Stabil und instabil: Unterschied zwischen den Versionen

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== Begriffsgeschichte ==
 
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=== „Stabil, Stabilität, stabilisieren“ im 16. Kinästhetik-Bulletin von 1990 ===
 
=== „Stabil, Stabilität, stabilisieren“ im 16. Kinästhetik-Bulletin von 1990 ===
Die Begriffe „stabil“, „Stabilität“ und „stabilisieren“ sind schon in dieser frühesten zusammenhängenden Beschreibung der späteren Konzepte an mehreren einschlägigen Stellen zu finden, nicht aber „instabil, Instabilität“. Der Aspekt der Stabilität erscheint im Zusammenhang mit den Streckmuskeln bzw. Hinterseiten<ref>Verein für Kinästhetik (Hg.) (1990): Kinästhetik. 16. Bulletin. Januar 1990. Sonderausgabe. Dritte Auflage. Zürich: Verein für Kinästhetik. Nachdruck 2009. S. 16</ref>, mit den Massen<ref>ebd., S. 20</ref>  und mit der spezifischen Reihenfolge der Haltungs- und Transportbewegung(sebenen)<ref>ebd., S. 21</ref> . Auffällig ist der unterdessen aufgegebene Fachbegriff der „stabilen Positionen“ in „4.5.3. „Fortbewegung“ebd., S. 25 , ebenso die unterdessen aufgegebene Identifikation von Rotation und Beugen als stabilste Bewegungen in einer verstrebenden bzw. hängenden Beziehung. Übereinstimmend mit dem heutigen Verständnis wird auf die Stabilisierung zweier benachbarter Massen durch das Blockieren des verbindenden Zwischenraums hingewiesen<ref>ebd., S. 22</ref>. Im Ganzen ist „stabil und instabil“ als Begriffspaar und grundlegendes Muster noch nicht
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Die Begriffe „stabil“, „Stabilität“ und „stabilisieren“ sind schon in dieser frühesten zusammenhängenden Beschreibung der späteren Konzepte an mehreren einschlägigen Stellen zu finden, nicht aber „instabil, Instabilität“. Der Aspekt der Stabilität erscheint im Zusammenhang mit den Streckmuskeln bzw. Hinterseiten<ref>Verein für Kinästhetik (Hg.) (1990): Kinästhetik. 16. Bulletin. Januar 1990. Sonderausgabe. Dritte Auflage. Zürich: Verein für Kinästhetik. Nachdruck 2009. S. 16</ref>, mit den Massen<ref>ebd., S. 20</ref>  und mit der spezifischen Reihenfolge der Haltungs- und Transportbewegung(sebenen)<ref>ebd., S. 21</ref> . Auffällig ist der unterdessen aufgegebene Fachbegriff der „stabilen Positionen“ in „4.5.3. „Fortbewegung“ebd., S. 25 , ebenso die unterdessen aufgegebene Identifikation von Rotation und Beugen als stabilste Bewegungen in einer verstrebenden bzw. hängenden Beziehung. Übereinstimmend mit dem heutigen Verständnis wird auf die Stabilisierung zweier benachbarter Massen durch das Blockieren des verbindenden Zwischenraums hingewiesen<ref>ebd., S. 22</ref>.  
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Im Ganzen ist „stabil und instabil“ als Begriffspaar und grundlegendes Muster noch nicht

Version vom 23. August 2018, 19:50 Uhr

Status vorläufig abgeschlossen
AutorIn/RedakteurIn Joachim Reif/Lutz Zierbeck
Letzte Änderung 23.08.2018


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1 Aktuelle Verwendung des Begriffs

1.1 „Stabil und instabil“ im „Kinaesthetics Konzeptsystem“

Das gesamte zweite Konzept „Funktionale Anatomie“ etabliert „stabil und instabil“ als grundlegendes erfahrbares Muster der Anatomie in allen vier Unterthemen.

1.1.1 „Stabil und instabil“ im Unterthema „Knochen und Muskeln“

Im ersten Unterthema „Knochen und Muskeln“ wird die Erfahrbarkeit der Knochen mit den Begriffen „hart, stabil und robust“[1] charakterisiert. Die zugehörige anatomische Funktion ist die eines stabilen Gerüsts bzw. des Tragens oder Weiterleitens des Körpergewichts. Die Erfahrbarkeit der Muskeln wird mit „weicher, instabiler und durch Anspannung und Entspannung veränderlich“ charakterisiert. Die zugehörige anatomische Funktion ist die Veränderung oder Erhaltung der Beziehung der Knochen. Sie können durch Anspannung Körpergewicht tragen und sich in ihrer erfahrbaren Eigenschaft sowie in der Funktion den Knochen annähern.

