Gesundheitsentwicklung: Unterschied zwischen den Versionen

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Kinaesthetics verwendet anstelle des Begriffes Gesundheit
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vorzugsweise „Gesundheitsentwicklung“, weil Gesundheit
 
als ein konstant ablaufender Selbstorganisationsprozess des
 
Menschen und nicht als „Zustand“ verstanden wird. Die
 
Gesundheitsentwicklung hängt wesentlich davon ab, wie
 
unsere ununterbrochenen inneren Bewegungsprozesse, die
 
sogenannten Vitalfunktionen (z. B. Verdauung, Blutkreislauf)
 
ablaufen. Die Qualität dieser Bewegungsprozesse wird
 
wiederum wesentlich durch die Tätigkeit der willkürlich
 
steuerbaren Muskulatur beeinflusst. Darum zeigen sich z. B.
 
bei Menschen mit Lähmungen sehr oft Probleme der
 
Vitalfunktionen. Die Qualität der Ausführung unserer
 
alltäglichen Aktivitäten beeinflusst somit die Qualität der
 
Vitalfunktionen. Vor diesem Hintergrund spielt es für die
 
Gesundheitsentwicklung eine Rolle, wie wir vom Boden
 
aufstehen, wie wir sitzen, ob wir ein Kind wie eine leblose
 
Puppe hochheben, einen pflegebedürftigen Menschen im
 
Bett einfach hochziehen oder aber es ermöglichen, dass der
 
andere Mensch mit seiner eigenen Muskulatur aktiv
 
mithelfen kann.
 
  
Dieser weite und qualitative Betrachtungswinkel der
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== „Gesundheitsentwicklung“ in „Kinaesthetics Lernen und Bewegungskompetenz“ ==
Bewegung unterscheidet Kinaesthetics von der allgemein
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Das folgende Zitat stammt aus dem Buch „Kinaesthetics Lernen und Bewegungskompetenz“, das als Arbeitsunterlage in Kinaesthetics-Aufbaukursen verwendet wird. Das Zitat ist in das dritte Kapitel „Bewegungskompetenz das zentrale Thema“ eingebettet. Das vorausgehende Unterkapitel „Die Bedeutung der Bewegungskompetenz in den Lebensphasen“ thematisiert die Bedeutung und Entwicklung der Bewegungskompetenz von der Zeugung bis zum Tod eines Menschen. Das Zitat ist der Text des dritten Unterkapitels „Bewegungskompetenz und Gesundheitsentwicklung“.
gängigen Sicht und sprachlichen Verwendung des Begriffes
 
Bewegung. So wird einem z. B. in der Boulevardpresse
 
empfohlen, sich jeden Tag zugunsten seiner Gesundheit
 
eine halbe Stunde zu bewegen als ob man sich sonst nicht
 
bewegen würde. Die enge Verwendung des Wortes meint in
 
diesem Kontext Fortbewegungsaktivitäten (Gehen, Laufen)
 
oder gymnastische oder sportliche Aktivitäten. Zusätzlich
 
stehen dabei meistens quantitative Aspekte und
 
Überlegungen im Vordergrund, sei es im allgemeinen
 
Bewusstsein oder bei entsprechenden Trainings- und
 
Therapieformen. Es geht um die Anregung des Kreislaufes,
 
die Stärkung der Muskulatur, die Verbesserung der
 
Kondition usw.
 
