Bewegungsmuster im Vergleich mit spiraligen anspruchsvoller bzw. anstrengender sind. Letztere erlauben eine leichtere Kontrolle der Bewegung, die auch jederzeit mit wenig Kraftaufwand angehalten oder umgekehrt werden kann.
 
Als kinästhetischer Fachbegriff wird „Parallele und spiralige Bewegungsmuster" ausgehend von den gemeinsprachlichen Bedeutungen spezifisch definiert verwendet.
=== Herkunft ===
Nach dem Duden Herkunftswörterbuch wurde das Wort '''parallel''' im 16. Jahrhundert als mathematischer Fachbegriff aus lateinisch ''parallelus'' entlehnt, beides mit der Bedeutung „in gleichem Abstand nebeneinanderverlaufend, gleichlaufend“. Das lateinische Wort geht auf griechisch ''par-állelos'' zurück. Dieses ist eine Wortbildung aus ''pará'' mit der Bedeutung „neben, neben hin, entlang“ und ''állos'' mit der Bedeutung „ein anderer“ bzw. ''allélon'' „einander“.
 
Ableitungen sind „Parallele“ und „parallelisieren“.
 
Nach dem Duden Herkunftswörterbuch ist das Wort '''Spirale''' eine Neubildung des 18. Jahrhunderts mit der Bedeutung „ebene Kurve, die in unendlich vielen, immer weiter werdenden Windungen einen festen Punkt umläuft; Uhrfeder“. Sie geht zurück auf mittellateinisch ''spirális'' schneckenförmig sich windend“, eine Adjektivbildung zu lateinisch ''spira'' „gewundene Linie, in Schneckenlinie gewundener Körper“, das wiederum auf griechisch ''speira'' „Windung, Spirale“ zurückgeht.
 
Über die Herkunft des Wortes '''Muster''' gibt der Artikel „[[Medium:Wörterwurzeln-03-2013-Muster.pdf|Muster: Von der Minne zum Monster]]“ aus der Zeitschrift „lebensqualität“ (03/2013) Auskunft.
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
[[Kategorie:Konzeptsystem]]

Version vom 14. April 2025, 16:38 Uhr

Status vorläufig abgeschlossen
AutorIn/RedakteurIn Stefan Marty-Teuber/Redaktionsteam
Letzte Änderung 14.04.2025


Testseite für Redaktionsteam
Diese Testseite dient dem Redaktionsteam dazu,
  • Dinge in Bezug auf das Editieren auszuprobieren wie z. B., ob Links funktionieren oder wie eine Abbildung angepasst werden kann usw.,
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Spielregeln
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Beispiel „Wie nutze ich meine Vorder- und Rückseiten für meine Gewichtsorganisation?

Wie nutze ich meine Vorderseiten für Anpassungen?
Über welche Rückseiten kann meine PartnerIn ihr Gewicht verlagern?

Wie kann mein Gegenüber seine Vorderseiten für Anpassungen nutzen?“

Bitte stehen lassen (mast, 2025-04-10)!

Humanistische Psychologie und Kinästhetik (Belegstellen)

Status mit Fachliteratur angelegt
AutorIn/RedakteurIn N. N./Stefan Marty-Teuber
Letzte Änderung 14.04.2025

Humanistische Psychologie im 16. Bulletin von 1990

In dieser ersten zusammenhängenden Veröffentlichung zur Kinästhetik aus dem Jahr 1990 finden sich im ersten Kapitel „Hintergrund der Kinästhetik (Entstehung, Begründer, Weitere Einflüsse)“[1] nach dem ersten Unterkapitel „Entstehung“ im zweiten Unterkapitel „Begründer“ Hinweise darauf, in welcher Weise die humanistische Psychologie einen Hintergrund der Kinästhetik bildet:

„Begründer
[…]
Lenny Maietta kommt von der humanistischen Psychologie her und hat sich als körperorientierte Psychotherapeutin ausbilden lassen. Sie arbeitete mit Einzelpersonen und Familien mit körperlich behinderten, autistischen, psychotischen oder sonst behinderten Kindern und Jugendlichen. Sie spezialisierte sich darauf, anhand von Berührungs- und Bewegungsmethoden die Beziehungen innerhalb der Familien zu unterstützen und die physischen Fähigkeiten der Kinder sowie ihre Lernkapazität und ihr soziales Verhalten zu fördern.
[…]
Frank und Lenny lernten sich 1975 bei der Arbeit in einer Klinik für Drogenentzug im Allgäu, BRD, kennen. Sie hatten damals schon beide ihre eigene Arbeit mit der menschlichen Bewegung entwickelt, bei der Berührung das wichtigste Kommunikationsmittel ist, und wandten sie bei sehr verschiedenen Klienten an. Sie entdeckten, dass ihre Ausbildung und ihr beruflicher Werdegang als Lehrer und Therapeuten ähnlichen Ursprungs waren und sich ergänzten. Ihre Bewegungslehrer kamen aus der Richtung des Modern Dance von Amerika und Europa aus der Zeit vor dem 2. Weltkrieg. In jenem neuen Umgang mit der menschlichen Bewegung liegen die Wurzeln der erfahrungsbezogenen Ausrichtung in der modernen Erziehung und Psychologie. Die Ideen der humanistischen Psychologie mit der Betonung der Ganzheit des Menschen waren die Grundlage von Franks und Lennys beruflicher Tätigkeit. Dabei setzten sie Berührung und Bewegung als wichtigste Mittel ein, um eine Verbesserung der Handlungsweisen, des Lernens und der Kommunikation von Menschen zu erreichen.“[2]

Humanistische Psychologie in „Kinästhetik – Interaktion durch Berührung und Bewegung in der Pflege“

Die erste Auflage dieses Buches von Frank Hatch, Lenny Maietta und Suzanne Schmidt stammt aus dem Jahr 1992 und stellt das erste öffentliche Fachbuch zur Kinästhetik dar. In diesem ca. 190-seitigen Werk mit einem Vorwort von SR. Liliane Juchli beschränken sich die AutorInnen auf den Anwendungsbereich der Pflege. Das erste Kapitel „Kinästhetik in der Krankenpflege“ der vierten Auflage[3] thematisiert die Krankenpflege als helfenden Beruf und körperlich belastende Tätigkeit, die nötigen präventions- und ressourcenorientierten Fähigkeiten und dann die Fragen, was Kinästhetik ist und unter welchen Einflüssen sie entwickelt wurde. In diesem Zusammenhang findet sich nach dem Unterkapitel „Verhaltenskybernetik“ das nachfolgend zitierte Unterkapitel „Humanistische Psychologie“[4]. Als dritter Einfluss wird danach der moderne Tanz genannt.

„• Humanistische Psychologie
Die humanistische Psychologie hat die Kinästhetik ebenfalls stark beeinflußt. Die Betrachtung des Menschen in seiner Ganzheit [im Original kursiv] und die Beachtung seiner Fähigkeit zur Selbstbestimmung [im Original kursiv] sind die Ausgangspunkte jeder Handlung. Für die pflegerische Praxis bedeutet dies, daß jede beteiligte Person, die Pflegende ebenso wie die Patientin, die Beachtung dieser Selbstkontrolle erfährt. Das schließt aus, daß andere Menschen nur als Objekte, ohne Einbeziehung ihrer Fähigkeiten und ohne wechselseitige Zustimmung, manipuliert oder behandelt werden.“[5]

LQ 04/2010: „Kinaesthetics und Humanistische Psychologie: Der Mensch will sich selbst verwirklichen“

Status mit Fachliteratur angelegt
AutorIn/RedakteurIn Axel Enke/Stefan Marty-Teuber
Letzte Änderung 14.04.2025

Zusammenfassung:
Das folgende Zitat ist ein Artikel aus der Rubrik „forschung“ der Zeitschrift „lebensqualität“ 04/2010. Axel Enke stellt in diesem Artikel die Humanistische Psychologie und inhaltliche Zusammenhänge mit der Kinästhetik dar.