1.1.2 „Stabil und instabil“ im Unterthema „Massen und Zwischenräume“

In „2.2. Massen und Zwischenräume“ wird explizit auf das „erfahrbare Muster ‚stabil – instabil‘“[2] verwiesen. Aufbauend auf dem vorausgehenden Unterthema „Knochen und Muskeln“ sind Massen als kompakte und stabile Strukturen erfahrbar, Zwischenräume hingegen als weicher und instabiler. Ihre zugehörige anatomische Funktion besteht im Tragen oder Weiterleiten des Körpergewichts bzw. in der Veränderung der Beziehung der Massen.

1.1.3 „Stabil und instabil“ im Unterthema „Haltungs- und Transportbewegungsebenen“[3]

Im dritten Konzept „Menschliche Bewegung“ dient das Gegensatzpaar „stabil – instabil“ zur Unterscheidung zwischen Haltungs- und Transportbewegungen[4]. Sie sind als eher stabile oder veränderliche Beziehung der Massen zueinander erfahrbar. Aus dem notwendigen Zusammenspiel beider Bewegungskomponenten entwickelt jeder Mensch individuelle Bewegungsmuster.

1.1.4 „Stabil und instabil“ im Unterthema „Vorder- und Rückseiten“

Auch in „2.4. Orientierung“ wird auf das Gegensatzpaar „stabil – instabil“ zurückgegriffen, um die Erfahrbarkeit der Vorder- und Rückseiten der Massen zu charakterisieren und auf ihre entsprechenden Funktionen zu verweisen.


1.2 „Stabil und instabil“ in „Kinaesthetics Infant Handling“

Dieses Buch von Lenny Maietta (1950–2018) und Frank Hatch (*1940) stellt das Kind ins Zentrum, hat sich aber als allgemeines Standardwerk der Kinästhetik etabliert. Im Folgenden wird das Auftreten des Musters der Stabilität und Instabilität an einigen einschlägigen Stellen aufgezeigt.

Geleitwort 1

Im Geleitwort wird das Muster implizit anhand in der Diskussion über genetische Determination versus Beeinflussbarkeit der „angeblich stabilen Persönlichkeitsmerkmale“[5] angedeutet.

4.4 Konzept: Funktionelle Anatomie

In „4.4.1 Muskeln und Knochen“ werden Knochen als stabil und das Muskelgewebe als instabil beschrieben; die Darstellung ihrer Eigenschaften und Funktionen stimmt weitgehend mit dem „Kinaesthetics Konzeptsystem“ überein. In der vom Buch empfohlenen Aktivität soll das Bewegen der Knochen helfen, „ein Gefühl für die Stabilität“[6] zu entwickeln. Insofern wird hier eine Brücke zu einer erfahrbaren Eigenschaft gebaut.

In „4.4.1.2 Entwicklung des Bewegungsapparates“[7] wird auf die Bedeutung stabiler und instabiler Umgebungseigenschaften für die Entwicklung des Bewegungsapparates hingewiesen und ebenso darauf, dass die Stabilität der Knochen in engem Zusammenhang mit ihrer Beanspruchung steht.

In „4.4.2 Massen und Zwischenräume“ wird im Gegensatz zum „Kinaesthetics Konzeptsystem“ keine explizite Unterscheidung anhand des Musters der Stabilität und Instabilität vorgenommen. Hier wird verstärkt auf die Abgabe des Gewichts und das Drücken auf eine „stabile Unterlage“[8] eingegangen.

In „4.4.3.2 Körperorientierte Bewegung“[9] werden erstmals Rückseiten u. a. als stabil und Vorderseiten u. a. als instabil beschrieben.

4.5 Menschliche Bewegung

Stabilität und Instabilität werden als wahrnehmbare Eigenschaften der „Haltungs- und der Transportbewegung“[10] (Kapitel 4.5.1) erwähnt. Diese werden in Kombination als notwendige Voraussetzung für die menschliche Bewegung genannt.

Die Unterscheidung zwischen stabil und instabil wird an einschlägigen Stellen verwendet, erscheint aber nicht als erfahrbares und die Unterthemen der funktionalen Anatomie verbindendes Grundmuster.

