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Dieser Artikel behandelt die kinästhetischen Fachbegriffe der Bewegungselemente Zeit, Raum und Anstrengung als bewusst veränderbare Grunddimensionen jeder Bewegung und jeder Interaktion. Dabei wird neuere Fachliteratur aus den Demenz-Aufbaumodulen berücksichtigt und insbesondere der neue Ansatz vorgestellt, dass die Bewegungselemente für alle Ebenen der Beziehungsgestaltung bzw. sowohl für alle Arten der Kommunikation als auch für die Interaktion über Berührung und Bewegung eine Bedeutung haben.


== Aktuelle Verwendung des Fachbegriffs ==
Desgleichen wird die Geschichte des Fachbegriffs mit einschlägiger Fachliteratur beleuchtet. Es zeigt sich, dass die Grundidee beginnend mit den ersten geschlossenen Publikationen thematisiert wird und die aktuelle Einordnung ins Konzept Interaktion kurz nach der ersten geschlossenen Publikation erfolgte. Bemerkenswert ist, dass die Unterscheidung zwischen inneren und äußeren Bewegungselementen später eingeführt wurde und ihr in der Fachliteratur nicht durchgängig eine wesentliche Bedeutung zugeschrieben wird.
 
== Aktuelle Verwendung der Fachbegriffe ==
=== Bewegungselemente in „Kinaesthetics – Konzeptsystem“ ===
=== Bewegungselemente in „Kinaesthetics – Konzeptsystem“ ===
==== Einbettung der Bewegungselemente in das Konzept „Interaktion“====
==== Einbettung der Bewegungselemente in das Konzept „Interaktion“====
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Beim Bewegungselement Zeit werden '''die relevanten Interaktionsphänomene''' folgendermaßen beschrieben:  
Beim Bewegungselement Zeit werden '''die relevanten Interaktionsphänomene''' folgendermaßen beschrieben:  
: '' „Wenn Menschen über Berührung und Bewegung miteinander in Interaktion treten, beeinflussen sich ihre Bewegungsgeschwindigkeiten wechselseitig. Die InteraktionspartnerInnen passen sich meist unbewusst und so gut, wie sie es können, aneinander an. Es entsteht eine gemeinsame Bewegungsgeschwindigkeit oder genauer gesagt eine situativ angepasste Beschleunigung und Verlangsamung der gemeinsamen Bewegung.  
: '' „Wenn Menschen über Berührung und Bewegung miteinander in Interaktion treten, beeinflussen sich ihre Bewegungsgeschwindigkeiten wechselseitig. Die InteraktionspartnerInnen passen sich meist unbewusst und so gut, wie sie es können, aneinander an. Es entsteht eine gemeinsame Bewegungsgeschwindigkeit oder genauer gesagt eine situativ angepasste Beschleunigung und Verlangsamung der gemeinsamen Bewegung.  
: ''Diese Geschwindigkeit kann für beide passen und keine der PartnerInnen überfordern. Es kann aber auch passieren, dass eine InteraktionspartnerIn von der Bewegungsgeschwindigkeit der anderen PartnerIn überfordert wird, nicht „mitkommt“ und diesbezüglich die Interaktion von sich aus nicht mitbestimmen kann. Sie wird sich übergangen fühlen und sich kaum in einer wertschätzenden und unterstützenden Beziehung erfahren.  
: ''Diese Geschwindigkeit kann für beide passen und keine der PartnerInnen überfordern. Es kann aber auch passieren, dass eine InteraktionspartnerIn von der Bewegungsgeschwindigkeit der anderen PartnerIn überfordert wird, nicht ‚mitkommt‘ und diesbezüglich die Interaktion von sich aus nicht mitbestimmen kann. Sie wird sich übergangen fühlen und sich kaum in einer wertschätzenden und unterstützenden Beziehung erfahren.  
: ''Die wechselseitigen Anpassungen der eigenen Bewegungsgeschwindigkeit sind bei beiden InteraktionspartnerInnen mit der fortlaufenden Regulation der anderen Bewegungselemente verbunden. Die Art und Weise, wie sie ihre Bewegungsgeschwindigkeit anpassen, beeinflusst somit fortlaufend die Qualität, wie sie die eigenen Bewegungsrichtungen und die eigene Anstrengung regulieren können.“''<ref>ebd., S. 22.</ref>
: ''Die wechselseitigen Anpassungen der eigenen Bewegungsgeschwindigkeit sind bei beiden InteraktionspartnerInnen mit der fortlaufenden Regulation der anderen Bewegungselemente verbunden. Die Art und Weise, wie sie ihre Bewegungsgeschwindigkeit anpassen, beeinflusst somit fortlaufend die Qualität, wie sie die eigenen Bewegungsrichtungen und die eigene Anstrengung regulieren können.“''<ref>ebd., S. 22.</ref>
[[Datei:Screenshot-Bew-el-Zeit-FCT.png|600px|thumb|links|Die Grafik veranschaulicht das kybernetische Verständnis einer Interaktion aus der Perspektive der Bewegungselemente. Hier wird der Aspekt verdeutlicht, wie zwei InteraktionspartnerInnen mit ihrer individuellen Regulation der Bewegungsgeschwindigkeit (Bewegungselement Zeit) aufeinandertreffen.<ref>ebd., S. 22.</ref>]]
[[Datei:Screenshot-Bew-el-Zeit-FCT.png|600px|thumb|links|Die Grafik veranschaulicht das kybernetische Verständnis einer Interaktion aus der Perspektive der Bewegungselemente. Hier wird der Aspekt verdeutlicht, wie zwei InteraktionspartnerInnen mit ihrer individuellen Regulation der Bewegungsgeschwindigkeit (Bewegungselement Zeit) aufeinandertreffen.<ref>ebd., S. 22.</ref>]]
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: ''Für professionelle Bezugspersonen ist es eine große Herausforderung, in jedem Moment der Interaktion bewusst auf ihre eigene Bewegungsgeschwindigkeit zu achten. Im beruflichen Alltag besteht häufig ein gewisser Zeitdruck. Er macht es einem nicht leicht, sich bewusst und differenziert an die oft sehr langsame oder manchmal auch abrupt wechselnde Bewegungsgeschwindigkeit einer Person mit Demenz anzupassen.  
: ''Für professionelle Bezugspersonen ist es eine große Herausforderung, in jedem Moment der Interaktion bewusst auf ihre eigene Bewegungsgeschwindigkeit zu achten. Im beruflichen Alltag besteht häufig ein gewisser Zeitdruck. Er macht es einem nicht leicht, sich bewusst und differenziert an die oft sehr langsame oder manchmal auch abrupt wechselnde Bewegungsgeschwindigkeit einer Person mit Demenz anzupassen.  
: ''Die Kompetenz von Bezugspersonen, die Achtsamkeit auf ihre eigene Bewegungsgeschwindigkeit zu lenken und diese an das Gegenüber anzupassen, ist eine Grundlage dafür, dass sich Menschen mit Demenz in der Interaktion über Berührung und Bewegung beteiligt und wirksam fühlen können.“''<ref>ebd.</ref>
: ''Die Kompetenz von Bezugspersonen, die Achtsamkeit auf ihre eigene Bewegungsgeschwindigkeit zu lenken und diese an das Gegenüber anzupassen, ist eine Grundlage dafür, dass sich Menschen mit Demenz in der Interaktion über Berührung und Bewegung beteiligt und wirksam fühlen können.“''<ref>ebd.</ref>
===== Bewegungselement Raum: Interaktionsphänomene und ihre Bedeutung für die Interaktionsgestaltung =====
===== Bewegungselement Raum: Interaktionsphänomene und ihre Bedeutung für die Interaktionsgestaltung =====
Beim Bewegungselement Raum werden '''die relevanten Interaktionsphänomene''' folgendermaßen beschrieben:  
Beim Bewegungselement Raum werden '''die relevanten Interaktionsphänomene''' folgendermaßen beschrieben:  
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[[Datei:Screenshot-Bew-el-Raum-FCT.png|600px|thumb|links|Die Grafik veranschaulicht das kybernetische Verständnis einer Interaktion aus der Perspektive der Bewegungselemente. Hier wird der Aspekt verdeutlicht, wie zwei InteraktionspartnerInnen mit ihrer individuellen Regulation der Bewegungsrichtungen und Nutzung ihrer Bewegungsspielräume (Bewegungselement Raum) aufeinandertreffen.<ref>ebd., S. 24.</ref>]]
Die '''Bedeutung für die Interaktionsgestaltung mit Menschen mit Demenz''' wird folgendermaßen erläutert:
Die '''Bedeutung für die Interaktionsgestaltung mit Menschen mit Demenz''' wird folgendermaßen erläutert:
: '' Häufig haben Menschen mit Demenz das Problem, dass sie ihre eigenen Bewegungsmöglichkeiten nicht mehr vielfältig nutzen oder ihre Beweglichkeit aufgrund einer hohen Körperspannung eingeschränkt ist. In der Bewegungsinter-aktion mit Menschen mit Demenz sind ihre Richtungsveränderungen für das Gegenüber oft überraschend, manchmal ungewohnt oder sogar der eigenen Erwartung entgegengesetzt. Es passiert leicht, dass man sie sofort in die „richtige“ Richtung“ lenken möchte, dieser Versuch aber mit Widerstand beantwortet wird.   
: '' „Häufig haben Menschen mit Demenz das Problem, dass sie ihre eigenen Bewegungsmöglichkeiten nicht mehr vielfältig nutzen oder ihre Beweglichkeit aufgrund einer hohen Körperspannung eingeschränkt ist. In der Bewegungsinter-aktion mit Menschen mit Demenz sind ihre Richtungsveränderungen für das Gegenüber oft überraschend, manchmal ungewohnt oder sogar der eigenen Erwartung entgegengesetzt. Es passiert leicht, dass man sie sofort in die ‚richtige‘ Richtung“ lenken möchte, dieser Versuch aber mit Widerstand beantwortet wird.   
: '' Die professionelle Gestaltung von Interaktionen über Berührung und Bewegung zielt darauf ab, die Person mit Demenz darin zu unterstützen, dass sie passende Bewegungsrichtungen wahrnehmen und finden kann. Dies kann nur dann gelingen, wenn sie die Bewegungsunterstützung als „fragend“, als gemeinsame Suche und nicht als Vorgabe erfahren.   
: '' Die professionelle Gestaltung von Interaktionen über Berührung und Bewegung zielt darauf ab, die Person mit Demenz darin zu unterstützen, dass sie passende Bewegungsrichtungen wahrnehmen und finden kann. Dies kann nur dann gelingen, wenn sie die Bewegungsunterstützung als ‚fragend‘, als gemeinsame Suche und nicht als Vorgabe erfahren.   
: '' Von professionellen Bezugspersonen erfordert dies eine sehr differenzierte und achtsame Gestaltung der eigenen Bewegungsrichtungen, verbunden mit einer ebenso differenzierten Anpassung der eigenen Anstrengung und Bewegungsgeschwindigkeit.“''<ref>ebd.</ref>
: '' Von professionellen Bezugspersonen erfordert dies eine sehr differenzierte und achtsame Gestaltung der eigenen Bewegungsrichtungen, verbunden mit einer ebenso differenzierten Anpassung der eigenen Anstrengung und Bewegungsgeschwindigkeit.“''<ref>ebd.</ref>


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=== Bewegungselemente in „Kinästhetik – Gesundheitsentwicklung und menschliche Aktivitäten“ ===
=== Bewegungselemente in „Kinästhetik – Gesundheitsentwicklung und menschliche Aktivitäten“ ===