Abbildung aus dem Artikel der Zeitschrift „lebensqualität“ 04/2010
„Kinaesthetics und Humanistische Psychologie
Der Mensch will sich selbst verwirklichen
Immer wieder hört und liest man, dass die Humanistische Psychologie eine Grundlage von Kinaesthetics ist. Was das genau heißt und welche Annahmen sich hinter diesem Begriff verstecken, erklärt Axel Enke.
Psychologie als Wissenschaft wurde im 19. Jahrhundert begründet. In der Folge entwickelten sich verschiedene Richtungen. Neben dem Behaviorismus (Studium des menschlichen Verhaltens unter Berücksichtigung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse) und der Tiefenpsychologie (Erforschung des Unbewussten) ist die Humanistische Psychologie eine dritte Strömung. Nach den Erfahrungen und Eindrücken des Zweiten Weltkrieges und des Kalten Krieges setzte auch unter PsychologInnen eine Suche nach humanistischen Konzepten ein. Dies führte 1962 zur Gründung der American Association for Humanistic Psychology (AHP), deren bekanntester Vertreter Abraham Maslow (1908–1970) war. Seine weltanschaulichen Wurzeln lagen im Humanismus (siehe Kasten, Seite 39).

Abraham Maslow

Die Maslow-Pyramide. Als Ältestes von sieben Kindern russisch-jüdischer Immigranten hatte Abraham Maslow eine isolierte und unglückliche Kindheit. Sehr früh begann er, viel Zeit mit Literatur zu verbringen, und promovierte 1934 in Psychologie. Bekannt wurde er vor allem durch die Entwicklung seiner Bedürfnispyramide.
Maslow entwickelte ein Menschenbild, welches von einer eher positiven inneren ‚Natur‘des Menschen ausgeht. Diese innere Natur, die er biologisch begründet mit der Geburt als Grundausstattung erhält, gilt es zu fördern und nicht zu unterdrücken. In Gesellschaften wird diese ‚innere Natur‘ hingegen häufig unterdrückt und an der kreativen Entfaltung gehindert, was dann zu Störungen und Erkrankungen führen kann. Die Entfaltung des Menschen orientiert sich an unterschiedlichen Bedürfnissen, die aufeinander aufbauen. Maslow differenziert diese Bedürfnisse auch in Bezug auf ihre Auswirkungen. So hat zum Beispiel die Nichtbefriedigung tiefer liegender Bedürfnisse (wie Essen, Schlafen, Sicherheit) häufig negative Auswirkungen, wohingegen die Beschäftigung mit den höheren (Selbstverwirklichung) eher Glück, Zufriedenheit und Erfüllung bringen. Die tieferen hingegen entwickeln verständlicherweise eine starke Kraft.
Keine einfachen Theorien. Da die Lebensumstände eines Menschen sehr vielseitig sind, wendet Maslow sich gegen zu vereinfachende Theorien. Er sprach sich daher für vielschichtigere Modelle aus:
‚Selbstverwirklichende Menschen, Menschen also, die einen hohen Grad der Reife, Gesundheit und Selbsterfüllung erreicht haben, können uns so viel lehren, dass sie manchmal fast wie eine andere Rasse menschlicher Wesen erscheinen. Doch weil sie so neu ist, ist die Erforschung der höchsten Bereiche der menschlichen Natur und ihrer äußersten Möglichkeiten und Hoffnungen eine schwierige und gewundene Aufgabe. Sie hat für mich eine ständige Zerstörung liebgewordener Axiome mit sich gebracht, die unentwegte Auseinandersetzung mit scheinbaren Paradoxa, Widersprüchen und Zweideutigkeiten, manchmal auch den Zusammenbruch lang etablierter, fest geglaubter und scheinbar unangreifbarer Gesetze der Psychologie. Oft stellte sich heraus, daß es keine Gesetze waren, sondern nur Regeln für das Leben in einem Zustand milder und chronischer Psychopathologie und Ängstlichkeit, im Zustand der Behinderung und Verkrüppelung und Unreife, den wir nicht bemerken, weil die meisten anderen dieselbe Krankheit haben wie wir‘ (Maslow 1973, S. 83 f.).
Eine zentrale Bedeutung haben dabei die äußeren Lebensumstände (Umgebung), die es einem Menschen mehr oder weniger ermöglichen, sich mit Grenzsituationen konstruktiv zu beschäftigen. Die Auseinandersetzung aber mit eben diesen Grenzerfahrungen ermöglicht persönliche Reifung, Wachstum und Entwicklung des Menschen. Eigentlich wollte Maslow eine umfassende psychologische Theorie verfassen. Sein plötzlicher Tod 1970 durch einen Herzinfarkt vereitelte dieses Vorhaben.
Abbildung aus dem Artikel der Zeitschrift „lebensqualität“ 04/2010