1.3 Kommentare, Auswertungen und offene Fragen

Als kinästhetischer Fachbegriff benennt „stabil und instabil“ ein Muster, das in den beiden Konzepten der „Funktionalen/Funktionellen Anatomie“ und der „Menschlichen Bewegung“ eine wichtige Grundlage bildet. Dieses Grundmuster ist eine Vorbedingung für gelingende Bewegung ebenso wie für gelingende Anpassungen. Ohne das Zusammenwirken von stabilen und instabilen Eigenschaften der Anatomie (vgl. zweites Konzept) wäre unser Körper entweder zu stabil, also zu starr, oder zu instabil, also zu locker, um die für uns nötigen Bewegungsabläufe zu koordinieren. Dieses Muster entwickelt sich entsprechend der Funktion der einzelnen Teile schon in der Embryonalentwicklung und bestimmt danach wiederum ihre weitere Funktion. Das Muster setzt sich im Konzept „Menschliche Bewegung“ fort. Wir haben die Möglichkeit, Bewegung so zu gestalten, dass eine stabile oder instabile Beziehung der Körperteile entsteht. Mehr oder weniger Stabilität wird dabei von „innen“ erzeugt. Eine andere Form der Stabilität wird erreicht, wenn wir unser Gewicht weitestgehend über unsere Knochen auf die Unterstützungsfläche abgeben, was die muskuläre „Stabilität“ im Körper, die Spannung, reduziert. Es wird vor allem deutlich, dass die Kompetenz zur differenzierten Bewegungsregulation zwischen beiden Extremen der Stabilität und Instabilität entscheidend für unsere alltäglichen Möglichkeiten der Bewegung ist. Dabei hilft dieses Grundmuster als übergeordneter und verbindender Blickwinkel, der sich in weitere Unterthemen („Knochen und Muskeln“ usw.) ausdifferenzieren lässt.

2 Begriffsgeschichte

2.1 „Stabil, Stabilität, stabilisieren“ im 16. Kinästhetik-Bulletin von 1990

Die Begriffe „stabil“, „Stabilität“ und „stabilisieren“ sind schon in dieser frühesten zusammenhängenden Beschreibung der späteren Konzepte an mehreren einschlägigen Stellen zu finden, nicht aber „instabil, Instabilität“. Der Aspekt der Stabilität erscheint im Zusammenhang mit den Streckmuskeln bzw. Hinterseiten[11], mit den Massen[12] und mit der spezifischen Reihenfolge der Haltungs- und Transportbewegung(sebenen)[13] . Auffällig ist der unterdessen aufgegebene Fachbegriff der „stabilen Positionen“ in „4.5.3. „Fortbewegung“ebd., S. 25 , ebenso die unterdessen aufgegebene Identifikation von Rotation und Beugen als stabilste Bewegungen in einer verstrebenden bzw. hängenden Beziehung. Übereinstimmend mit dem heutigen Verständnis wird auf die Stabilisierung zweier benachbarter Massen durch das Blockieren des verbindenden Zwischenraums hingewiesen[14]. Im Ganzen ist „stabil und instabil“ als Begriffspaar und grundlegendes Muster noch nicht

  1. European Kinaesthetics Association (Hg.) (2018): Kinaesthetics. Konzeptsystem. Linz, Siebnen: Verlag European Kinaesthetics Association. ISBN 978-3-903180-00-0. S. 20
  2. ebd., S. 21
  3. ebd., S. 22–25
  4. ebd., S. 32
  5. Maietta, Lenny; Hatch, Frank (2011): Kinaesthetics Infant Handling. Übersetzt von Ute Villwock. 2., durchgesehene und aktualisierte Auflage. Original-Manuskript aus dem Amerikanischen von Ute Villwock. Bern: Hogrefe, vorm. Hans Huber Verlag. IBSN 978-3-456-84987-4. S. 9
  6. ebd., S. 86
  7. ebd., S. 88
  8. ebd., S. 89
  9. ebd., S. 95 ff.
  10. ebd., S. 100
  11. Verein für Kinästhetik (Hg.) (1990): Kinästhetik. 16. Bulletin. Januar 1990. Sonderausgabe. Dritte Auflage. Zürich: Verein für Kinästhetik. Nachdruck 2009. S. 16
  12. ebd., S. 20
  13. ebd., S. 21
  14. ebd., S. 22