====Einbettung der Bewegungselemente===
====Einbettung der Bewegungselemente====
Im Buch „Kinästhetik – Gesundheitsentwicklung und menschliche Aktivitäten“<ref>'''Hatch, Frank; Maietta, Lenny (2003):''' Kinästhetik. Gesundheitsentwicklung und menschliche Aktivitäten. Übersetzung: Ute Villwock, Elisabeth Brock. 2., komplett überarbeitete Auflage. München, Jena: Urban und Fischer. ISBN 978-3-437-31467-4.</ref> von Frank Hatch und Lenny Maietta werden die sechs Konzepte der Kinästhetik im dritten Kapitel „Kinästhetik in der professionellen Pflege“<ref>ebd., S. 34 ff.</ref> behandelt. Die „Bewegungselemente“<ref>ebd., S. 40 ff.</ref> sind in das erste „Konzept der Interaktion“<ref>ebd., S. 36 ff.</ref> eingebettet, und zwar als zweites Unterthema nach dem ersten Unterthema „Sinne“<ref>ebd., S. 37 ff.</ref> und vor dem dritten und letzten Unterthema „Interaktionsformen“<ref>ebd., S. 41 ff.</ref>.  
Im Buch „Kinästhetik – Gesundheitsentwicklung und menschliche Aktivitäten“<ref>'''Hatch, Frank; Maietta, Lenny (2003):''' Kinästhetik. Gesundheitsentwicklung und menschliche Aktivitäten. Übersetzung: Ute Villwock, Elisabeth Brock. 2., komplett überarbeitete Auflage. München, Jena: Urban und Fischer. ISBN 978-3-437-31467-4.</ref> von Frank Hatch und Lenny Maietta werden die sechs Konzepte der Kinästhetik im dritten Kapitel „Kinästhetik in der professionellen Pflege“<ref>ebd., S. 34 ff.</ref> behandelt. Die „Bewegungselemente“<ref>ebd., S. 40 ff.</ref> sind in das erste „Konzept der Interaktion“<ref>ebd., S. 36 ff.</ref> eingebettet, und zwar als zweites Unterthema nach dem ersten Unterthema „Sinne“<ref>ebd., S. 37 ff.</ref> und vor dem dritten und letzten Unterthema „Interaktionsformen“<ref>ebd., S. 41 ff.</ref>.  
==== Die Erläuterungen zu den Bewegungselementen====
==== Die Erläuterungen zu den Bewegungselementen====
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* nachfolgend die Bewegungselemente inhaltlich nicht mit Unterthema „Interaktionsformen“ verbunden werden.
* nachfolgend die Bewegungselemente inhaltlich nicht mit Unterthema „Interaktionsformen“ verbunden werden.
Wie im „Kinaesthetics – Konzeptsystem“ wird Anstrengung auch als Fachbegriff zur Bezeichnung des fünften Konzepts genutzt<ref>ebd., S. 56 ff.</ref>.
Wie im „Kinaesthetics – Konzeptsystem“ wird Anstrengung auch als Fachbegriff zur Bezeichnung des fünften Konzepts genutzt<ref>ebd., S. 56 ff.</ref>.
=== Kommentare, Auswertung und offene Fragen ===
=== Kommentare, Auswertung und offene Fragen ===
====Anstrengung als Fachbegriff für ein Bewegungselement und für das vierte Konzept ====
====Anstrengung als Fachbegriff für ein Bewegungselement und für das vierte Konzept ====
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(Stefan Marty-Teuber, Helene Kappenthuler , 27.06.2025)
(Stefan Marty-Teuber, Helene Kappenthuler , 27.06.2025)


== Geschichte des Fachbegriffs ==
== Geschichte der Fachbegriffe ==
=== Zeit, Raum und Anstrengung im 16. Kinästhetik-Bulletin von 1990 ===  
=== Zeit, Raum und Anstrengung im 16. Kinästhetik-Bulletin von 1990 ===  
==== Einleitung====
==== Einleitung====
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: ''- Rhythmus (Sequenz).“''<ref>ebd., S. 29.</ref> (4. Auflage 1996 statt Folge)
: ''- Rhythmus (Sequenz).“''<ref>ebd., S. 29.</ref> (4. Auflage 1996 statt Folge)
'''Raum'''
'''Raum'''
: ''- Ort der Interaktion
: ''- Ort der Interaktion
: ''- Richtung der Bewegung (oben-unten, vorne-hinten, rechts-links, diagonal)
: ''- Richtung der Bewegung (oben-unten, vorne-hinten, rechts-links, diagonal)
: ''- Richtung des Austausches zwischen den Beteiligten  
: ''- Richtung des Austausches zwischen den Beteiligten  
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: ''„- Richtung in der Umgebung.“'' (zusätzlich in 1. bis 3. Auflage)
: ''„- Richtung in der Umgebung.“'' (zusätzlich in 1. bis 3. Auflage)
Bemerkenswert ist,
Bemerkenswert ist,
* dass einige Stichworte nicht leicht nachvollziehbar sind, was aber teilweise durch die angeleiteten Erfahrungen am eigenen Körper und durch die Erläuterungen zu Anwendungsmöglichkeiten in der Pflege abgemildert wird.
* dass einige Stichworte nicht leicht nachvollziehbar sind, was aber im Buch teilweise durch die angeleiteten Erfahrungen am eigenen Körper und durch die Erläuterungen zu Anwendungsmöglichkeiten in der Pflege abgemildert wird.
* dass die meisten Aussagen aus der Innen- oder Außenperspektive verstanden werden können bzw. die Unterscheidung zwischen inneren und äußeren Bewegungselementen nicht relevant gewesen zu sein scheint.
* dass die meisten Aussagen aus der Innen- oder Außenperspektive verstanden werden können bzw. die Unterscheidung zwischen inneren und äußeren Bewegungselementen nicht relevant gewesen zu sein scheint.
* dass beim Bewegungselement Zeit im Vergleich mit dem 16. Kinästhetik-Bulletin von 1990 und späteren Beschreibungen die Idee des Beschleunigens und Verlangsamens weggelassen wird. Dafür wird in den ersten drei Auflagen über das Stichwort Folge (vgl. dazu auch „Reihenfolge“ im „Kinaesthetics – Konzeptsystem“) eine Verbindung mit den Interaktionsformen hergestellt. In der vierten Auflage wird stattdessen das Stichwort Rhythmus des 16. Kinästhetik-Bulletins aufgenommen.
* dass beim Bewegungselement Zeit im Vergleich mit dem 16. Kinästhetik-Bulletin von 1990 und späteren Beschreibungen die Idee des Beschleunigens und Verlangsamens weggelassen wird. Dafür wird in den ersten drei Auflagen über das Stichwort Folge (vgl. dazu auch „Reihenfolge“ im „Kinaesthetics – Konzeptsystem“) eine Verbindung mit den Interaktionsformen hergestellt. In der vierten Auflage wird stattdessen das Stichwort Rhythmus des 16. Kinästhetik-Bulletins aufgenommen.
* dass beim Bewegungselement Kraftaufwand trotz der begrifflichen Abgrenzung vom 5. Prinzip „Anstrengung(sarten)“ als Aspekt die Qualität über Ziehen und Drücken genannt wird.
* dass beim Bewegungselement Kraftaufwand trotz der begrifflichen Abgrenzung vom 5. Prinzip „Anstrengung(sarten)“ als Aspekt die Qualität über Ziehen und Drücken genannt wird.
Die Bewegungselemente werden nachfolgend im Kapitel „Interaktionsformen“ mit diesem Thema verbunden. Dies findet in den Erläuterungen der einzelnen Interaktionsformen nur stellenweise statt, explizit werden sie im Unterkapitel „Gleichzeitige Interaktion“<ref>ebd., S. 33.</ref> erwähnt.
Die Bewegungselemente werden nachfolgend im Kapitel „Interaktionsformen“ mit diesem Thema verbunden. Dies findet in den Erläuterungen der einzelnen Interaktionsformen nur stellenweise statt, explizit werden sie im Unterkapitel „Gleichzeitige Interaktion“<ref>ebd., S. 33.</ref> erwähnt.
====Nachfolgende Entwicklung====
====Nachfolgende Entwicklung====
Im Gegensatz zum Buch von Hatch, Maietta und Schmidt findet sich schon im Grundkurs-Arbeitsbuch des Jahres 1993 (S. 1.5) oder in der internen Kurzdarstellung des Grundkurses<ref>'''Maietta, Lenny (1994):''' Kinästhetik in der Pflege-Grundkurs - Kurzdarstellung. Übersetzt von Ina Citron. USA: Maietta-Hatch, Inc. Ohne ISBN. S. 2.</ref> als drittes Bewegungselement „Anstrengung“ statt „Kraftaufwand“. Diese fachbegriffliche Verwendung setzt sich danach bis heute durch.
Im Gegensatz zum Buch von Hatch, Maietta und Schmidt findet sich schon im Grundkurs-Arbeitsbuch des Jahres 1993 (S. 1.5) oder in der internen Kurzdarstellung des Grundkurses<ref>'''Maietta, Lenny (1994):''' Kinästhetik in der Pflege-Grundkurs - Kurzdarstellung. Übersetzt von Ina Citron. USA: Maietta-Hatch, Inc. Ohne ISBN. S. 2.</ref> als drittes Bewegungselement „Anstrengung“ statt „Kraftaufwand“. Diese fachbegriffliche Verwendung setzt sich danach bis heute durch.
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* [[Interaktion]]
* [[Interaktion]]
* [[Orientierung]]
* [[Orientierung]]
* [[usw.]]


== Die Verwendung als kinästhetischer Fachbegriff ==
== Die Verwendung als kinästhetischer Fachbegriff ==
Zeit, Raum und Anstrengung werden ab dem Jahr 1990 fachbegrifflich thematisiert, Bewegungselemente wird als Oberbegriff ab dem Jahr 1991 verwendet. Bezeichnet werden drei bewusst veränderbare Elemente oder Grunddimensionen, die unabdingbar zu jeder Bewegung und zu jeder [[Interaktion]] gehören. Wegen Letzterem haben sie einen engen Zusammenhang mit den Interaktionsformen.
Zeit, Raum und Anstrengung werden ab dem Jahr 1990 fachbegrifflich thematisiert, Bewegungselemente wird als Oberbegriff ab dem Jahr 1991 verwendet. Bezeichnet werden drei bewusst veränderbare Elemente oder Grunddimensionen, die unabdingbar zu jeder Bewegung und zu jeder [[Interaktion]] gehören. Wegen Letzterem haben sie einen engen Zusammenhang mit den Interaktionsformen.


Das Bewegungselement Zeit wird im Kern mit der situationsgerechten Bewegungsgeschwindigkeit bzw. dem Beschleunigen und Verlangsamen der Bewegung verbunden, das Bewegungselement Raum mit dem situationsgerechten Einsatz der Möglichkeiten der Bewegungsrichtungen unserer Körperteile und das Bewegungselement Raum mit dem situationsgerechten Einsatz der Muskelkraft oder des Kraftaufwandes. In der Fachliteratur finden sich häufig weitere Erläuterungen der einzelnen Bewegungselemente, die teilweise stichwortartig und schwer nachvollziehbar bleiben.  
Das Bewegungselement Zeit wird im Kern mit der situationsgerechten Bewegungsgeschwindigkeit bzw. dem Beschleunigen und Verlangsamen der Bewegung verbunden, das Bewegungselement Raum mit dem situationsgerechten Einsatz der Möglichkeiten der Bewegungsrichtungen unserer Körperteile und das Bewegungselement Anstrengung mit dem situationsgerechten Einsatz der Muskelkraft oder des Kraftaufwandes. In der Fachliteratur finden sich häufig weitere Erläuterungen der einzelnen Bewegungselemente, die teilweise stichwortartig und schwer nachvollziehbar bleiben.  


Aus fachsprachlicher Sicht unglücklich ist die Verwendung des gleichen Begriffs Anstrengung zur Bezeichnung eines Bewegungselements und eines Konzepts bzw. der quantitativen und qualitativen Aspekte der Anstrengung. Die Unterscheidung zwischen inneren und äußeren Bewegungselementen tritt um die Jahrtausendwende auf und bringt eine Außenperspektive ein, die im Kontext von Pflege, Betreuung und Therapie ihre Berechtigung hat.
Aus fachsprachlicher Sicht unglücklich ist die Verwendung des gleichen Begriffs Anstrengung zur Bezeichnung eines Bewegungselements und eines Konzepts bzw. der quantitativen und qualitativen Aspekte der Anstrengung. Die Unterscheidung zwischen inneren und äußeren Bewegungselementen tritt um die Jahrtausendwende auf und bringt eine Außenperspektive ein, die im Kontext von Pflege, Betreuung und Therapie ihre Berechtigung hat.
== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />


[[Kategorie:Konzeptsystem]]
[[Kategorie:Konzeptsystem]]

Aktuelle Version vom 24. November 2025, 09:30 Uhr

Die AusbilderInnen in Ausbildung (ABAB) verfassen einen KOFL-Fachartikel im Rahmen ihres Lehrgangs, und zwar in Zusammenarbeit mit dem Chefredakteur und begleitet von einer KOFL-RedakteurIn. Diese Seite dient dazu, dass ihre Artikel in den Stadien ihrer Entwicklung eingesehen werden können.

Der schriftliche Beschreibung des Auftrags findet sich ABAB-Lehrgang-Schriftl-Arbeit-KOFL.pdf.

Bewegungselemente

Status vorläufig abgeschlossen
AutorIn/RedakteurIn Helene Kappenthuler, Stefan Marty-Teuber/Dagmar Panzer
Letzte Änderung 24.11.2025


Zusammenfassung:
Dieser Artikel behandelt die kinästhetischen Fachbegriffe der Bewegungselemente Zeit, Raum und Anstrengung als bewusst veränderbare Grunddimensionen jeder Bewegung und jeder Interaktion. Dabei wird neuere Fachliteratur aus den Demenz-Aufbaumodulen berücksichtigt und insbesondere der neue Ansatz vorgestellt, dass die Bewegungselemente für alle Ebenen der Beziehungsgestaltung bzw. sowohl für alle Arten der Kommunikation als auch für die Interaktion über Berührung und Bewegung eine Bedeutung haben.