Carl Rogers

Flucht in die Welt der Bücher. Eine weitere bedeutsame Persönlichkeit für die Entwicklung der Humanistischen Psychologie war der Psychologe und Psychotherapeut Carl Ransom Rogers (1902–1987). Rogers wurde ebenfalls in einer kinderreichen Familie als viertes von sechs Kindern geboren. So wie Maslow wuchs auch er unter wenig glücklichen Umständen auf. Der Grund lag in der fundamentalistisch-religiösen Einstellung der Eltern. Einerseits kümmerten sie sich sehr um die Kinder, kontrollierten aber auch deren Entwicklung sehr stark. Eine strenge und kompromisslose religiös-ethische Grundhaltung prägte seine Kindheit. Auch er „flüchtete“ sich daraufhin in die Welt der Bücher und las frühzeitig sehr viel. Nach einem abgebrochenen Agrarstudium begann er ein Theologiestudium, das er 1922 nach einer sechsmonatigen Chinareise abbrach. Auf dieser Reise, wo er auch an einer internationalen christlichen Studentenkonferenz teilnahm, emanzipierte er sich von seinem Elternhaus. Diese Lebensphase beeinflusste ihn sehr und war nicht leicht für ihn, da es in der Folge schwere Auseinandersetzungen mit seiner Familie gab, der er sich nach wie vor verbunden fühlte.
Infoboxen aus dem Artikel der Zeitschrift „lebensqualität“ 04/2010
Arbeit mit Problemkindern. 1924 wechselte er in die Erziehungsberatung und studierte nebenher Psychologie in New York. In der Beratungsstelle arbeitete er mit unterprivilegierten ‚Problemkindern‘. In den folgenden 12 Jahren seiner Beratungstätigkeit entwickelte er einen eigenen Beratungsstil, der durch seine erste als Buch veröffentlichte Fallbeschreibung in der Fachwelt wahrgenommen wurde. Er selbst erkannte erst am 11. Dezember 1940 während eines eigenen Vortrages an der Universität Minnesota über seinen eigenen Ansatz, wie weit er sich mit seiner Theorie und Praxis schon von den vorherrschenden psychiatrischen und psychotherapeutischen Auffassungen entfernt hatte.
Klientenzentrierter Ansatz. Einer seiner zentralen Ansätze war, ‚dass die KlientIn derjenige ist, der weiß, wo der Schuh drückt, welche Richtung einzuschlagen [ist], welche Probleme entscheidend, welche Erfahrungen tief begraben gewesen sind‘ (Rogers 1973, S. 23). In den folgenden 39 Jahren entwickelte er seinen klientenzentrierten Ansatz immer weiter und beschrieb ihn in seinem wichtigsten Werk ‚Die Entwicklung der Persönlichkeit‘. In seinen Büchern und Aufsätzen übertrug er die personenzentrierten Prinzipien auf andere Gebiete wie Bildung, Partnerschaft, Familie, Großgruppen und interkulturelle Workshops. In Kalifornien gründete er das ‚Center for the Study of the Person’. In den weiteren Jahren engagierte er sich zunehmend in Friedensinitiativen und wurde Anfang 1987 für den Friedensnobelpreis nominiert. Kurz nach seinem 85. Geburtstag stürzte er jedoch so schwer, dass er sich von der anschließenden Operation nicht mehr erholte.
„Die Maslow’sche Bedürfnispyramide. Darstellung angelehnt an: Mayer, Horst O.: Einführung in die Psychologie., 2. Auflage, Oldenburg, Wissenschaftsverlag, 2005, S. 80.“
Große Wirkung. Sein Werk und Wirken hatte viele Auswirkungen. So zählten zum Beispiel zu seinen Schülern Reinhard Tausch (Hamburg), Dr. Marshall B. Rosenberg, der später die gewaltfreie Kommunikation entwickelte, und Thomas Gordon (‚Familienkonferenz‘). Rogers Grundannahme seiner Persönlichkeitstheorie war, dass der Mensch nach Selbstverwirklichung und Selbstaktualisierung strebt und von Grund auf zunächst ‚gut‘ ist. Im Kindes- und Jugendalter kommt es zu prägenden Interaktionen mit der Umwelt, die beim Heranwachsenden zur Entwicklung eines Selbstkonzeptes führen. Dieses kann sowohl positiv als auch negativ geprägt sein. Ist das Idealbild vom Realbild zu weit entfernt (siehe Kasten, Seite 41), kann dies zu psychischen Störungen führen.