  
Kinaesthetics versteht den Begriff Bewegung in einem
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: ''„Kinaesthetics verwendet anstelle des Begriffes Gesundheit vorzugsweise ‚Gesundheitsentwicklung‘, weil Gesundheit als ein konstant ablaufender Selbstorganisationsprozess des Menschen und nicht als ‚Zustand“ verstanden wird. Die Gesundheitsentwicklung hängt wesentlich davon ab, wie unsere ununterbrochenen inneren Bewegungsprozesse, die sogenannten Vitalfunktionen (z. B. Verdauung, Blutkreislauf) ablaufen. Die Qualität dieser Bewegungsprozesse wird wiederum wesentlich durch die Tätigkeit der willkürlich steuerbaren Muskulatur beeinflusst. Darum zeigen sich z. B. bei Menschen mit Lähmungen sehr oft Probleme der Vitalfunktionen. Die Qualität der Ausführung unserer alltäglichen Aktivitäten beeinflusst somit die Qualität der Vitalfunktionen. Vor diesem Hintergrund spielt es für die Gesundheitsentwicklung eine Rolle, wie wir vom Boden aufstehen, wie wir sitzen, ob wir ein Kind wie eine leblose Puppe hochheben, einen pflegebedürftigen Menschen im Bett einfach hochziehen oder aber es ermöglichen, dass der andere Mensch mit seiner eigenen Muskulatur aktiv mithelfen kann.''
weiten Sinn. Demnach bewegt sich der Mensch immer,
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solange er lebt, ob er nun liegt, sitzt oder sich fortbewegt.
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: ''Dieser weite und qualitative Betrachtungswinkel der Bewegung unterscheidet Kinaesthetics von der allgemein gängigen Sicht und sprachlichen Verwendung des Begriffes Bewegung. So wird einem z. B. in der Boulevardpresse empfohlen, sich jeden Tag zugunsten seiner Gesundheit eine halbe Stunde zu bewegen – als ob man sich sonst nicht bewegen würde. Die enge Verwendung des Wortes meint in diesem Kontext Fortbewegungsaktivitäten (Gehen, Laufen) oder gymnastische oder sportliche Aktivitäten. Zusätzlich stehen dabei meistens quantitative Aspekte und Überlegungen im Vordergrund, sei es im allgemeinen Bewusstsein oder bei entsprechenden Trainings- und Therapieformen. Es geht um die Anregung des Kreislaufes, die Stärkung der Muskulatur, die Verbesserung der Kondition usw.''
Vor diesem Hintergrund mag es geradezu paradox
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erscheinen, sich eine halbe Stunde pro Tag um „gesunde“
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: ''Kinaesthetics versteht den Begriff Bewegung in einem weiten Sinn. Demnach bewegt sich der Mensch immer, solange er lebt, ob er nun liegt, sitzt oder sich fortbewegt. Vor diesem Hintergrund mag es geradezu paradox erscheinen, sich eine halbe Stunde pro Tag um ‚gesunde‘ Bewegung zu kümmern und den Rest der Zeit nicht. Für die Entwicklung der Gesundheit ist von ebenso großer Bedeutung, wie wir uns Tag für Tag im ‚normalen‘ Leben bewegen. Die Qualität, mit der wir alltägliche Aktivitäten und sportliche Betätigungen ausführen, ist der ausschlaggebende Faktor des lebenslangen Prozesses der Gesundheitsentwicklung.“''
Bewegung zu kümmern und den Rest der Zeit nicht. Für die
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Entwicklung der Gesundheit ist von ebenso großer
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Der Text der zugehörigen Infobox „'''Homöokinese'''“:
Bedeutung, wie wir uns Tag für Tag im „normalen“ Leben
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: ''„Auf der Grundlage seiner Forschungen verwendete der Verhaltenskybernetiker K. U. Smith (1907–1994) für die Idee der Gesundheitsentwicklung den Begriff Homöokinese. Er wollte mit ihm ausdrücken, dass wir unsere ‚Gesundheit‘ hauptsächlich durch unsere ständige aktive Bewegung produzieren. Er griff dabei das Konzept der Homöostase auf. Dieses bezeichnet die Aufrechterhaltung des inneren Milieus (z. B. Körpertemperatur, Blutdruck) innerhalb bestimmter Grenzen durch selbstregulatorische Prozesse. Die Idee der Homöokinese verlagert den Schwerpunkt dieses Konzeptes auf die aktive Bewegung.“''
bewegen. Die Qualität, mit der wir alltägliche Aktivitäten
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Der Text der zugehörigen Infobox „'''Man kann sich nicht nicht bewegen'''“:
ausschlaggebende Faktor des lebenslangen Prozesses der
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: ''„Auf der Ebene der unwillkürlichen Bewegungen der Vitalfunktionen (Herzschlag usw.) bewegt sich der Mensch ununterbrochen, solange er lebt. Aber auch auf der Ebene der willkürlich steuerbaren Bewegung gibt es bei einem lebenden Menschen in keinem Moment eine absolute Bewegungslosigkeit.“''
[[Gesundheitsentwicklung]].
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Quelle: '''European Kinaesthetics Association (Hg.) (2018):''' Kinaesthetics. Lernen und Bewegungskompetenz. Linz, Siebnen: Verlag European Kinaesthetics Association. ISBN 978-3-903180-01-7. S. 38–39.
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[[Kategorie:Menschenbild]]

Version vom 25. September 2018, 08:21 Uhr

Status mit Fachliteratur angelegt
AutorIn/RedakteurIn N. N./N. N.
Letzte Änderung 25.09.2018


„Gesundheitsentwicklung“ in „Kinaesthetics Lernen und Bewegungskompetenz“

Das folgende Zitat stammt aus dem Buch „Kinaesthetics Lernen und Bewegungskompetenz“, das als Arbeitsunterlage in Kinaesthetics-Aufbaukursen verwendet wird. Das Zitat ist in das dritte Kapitel „Bewegungskompetenz – das zentrale Thema“ eingebettet. Das vorausgehende Unterkapitel „Die Bedeutung der Bewegungskompetenz in den Lebensphasen“ thematisiert die Bedeutung und Entwicklung der Bewegungskompetenz von der Zeugung bis zum Tod eines Menschen. Das Zitat ist der Text des dritten Unterkapitels „Bewegungskompetenz und Gesundheitsentwicklung“.