Desgleichen wird die Geschichte des Fachbegriffs mit einschlägiger Fachliteratur beleuchtet. Es zeigt sich, dass die Grundidee beginnend mit den ersten geschlossenen Publikationen thematisiert wird und die aktuelle Einordnung ins Konzept Interaktion kurz nach der ersten geschlossenen Publikation erfolgte. Bemerkenswert ist, dass die Unterscheidung zwischen inneren und äußeren Bewegungselementen später eingeführt wurde und ihr in der Fachliteratur nicht durchgängig eine wesentliche Bedeutung zugeschrieben wird.

Aktuelle Verwendung der Fachbegriffe

Bewegungselemente in „Kinaesthetics – Konzeptsystem“

Einbettung der Bewegungselemente in das Konzept „Interaktion“

Im Buch „Kinaesthetics – Konzeptsystem“[1] ist Interaktion das erste beschriebene Konzept[2]. Wie allgemein üblich wird Interaktion als Wechselbeziehung von HandlungspartnerInnen definiert. In der Kinästhetik werden unter dem Begriff Interaktion sowohl die Wechselbeziehung zwischen zwei Lebewesen als auch Interaktionen zwischen den Teilen innerhalb eines Lebewesens verstanden. Als Beispiel für die Wechselbeziehung zwischen zwei Lebewesen wird die Kommunikation genannt. Dass bei einer solchen Interaktion grundsätzlich alle Sinnessystem beteiligt sind, ergebe sich aus der gängigen Unterscheidung von verbaler und nonverbaler Kommunikation. Wie sich aus der Einleitung des Buches zu seinem Aufbau[3] erschließen lässt, spielen die erfahrbaren Aspekte, die in der Gestaltung von Interaktionen zusammenspielen, eine zentrale Rolle. Im Fachgebiet der Kinästhetik gehe es hauptsächlich darum, die folgenden Arten von Interaktion wahrzunehmen und zu gestalten:

„Interaktion zwischen Teilen unseres Körpers in verschiedenen Aktivitäten.
Interaktion zwischen Menschen durch Berührung und Bewegung.“[4]

Vor diesem Hintergrund ist das zweite Unterthema „Bewegungselemente“ dieses Konzeptes von höchster Bedeutung, wenn es um die Gestaltung der Qualität unserer Interaktionen geht.

Das zweite Unterthema „Bewegungselemente“

Das Konzepticon der Bewegungselemente veranschaulicht die Bewegungselemente mit den traditionellen Symbolen der Uhr für die Zeit, des Kubus für den Raum und des Oberarms mit angespannten Muskeln für die Anstrengung. Die ersten beiden Symbole sind nur aus der Außenperspektive treffend.
Die Bewegungselemente und ihre individuelle Gestaltung

Einleitend wird auf Folgendes hingewiesen: Solange ein Mensch lebt, muss er sein Körpergewicht in der Schwerkraft „organisieren“[5]. Man könnte dies folgendermaßen erläutern: Diese Tatsache bedingt, dass er die Fähigkeit entwickelt, die Bewegung seiner Körperteile fortlaufend so zu regulieren, dass er einfache und komplexe Funktionen[6] bzw. alltägliche Aktivitäten meistern kann. Diese Regulation geschieht meistens wenig bewusst. Lenken wir die Achtung auf die Art und Weise, wie wir unsere Bewegung gestalten, bemerken wir, dass immer räumliche und zeitliche Veränderungen sowie Veränderungen der Anstrengung zusammenspielen. Die Gestaltung dieses Zusammenspieles ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Der grundlegende gemeinsame Nenner sind die sogenannten Bewegungselemente (Raum, Zeit und Anstrengung), die in jeder Bewegung zusammenspielen und sich beeinflussen.[7] Um dieses Zusammenspiel der Bewegungselemente differenziert betrachten zu können, werden sie im Buch in einer Tabelle einzeln und getrennt in innere und äußere Bewegungselemente beschrieben.

Die äußeren und die inneren Bewegungselemente

Im Unterthema „Bewegungselemente“ werden die inneren und die äußeren Bewegungselemente unterschieden. Ein Grund ist, dass alle Aktivitäten, die der Mensch gestaltet, im Kontext der jeweiligen Umgebung stattfinden[8].

Äußerer und innerer Raum
Das Bewegungselement äußerer Raum meint gemäß den Begriffsbestimmungen den Platz, den wir als Menschen in unserer Umgebung für unsere Bewegung zur Verfügung habe. Das kann somit z. B. eine enge Toilette oder ein geräumiges WC für Menschen mit Behinderung sein, was in Unterstützungssituationen für die Bewegungsfreiheit der unterstützenden Person viel ausmacht. Ebenso wird damit auch der Platz bezeichnet, den uns ein anderes Lebewesen durch sein Verhalten für unsere Bewegung ermöglicht. Beim inneren Raum gehe es um die Bewegungsmöglichkeiten, die uns durch „die Größe der Knochen, die Spielräume der Gelenke und die individuelle Beschaffenheit des Bindegewebes und der Muskeln“ für unsere Bewegung zur Verfügung stehen beziehungsweise die wir nutzen.

Äußere und innere Anstrengung
Das Bewegungselement äußere Anstrengung meint gemäß den Begriffsbestimmungen die konstante Beeinflussung unserer Bewegung durch die Schwerkraft. Ebenso wird damit auch die Muskelkraft bezeichnet, mit der ein anderes Lebewesen auf unsere Bewegung einwirkt. Bei der inneren Anstrengung gehe es um Körperspannung und die individuelle Muskelkraft, die wir für unsere Bewegung nutzen. Es gehe um die quantitativen Aspekte menschlicher Anstrengung. Diese Aussage darf als gewollte Abgrenzung zu den qualitativen Aspekten verstanden werden, die im vierten Konzept „Anstrengung“ thematisiert werden[9].

Äußere und innere Zeit
Das Bewegungselement äußere Zeit meint gemäß den Begriffsbestimmungen die Zeit, die uns für meine Bewegung von außen vorgegeben wird. Das kann somit z. B. bei einem Kind die Vorgabe sein, es müsse drei Minuten lang seine Zähne putzen. Bei der inneren Zeit gehe es um das individuelle Tempo oder die individuelle Geschwindigkeit, die wir für unsere Bewegung in einer Aktivität aufwenden[10].

Erfahrbare Eigenschaften der Bewegungselemente und ihre Bedeutung

Jedem der Bewegungselemente werden darauf erfahrbare Eigenschaften zugeordnet:

Tabellarische Darstellung der erfahrbaren Eigenschaften der Bewegungselemente
Raum Anstrengung Zeit
Erfahrbare Eigenschaften • Richtung
• Entfernung
• Reichweite
Quantitative Kraftunterschiede • Reihenfolge
• Geschwindigkeit
• Dauer

Ausgehend von den verschiedenen Eigenschaften der drei Bewegungselemente sei die Qualität unserer Bewegung davon abhängig, wie differenziert wir die inneren Bewegungselemente im Moment an die jeweilige Situation und äußere Gegebenheiten, aber auch an eigene Bedürfnisse und aktuelle Möglichkeiten anpassen können. Als Voraussetzung für die differenzierte Gestaltung der Bewegungselemente wird ihre differenzierte Wahrnehmung in der Bewegung bezeichnet[11]. Zusammenfassend lässt sich Folgendes festhalten: Wenn wir die einzelnen inneren Bewegungselemente differenziert wahrnehmen und sie bewusst oder unbewusst vielfältig anpassen können, zeigt sich dies in der Kompetenz, wie wir unsere alltäglichen Aktivitäten gestalten. Äußere Umstände können unsere Anpassungsvielfalt der drei inneren Bewegungselemente in jedem Moment beeinflussen. Wie differenziert und wie vielfältig wir unsere inneren Bewegungselemente an die äußeren Gegebenheiten anpassen können, zeigt sich in den Möglichkeiten, die wir finden, um mit unterschiedlichen Umständen umzugehen.

Innen und außen: Der Bezug zu den unwillkürlichen Lebensprozessen und zur Notwendigkeit des Austauschs mit der „Außenwelt“

Abschließend werden die inneren und äußeren Bewegungselemente je mit einem grundsätzlichen Thema in Verbindung gebracht:

  • Zum einen wird darauf verwiesen, dass unsere willkürlichen Bewegungen unsere unwillkürlichen inneren Lebensprozesse beeinflussen. Vor diesem Hintergrund habe die Qualität, wie wir unsere inneren Bewegungselemente in unserer alltäglichen Bewegung einsetzen, einen steuernden Einfluss aus unsere Lebensprozesse.
  • Zum anderen seien wir auf Austausch bzw. Interaktion mit anderen Menschen angewiesen und ebenso auf die Auseinandersetzung mit der Umwelt bzw. den äußeren Bewegungselementen.

Zum Schluss wird der Bezug der Bewegungselemente zum übergeordneten Thema Interaktion hergestellt und zugleich zum folgenden Unterthema Interaktionsformen übergeleitet: Bewegungsinteraktionen werden als Aufeinandertreffen zweier individueller Arten des Umgangs mit den Bewegungselemente beschrieben. Die diesbezügliche wechselseitige Anpassungsfähigkeit bestimme dabei wesentlich die Interaktionsqualität<ebd.</ref>.

Bedeutung der Bewegungselemente im ganzen Konzeptsystem

Interaktionsformen

Explizit aufgenommen werden die Bewegungselemente im darauffolgenden dritten Unterthema „Interaktionsformen“[12] des ersten Konzepts „Interaktion“. Hier wird einleitend die zwischenmenschliche Interaktion als ein Aufeinandertreffen zweier „Zeit-Raum-Anstrengungs-Systeme“[13] beschrieben, also zweier Systeme (im Sinn des kybernetischen Fachbegriffs), die sich grundsätzlich durch die ihre inneren Bewegungselemente Zeit, Raum und Anstrengung selbst regulieren.

Die Interaktionsformen werden durch die Unterschiede definiert, wie sich die InteraktionspartnerInnen in einer Interaktion in Bezug auf die Bewegungselemente aneinander anpassen bzw. eine führende oder folgende Rolle übernehmen.

Allerdings verschwimme genau dieser Unterschied des Führens und Folgens in der gleichzeitig-gemeinsamen Interaktionsform: Die InteraktionspartnerInnen passen ihre inneren Bewegungselemente kontinuierlich und wechselseitig so aneinander an, dass in ihrem Empfinden weder die eine noch die andere Person in Bezug auf die gemeinsame Bewegung die Bewegungsgeschwindigkeit, die Nutzung der Bewegungsspielräume oder den Einsatz der Muskelkraft hauptsächlich bestimmt. Bei der einseitigen Interaktionsform übernimmt hingegen eine InteraktionspartnerIn die führende Rolle in Bezug auf die Bewegungselemente, bei der schrittweisen Interaktionsform wechselt dies zwischen den PartnerInnen hin und her.

Die Bewegungselemente bilden somit die Grundlage, um in einer Interaktion in differenzierter Weise auf den Unterschied des Führens und Folgens bzw. auf die Interaktionsform achten zu können[14].

Konzept „Anstrengung“

Im „Kinaesthetics – Konzeptsystem“ findet das Stichwort Bewegungselemente nur noch im vierten Konzept „Anstrengung“[15] eine explizite Erwähnung. Hier wird in der allgemeinen Beschreibung des Konzeptes darauf verwiesen, dass im Rahmen des Unterthemas „1.2 Bewegungselemente“ die Unterscheidung zwischen dem inneren und äußeren Bewegungselement und „der quantitative Aspekt der inneren Anstrengung im Vordergrund“[16] stehe. Im Gegensatz dazu gehe es im vierten Konzept „Anstrengung“ um die qualitativen Aspekte, die durch das komplexe Zusammenspiel von Ziehen und Drücken erfahrbar seien.

Im Kapitel „4.1. Ziehen und Drücken“ werden diese qualitativen Aspekte unter direkter Bezugnahme auf die Bewegungselemente folgendermaßen erläutert:

„Je präziser wir das Wechselspiel von Ziehen und Drücken in Zeit, Raum und Quantität koordinieren, desto weniger Kraftaufwand ist nötig, um eine Aktivität auszuführen.“[17]

Als qualitativer Aspekt wird hier die Präzision des Wechselspiels von Ziehen und Drücken in den Dimensionen der Bewegungselemente (Zeit, Raum) erwähnt, wobei für das Bewegungselement Anstrengung zur besseren Abgrenzung der Begriff Quantität verwendet wird.