Ein positives Weltbild. Der humanistische Ansatz Rogers wird eindrucksvoll deutlich in seiner Beschreibung, wie der Mensch ein positives Selbstbild entwickelt. Demnach gibt es sieben wesentliche Botschaften, welche die InteraktionspartnerInnen (Eltern) im Laufe der Erziehung vermitteln müssen, um die Entwicklung eines positiven (gesunden) Selbstkonzeptes zu begünstigen. Diese sind:
1. Ungeschuldete Liebe (bedingungslos, so wie das Kind ist)
2. Wertschätzung (partnerschaftlicher Umgang, Berücksichtigung der Bedürfnisbefriedigung, altersangemessene Beteiligung bei der Aufstellung von Regeln)
3. Echtheit und Interesse
4. Erfahrung von Autonomie durch Vertrauen in die Fähigkeiten des Kindes
5. Anregung und Unterstützung
6. Sicherheit, Geborgenheit und Zuverlässigkeit
7. Zulassen von positiven und negativen Gefühlen
Diese Grundannahmen übertrug Rogers auf verschiedene Settings. 1957 leitete er in Wisconsin ein Forschungsprojekt mit schizophrenen PatientInnen, das seinen Ansatz wissenschaftlich bestätigte. Zusätzlich transportierte er diesen Ansatz in die Beratung und Pädagogik. Eine seiner Grundüberzeugungen bestand darin, dass Lernen in einer angstfreien Umgebung geschehen muss. Die Aufgabe der LehrerIn/DozentIn (etc.) ist es, als Mensch echt und glaubhaft (kongruent) andere Menschen zu unterstützen und ihnen so Lernen zu ermöglichen. Dabei glaubte er an die Selbststeuerung des Menschen. Rogers war auch ein Anhänger des ‚radikalen Konstruktivismus‘, der davon ausgeht, dass der Mensch erst in Kontakt mit anderen Menschen treten muss, um sich in einer sozialen Situation ein Abbild von dieser machen zu können. So entsteht das Selbstbild eines Menschen durch die Summe seiner subjektiven Wahrnehmungen der Umwelt und seiner damit verbundenen Erfahrungen. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, in jeglichen Lernsituationen (Therapie, Beratung, Bildung) gewisse Grundhaltungen als TrainerIn, […] LehrerIn und Eltern zu erlernen. Der Einfachheit halber verwende ich im Folgenden nur den Begriff ‚TrainerIn‘:
> Kongruenz/Echtheit: Dies bedeutet, dass der/ die TrainerIn selber kongruent und echt sich selber und der KlientIn gegenüber ist. Sie sollen ihre Gefühle diesem Gegenüber zeigen, ohne Wertungen abzugeben oder zu beurteilen. Sie soll sich nicht hinter der TrainerInnenrolle verstecken und die KlientInnen von oben herab betrachten. Nicht die TrainerIn zeigt der KlientIn den richtigen Weg, sondern beide sind gleichberechtigt und suchen zusammen nach Lösungen. Rogers spricht von Transparenz, wenn er sagt, dass das Erleben der TrainerIn mit ihrer Kommunikation mit der KlientIn übereinstimmen soll. Durch dieses Verhalten der TrainerIn erfährt die KlientIn Vertrauen und ist eher bereit, ihre Gefühle zu äußern.
> Bedingungsfreie Wertschätzung: Dies bedeutet, dass die TrainerIn keinerlei Wertungen und Urteile über die KlientIn und deren Verhalten abgeben soll. Sie soll die KlientIn mit all ihren Fehlern und ohne Bedingungen wertschätzen. Rogers spricht auch von bedingungsfreier positiver Zuwendung. Dies meint aber nicht, dass die TrainerIn alles gutheißen soll, was die KlientIn tut oder sagt. Diese Einstellung lässt sich mit jener von Eltern gegenüber ihrem Kind vergleichen. Eltern lieben ihr Kind, auch wenn sie nicht mit jedem Verhalten einverstanden sind. Gerade in der Erziehung wird auch deutlich, welchen Schaden eine an Bedingungen gebundene Wertschätzung anrichten kann, wenn Eltern die Wertschätzung ihres Kindes von dessen Leistungen oder Wohlverhalten abhängig machen.
