Projekt Konzeptsystembuch 13: 3.1. Haltungs- und Transportbewegung

Aus Kinaesthetics-Online-Fachlexikon
Willkommen auf der Diskussionsseite des Artikels „Projekt Konzeptsystembuch 13: 3.1. Haltungs- und Transportbewegung“!
Diese Diskussionsseite dient dem fachlichen Austausch und der gemeinsamen Entwicklung. Die Diskussionsseiten bieten keinen Raum für persönliche Angriffe, abfällige Bemerkungen und Ähnliches. Das Redaktionsteam behält sich vor, entsprechende Beiträge zu löschen.

Anleitung
Neues Diskussionsthema:
Klicke rechts oben auf „+“ („Neuen Abschnitt beginnen“), wenn du ein neues Thema platzieren möchtest. Es erscheint ein neues Fenster „Bearbeiten von ‚Diskussion: …‘ (Neuer Abschnitt)“.

Beitrag zu einem bestehenden Diskussionsthema:
Klicke rechts oben auf „Bearbeiten“, wenn du einen Beitrag zu einem bestehenden Thema machen möchtest. Es erscheint ein neues Fenster „Bearbeiten von ‚Diskussion: …‘“.

Befolge dann die Fortsetzung der Anleitung im gelben Kasten.


Status Diskussion eröffnet
AutorIn/RedakteurIn N. N./Sabine Kaserer
Letzte Änderung 24.06.2021


Hinweis
Diese Diskussionsseite wird im Rahmen des Projekts „Konzeptsystembuch-Umfrage“ des Ressourcenpools Curriculum und Forschung der European Kinaesthetics Association (EKA) eröffnet. Die Absicht ist, dass hier zum Text auf der zugehörigen Seite Projekt Konzeptsystembuch 13: 3.1. Haltungs- und Transportbewegung offene Fragen, unterschiedliche Verständnisse, Weiterentwicklungsbedarf usw. umfassend gesammelt und diskutiert werden. Diese offene Umfrage bzw. Diskussion dauert ungefähr ein Jahr. Deshalb ist diese Diskussionsseite in dieser Form nur bis Ende 2021 im KOFL sichtbar. Zur Teilnahme folgst du der obenstehenden Anleitung. Wenn du Unterstützung brauchst, nimm Kontakt mit Sabine Kaserer auf.

1 Haltungsbewegungen sind „kleine[n] Gewichtsverlagerungen um eine Achse“: Inwiefern gilt das für die Extremitäten?[Quelltext bearbeiten]

Christina Gruber, Martina Guidon, Stefan Marty-Teuber, Brigitte Marty-Teuber, Caroline Rüttimann, Marcel Schlecht (Bildungsforum Konzeptverständnis im Forschungslabor, Winterthur, 2020-08-28)

Ausgehend von der Aussage:
„Haltungsbewegungen […] zeigen sich in eher kleinen Gewichtsverlagerungen um eine Achse innerhalb der einzelnen Massen“
hat sich eine offene Frage herauskristallisiert:
Inwiefern gilt diese Aussage für die Extremitäten bzw. wie zeigen sich Haltungsbewegungen in den Extremitäten? Was ist die Achse in den Extremitäten bzw. wie liegt/verläuft sie?


Lene Bøgh Andersen und Heide Hartwig, 26.11.20:

Wir beschäftigen uns auch sehr mit der Achse oder „mit den Achsen“ bei der HB. Im Text steht eine Achse: welche Achse im Körper ist gemeint? Wir haben 3 Achsen im Körper: die Transversal-, die Longitudinal- und die Sagittalachse (Querachse, Längsachse, Pfeilachse). Gleichzeitig wird von Beugen und Strecken gesprochen und damit nehmen wir an, dass nur die Transversalachse/Querachse gemeint ist. Wenn das wirklich der Fall ist, dass HB nur um eine Achse verläuft, wäre es hilfreich, sie auch so zu benennen, also immer die Transversalachse im Körper.

Wenn die Haltungsbewegung nur als Beugung und Streckung definiert ist, also immer nur um die Transversalachse im Körper stattfindet, haben wir folgende Überlegung: HB kann in den Zentralmassen Becken, Brustkorb und Kopf als ein „Nicken“ beschrieben und erfahren werden. Bei den Extremitäten findet die Beugung (und Streckung) in den HBE statt: z.B. im Fuss – und Kniegelenk und im Hand - und Ellenbogengelenk.