Bewegungselemente in übrigen Konzepten

In den übrigen Konzepten wird das Stichwort Bewegungselemente nicht explizit erwähnt. Klar ist, dass sie für alle Konzepte eine grundlegende Bedeutung haben. So wird z. B. das Zusammenspiel von Massen und Zwischenräumen durch Anpassungen der Bewegungselemente Zeit, Raum und Anstrengung gestaltet. Desgleichen werden erfahrungsgemäß von TrainerInnen oder AusbilderInnen z. B. parallele und spiralige Bewegungsmuster oder ebenso andere Konzepte und ihre Unterthemen in einen Zusammenhang mit den Bewegungselementen gebracht. Eine explizite Erwähnung finden Aspekte einzelner Bewegungselemente in verschiedenen Konzepten. Im Unterthema „2.4. Orientierung“ des zweiten Konzepts „Funktionale Anatomie“ wird Orientierung als die Fähigkeit bezeichnet, „sich im äußeren Raum und in der Zeit zurechtfinden zu können“[18], was mit diesen beiden äußeren Bewegungselementen in Verbindung gebracht werden darf. In diesem Zusammenhang wird von der räumlich-zeitlichen Orientierungsfähigkeit gesprochen. Dieser wird die Fähigkeit gegenübergestellt,

„sich im eigenen Körper, im inneren Raum bzw. an den Sachverhalten der funktionalen Anatomie orientieren zu können. Diese körperliche Orientierungsfähigkeit setzt sich mit Fragen auseinander wie: ‚In welcher Position befindet sich unser Körper? Wie und mit welcher Anstrengung ist dabei die Gewichtsabgabe unserer Massen organisiert? Wie und in welche Richtung sollen wir unsere Körperteile bewegen, um ein Ziel zu erreichen?‘“[19]

Hier wird explizit auf das Bewegungselement des inneren Raums verwiesen und gleichermaßen das Bewegungselement innere Anstrengung im Zusammenhang mit der Gewichtsorganisation erwähnt.

„Bewegungselemente“ in den Demenz-Aufbaumodulen

Einbettung der Bewegungselemente in den Demenz-Aufbaumodulen

Die Bewegungselemente werden im Aufbaumodul Demenz 1 „Sich und die Welt wahrnehmen“[20] und im Aufbaumodul Demenz 2 „Sich in Beziehung erfahren“[21] thematisiert.

Im Aufbaumodul Demenz 1 sind die Bewegungselemente Thema des vierten Teils. Die betreffenden Ausführungen bauen auf den vorausgehenden drei Teilen „Erfahrbare Eigenschaften der Wahrnehmung“, „Kinästhetisches Sinnessystem“ und „Wahrnehmung und Bewegung als zirkulärer Prozess“ auf. Entsprechend werden die Bewegungselemente mit der Feedback-Control-Theorie verbunden und ihre Bedeutung hauptsächlich im Zusammenhang mit dem übergeordneten Thema Wahrnehmung bzw. „Sich und die Welt wahrnehmen“ aufgezeigt.

Im Aufbaumodul Demenz 2 werden die Bewegungselemente als zweiter Teil „Bewegungselemente als Grunddimensionen der Interaktionsgestaltung“ wieder aufgegriffen. Voraus geht der erste Teil „Beziehung und Beziehungsgestaltung“. Wie es die Überschrift und das übergeordnete Thema „Sich in Beziehung erfahren“ sagt, werden sie hier hauptsächlich aus der Perspektive der Beziehungs- und Interaktionsgestaltung beleuchtet.

Die Bewegungselemente im Aufbaumodul Demenz 1

Einführung

Im Aufbaumodul Demenz 1 „Sich und die Welt wahrnehmen“ werden die Bewegungselemente in „Teil 4: Die Bewegungselemente Zeit, Raum und Anstrengung“[22] folgendermaßen eingeführt:

„Grundlegende Elemente jeder Bewegung
Im vorausgehenden Teil 3 wurde deutlich, dass Wahrnehmen ein fortlaufender zirkulärer Prozess ist, der immer mit der eigenen Bewegung verbunden ist. Dabei stehen die Qualität der Bewegung und die Differenziertheit der Wahrnehmung in einem engen wechselseitigen Zusammenhang.
Bewegung bedeutet für den Menschen immer, angepasst an die Situation
die Bewegungsgeschwindigkeit zu regulieren (Zeit),
die räumliche Beziehung seiner Körperteile zu verändern (Raum) und
Muskelspannung aufzubringen (Anstrengung).
Während des ganzen Lebens gestaltet der Mensch in all seinen Aktivitäten – meistens unbewusst – das Zusammenspiel dieser drei Größen. Sie bilden die grundlegenden Elemente jeder Bewegung in der Schwerkraft und werden mit dem kinästhetischen Fachbegriff als Bewegungselemente bezeichnet. Die Qualität, in der wir unsere Bewegung an eine konkrete Situation anpassen, kann durch die Art und Weise dieses Zusammenspiels beschrieben werden.
Zugleich sind für jeden Menschen unter dem Blickwinkel der Bewegungselemente grundlegende Unterschiede mit seiner Bewegungswahrnehmung erfahrbar.“ [23]

Unter der Überschrift „Bedeutung für Menschen mit Demenz“[24] wird darauf hingewiesen, dass oft beobachtbar ist, dass Menschen mit Demenz die Bewegungselemente immer weniger differenziert und vielfältig nutzen. Dementsprechend nehmen sie ihre eigene Bewegung weniger differenziert wahr, was wiederum die weniger differenzierte Nutzung der Bewegungselemente verstärkt.

Unter der Überschrift „Bedeutung für die Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz“[25] wird auf die Notwendigkeit hingewiesen, in alltäglichen Unterstützungssituationen fortlaufend auf die Gestaltung der eigenen Bewegungselemente zu achten und sie den Möglichkeiten der betreffenden Person mit Demenz anzupassen. Die Absicht dabei sei, „die Person so zu unterstützen, dass sie diesbezüglich in ihrer eigenen Bewegung wieder mehr und differenziertere Möglichkeiten entdecken kann“[26].

Im Anschluss werden unter der Überschrift „Die Bedeutung der Bewegungselemente für Wahrnehmung und Praxis“ [27] die einzelnen Bewegungselemente und ihre jeweilige Bedeutung für die Person mit Demenz sowie Pflegende und Betreuende dargestellt.

Das Bewegungselement Zeit

Zum Bewegungselement Zeit wird festgehalten, dass es in der Geschwindigkeit der eigenen Bewegung erfahr- und beobachtbar sei. Im Vergleich mit den Erläuterungen im „Kinaesthetics – Konzeptsystem“ ist bemerkenswert, dass die dortigen Stichworte der individuell benötigten Zeit, der Eigenschaften der Reihenfolge, Geschwindigkeit und Dauer (vgl. oben) folgendermaßen präzisiert werden:

„Genauer ausgedrückt, geht es um die Fähigkeit des Menschen, die Bewegungsgeschwindigkeit der einzelnen Körperteile fortlaufend zu dosieren und an die jeweilige Aktivität anzupassen. Gesunden Menschen fällt es in der Regel ganz einfach, die Bewegung in alltäglichen Aktivitäten zu beschleunigen oder zu verlangsamen, wie es die Situation gerade erfordert.“[28]

Der Blickwinkel, wie schnell oder langsam eine Aktivität gestaltet wird oder wie lange sie dauert, wird somit dadurch präzisiert, dass man darauf achtet, wie man die eigene Bewegungsgeschwindigkeit fortlaufend situationsgerecht anpassen und verändern kann.

Auf der Bedeutungsebene wird anschließend darauf aufmerksam gemacht, dass gerade Menschen mit Demenz auf eine Unterstützung angewiesen sind, die sich an ihrem eigenen Bewegungstempo orientiert. Dies werde von Pflegenden und Betreuenden, die mit der Kinästhetik vertraut sind, „als Schlüssel einer wirklich gemeinsamen und wahrnehmungsfördernden Interaktion und Beziehungsgestaltung bezeichnet“[29].

Das Bewegungselement Raum

Das Bewegungselement Raum wird folgendermaßen beschrieben:

„Der räumliche Aspekt einer Bewegung ist durch Richtungsänderungen in und zwischen den Körperteilen erfahrbar und beobachtbar. Dabei geht es um die Art und Weise, wie der Mensch seine körperlichen Bewegungsspielräume nutzt. Grundlage des inneren Raums sind anatomische Gegebenheiten. Er wird aus der Innenperspektive durch individuelle Bewegungsmuster oder auch durch Schmerzsituationen beeinflusst. Aus der Außenperspektive spielen die Gestaltung der Bewegungsinteraktion bei einer Unterstützung und überhaupt das äußere, materielle „Platzangebot“ eine Rolle. Die Kompetenz eines Menschen, die Bewegungsrichtungen seiner Körperteile im Verlaufe einer Aktivität immer wieder anzupassen, ist eine wichtige Voraussetzung für alle alltäglichen Aktivitäten.“[30]

Im Vergleich mit dem „Kinaesthetics – Konzeptsystem“ wird das Bewegungselement Raum hauptsächlich als erfahr- und beobachtbar durch Veränderungen der Bewegungsrichtungen und durch die Nutzung der Bewegungsspielräume charakterisiert. Bemerkenswert ist der Hinweis, dass das Bewegungselement Raum aus der Perspektive der betreffenden Person durch ihre individuellen Bewegungsmuster oder Schmerzsituationen beeinflusst wird.

Auf der Bedeutungsebene wird die Beobachtung, dass Menschen mit Demenz die möglichen Bewegungsrichtungen zunehmend weniger vielfältig nutzen, durch ein einleitendes Beispiel veranschaulicht:

„Frau B. lässt sich zwar auf das Sofa auf dem Gang ihres Heims plumpsen, kommt aber kaum mehr hoch (Bewegungselement Zeit). Die einzige Richtung, in die sie es versucht, geht gerade nach vorne (Bewegungselement Raum). Manchmal wippt sie dreimal vor und zurück, um mit Schwung hochzukommen, aber es gelingt ihr nicht immer. [im Original kursiv]“[31]

Ebenso wird darauf hingewiesen, dass eine Unterstützung, dank der Menschen mit Demenz ihre Bewegungsspielräume sensibel wahrnehmen und somit ihr Körperbewusstsein verfeinern können, ihre allgemeine Entwicklung begünstigt.

Das Bewegungselement Anstrengung

Das Bewegungselement Anstrengung wird als erfahr- und beobachtbar durch Veränderungen der Muskelspannung charakterisiert. Ähnlich wie beim Bewegungselement Zeit wird dies durch den Hinweis präzisiert, dass es dabei um das fortlaufende Dosieren und Anpassen geht, hier also darum, die Muskelspannung situationsgerecht auf- und abbauen zu können. Zudem wird erwähnt, dass bei heraus- oder überfordernden Aktivitäten oft eine unbewusste oder sozusagen automatische, aber nicht hilfreiche Erhöhung der Muskelspannung beobachtbar ist.[32]

Auf der Bedeutungsebene wird die Beobachtung einer hohen Körperspannung bei Menschen mit Demenz erwähnt und wieder, dass eine entsprechend angepasste Unterstützung ihre allgemeine Entwicklung begünstigt.

Bewegungserfahrung: Zusammenhang zwischen Bewegungselementen und Bewegungswahrnehmung

Den Abschluss dieses Kapitels bildet eine Bewegungserfahrung, mit der die LeserIn in Bezug auf das übergeordnete Thema „Sich und die Welt wahrnehmen“ den Zusammenhang zwischen der unterschiedlichen Nutzung der Bewegungselemente und der Differenziertheit der Bewegungswahrnehmung in ihrem eigenen Körper erfahren kann:

„Probieren Sie es aus:
Legen Sie sich in Rückenlage und erhöhen Sie Ihre gesamte Körperspannung. Drehen Sie sich nun mit erhöhter Körperspannung in die Seitenlage. Wie differenziert können Sie dabei die Gewichtsverlagerungen Ihrer Körperteile wahrnehmen? Führen sie dieselbe Aktivität aus, indem Sie nun Ihre Muskelspannung möglichst angepasst regulieren. Vergleichen Sie, wie sich dieser Unterschied auf die Differenziertheit Ihrer Bewegungswahrnehmung auswirkt.
Verändern Sie nun in derselben Aktivität ein anderes Bewegungselement (Zeit oder Raum) und beobachten Sie, wie sich diese Veränderungen auf die Differenziertheit Ihrer Bewegungswahrnehmung auswirken. [im Original kursiv]“[33]

Die Bewegungselemente im Aufbaumodul Demenz 2

Einleitung

Wie erwähnt werden die Bewegungselemente im Aufbaumodul Demenz 2 „Sich in Beziehung erfahren“[34] im zweiten Teil „Bewegungselemente als Grunddimensionen der Interaktionsgestaltung“[35] hauptsächlich aus der Perspektive der Beziehungs- und Interaktionsgestaltung beleuchtet.