> Empathie: Bei der Empathie geht es um die Einfühlung in die Erlebniswelt der KlientIn. Die TrainerIn versucht, sich voll und ganz auf die Gefühle der KlientIn einzulassen und diesen zu verstehen. Rogers spricht von „innerem Bezugssystem“ der KlientIn und meint damit dessen Gefühle, Gedanken und Erleben. Empathie ist wohl das schwerste der drei Merkmale, weil man weder oberflächlich Verstehen andeuten noch interpretieren und urteilen soll. Es geht einfach nur um den Versuch, die Gefühle der KlientIn nachzuvollziehen. Eine Voraussetzung für Empathie ist das aktive Zuhören, d. h. eine konzentrierte Aufmerksamkeit auf das wirklich Gemeinte und nicht nur das Gesagte. Die TrainerIn soll verstehen, was die KlientIn meint, soll aber nicht urteilen, interpretieren oder Rückschlüsse auf ein Verhalten ziehen. Merkt die KlientIn, dass sie verstanden wird, so wird sie sich mehr und mehr öffnen.
In Kontakt mit sich sein. Ein wesentlicher Aspekt der Grundhaltung in der Humanistischen Psychologie ist das ‚In-Kontakt-mit-sich-Sein‘. Marshall B. Rosenberg schreibt in seinem Buch ‚Gewaltfreie Kommunikation‘:
‚Wir werden eher dazu trainiert, „außenorientiert“ zu leben, als mit uns selbst in Kontakt zu sein‘ (Rosenberg, S. 57).
Diese Außenorientierung behindert, so Rosenberg, die Menschen an einer achtsamen Kommunikation mit anderen Menschen. Aus diesem Grunde entwickelte er Prinzipien einer gewaltfreien Kommunikation. Wo finden sich nun Gemeinsamkeiten oder ‚geistige Bezüge‘ zwischen diesem humanistischen Ansatz und Kinaesthetics? Folgende Aufzählung mag einige ausgesuchte Aspekte benennen:
> Beide Konzepte wollen auf ihre Weise konkret dazu beitragen, dass Menschen einen respektvollen Umgang miteinander gestalten.
> Beide Konzepte glauben an die Fähigkeiten und Ressourcen einer Person, die es zu fördern gilt.
> Bildung wird als ein zentrales Grundbedürfnis definiert, dessen konkrete Ausgestaltung (‚Lernumgebung gestalten‘) persönlichkeitsbildend wirkt.
> Die Lernenden definieren selbst, was sie lernen und lernen am besten in einer angstfreien Umgebung.
> Die Umgebung wird als wichtiger Aspekt gesehen, der sich auf Lernen und Entwicklung interaktiv auswirkt.
> Beide Konzepte zeigen eine ‚Nähe‘ zum Konstruktivismus.
> Beide Konzepte betonen die Bedeutung der Innenorientierung für persönliches Wachstum und Entwicklung.
Diese Übereinstimmungen in der Grundhaltung ermutigten mich dazu, in einem ersten Versuch den Gesprächsansatz der Humanistischen Psychologie mit dem Kommunikationsverständnis der Kybernetik und Systemtheorie in der Stufe 1 der Beratungsausbildung ‚Beratungskompetenz (EKA)‘ miteinander zu kombinieren. Die Ergebnisse waren sehr ermutigend, und die TeilnehmerInnen beschrieben große Lernfortschritte. Ich bin davon überzeugt, dass an der Art und Weise, wie wir heute in Kinaesthetics-Basiskursen und -Ausbildungen die Lernumgebung gestalten, Maslow und Rogers ihre Freude hätten. Dazu schreibt Rogers: ‚Ein Kurs ist also nicht dann erfolgreich zu Ende gegangen, wenn der Schüler ‚alles gelernt hat, was er wissen muss‘, sondern wenn er eindeutige Fortschritte dabei erzielt hat, zu lernen, wie er lernt, was er wissen möchte‘ (Rogers 1974, S. 143). Genau das ist auch eines der großen Ziele von Kinaesthetics!
„Das Selbstkonzept ist der Sitz der individuellen Realität, die unser Erleben, die Wahrnehmung und die Verarbeitung der Sinne bestimmt.“
Literatur:
> Maslow, Abraham H.: Psychologie des Seins. Ein Entwurf. Kindler Verlag, München 1973.
> Rogers, Carl: Entwicklung der Persönlichkeit. Stuttgart 1973.
> Rogers, Carl: In Freiheit und Engagement. Kösel-Verlag, München 1974.
> Rosenberg, Marshall B.: Gewaltfreie Kommunikation – eine Sprache des Lebens. Junfermann Verlag, 2005. S. 57.“