Da die eine Achse aber nicht explizit genannt wird, haben wir mit Hilfe von Bewegungserfahrungen untersucht, ob auch andere Achsen möglich sind: wir haben uns auf die Seite gelegt und das obere Bein bewegt nach vorne und nach hinten (Flexion und Extension im Hüftgelenk). Dabei haben wir HB im Bein gespürt, damit das Bein nicht zu hoch oder zu niedrig bewegt wird (also Abduktion und Adduktion im Hüftgelenk), also Bewegungen bezogen auf die Sagittalachse. Weiter haben wir HB im Bein gespürt, damit es nicht rotiert (also kleine Innenrotation und Außenrotation Bewegungen); das sind Bewegungen um die Longitudinalachse. Wir haben also gleichzeitig HB in 2 verschiedenen Achsen gespürt. Auch in den Zentralmassen haben wir viel HB gespürt, insbesondere um die Longitudinalachse, da wir auf der Seite lagen. Damit könnte man davon ausgehen, dass HB in allen 3 Achsen sattfinden kann, sogar stattfinden muss, um die Stabilität zu erhalten.

Wenn wir auf einem Bein stehen, erfahren wir, dass wir uns in allen 3 Achsen mit kleinen Bewegungen stabilisieren: sind das HB?

Unserer Auffassung nach, tendieren wir zurzeit dahin, dass es für die HB nicht unterschiedliche Achsen in den Zentralmassen und Extremitäten gibt; und dass es HB in allen 3 Achsen geben kann.


Eugen Grillich 17.12.2020

Hallo Zusammen! Anregende Forschungsfragen und interessante Forschungsprozesse!

Der „verwirrungsstiftender“ Aspekt des Diskussionsgegenstandes bzw. des Sachverhaltes (Konzeptbeschreibung) ist m. E. die inhaltliche Vermischung zwischen dem Erfahrbaren und dem Vorstellbaren. Mir persönlich gelingt es nicht Gewichtsverlagerungen um eine Achse wahrzunehmen, weil ich die Achse nicht wahrnehmen kann. Achse ist ein gedankliches Konstrukt. Eine Vorstellung.

Beim Lesen "(…)um eine Achse (…)" entsteht bei mir zunächst die Vorstellung einer rotierenden Bewegung. Diese ist allerdings nicht mit der Beschreibung von Haltungsbewegungen vereinbar. Lenke ich meinen Fokus auf eine oszillierende Bewegung, so stelle ich fest, dass Oszillation um eine Achse (die nahezu in allen biologischen Systemen vorkommt), in unserem Fall die Schwankungsbreite von Gewichtsverlagerungen, die zeitlich periodisch von dem Ruhezustand abweicht (Menschen bewegen sich immer), in Form einer Sinuskurve eine passende Darstellung für die Haltungsbewegungen liefern kann.

Verantwortlich für diese oszillierende Bewegung sind unsere Rückkopplungsstrukturen. So weichen wir beispielsweise im Stehen fortwährend von dem „Ruhezustand“ ab und korrigieren diese Abweichung unmittelbar, damit wir nicht umzufallen. Wir oszillieren sozusagen um den „Zustand“ Stehen. In dieser Position "halten" wir unsere Haltungsbewegung (sonst wäre uns das Stehen gar nicht möglich) und passen uns mit den Transportbewegungen fortlaufend an.

„Haltungsbewegungen (…) zeigen sich in eher kleinen Gewichtverlagerungen“ impliziert, dass die Haltungsbewegungen mit einem Fokus auf die Wahrnehmung von Druckunterschieden innerhalb einer Masse identifizierbar sind. Sie sind ebenfalls Identifizierbar durch ihre Dienlichkeit bzw. Nützlichkeit („eine stabile Beziehung von Masse zu Masse aufrechtzuerhalten“) sowie durch ihre Wirkung („(…)stabilisierend auf den ganzen Körper (…)“). Im Kontext von Haltungs- und Transportbewegungen gibt es keinen konzeptionell beschriebenen Hinweis hinsichtlich Strecken und Beugen.

Für die Gewichtsabgabe nutzen wir in der Regel eine Unterstützungsfläche. Auf dem Koordinatensystem dieser Unterstützungsfläche (angenommen die Horizontale ~ x-Achse; die Vertikale ~ y-Achse) geben wir unser Gewicht in jeder Position stets an die x-Achse ab (oder aufgrund der Mehrdimensionalität eher an die jeweilige x-Achse, welche sich auf der horizontalen Ebene befindet), ganz unabhängig von dem Achsenverlauf im Körper. „(…)eher kleine Gewichtsverlagerungen“ könnten unter der obigen Annahme die Ausprägung (y-Achse+/-) von der um die x-Achse oszillierenden Bewegung (Gewichtsverlagerungen) darstellen.