Dabei werden die Einführung in die Bewegungselemente und ihre Beschreibungen aus dem Aufbaumodul Demenz 1 übernommen. Diese Beschreibungen werden beim Bewegungselement Zeit und Raum je mit einem Praxisbeispiel veranschaulicht, an das sich Erläuterungen zu den auftretenden Phänomenen der Interaktion und zu ihrer Bedeutung für die Interaktionsgestaltung anschließen.

Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden

  • ein grundlegender Ausschnitt aus der Einführung,
  • jeweils die Erläuterungen zu den Interaktionsphänomenen und die Bedeutung für die Interaktionsgestaltung

zitiert.

Einführung: Bewegungselemente und Interaktion

An das Zitat aus der Einführung in die Bewegungselemente aus dem Aufbaumodul Demenz 1 und eine Bewegungserfahrung zum komplexen Zusammenspiel der Bewegungselemente schließen sich die folgenden grundlegenden Aussagen an:

„Die Kompetenz, das Zusammenspiel der Bewegungselemente fortlaufend in jeder Situation anzupassen, entwickelt jeder Mensch lebenslang weiter. Die Entwicklung kann in Richtung von mehr oder weniger Anpassungsmöglichkeiten gehen, mit denen der Alltag selbstständig gestaltet werden kann. Deshalb ist es besonders wichtig, einen Menschen bei körperlichen Veränderungen im Alter oder bei demenziellen Veränderungen darin zu unterstützen, sein Zusammenspiel der Bewegungselemente vielfältig zu nutzen.
Jeder Mensch hat seine individuelle Art und Weise, in seinen alltäglichen Aktivitäten das komplexe Zusammenspiel der Bewegungselemente zu gestalten. In der Interaktion über Berührung und Bewegung begegnen sich zwei Menschen mit ihrer individuellen Art und Weise, Zeit, Raum und Anstrengung in alltäglichen Aktivitäten einzusetzen. Dabei müssen beide Beteiligten fortlaufend ihre Bewegungselemente an die eigenen Bewegungsmöglichkeiten und gleichzeitig an das Gegenüber anpassen. Deshalb wird die vollständige Beschreibung dieser Situation aus den Blickwinkeln der Bewegungselemente hochkomplex.
Vor diesem Hintergrund wird im Folgenden die Komplexität reduziert, indem die Interaktion für beide Beteiligten hauptsächlich aus der Perspektive je eines Bewegungselementes beschrieben wird.“[36]
Bewegungselement Zeit: Interaktionsphänomene und ihre Bedeutung für die Interaktionsgestaltung

Beim Bewegungselement Zeit werden die relevanten Interaktionsphänomene folgendermaßen beschrieben:

„Wenn Menschen über Berührung und Bewegung miteinander in Interaktion treten, beeinflussen sich ihre Bewegungsgeschwindigkeiten wechselseitig. Die InteraktionspartnerInnen passen sich meist unbewusst und so gut, wie sie es können, aneinander an. Es entsteht eine gemeinsame Bewegungsgeschwindigkeit oder genauer gesagt eine situativ angepasste Beschleunigung und Verlangsamung der gemeinsamen Bewegung.
Diese Geschwindigkeit kann für beide passen und keine der PartnerInnen überfordern. Es kann aber auch passieren, dass eine InteraktionspartnerIn von der Bewegungsgeschwindigkeit der anderen PartnerIn überfordert wird, nicht ‚mitkommt‘ und diesbezüglich die Interaktion von sich aus nicht mitbestimmen kann. Sie wird sich übergangen fühlen und sich kaum in einer wertschätzenden und unterstützenden Beziehung erfahren.
Die wechselseitigen Anpassungen der eigenen Bewegungsgeschwindigkeit sind bei beiden InteraktionspartnerInnen mit der fortlaufenden Regulation der anderen Bewegungselemente verbunden. Die Art und Weise, wie sie ihre Bewegungsgeschwindigkeit anpassen, beeinflusst somit fortlaufend die Qualität, wie sie die eigenen Bewegungsrichtungen und die eigene Anstrengung regulieren können.“[37]
Die Grafik veranschaulicht das kybernetische Verständnis einer Interaktion aus der Perspektive der Bewegungselemente. Hier wird der Aspekt verdeutlicht, wie zwei InteraktionspartnerInnen mit ihrer individuellen Regulation der Bewegungsgeschwindigkeit (Bewegungselement Zeit) aufeinandertreffen.[38]

Die Bedeutung für die Interaktionsgestaltung mit Menschen mit Demenz wird folgendermaßen erläutert:

Bei Menschen mit Demenz ist häufig beobachtbar, dass sich ihre Fähigkeit verändert, fortlaufend ihre Bewegungsgeschwindigkeit flexibel zu dosieren und anzupassen. In Bewegungsinteraktionen reagieren sie oft sehr empfindlich, wenn sie sich von der Bewegungsgeschwindigkeit des Gegenübers überfordert fühlen. Dies kann sich z. B. dadurch äußern, dass sie ihre eigene Bewegungsgeschwindigkeit stark verlangsamen, ihre Anstrengung erhöhen und kaum mehr in der Lage sind, eine geeignete Bewegungsrichtung zu finden. Die Beziehung fühlt sich in solchen Fällen für beide Beteiligten eher als ein Gegeneinander und nicht als ein Miteinander an.
Für professionelle Bezugspersonen ist es eine große Herausforderung, in jedem Moment der Interaktion bewusst auf ihre eigene Bewegungsgeschwindigkeit zu achten. Im beruflichen Alltag besteht häufig ein gewisser Zeitdruck. Er macht es einem nicht leicht, sich bewusst und differenziert an die oft sehr langsame oder manchmal auch abrupt wechselnde Bewegungsgeschwindigkeit einer Person mit Demenz anzupassen.
Die Kompetenz von Bezugspersonen, die Achtsamkeit auf ihre eigene Bewegungsgeschwindigkeit zu lenken und diese an das Gegenüber anzupassen, ist eine Grundlage dafür, dass sich Menschen mit Demenz in der Interaktion über Berührung und Bewegung beteiligt und wirksam fühlen können.“[39]
Bewegungselement Raum: Interaktionsphänomene und ihre Bedeutung für die Interaktionsgestaltung

Beim Bewegungselement Raum werden die relevanten Interaktionsphänomene folgendermaßen beschrieben:

„In der Interaktion über Berührung und Bewegung verständigen sich die InteraktionspartnerInnen fortlaufend über die gemeinsamen Bewegungsrichtungen. Dabei müssen sie gleichzeitig ihren inneren Möglichkeiten der Bewegungsrichtungen in und mit all ihren Körperteilen folgen und sich zusätzlich auf gemeinsame Richtungen verständigen.
Im optimalen Fall fühlt sich diese wechselseitig aufeinander abgestimmte Verständigung für beide Beteiligten selbstbestimmt an. Wird aber eine Bewegungsrichtung von einer InteraktionspartnerIn vorgegeben oder erzwungen, kann das beim Gegenüber zum Gefühl der Manipulation, zu Widerstand oder auch zu Resignation führen.
Im Fall des Widerstands wird besonders deutlich, dass die Art und Weise, wie die wechselseitigen Anpassungen der Bewegungsrichtung geschehen, fortlaufend die Qualität beeinflusst, wie die eigene Bewegungsgeschwindigkeit und die eigene Anstrengung reguliert werden können.“[40]
Die Grafik veranschaulicht das kybernetische Verständnis einer Interaktion aus der Perspektive der Bewegungselemente. Hier wird der Aspekt verdeutlicht, wie zwei InteraktionspartnerInnen mit ihrer individuellen Regulation der Bewegungsrichtungen und Nutzung ihrer Bewegungsspielräume (Bewegungselement Raum) aufeinandertreffen.[41]

Die Bedeutung für die Interaktionsgestaltung mit Menschen mit Demenz wird folgendermaßen erläutert:

„Häufig haben Menschen mit Demenz das Problem, dass sie ihre eigenen Bewegungsmöglichkeiten nicht mehr vielfältig nutzen oder ihre Beweglichkeit aufgrund einer hohen Körperspannung eingeschränkt ist. In der Bewegungsinter-aktion mit Menschen mit Demenz sind ihre Richtungsveränderungen für das Gegenüber oft überraschend, manchmal ungewohnt oder sogar der eigenen Erwartung entgegengesetzt. Es passiert leicht, dass man sie sofort in die ‚richtige‘ Richtung“ lenken möchte, dieser Versuch aber mit Widerstand beantwortet wird.
Die professionelle Gestaltung von Interaktionen über Berührung und Bewegung zielt darauf ab, die Person mit Demenz darin zu unterstützen, dass sie passende Bewegungsrichtungen wahrnehmen und finden kann. Dies kann nur dann gelingen, wenn sie die Bewegungsunterstützung als ‚fragend‘, als gemeinsame Suche und nicht als Vorgabe erfahren.
Von professionellen Bezugspersonen erfordert dies eine sehr differenzierte und achtsame Gestaltung der eigenen Bewegungsrichtungen, verbunden mit einer ebenso differenzierten Anpassung der eigenen Anstrengung und Bewegungsgeschwindigkeit.“[42]
Bewegungselement Anstrengung: Interaktionsphänomene und ihre Bedeutung für die Interaktionsgestaltung

Beim Bewegungselement Anstrengung werden die relevanten Interaktionsphänomene folgendermaßen beschrieben:

„Die Qualität einer Interaktion über Berührung und Bewegung ist maßgeblich davon abhängig, dass die Beteiligten ihre Anstrengung angepasst regulieren können. Beide InteraktionspartnerInnen passen den Auf- und Abbau ihrer Muskelspannung im gesamten Körper fortlaufend an das Geschehen an.“[43]

An diese Ausführungen schließt sich eine Partnererfahrung an, mit der die LeserIn mit einer PartnerIn den Unterschied der Wirkung einer Unterstützung mit hoher Muskelspannung oder mit einer achtsam regulierten Muskelspannung in ihrem eigenen Körper erfahren kann. Desgleichen macht diese Partnererfahrung eine gemeinsame Reflexion darüber möglich, wie die jeweilige Unterstützung das Gefühl der Beziehung beeinflusst.

„Probieren Sie es aus:
Unterstützen Sie Ihre PartnerIn dabei, den Arm so zu bewegen, dass sie ihre Hand zum Mund führen kann (so wie z. B. zum Essen). Variieren Sie als unterstützende Person Ihre Anstrengung, indem Sie Ihre PartnerIn einmal durchgehend mit hoher Muskelspannung unterstützen und einmal Ihre Muskelspannung sehr achtsam regulieren und reduzieren.
Diskutieren Sie anschließend die folgenden Fragen:
Wie wirkt sich Ihre Anstrengung auf die Anstrengung der PartnerIn aus?
Wie wirkt sich die Veränderung Ihrer Anstrengung auf die Anpassungsmöglichkeiten der Bewegungsrichtungen beider Beteiligten aus?
Wie wirkt sich die Veränderung Ihrer Anstrengung auf die Anpassungsmöglichkeiten der Bewegungsgeschwindigkeit beider Beteiligten aus?
Wie beeinflusst die Dosierung der Anstrengung das Gefühl der Beziehung? [im Original kursiv]“[44]

Auf diese Partnererfahrung folgen weitere Erläuterungen zu Interaktionsphänomenen in Bezug auf das Bewegungselement Anstrengung:

Sehr oft ist bei Interaktionen über Berührung und Bewegung beobachtbar und erfahrbar, dass die InteraktionspartnerInnen ihre Anstrengung in ähnlicher Weise anpassen. Es kann z. B. leicht passieren, dass man sich unbewusst an die hohe Körperspannung des Gegenübers anpasst und die eigene Anstrengung ebenso erhöht. Vielleicht kennen Sie das Phänomen, dass man sogar in einer Interaktion ohne Körperkontakt das Gefühl bekommt, die hohe Körperspannung des Gegenübers übertrage sich auf einen selbst.
Bei beiden InteraktionspartnerInnen beeinflusst die Art und Weise, wie sie wechselseitig ihre eigene Anstrengung anpassen, fortlaufend die Qualität, wie sie die eigene Bewegungsgeschwindigkeit und die eigenen Bewegungsrichtungen regulieren können.“[45]
Die Grafik veranschaulicht das kybernetische Verständnis einer Interaktion aus der Perspektive der Bewegungselemente. Hier wird der Aspekt verdeutlicht, wie zwei InteraktionspartnerInnen mit ihrer individuellen Regulation der Muskelspannung (Bewegungselement Anstrengung) aufeinandertreffen.[46]