Bitte nicht löschen! (mast)

Willkommen in diesem Online-Lexikon zu den Fachgebieten der Kinästhetik, Kybernetik und anderer Bezugswissenschaften!
Das Kinaesthetics-Online-Fachlexikon (KOFL) wird von der European Kinaesthetics Association (EKA) herausgegeben, von einem Redaktionsteam betreut und von einem fachlichen Beirat unterstützt (vgl. „KOFL:Impressum und Haftungsausschluss“).
Schon gewusst?
Norbert Wiener telefoniert ein Buch (erzählt von HvF)
Eines Tages ruft das Office of Naval Research am M.I.T. an und verlangt nach Norbert Wiener. Ob er sich mit mathematischer Extrapolation und stochastischen Prozessen auskenne. „‚Ja‘, sagt der Wiener, ‚auf dem Gebiet hab ich schon gearbeitet. Die Prozesse, mit denen man da zu tun hat, lassen sich in die folgenden Kategorien einteilen …‘“ Er beginnt zu reden, und nach fünf Minuten fragt der Mann vom Office, ob sie einen Taperecorder organisieren dürfen. Wiener ist einverstanden. Fünf Minuten später läutet das Telefon erneut. „‚Lieber Professor Wiener, der Taperecorder geht jetzt – klick – okay!‘ ‚Ich werde also jetzt etwas über Interpolation, Extrapolation und stationäre Zeitfolgen sagen. Ich beginne mit einem Kapitel Nr. 1 und erkläre Begriffe, um die notwendige Grundlage zu schaffen.‘ Er beginnt zu reden. Er redet und redet und redet.‘ Sechs Stunden und zehn Tapes später haben die Leute vom Office gebeten, dies als Buch veröffentlichen zu dürfen. „‚Selbstverständlich, da habe ich nichts dagegen. Danke vielmals, auf Wiedersehen.‘ Klick. Das Buch ist erschienen, ein Jahr später: ‚Interpolation, extrapolation of stationary time series‘. […] Es sind 200 Seiten, mit allen mathematischen Formeln, mit der ganzen modernen Theorie der stochastischen Prozesse, wie man Voraussagen interpolieren und extrapolieren kann und wie man mit stationären Zeitsequenzen operiert. Das war Norbert Wiener.“
(Foerster, H. v.; Glasersfeld, E. v. (2010): Wie wir uns erfinden. Carl-Auer-Systeme Verlag. S. 231 f.)
Bedeutende Personen
Humberto Augusto Gastón Maturana Romesín