2 Haltungsbewegungen sind „kleine[n] Gewichtsverlagerungen […] innerhalb der einzelnen Massen“: Wie ist „innerhalb“ gemeint?[Quelltext bearbeiten]

Christina Gruber, Martina Guidon, Stefan Marty-Teuber, Brigitte Marty-Teuber, Caroline Rüttimann, Marcel Schlecht (Bildungsforum Konzeptverständnis im Forschungslabor, Winterthur, 2020-08-28)

Ausgehend von der Aussage:
„Haltungsbewegungen […] zeigen sich in eher kleinen Gewichtsverlagerungen um eine Achse innerhalb der einzelnen Massen“
ist für die meisten Teilnehmenden des Bildungsforums erfahrbar, dass sich Brustkorb und Extremitäten in sich (sozusagen „innerhalb der einzelnen Massen“) beugen und strecken können. Beim Kopf und beim Becken ist dies nicht in gleicher Weise der Fall. Daraus hat sich die folgende offene Frage ergeben:
Ist bei Kopf und Becken die Beschreibung „innerhalb der einzelnen Massen“ gleichermaßen passend und erfahrbar?

Martina Guidon, 25.09.2020

Haltungsbewegung: innerhalb der einzelnen Massen, stimmt für mich nicht. Becken, Kopf, sowie Brustkorb nennen wir zentrale Massen. Gewichtsverlagerungen kann ich durch bewegen der einzelnen Massen (HB durch beugen und strecken) wahrnehmen, jedoch nicht innerhalb der Massen. Haltungsbewegung entsteht für mich aus den Massen, sprich, wenn ich in Rückenlage mit angestellten Beinen mein Becken leicht beuge oder strecke, nehme ich wahr, dass eine Beziehung hergestellt wird zu den Massen Beinen, sowie zum Brustkorb und Kopf. Die Gewichtsverlagerungen "passieren" dabei in der Längsachse meines Körpers.

Wir würden gern noch zusätzlich die Richtungsveränderung mit ins Spiel bringen - Längsachse entweder in Richtung Kopf oder Richtung Fuß.(Gabi Böing + Joy Rüther)


Lene Bøgh Andersen und Heide Hartwig, 26.11.20

Wir können Martina gut folgen: Der Satz: „Haltungsbewegungen […] zeigen sich in eher kleinen Gewichtsverlagerungen um eine Achse innerhalb der einzelnen Massen“ führt bei uns zur Diskussion: Geschehen Gewichtsverlagerungen um oder entlang(längs) einer Achse? Im Buch steht um und wir sind der Auffassung, dass Gewichtsverlagerungen entlang einer Achse entstehen. Weiter sind wir der Auffassung, dass Bewegungen um eine Achse entstehen. Dies führt evt. dazu, dass über Bewegungen (beugen und strecken) innerhalb einer Masse gesprochen wird, obwohl es um Gewichtsverlagerung innerhalb der Masse geht. (siehe oben)


Eugen Grillich 17.12.2020

Es gibt keinen konzeptionell beschriebenen Hinweis auf Strecken und Beugen. Kleine Gewichtsverlagerungen "innerhalb" der jeweiligen Masse sind auch an den Massen Kopf und Becken erfahrbar.

3 Beschreibt „stabil – instabil“ bei Haltungs- und Transportbewegungen etwas Ähnliches wie bei Knochen und Muskeln/Massen und Zwischenräumen?[Quelltext bearbeiten]

Christina Gruber, Martina Guidon, Stefan Marty-Teuber, Brigitte Marty-Teuber, Caroline Rüttimann, Marcel Schlecht (Bildungsforum Konzeptverständnis im Forschungslabor, Winterthur, 2020-08-28)

Textlich wird das Gegensatzpaar „stabil – instabil“ bei den Haltungs- und Transportbewegungen gewichtig verwendet: „stabile Beziehung“, „relativ instabile Beziehung“, „als relativ stabil erfahrbar“, „wirken sich stabilisierend … aus“, „als relativ instabil erfahrbar“. In der Einführung des Konzepts auf Seite 31 steht entsprechend: „Die Eigenschaften der Anatomie (vgl. Kapitel 2.) sind in den gegensätzlichen Qualitäten ‚stabil – instabil‘ erfahrbar. In der menschlichen Bewegung lassen sich unter einem sehr ähnlichen Blickwinkel stabile und instabile Aspekte erfahren.“

Bei Knochen und Muskeln/Massen und Zwischenräumen geht es um „materiell“ erfahrbare Stabilität und Instabilität, um Beschaffenheit, Konsistenz. Bei Haltungs- und Transportbewegung bezieht sich das Gegensatzpaar stabil – instabil auf die Möglichkeiten der Bewegungsrichtungen.