Die Bedeutung für die Interaktionsgestaltung mit Menschen mit Demenz wird folgendermaßen erläutert:

Im Verlauf einer demenziellen Entwicklung verändern Menschen oft ihre Art und Weise, wie sie ihre Anstrengung regulieren. Häufig entwickeln sie die Tendenz, ihre Körperspannung grundsätzlich zu erhöhen oder insbesondere dann, wenn sie in einer Situation verunsichert oder überfordert sind. Damit verbunden sind oft die Verminderung der Beweglichkeit (Bewegungselement Raum) und Veränderungen der Bewegungsgeschwindigkeit. In Bewegungsinteraktionen mit Menschen mit Demenz ist dies manchmal sehr deutlich erfahrbar und kann dazu führen, dass die Interaktionen immer anspruchsvoller werden.
Viele professionelle Bezugspersonen berichten über Situationen, in denen die hohe Körperspannung einer Person mit Demenz die Interaktion so sehr erschwert, dass sie sich überfordert fühlen. Sie merken, dass sie selbst für die Unterstützung viel Anstrengung einsetzen und die körperliche Belastung zu groß wird.
Für die professionelle Gestaltung von Interaktionen über Berührung und Bewegung mit Menschen mit Demenz ist es besonders wichtig, die Achtsamkeit auf die Regulation der eigenen Anstrengung zu lenken. Dadurch kann man wahrnehmen, wie sich die Anpassung der eigenen Anstrengung auf die Interaktion auswirkt. Die unbewusste Erhöhung der eigenen Anstrengung kann in einem Teufelskreis zu einem gegenseitigen Aufschaukeln führen. In einem solchen Fall wird sich die Interaktion eher wie ein Kampf als wie eine gegenseitige wertschätzende Verständigung anfühlen.
Wenn umgekehrt eine Bezugsperson ihre eigene Muskelspannung achtsam reguliert, kann dies dazu führen, dass es der Person mit Demenz besser gelingt, ihre eigene Anstrengung zu regulieren und dadurch mehr Bewegungsmöglichkeiten in ihrem Körper zu finden.“[47]
Die Bedeutung der Bewegungselemente für alle Ebenen der Beziehungsgestaltung

Unter dieser Überschrift wird im anschließenden Kapitel des zweiten Teils des Aufbaumoduls Demenz 2 die Bedeutung der Bewegungselemente in bemerkenswerter Weise ausgeweitet[48]. Unseres Wissens wird dieser Ansatz in der kinästhetischen Fachliteratur nirgends explizit beschrieben. Im ersten Teil „Beziehung und Beziehungsgestaltung“ werden Ebenen der Beziehungsgestaltung unterschieden. Es sind dies:

„die verbale Kommunikation über Sprache,
die paraverbale Kommunikation über Lautstärke, Artikulation, Melodie, Geschwindigkeit und Pausensetzung des Sprechens,
die nonverbale Kommunikation über Gestik, Mimik, Blickkontakt, Körperhaltung und -bewegung,
die Interaktion über Berührung und gemeinsame Bewegung.“[49]

In diesem Zusammenhang wird ergänzt, dass diese Ebenen immer mit der Ebene der persönlichen Gefühle und Emotionen verbunden sind. Hervorzuheben ist, dass im Gegensatz zu früherer kinästhetischer Literatur[50] die Interaktion über Berührung und Bewegung nicht wie die vorausgehenden Ebenen als eine Form der Kommunikation bezeichnet wird.

In diesem Kapitel werden nun die Blickwinkel, auf die man mithilfe der Bewegungselemente in einer Bewegungsinteraktion achten kann, auf die erwähnten Ebenen der Beziehungsgestaltung bzw. auf alle Formen der zwischenmenschlichen Interaktion ausgeweitet.

In diesem Sinn wird auf den selbstverständlichen Zusammenhang zwischen dem Bewegungselement Zeit und dem Sprechtempo hingewiesen, aber auch darauf, dass sich Gefühle wie Zorn oder Stress in einer erhöhten Bewegungsgeschwindigkeit oder Muskelspannung äußern können. Desgleichen wird der Zusammenhang der Bewegungselemente Raum und Anstrengung mit Lautstärke oder Artikulation (d. h., mit der paraverbalen Kommunikation) erwähnt.

In Bezug auf die nonverbale Kommunikation wird darauf aufmerksam gemacht, dass Körperhaltung oder -bewegung, Gestik und Mimik auf Bewegungen beruhen. Somit können die Bewegungselemente auch hier eine Hilfe sein, um bewusst auf die Gestaltung der nonverbalen Kommunikation zu achten. Das Gleiche gelte für Gefühle und Emotionen, die – oder vielleicht besser – insofern sie sich auch körperlich zeigen.

Abschließend werden einerseits die hohe Komplexität der zwischenmenschlichen Interaktion bzw. die große Herausforderung, diese angepasst zu gestalten, thematisiert. Andererseits wird festgehalten, dass Pflegende und Betreuende durch die Achtsamkeit auf die drei Bewegungselemente die Möglichkeit erhalten, diese Komplexität zu reduzieren und bewusst gestalten zu können.

Bewegungselemente in „Kinästhetik – Gesundheitsentwicklung und menschliche Aktivitäten“

Einbettung der Bewegungselemente

Im Buch „Kinästhetik – Gesundheitsentwicklung und menschliche Aktivitäten“[51] von Frank Hatch und Lenny Maietta werden die sechs Konzepte der Kinästhetik im dritten Kapitel „Kinästhetik in der professionellen Pflege“[52] behandelt. Die „Bewegungselemente“[53] sind in das erste „Konzept der Interaktion“[54] eingebettet, und zwar als zweites Unterthema nach dem ersten Unterthema „Sinne“[55] und vor dem dritten und letzten Unterthema „Interaktionsformen“[56].

Die Erläuterungen zu den Bewegungselementen

Neben der Darstellung der gängigen Symbole der Bewegungselemente (Kubus, Uhr und Oberarm) wird erläutert, dass es hier um einen zweiten Aspekt in Bezug auf das übergeordnete Thema Interaktion gehe, dessen Verständnis für Pflegende wichtig ist. Dieser Aspekt bestehe in der „Natur der Bewegung, die das sensorische System wahrnimmt“[57]. Ziel sei die Effektivität der Bewegungen, zu dessen Erreichung die Bewegungselemente entsprechend der jeweiligen Aufgabe kombiniert werden müssten. Ebenso wird darauf hingewiesen, dass wir bei guter Gesundheit die Bewegungselemente in aller Regel unbewusst aneinander anpassen. Die konkreten Ausführungen zu den einzelnen Bewegungselementen fallen sehr kurz aus und werden – wie in nachfolgenden Kapiteln des Buches[58] – in Verbindung mit der Anwendung in der Pflege gebracht:

„Wir beschleunigen oder verlangsamen je nach Situation eine Bewegung, verändern die Richtung und üben mehr oder weniger stark die jeweils angemessene Anstrengung aus. Patienten verfügen oftmals nicht mehr über diese Fähigkeit. Sie benötigen Hilfe, z.B. um etwas langsamer zu tun, weniger Anstrengung aufzuwenden oder um die Richtung und das Ausmaß ihrer Bewegungen auf eine neue Weise zu organisieren, die sich den vorherrschenden Bedingungen anpasst. Professionell Pflegende sind die idealen Personen, um Patienten zu helfen, diese Anpassungen zu realisieren.“[59]

Bemerkenswert ist, dass – im Gegensatz zum „Kinaesthetics – Konzeptsystem“ –

  • beim Bewegungselement Zeit von Beschleunigen und Verlangsamen gesprochen wird,
  • keine Unterscheidung zwischen inneren und äußeren Bewegungselementen gemacht wird.
  • nachfolgend die Bewegungselemente inhaltlich nicht mit Unterthema „Interaktionsformen“ verbunden werden.

Wie im „Kinaesthetics – Konzeptsystem“ wird Anstrengung auch als Fachbegriff zur Bezeichnung des fünften Konzepts genutzt[60].

Kommentare, Auswertung und offene Fragen

Anstrengung als Fachbegriff für ein Bewegungselement und für das vierte Konzept

Aus fachsprachlicher Sicht ist es störend, dass der gleiche Begriff für zwei unterschiedliche Themen verwendet wird. Festzuhalten ist, dass die Konzeptbezeichnung die qualitativen Aspekte und die Bezeichnung des Bewegungselementes die quantitativen Aspekte des Themas Anstrengung beleuchtet und somit eine inhaltliche Verbindung besteht. Dennoch würden zwei unterschiedliche Begriffe das Verständnis und die fachliche Diskussion erleichtern. In der Geschichte des Fachbegriffs wurde im Buch von Hatch, Maietta und Schmidt für das Bewegungselement Anstrengung der Begriff Kraftaufwand vorgeschlagen, was sich aber nicht durchgesetzt hat (vgl. unten).

Die Unterscheidung zwischen inneren und äußeren Bewegungselemente

Diese Unterscheidung wurde ungefähr ab der Jahrtausendwende in der Fachliteratur thematisiert[61]. Sie setzt sich im „Kinaesthetics – Konzeptsystem“ fort und findet sich auch im Buch „Kinaesthetics Infant Handling“ von Maietta und Hatch über die Begrifflichkeiten z. B. der inneren und externen Zeit[62], nicht aber im Buch „Kinästhetik – Gesundheitsentwicklung und menschliche Aktivitäten“ von Hatch und Maietta (vgl. oben).

In jüngere Zeit hat diese Unterscheidung tendenziell an Bedeutung verloren (vgl. auch die Ausführungen zu den Demenz-Aufbaumodulen oben). Bestimmt haben die äußeren Bewegungselemente im Kontext der Pflege, Betreuung und Therapie z. B. durch knappe Zeitvorgaben oder enge Platzverhältnisse eine gewisse Relevanz und können so eine Herausforderung an die Anpassung der inneren Bewegungselemente darstellen. Aber sie gehören im Gegensatz zum Hauptinteresse zur Außenperspektive und nicht zur Innenperspektive, die letztlich entscheidend ist.

Schwer nachvollziehbare Erläuterungen der einzelnen Bewegungselemente

Festzuhalten ist, dass die Bewegungselemente in der Fachliteratur nicht selten mit Stichworten erläutert werden, die schwer nachvollziehbar sind und gemäß unserer Erfahrung in Bewegungserfahrungen kaum thematisiert werden/wurden. Im „Kinaesthetics – Konzeptsystem“ sind aus unserer Sicht Beispiele hierfür

  • beim Bewegungselement Raum die Stichworte Entfernung und Reichweite,
  • beim Bewegungselement Zeit die Stichworte Reihenfolge und Dauer.

(Stefan Marty-Teuber, Helene Kappenthuler , 27.06.2025)

Geschichte der Fachbegriffe

Zeit, Raum und Anstrengung im 16. Kinästhetik-Bulletin von 1990

Einleitung

Das 16. Kinästhetik-Bulletin von 1990[63] ist die erste zusammenhängenden Veröffentlichung zur Kinästhetik. Darin werden im vierten Kapitel „Grundprinzipien“[64] die Themen ausgeführt, die später als Konzepte benannt wurden – allerdings z. T. in einer anderen Reihenfolge, mit anderen Bezeichnungen oder auch mit stark unterschiedlichen Beschreibungen.

Das 16. Kinästhetik-Bulletin von 1990 ist in den uns zugänglichen schriftlichen Quellen der früheste Nachweis der fachbegrifflichen Verwendung von Zeit, Raum und Anstrengung. Der Oberbegriff „Bewegungselemente (der Interaktion)“ und die Einordnung in das erste Kursthema „Interaktion“ als zweites Unterkapitel nach dem ersten Unterkapitel „Funktion der Sinne“ und vor dem dritten Unterkapitel „Interaktionsformen“ sind erst im Jahr 1991 im Grundkurs-Arbeitsbuch „Kinästhetik in der Krankenpflege“ nachweisbar[65]. Aus früherer Zeit findet sich einzig im 5. Kinästhetik-Bulletin aus dem Jahr 1983im Artikel „Ich beobachte mich, bevor ich mich bewege“ von John Graham zu Gentle Dance an zwei Stellen der Hinweis, dass Bewegung mit Kraft, Raum und Zeit verbunden ist[66].

Einbettung

Das erste Grundprinzip des 16. Kinästhetik-Bulletins trägt die Überschrift „Wahrnehmung“[67] und thematisiert die Sinne und das kinästhetische Sinnessystem, das zweite Grundprinzip trägt die Überschrift „Orientierung “ [68]. Das dritte Grundprinzip ist mit der Überschrift „Zeit – Raum – Anstrengung“ überschrieben und entspricht dem heutigen Unterthema der Bewegungselemente. Das Unterthema Interaktionsformen, das in aktuellen Konzeptsystemen darauffolgt, erscheint im 16. Bulletin erst im sechsten Grundprinzip „Beziehungsaspekte“ im ersten Unterkapitel „Tracking (Prozesse von Führen und Folgen)“[69]. Allerdings folgt dort als drittes Unterkapitel „Zeit, Raum und Anstrengung in der Interaktion“[70], das eine Verbindung zwischen Bewegungselementen und der Interaktion andeutet (vgl. unten).

