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Aus Kinaesthetics-Online-Fachlexikon
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Status mit Fachliteratur angelegt
AutorIn/RedakteurIn N. N./Dagmar Panzer, Sabine Kaserer
Letzte Änderung 11.03.2024


Zusammenfassung:
Dieser Artikel ist mit Fachliteratur angelegt. Er besteht aus einschlägigen Zitaten zum Thema „Fehler“. Es geht vor allem um das Verständnis des Fehlers als notwendiger Bestandteil der Selbstregulation und somit des Lernens. Es geht nicht um die Frage "richtig oder falsch", sondern um das Fehler-Machen als bedeutsamen Unterschied für Bewegungs- und Verhaltensanpassung.
Die ersten Zitate stammen aus dem Buch „Kinaesthetics Lernen und Bewegungskompetenz“. Weitere Zitate stammen aus dem Buch „Kybernetik und Kinästhetik“.

1 Fehler in „Kinaesthetics Lernen und Bewegungskompetenz“

Die folgenden Zitate stammen aus dem Buch „Kinaesthetics Lernen und Bewegungskompetenz“. Das erste Zitat ist in das fünfte Kapitel „Lernen: Allgemeine Blickpunkte“ eingebettet. Das Zitat ist der Text der Infobox „Eine Definition des Lernens“ des sechsten Unterkapitels „Leben heißt Lernen“.

„Der Fehler
Bei vielen Lernprozessen des gesellschaftlichen Lebens wird durch festgeschriebene Regelwerke vorgegeben, was richtig und falsch ist. Fehler haben eine negative Bedeutung und beim Lernen scheint es darum zu gehen, dass man lernt, alles richtig bzw. keine Fehler zu machen.
Aus kybernetischer Sicht hingegen funktioniert die Verhaltenssteuerung eines Lebewesens aufgrund einer fortlaufenden Fehlerkorrektur. Diese ‚Fehler‘ sind ein unabdingbarer Bestandteil der Steuerung. Somit könnte man sagen: Wir können nur dadurch lernen, dass wir fortlaufend Fehler machen.
In ähnlicher Weise ist es oft ein wichtiger Anreiz zum Lernen, dass wir einen ‚Fehler‘ wahrnehmen, d. h. den Unterschied zwischen dem beabsichtigten Ziel und dem erreichten Ergebnis.
Auf dem Lernweg selbst sind einerseits die Einsicht, wo etwas nicht wie erwünscht klappt, und andererseits die Freude über entsprechende Fortschritte wichtige Triebfedern des Lernens.“

Quelle: European Kinaesthetics Association (Hg.), Kinaesthetics Lernen und Bewegungskompetenz, 2020, ISBN 978-3-903180-01-7, S. 58

Das zweite Zitat ist in das vierte Kapitel „Theoretische Grundlagen von Kinaesthetics“ eingebettet. Das Zitat ist der Text der Infobox „Wir können nicht stehen“ des dritten Unterkapitels „Zirkuläre Selbstregulationsprozesse als Grundlage des menschlichen Verhaltens“.

"Wir können nicht stehen
Die Funktionsweise unserer Bewegungssteuerung, und damit der Feedback-Kontroll- Theorie, lässt sich ausgezeichnet in einer Bewegungserfahrung nachvollziehen: Stehen Sie auf einem Bein und schließen Sie die Augen. Achten Sie nun darauf, wie Sie auf der Ebene der Bewegung diese Aktivität zustande bringen. Sie werden feststellen, dass Sie fortlaufend Anpassungsbewegungen machen und die ‚Fehler‘ und Unsicherheiten korrigieren, die Sie selbst produzieren. Man könnte folglich sagen, dass wir gar nicht stehen können, sondern nur fortlaufend verhindern, dass wir umfallen."

Quelle: ebd., S.44

Das dritte Zitat ist in das fünfte Kapitel „Lernen: Allgemeine Blickpunkte“ eingebettet. Das Zitat ist Teil des sechsten Unterkapitels „Leben heißt Lernen„ unter der Überschrift „Eine Definition des Lernens“.

"Natürlich baut unser konkretes Verhalten, d. h. jede Ausführung einer Aktivität, auf einem individuellen Muster auf. Dieses ist aus der Reihe der vergangenen Ausführungen entstanden und beeinflusst die Art und Weise der Fehlerkorrektur der nächsten Ausführung derselben Aktivität. Die damit verbundenen ständigen Lernprozesse können ein Muster verfestigen oder erweitern, aber auch einschränken oder abbauen."

Quelle: ebd., S.58

2 Fehler in „Kybernetik und Kinästhetik“

Die folgenden Zitate stammen aus dem Buch „Kybernetik und Kinästhetik“. Das erste Zitat ist in das dritte Kapitel „Der Kern: Feedback und Zirkularität“ eingebettet. Die vorausgehenden Unterkapitel „Selbstregulation durch Feedback “ und „Wie funktioniert ein Heizsystem?“ beleuchten die Funktionsweise der Selbstregulation künstlicher und natürlicher Systeme. Hier geht um das grundlegende Verständnis von Selbstregulation mit der Unterscheidung von linearen und zirkulären Wirkungszusammenhängen. Das Zitat ist der Text des Unterkapitels „ 3.3. Ist-Wert, Soll-Wert und Rückkoppelung“.