Vor diesem Hintergrund hat sich das folgende Thema herauskristallisiert:
Inwiefern ist es sinnvoll bzw. hilfreich, zur Charakterisierung der Haltungs- und Transportbewegungen das gleiche Gegensatzpaar wie bei Knochen und Muskeln/Massen und Zwischenräumen zu verwenden? Ist es passend, in der Einführung von einem „sehr ähnlichen Blickwinkel“ in Bezug auf die funktionale Anatomie und die menschliche Bewegung zu sprechen?


Lene Bøgh Andersen und Heide Hartwig, 26.11.20

Wir finden die Bezeichnung stabil und instabil passend. Das Zusammenspiel zwischen diesen beiden Komponenten ist wichtig genau wie bei der Anatomie. Hat ein Mensch zu viel HB, sehen wir Krankheitsbilder wie Parkinson oder Spastizität. Hat ein Mensch zu viel TB sehen wir Krankheitsbilder wie Athetose oder Ataxie. Wir sehen nicht das Gegensatzpaar stabil – instabil auf die Möglichkeiten der Bewegungsrichtungen (siehe unser Beitrag unter Punkt 1), sondern unterschiedlicher Grösse der Bewegung und damit Funktion. HB sind Gewichtsverlagerungen innerhalb einer Masse und sind als relativ stabil erfahrbar. Bei der TB geht das Gewicht der Masse an einen anderen Ort und ist als relativ instabil erfahrbar.


Eugen Grillich 21.12.2020

Die Aussage »unter einem sehr ähnlichen Blickwinkel« nimmt einen Bezug auf die »gegensätzliche(n) Qualitäten „stabil-instabil“« des vorherigen Satzes. Die Qualität „stabil“ und die Qualität „instabil“ werden im Konzept Funktionale Anatomie inhaltlich wie folgt ausgestaltet /definiert:

a) durch die jeweiligen charakteristischen Eigenschaften (hart, robust, knochig etc.) eines Objektes(Knochen, Muskeln, Massen, etc.).

und

b) durch die jeweiligen charakteristischen Eigenschaften (Richtungen) eines Prozesses (Bewegung).

Prozesse bzw. Funktionen sind in 2.3. Haltungsbewegungsebenen und Transportbewegungsebenen, sowie in 2.4. Orientierung: oben und unten zu finden. Diese sind: Vor- und Rückwärtsbewegung, scharnierartige Bewegung, zweidimensionale Bewegung, dreidimensionale oder kugelartige Bewegung, Bewegung in viele Richtungen, in Richtung der Schwerkraft, Gegenrichtung.

Unter dieser Voraussetzung könnte m. E. durchaus von einem »sehr ähnlichen Blickwinkel« gesprochen werden. Das würde bedeuten, dass Richtungen als eine Eigenschaft von Haltungs- und Transportbewegungen (Prozess) zu einem Teil die Qualitäten „stabil“ und „instabil“ definieren.

Würden wir die Richtungen als das Qualitäten von stabil-instabil definierendes Kriterium außer Acht lassen, so bliebe die Erfahrbarkeit dieser Qualitäten rein spekulativ. Denn in der eigenen Bewegung setzt eine Transportbewegung ja stets eine stabilisierende Haltungsbewegung voraus. D.h. wir können keine Transportbewegung isoliert von der Haltungsbewegung ausführen. Es würde uns nicht gelingen ohne eine verbindende Beziehung zwischen den Massen aufgebaut zu haben, die Beziehung der Masen zu einander zu verändern. Die Erfahrbarkeit der Qualität „instabil“ würde somit nicht erfasst werden können und die Qualität „stabil“ verlöre hiermit ihren Gegensatz.

Gleichwohl kann eine isolierte Transportbewegung von außen durchaus herbeigeführt werden. Und hier zeigt sich die enorme praktische Relevanz der Unterschiede zwischen den beiden Bewegungskomponenten.


Sabine Kaserer (Diskussion) 18:03, 1. Dez. 2020 (CET)
Liebe Trainerkolleginnen und -kollegen,
vielen Dank für eure interessanten Forschungserfahrungen und kritischen Überlegungen. Wir freuen uns auf weitere Beiträge.
Sabine