Bewegungselemente als Grundprinzip „Zeit – Raum – Anstrengung“

Zeit

Unter der Überschrift „Zeit“ wird an erster Stelle festgehalten, dass jede Bewegung Zeit benötigt und sich in dieser vollzieht. Weiter wird ausgeführt, dass jedes Tun in einem zeitlichen Rhythmus stattfindet und sich dieser in Phasen von Aktivität und Pause gliedert. Im gleichen Absatz folgt darauf eine Aussage zur Bewegungsgeschwindigkeit:

„Wir können uns schnell – langsam, in kontinuierlich sich steigerndem oder verlangsamendem Tempo bewegen“[71].

Hier findet sich somit bereits der Aspekt des Beschleunigens und Verlangsamens, wie er in aktuellen Beschreibungen des Bewegungselementes Zeit auftritt. Auch der Begriff Rhythmus weist auf eine Abfolge unterschiedlicher Bewegungsgeschwindigkeiten hin.

„Als Hauptmerkmal der Zeit wird die Tatsache bezeichnet, dass sie nicht wiederholt werden kann:

„Eine Bewegung geschieht; im nächsten Atemzug passiert genau die gleiche Bewegung, aber zu einem andern Zeitpunkt“[72].

Im gleichen Absatz wird darauf verwiesen, dass sich jeder Mensch in seiner eigenen Zeit bzw. in seinem eigenen Rhythmus bewege. Wenn ein Mensch seine eigene Zeit nicht wahrnehme, erwecke er den äußerlichen Eindruck, gehetzt oder verlangsamt zu sein.

Raum

Unter der Überschrift „Raum“ wird an erster Stelle festgehalten, dass jede Bewegung im Raum stattfindet. Weiter wird ausgeführt, dass aus räumlicher Perspektive hauptsächlich die Richtung einer Bewegung beschrieben werden kann. Dies wird mit dem Hinweis aufgenommen, dass im zweiten Grundprinzip „Orientierung“ bereits die Richtungen „vorwärts - rückwärts, aufwärts - abwärts, links - rechts“[73] thematisiert wurden; neu würden einwärts – auswärts als Drehungsrichtungen hinzukommen. Letzteres lässt sich textlich schlecht abstützen; die Stichworte „einwärts – auswärts“ kommen nur hier vor; Drehen lässt sich im vorliegenden Sinn am ehesten bei den Spiralbewegungen anschliessen[74].

Als zweiter Aspekt der räumlichen Perspektive wird „das Ausmass der Bewegung im Raum“[75] genannt; konkretisiert wird sie mit den nicht leicht verständlichen bzw. nachvollziehbaren Gegensatzpaaren „eng – weit, gross – klein, hoch – tief, breit – schmal“[76].

Als dritter und letzter Aspekt der räumlichen Perspektive wird die Stellung im Raum genannt; Kennzeichen der Stellung im Raum seien „Positionen wie Sitzen, liegen, Stehen“[77].

Anstrengung

Unter der Überschrift „Anstrengung“ wird an erster Stelle festgehalten, dass der Begriff Anstrengung die an Bewegungen beteiligte Muskelkraft meint. Konkretisiert wird Kraft mit den nicht durchgängig leicht verständlichen bzw. nachvollziehbaren Gegensatzpaaren „stark oder schwach, gespannt, flüchtig oder schlaff, wirkt die Muskelkraft mit oder gegen die Schwerkraft“[78].

Das Zusammenspiel von Zeit, Raum und Anstrengung

Die Aussage „mit oder gegen die Schwerkraft“ (vgl. oben) wird mit einem im gleichen Absatz unmittelbar anschließenden Beispiel verdeutlicht. Es weist desgleichen auf das Zusammenspiel von Zeit, Raum und Anstrengung hin und beschreibt dieses.

„Man stelle sich vor, wie ein Mensch einen Federball vom Boden hebt, seinen ganzen Körper (über)spannt und sich mit einer weit ausholenden Armbewegung Richtung Boden stürzt (zeitlicher Aspekt), den Federball an sich reisst und mit grosser Anstrengung wieder zum Stehen hochkommt. Dieses karikierte Bild soll das negative Zusammenspiel von Zeit - Raum - Anstrengung darstellen. Aber ebenso gut können wir uns vorstellen, wie jemand mit Leichtigkeit und Anmut die oben beschriebene Tätigkeit ausführt, indem sie ihre Bewegung der ‚Aufgabe‘ anpasst. Zeit - Raum - Anstrengung sind nicht voneinander zu trennen, jede Bewegung wird von allen drei Aspekten durchdrungen und verbunden.“[79]

Bemerkenswert an diesen Ausführungen ist,

  • dass ein Oberbegriff im Sinn von „Bewegungselementen“ für Zeit, Raum und Anstrengung fehlt.
  • dass die meisten Aussagen aus der Innen- oder Außenperspektive verstanden werden können bzw. die Unterscheidung zwischen inneren und äußeren Bewegungselementen nicht relevant gewesen zu sein scheint.
  • dass die Nichtwiederholbarkeit als Hauptmerkmal der Zeit genannt wird. In der aktuellen Fachliteratur wird dieses Merkmal nicht mit den Bewegungselementen verbunden, sondern viel eher mit der Feedback-Control-Theorie. In diesem Zusammenhang ist die Aussage gängig, dass jede Bewegung und jedes Verhalten stets neu „produziert“ werden müssen.
  • dass beim Raum die Stellung im Raum bzw. die Positionen erwähnt werden, was aktuell nicht mit den Bewegungselementen in Verbindung gebracht wird.

„Zeit, Raum und Anstrengung in der Interaktion“

Im sechsten Grundprinzip „Beziehungsaspekte“[80] werden unter dieser Überschrift im dritten Unterkapitel Zeit, Raum und Anstrengung in Verbindung mit dem Thema Interaktion gebracht[81]. Dies entspricht der aktuell gängigen Einordnung als Unterthema des Konzeptes „Interaktion“. Wie oben erwähnt findet sich im sechsten Grundprinzip als erstes Unterkapitel das Thema „Tracking (Prozesse von Führen und Folgen)“[82]. Es ist eine Vorgängerversion der Interaktionsformen, die aktuell ebenso dem Konzept „Interaktion“ untergeordnet werden. Aus der Perspektive der Textlogik nicht leicht verständlich behandelt das kurze zweite Unterkapitel das eher allgemeine Thema „Lernen durch Differenzierung“ [83], und ist das vierte Unterkapitel „Hängen, Sitzen, Verstreben“ [84]. Dies ist eine sich stark unterscheidende Vorgängerversion des aktuellen Konzeptes „Anstrengung“.

Bemerkenswert ist, dass Zeit, Raum und Anstrengung mit dem Oberbegriff Komponenten und als für die kinästhetische Methodik wichtige Werkzeuge zur Entwicklung von wechselseitigen Interaktionsmustern bezeichnet werden. Der Begriff Interaktionsmuster wird nur hier verwendet und lässt sich textlich am ehesten an den Begriff Trackingmuster aus dem ersten Unterkapitel anschließen.

Danach folgt ein Hinweis auf eine Quelle der Verwendung der Begriffe Zeit, Raum und Anstrengung im Kontext von Bewegung. Es wird Rudolph von Laban erwähnt, der sie als Basis der Beobachtung und Einordnung der menschlichen Bewegung genutzt habe. Angefügt wird, dass Lenny Maietta diese Begriffe übernommen habe „als Basis eines Beobachtungsplanes, um den Grad von Wechselseitigkeit im Austausch von zwei oder mehreren Personen zu analysieren“[85]. Wechselseitigkeit wir darauf als methodischer Grundpfeiler der Kinästhetik bezeichnet.

Im letzten Absatz wird vor diesen Hintergründen die Verbindung von Zeit, Raum und Anstrengung mit dem Thema Wechselseitigkeit bzw. Interaktion erläutert:

„Wie bereits erwähnt, ist Berührung das einzige Medium der Kommunikation, welches unmittelbare Wechselseitigkeit im Austausch von zwei oder mehreren Personen erlaubt. Der Grad der Wechselseitigkeit hängt davon ab, inwieweit die beiden Partner ein gemeinsames Zeitmass finden und wie sie vom Raum und ihren Kräften Gebrauch machen, sodass beide zur Entwicklung der Interaktion beitragen.“[86]

Aus dieser Stelle wird einerseits der Bezug der Ausführungen zum ersten Unterkapitel „Tracking (Prozesse von Führen und Folgen)“ deutlich. Andererseits kann man im Vergleich mit der aktuellen kinästhetischen Fachliteratur festhalten, dass hier im Sinn des Buches „Kinaesthetics – Konzeptsystem“ (vgl. oben) die inhaltliche Verbindung der Bewegungselemente und der Interaktionsformen zumindest angedeutet wird.

Bewegungselemente in „Kinästhetik – Interaktion durch Berührung und Bewegung in der Krankenpflege/Pflege“ und nachfolgende Entwicklung

Einleitung

Im Jahr 1992 erschien das erste öffentliche Fachbuch „Kinästhetik – Interaktion durch Berührung und Bewegung in der Krankenpflege“ im Verlag Krankenpflege, Eschborn. In diesem ca. 190-seitigen Werk mit einem Vorwort von Sr. Liliane Juchli beschränken sich die AutorInnen Frank Hatch, Lenny Maietta und Suzanne Schmidt auf den Anwendungsbereich der Pflege.

Es stellt die Geburtsstunde der heutigen Etablierung und breiten Verankerung der Kinästhetik in der Pflege dar. Der Ansatz des Buches ist präventions- und ressourcenorientiert und auf Anwendung und Transfers ausgerichtet. In der vierten Auflage von 1996[87] wurde der Untertitel von „in der Krankenpflege“ zu „in der Pflege“ geändert. In diesem Buch erscheinen die „Prinzipien“, d. h., die heutigen Konzepte, bereits in der aktuellen Reihenfolge – ohne Zweifel ist das Buch ein Meilenstein der Geschichte der Kinästhetik.

„Bewegungselemente Zeit – Raum – Kraftaufwand“

Wie erwähnt finden sich in den uns zugänglichen Quellen der früheste Nachweis des Oberbegriffs Bewegungselemente und die heute noch gängige Einordnung in das erste Thema Interaktion im Grundkurs-Arbeitsheft von 1991. Leider werden in diesem Heft die Bewegungselemente nicht namentlich genannt. In der ersten öffentlichen Publikation zur Kinästhetik von Hatch, Maietta und Schmidt heißt das dritte Bewegungselement „Kraftaufwand“ und nicht mehr „Anstrengung“ wie im 16. Kinästhetik-Bulletin. Man darf vermuten, dass dies in bewusster begrifflicher Abgrenzung vom 5. Prinzip „Anstrengung“ (1. Auflage 1992) bzw. „Anstrengungsarten“ (4. Auflage 1996) geschah.

An erster Stelle weisen die AutorInnen unter der oben zitierten Überschrift darauf hin, dass durch die Bewegungselemente „ihre Einmaligkeit, aber auch die Möglichkeit zur Veränderung erfahrbar“[88] sei. Damit sei jede Interaktion grundlegend veränderbar bzw. an die PatientInnen so anpassbar, dass diese sich beteiligen könnten.