"Damit ist der Kreislauf geschlossen und man kann relativ leicht nachvollziehen, was zirkuläre Logik im Zusammenhang mit Selbstregulations-Prozessen bedeutet:
Wenn die Heizung läuft, wird die Raumtemperatur steigen. Dadurch wird das Thermometer über 20 °C anzeigen. Der Rechner wird diesen Unterschied zwischen dem Soll-Wert (20 °C) und dem Ist-Wert (aktuelle Raumtemperatur) bei einem bestimmten Wert feststellen und dem Heizkessel den ‚off‘-Befehl geben. Sinkt die Raumtemperatur bzw. das Thermometer in der Folge unter 20 °C, wird der Rechner den ‚Fehler‘ merken und der Heizung die Information ‚on‘ zukommen lassen. So beeinflussen sich im Kreis die drei Elemente durch ihre Rückkoppelung (Feedback). Der Regulationsprozess des Systems besteht in fortgesetzten Fehlerkorrekturen, im Ausgleichen von systemrelevanten Unterschieden.
In unserem Beispiel pendelt die tatsächliche Raumtemperatur, der Ist-Wert, folglich um den Soll-Wert. Das Ideal von 20 °C wird gar nicht gehalten, sondern von den Ist-Werten nur vorübergehend erreicht. Wenn man den Rechner auf sehr feine Unterschiede einstellen würde, käme es nämlich in unserem System zu einem ständigen, unsinnigen An- und Abschalten des Heizkessels."
Der zirkuläre Rückkoppelungsprozess eines Heizsystems.jpeg

Quelle: European Kinaesthetics Association (Hg.) (2020): Kybernetik und Kinästhetik. Unter Mitarbeit von Stefan Marty-Teuber und Stefan Knobel. Linz, Winterthur, Siebnen: Verlag European Kinaesthetics Association, verlag lebensqualität. ISBN 978-3-903180-22-2 (Verlag European Kinaesthetics Association), ISBN 978-3-906888-02-6. (verlag lebensqualität). S. 21-22

Das zweite Zitat ist in das sechste Kapitel „Kinästhetik ist praktische Kybernetik“ eingebettet. Die vorausgehenden Unterkapitel beleuchten die Frage der konkreten Verbindung von Kybernetik und Kinästhetik. Das Zitat ist Teil des Textes des zweiten Unterkapitels „Selbstregulation und persönliches Lernen“ unter der Überschrift "6.2.1. Wie reguliere ich mich?" .

"[...]Die Kybernetik geht davon aus, dass diese Selbstregulation auf ununterbrochenen, sehr unmittelbaren zirkulären Prozessen zwischen Bewegungs-, Wahrnehmungs- und Nervensystem beruht. Diese Prozesse werden im Modell als kybernetische Regelkreise oder Feedback-Schleifen dargestellt (vgl. Infobox S. 59). Wie im vierten Kapitel erwähnt, versteht die Kinästhetik Positionen wie Liegen, Sitzen oder Stehen, die von außen betrachtet nach statischen, ‚bewegungslosen‘ Zuständen aussehen, als aktive Bewegungen. Eine entsprechende Anleitung zu einer Bewegungserfahrung im Stehen findet sich in der Infobox auf Seite 35. Vielleicht ist im Stehen leichter als im Sitzen erfahrbar, dass es unmöglich ist, bewegungs- los in einer Position zu verweilen. Aber tatsächlich sind wir nur dazu imstande, fortlaufend mit vielen kleinen Bewegungen zu verhindern, dass wir umfallen (oder im Liegen einen Dekubitus entwickeln). Bei jeder Aktivität findet also durch Selbstregulation ununterbrochen ein Ausgleich von ‚Fehlern‘ statt, die wir selbst produzieren – und ohne diese ständigen Korrekturen und Anpassungen an die Absicht ist keine zielgerichtete Bewegung möglich. Bei kleinen Kindern, die dabei sind, stehen zu lernen, lässt sich gut beobachten, wie sie in eine tiefere Position plumpsen, wenn eine rechtzeitige ‚Korrektur‘ misslingt.
Regelkreis der Bewegungs- bzw. Verhaltensregulation
Wegen ihrer konstanten Unmittelbarkeit, ihrer ‚Geschwindigkeit‘, sind solche Regelkreise oder Feedback-Schleifen nur als Ganzes erfahrbar. Die beteiligten Systeme (Bewegungs-, Wahrnehmungs- und Nervensystem) sind isoliert nicht erfahrbar. Wie wichtig aber dieses ununterbrochene Zusammenspiel bzw. diese Selbstregulation ist, kann einem z. B. unter starkem Alkoholeinfluss auffallen. In diesem Zustand passiert es leicht, dass man ‚Fehler‘ der Bewegung so verzögert wahrnimmt, dass das Nervensystem die Abweichung nicht mehr rechtzeitig berechnen, und damit keine Korrekturen veranlassen kann. Dadurch kommt man zumindest ins Schwanken oder landet gar im Straßengraben ... Für die Effekte solcher zeitlichen Verzögerungen des sensorischen Feedbacks interessierte sich insbesondere der Verhaltenskyber- netiker K. U. Smith (vgl. Kapitel 4.3.4); darauf dass Phänomene wie Ataxie und Intentionstremor als Störungen von Regelkreisen erklärt werden können, hatte bereits Norbert Wiener verwiesen (vgl. Infobox S. 26)."

Quelle: ebd., S. 59