Humberto Maturana (Romesín), (* 14. September 1928, † 6. Mai 2021 in Santiago de Chile) war Biologe und Philosoph. Sein Schwerpunkt lag in der Neurobiologie. Er studierte Medizin, Biologie/Anatomie in Chile, London und in den USA. Mit einem Postdoc-Stipendium forschte er am Massachusetts Institute of Technology (M.I.T.) über das Auge und insbesondere den blinden Fleck, was ihn zu erkenntnistheoretischen Fragen brachte. An der Universidad de Chile lehrte er Biologie an der medizinischen Fakultät und spezialisierte sich dort u. a. auf die Frage, auf welchen Grundlagen lebende und nicht-lebender Systeme unterschieden werden können.

In enger Zusammenarbeit schufen Maturana und Francisco J. Varela die wissenschaftliche Theorie der Autopoiese (Autopoiesis). In ihrem Buch „Der Baum der Erkenntnis” beschreiben die beiden dieses Konzept und z. B. die Geschlossenheit von Lebewesen in Bezug auf Operation und Information. Autopoiese als die zentrale Eigenschaft von Lebewesen bedeutet, dass jedes Lebewesen sich fortlaufend einzig und allein aus sich selbst heraus erschafft, von der molekularen und zellulären Ebene bis hin zu derjenigen des ganzen Organismus. Maturana und Varela weiten diesen Theoriekern zu einer systemisch-biologischen Erkenntnistheorie aus. Sie lässt sich in der Aussage „Jedes Tun ist Erkennen, und jedes Erkennen ist Tun“ zusammenfassen. Maturanas Interesse an interdisziplinärem Denken zeigt sich auch darin, dass er in Santiago de Chile das Instituto Matríztica („Matrix-Institut“) gründete. In einer engen Verflechtung kultureller und biologischer Perspektiven kann man sich dort bis heute mit der Biologie der Erkenntnis, der Liebe oder dem Weg zu einer Gesellschaft mit Gleichberechtigung und Inklusion auseinandersetzen.

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  10. Stabil und instabil‏‎

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Bemerkenswerte Ereignisse
Die öffentliche Geburtsstunde der Kinästhetik in der Pflege im Jahr 1992
Das 16. Kinästhetik-Bulletin von Januar 1990 ist eine Sonderausgabe der damaligen Fachzeitschrift. Sie stellt die erste umfassende Beschreibung des Fachgebiets Kinästhetik dar. In dieser wird nach einem theoretischen Teil ein breites Spektrum von Anwendungsbereichen erläutert. Zwei Jahre später erschien das erste öffentliche Fachbuch „Kinästhetik – Interaktion durch Berührung und Bewegung in der Krankenpflege“ im Verlag Krankenpflege, Eschborn. In diesem ca. 190-seitigen Werk mit einem Vorwort von SR. Liliane Juchli beschränken sich die AutorInnen Frank Hatch, Lenny Maietta und Suzanne Schmidt auf den Anwendungsbereich der Pflege. Es stellt die Geburtsstunde der heutigen Etablierung und breiten Verankerung der Kinästhetik in der Pflege dar. Der Ansatz des Buches ist präventions- und ressourcenorientiert und auf Anwendung und Transfers ausgerichtet, in theoretischer Hinsicht bringt die vierte Auflage von 1996 „Prinzipien“ bzw. die heutigen Konzepte in der aktuellen Reihenfolge – ohne Zweifel ist das Buch ein Meilenstein der Geschichte der Kinästhetik.

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  1. Verein für Kinästhetik (Hg.) (1990): Kinästhetik. 16. Bulletin. Januar 1990. Sonderausgabe. Dritte Auflage. Zürich: Verein für Kinästhetik. Nachdruck 2009. S. 5 ff.
  2. ebd., S. 5 f.
  3. Hatch, Frank; Maietta, Lenny; Schmidt, Suzanne (1996): Kinästhetik. Interaktion durch Berührung und Bewegung in der Pflege. Übersetzung: Ina Citron. 4. Auflage. Eschborn: Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe. ISBN 3-927944-02-5. S. 15 ff.
  4. ebd., S. 20.
  5. ebd.