Illustriert werden die Bewegungselemente mit den aktuell gängigen Symbolen der Uhr, des Kubus und des Oberarms, genauer erläutert werden sie aber nur kurz und stichwortartig. Als veränderbare Aspekte jeder Interaktion werden genannt:
Zeit

„- Geschwindigkeit (schnell-langsam)
- Dauer (Länge der Interaktion)
- Folge (die Beteiligten agieren gleichzeitig oder schrittweise). (1. bis 3. Auflage)
- Rhythmus (Sequenz).“[89] (4. Auflage 1996 statt Folge)

Raum

„- Ort der Interaktion
- Richtung der Bewegung (oben-unten, vorne-hinten, rechts-links, diagonal)
- Richtung des Austausches zwischen den Beteiligten
- Entfernung der Bewegung (nah-fern).“[90]
„- Eigenschaften der Umgebung (hart-weich).“ (zusätzlich in 1. bis 3. Auflage)

Kraftaufwand

„- Quantität (mehr-weniger)
- Qualität (ziehen-drücken)
- Kontakt (der Ort, auf den der Kraftaufwand gerichtet ist).“[91]
„- Richtung in der Umgebung.“ (zusätzlich in 1. bis 3. Auflage)

Bemerkenswert ist,

  • dass einige Stichworte nicht leicht nachvollziehbar sind, was aber im Buch teilweise durch die angeleiteten Erfahrungen am eigenen Körper und durch die Erläuterungen zu Anwendungsmöglichkeiten in der Pflege abgemildert wird.
  • dass die meisten Aussagen aus der Innen- oder Außenperspektive verstanden werden können bzw. die Unterscheidung zwischen inneren und äußeren Bewegungselementen nicht relevant gewesen zu sein scheint.
  • dass beim Bewegungselement Zeit im Vergleich mit dem 16. Kinästhetik-Bulletin von 1990 und späteren Beschreibungen die Idee des Beschleunigens und Verlangsamens weggelassen wird. Dafür wird in den ersten drei Auflagen über das Stichwort Folge (vgl. dazu auch „Reihenfolge“ im „Kinaesthetics – Konzeptsystem“) eine Verbindung mit den Interaktionsformen hergestellt. In der vierten Auflage wird stattdessen das Stichwort Rhythmus des 16. Kinästhetik-Bulletins aufgenommen.
  • dass beim Bewegungselement Kraftaufwand trotz der begrifflichen Abgrenzung vom 5. Prinzip „Anstrengung(sarten)“ als Aspekt die Qualität über Ziehen und Drücken genannt wird.

Die Bewegungselemente werden nachfolgend im Kapitel „Interaktionsformen“ mit diesem Thema verbunden. Dies findet in den Erläuterungen der einzelnen Interaktionsformen nur stellenweise statt, explizit werden sie im Unterkapitel „Gleichzeitige Interaktion“[92] erwähnt.

Nachfolgende Entwicklung

Im Gegensatz zum Buch von Hatch, Maietta und Schmidt findet sich schon im Grundkurs-Arbeitsbuch des Jahres 1993 (S. 1.5) oder in der internen Kurzdarstellung des Grundkurses[93] als drittes Bewegungselement „Anstrengung“ statt „Kraftaufwand“. Diese fachbegriffliche Verwendung setzt sich danach bis heute durch.

Die inhaltliche Verbindung der Bewegungselemente und der Interaktionsformen tritt in der späteren Fachliteratur vielerorts auf. In einen besonders engen Zusammenhang werden sie z. B. im Aufbaukurs-Arbeitsheft von 1998 in einer Aufgabenstellung gebracht. Diese umfasst den Auftrag, die gleiche Aktivität in den drei Interaktionsformen auszuführen und danach in einer Tabelle die Unterschiede in Bezug auf die einzelnen Bewegungselemente zu beschreiben[94].

Weiterführende Literatur und Medien

  • Maietta, Lenny; Hatch, Frank (2011): Kinaesthetics Infant Handling. Originalmanuskript aus dem Amerikanischen von Ute Villwock. 2., durchgesehene und aktualisierte Auflage. Bern [u. a.]: Hans Huber. ISBN 978-3-456-84987-4. S. 70–73: „4.3.2 Bewegungselemente“.
  • Asmussen-Clausen, Maren (2009): Praxisbuch Kinaesthetics. Erfahrungen zur individuellen Bewegungsunterstützung auf Basis der Kinästhetik. 2. Auflage. München, Jena: Elsevier, Urban und Fischer. ISBN 978-3-437-27570-8. S. 26–29: „Bewegungselemente: Zeit, Raum und Anstrengung“.

Vergleiche auch

Die Verwendung als kinästhetischer Fachbegriff

Zeit, Raum und Anstrengung werden ab dem Jahr 1990 fachbegrifflich thematisiert, Bewegungselemente wird als Oberbegriff ab dem Jahr 1991 verwendet. Bezeichnet werden drei bewusst veränderbare Elemente oder Grunddimensionen, die unabdingbar zu jeder Bewegung und zu jeder Interaktion gehören. Wegen Letzterem haben sie einen engen Zusammenhang mit den Interaktionsformen.

Das Bewegungselement Zeit wird im Kern mit der situationsgerechten Bewegungsgeschwindigkeit bzw. dem Beschleunigen und Verlangsamen der Bewegung verbunden, das Bewegungselement Raum mit dem situationsgerechten Einsatz der Möglichkeiten der Bewegungsrichtungen unserer Körperteile und das Bewegungselement Anstrengung mit dem situationsgerechten Einsatz der Muskelkraft oder des Kraftaufwandes. In der Fachliteratur finden sich häufig weitere Erläuterungen der einzelnen Bewegungselemente, die teilweise stichwortartig und schwer nachvollziehbar bleiben.

Aus fachsprachlicher Sicht unglücklich ist die Verwendung des gleichen Begriffs Anstrengung zur Bezeichnung eines Bewegungselements und eines Konzepts bzw. der quantitativen und qualitativen Aspekte der Anstrengung. Die Unterscheidung zwischen inneren und äußeren Bewegungselementen tritt um die Jahrtausendwende auf und bringt eine Außenperspektive ein, die im Kontext von Pflege, Betreuung und Therapie ihre Berechtigung hat.

Einzelnachweise

  1. European Kinaesthetics Association (Hg.) (2025): Kinaesthetics. Konzeptsystem. Linz, Winterthur: Verlag European Kinaesthetics Association. ISBN 978-3-903180-00-0.
  2. ebd., S. 13 ff.
  3. ebd., S. 11.
  4. ebd., S. 13.
  5. ebd., S. 16.
  6. ebd., S. 43 ff.
  7. ebd., S. 16
  8. ebd., S. 17
  9. ebd., S. 39 ff.
  10. ebd., S. 16
  11. ebd., S. 17.
  12. ebd., S. 18 f.
  13. ebd.
  14. ebd.
  15. ebd., S. 39 ff.
  16. ebd., S. 39.
  17. ebd., S. 41.
  18. ebd., S. 28
  19. ebd., S. 28
  20. European Kinaesthetics Association (Hg.) (2022) : Aufbaumodul Demenz 1: Sich und die Welt wahrnehmen. Arbeitsunterlagen. Unter Mitarbeit von Franziska Gysin, Christine Grasberger, Brigitte Marty-Teuber, Stefan Marty-Teuber, Sabine Siemann, Erich Weidmann. Linz (AT), Winterthur (CH): Verlag European Kinaesthetics Association. Ohne ISBN.
  21. European Kinaesthetics Association (Hg.) (2022) : Aufbaumodul Demenz 2: Sich in Beziehung erfahren. Arbeitsunterlagen. Unter Mitarbeit von Franziska Gysin, Christine Grasberger, Brigitte Marty-Teuber, Stefan Marty-Teuber, Sabine Siemann, Erich Weidmann. Linz (AT), Winterthur (CH): Verlag European Kinaesthetics Association. Ohne ISBN.
  22. European Kinaesthetics Association (Hg.) (2022) : Aufbaumodul Demenz 1: Sich und die Welt wahrnehmen. Arbeitsunterlagen. Unter Mitarbeit von Franziska Gysin, Christine Grasberger, Brigitte Marty-Teuber, Stefan Marty-Teuber, Sabine Siemann, Erich Weidmann. Linz (AT), Winterthur (CH): Verlag European Kinaesthetics Association. Ohne ISBN. S. 40 ff.
  23. ebd., S. 42
  24. ebd.
  25. ebd.
  26. ebd.
  27. ebd., S. 41 f.
  28. ebd., S. 41.
  29. ebd.
  30. ebd.
  31. ebd.
  32. ebd., S. 42.
  33. ebd.
  34. European Kinaesthetics Association (Hg.) (2022) : Aufbaumodul Demenz 2: Sich in Beziehung erfahren. Arbeitsunterlagen. Unter Mitarbeit von Franziska Gysin, Christine Grasberger, Brigitte Marty-Teuber, Stefan Marty-Teuber, Sabine Siemann, Erich Weidmann. Linz (AT), Winterthur (CH): Verlag European Kinaesthetics Association. Ohne ISBN.
  35. ebd., S. 20 ff.
  36. ebd., S. 20 f.
  37. ebd., S. 22.
  38. ebd., S. 22.
  39. ebd.
  40. ebd., S. 23 f.
  41. ebd., S. 24.
  42. ebd.
  43. ebd.
  44. ebd., S. 25.
  45. ebd.
  46. ebd.
  47. ebd., S. 25 f.
  48. ebd., S. 27 f.
  49. ebd., S. 13.
  50. vgl. z. B. Hatch, Frank; Maietta, Lenny (2003): Kinästhetik. Gesundheitsentwicklung und menschliche Aktivitäten. Übersetzung: Ute Villwock, Elisabeth Brock. 2., komplett überarbeitete Auflage. München, Jena: Urban und Fischer. ISBN 978-3-437-31467-4. S. 83: „Berührung [im Original fett gedruckt] ist meistens das effektivste Medium für die Kommunikation über Bewegung.“.
  51. Hatch, Frank; Maietta, Lenny (2003): Kinästhetik. Gesundheitsentwicklung und menschliche Aktivitäten. Übersetzung: Ute Villwock, Elisabeth Brock. 2., komplett überarbeitete Auflage. München, Jena: Urban und Fischer. ISBN 978-3-437-31467-4.
  52. ebd., S. 34 ff.
  53. ebd., S. 40 ff.
  54. ebd., S. 36 ff.
  55. ebd., S. 37 ff.
  56. ebd., S. 41 ff.
  57. ebd., S. 40.
  58. vgl. z. B. ebd., S. 69
  59. ebd., S. 40 f.
  60. ebd., S. 56 ff.
  61. In den uns zugänglichen Quellen liegt der früheste schriftliche Beleg im Aufbaukurs-Arbeitsheft „Kinästhetik in der Pflege“ aus dem Jahr 2001 vor (Maietta, Lenny; Hatch, Frank: Kinästhetik in der Pflege. Aufbaukurs-Arbeitsbuch. Hg.: Institut für Kinästhetik IfK AG. Überarbeitete Neuauflage. © 2000 Maietta-Hatch Inc. IfK USA).
  62. Maietta, Lenny; Hatch, Frank (2011): Kinaesthetics Infant Handling. Originalmanuskript aus dem Amerikanischen von Ute Villwock. 2., durchgesehene und aktualisierte Auflage. Bern [u. a.]: Hans Huber. ISBN 978-3-456-84987-4. S. 211 im Kasten „Aktivität“.
  63. Verein für Kinästhetik (Hg.) (1990): Kinästhetik. 16. Bulletin. Januar 1990. Sonderausgabe. Dritte Auflage. Zürich: Verein für Kinästhetik. Ohne ISBN.
  64. ebd., S. 12 ff.
  65. Maietta, Lenny; Hatch, Frank (1991): Kinästhetik in der Krankenpflege. Arbeitsbuch. Grundkurs. Übersetzt von Ina Citron. Santa Fe: Maietta-Hatch-Inc. Ohne ISBN. S. 2, I.1, I.5.
  66. Verein für Kinästhetik (Hg.) (1983): Kinästhetik. 5. Bulletin. Dezember 1983. Hendschiken: Verein für Kinästhetik. Ohne ISBN. S. 30, 32.
  67. ebd., S. 12 ff.
  68. ebd., S. 15 ff.
  69. ebd., S. 28 ff.
  70. ebd., S. 30.
  71. ebd., S. 18.
  72. ebd.
  73. ebd.
  74. vgl. z. B. ebd., S. 33: „die Spiralen langsam drehen“
  75. ebd., S. 18.
  76. ebd.
  77. ebd.
  78. ebd.
  79. ebd.
  80. ebd., S. 28 ff.
  81. ebd., S. 30.
  82. ebd., S. 28.
  83. ebd., S. 30.
  84. ebd., S. 31.f.
  85. ebd., S. 30.
  86. ebd.
  87. Hatch, Frank; Maietta, Lenny; Schmidt, Suzanne (1996): Kinästhetik. Interaktion durch Berührung und Bewegung in der Pflege. Übersetzung: Ina Citron. 4. Auflage. Eschborn: Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe. ISBN 3-927944-02-5.
    1. Auflage: 1992 „Kinästhetik – Interaktion durch Berührung und Bewegung in der Krankenpflege“
  88. ebd., S. 30.
  89. ebd., S. 29.
  90. ebd.
  91. ebd., S. 29.
  92. ebd., S. 33.
  93. Maietta, Lenny (1994): Kinästhetik in der Pflege-Grundkurs - Kurzdarstellung. Übersetzt von Ina Citron. USA: Maietta-Hatch, Inc. Ohne ISBN. S. 2.
  94. Maietta, Lenny; Hatch, Frank, Bauder, Heidi (1998): Kinästhetik in der Pflege. Aufbaukurs Arbeitsbuch. Hg.: Institut für Kinästhetik IfK AG. 2. überarbeitete Auflage. Ohne ISBN. S. 15.