„Kinaesthetics verwendet anstelle des Begriffes Gesundheit vorzugsweise ‚Gesundheitsentwicklung‘, weil Gesundheit als ein konstant ablaufender Selbstorganisationsprozess des Menschen und nicht als ‚Zustand“ verstanden wird. Die Gesundheitsentwicklung hängt wesentlich davon ab, wie unsere ununterbrochenen inneren Bewegungsprozesse, die sogenannten Vitalfunktionen (z. B. Verdauung, Blutkreislauf) ablaufen. Die Qualität dieser Bewegungsprozesse wird wiederum wesentlich durch die Tätigkeit der willkürlich steuerbaren Muskulatur beeinflusst. Darum zeigen sich z. B. bei Menschen mit Lähmungen sehr oft Probleme der Vitalfunktionen. Die Qualität der Ausführung unserer alltäglichen Aktivitäten beeinflusst somit die Qualität der Vitalfunktionen. Vor diesem Hintergrund spielt es für die Gesundheitsentwicklung eine Rolle, wie wir vom Boden aufstehen, wie wir sitzen, ob wir ein Kind wie eine leblose Puppe hochheben, einen pflegebedürftigen Menschen im Bett einfach hochziehen oder aber es ermöglichen, dass der andere Mensch mit seiner eigenen Muskulatur aktiv mithelfen kann.
Dieser weite und qualitative Betrachtungswinkel der Bewegung unterscheidet Kinaesthetics von der allgemein gängigen Sicht und sprachlichen Verwendung des Begriffes Bewegung. So wird einem z. B. in der Boulevardpresse empfohlen, sich jeden Tag zugunsten seiner Gesundheit eine halbe Stunde zu bewegen – als ob man sich sonst nicht bewegen würde. Die enge Verwendung des Wortes meint in diesem Kontext Fortbewegungsaktivitäten (Gehen, Laufen) oder gymnastische oder sportliche Aktivitäten. Zusätzlich stehen dabei meistens quantitative Aspekte und Überlegungen im Vordergrund, sei es im allgemeinen Bewusstsein oder bei entsprechenden Trainings- und Therapieformen. Es geht um die Anregung des Kreislaufes, die Stärkung der Muskulatur, die Verbesserung der Kondition usw.
Kinaesthetics versteht den Begriff Bewegung in einem weiten Sinn. Demnach bewegt sich der Mensch immer, solange er lebt, ob er nun liegt, sitzt oder sich fortbewegt. Vor diesem Hintergrund mag es geradezu paradox erscheinen, sich eine halbe Stunde pro Tag um ‚gesunde‘ Bewegung zu kümmern und den Rest der Zeit nicht. Für die Entwicklung der Gesundheit ist von ebenso großer Bedeutung, wie wir uns Tag für Tag im ‚normalen‘ Leben bewegen. Die Qualität, mit der wir alltägliche Aktivitäten und sportliche Betätigungen ausführen, ist der ausschlaggebende Faktor des lebenslangen Prozesses der Gesundheitsentwicklung.“

Der Text der zugehörigen Infobox „Homöokinese“:

„Auf der Grundlage seiner Forschungen verwendete der Verhaltenskybernetiker K. U. Smith (1907–1994) für die Idee der Gesundheitsentwicklung den Begriff Homöokinese. Er wollte mit ihm ausdrücken, dass wir unsere ‚Gesundheit‘ hauptsächlich durch unsere ständige aktive Bewegung produzieren. Er griff dabei das Konzept der Homöostase auf. Dieses bezeichnet die Aufrechterhaltung des inneren Milieus (z. B. Körpertemperatur, Blutdruck) innerhalb bestimmter Grenzen durch selbstregulatorische Prozesse. Die Idee der Homöokinese verlagert den Schwerpunkt dieses Konzeptes auf die aktive Bewegung.“

Der Text der zugehörigen Infobox „Man kann sich nicht nicht bewegen“:

„Auf der Ebene der unwillkürlichen Bewegungen der Vitalfunktionen (Herzschlag usw.) bewegt sich der Mensch ununterbrochen, solange er lebt. Aber auch auf der Ebene der willkürlich steuerbaren Bewegung gibt es bei einem lebenden Menschen in keinem Moment eine absolute Bewegungslosigkeit.“

Quelle: European Kinaesthetics Association (Hg.) (2018): Kinaesthetics. Lernen und Bewegungskompetenz. Linz, Siebnen: Verlag European Kinaesthetics Association. ISBN 978-3-903180-01-7. S. 38–39.